Wesentliches Element des Grundgesetztes sind die Grundrechte. Ursprünglich als Abwehrrechte gegen den Staat gedacht, sind sie Ausdruck unserer freiheitlichen-demokratischen Grundordnung. Ich möchte dem geneigten Leser die Konzeption, den Umfang und den Wirkungskreis der Grundrechte vorstellen.

Bereits die erste deutsche demokratische Verfassung kannte Grundrechte, räumte ihnen jedoch keine überragende Stellung ein. Sie standen nicht am Anfang der Verfassung und waren somit nicht Fundament derselben. Noch zu erwähnen ist, dass Teile der Weimarer Reichsverfassung in das Grundgesetz übernommen wurden – Art. 140 GG verweist auf die Art. 136 ff. der WRV. Die dort positivierten Religions- bzw. Glaubensrechte untermauern die Trennung von Staat und Kurche (Art 137 GG) und sind nach der ständigen Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts voll wirksames Verfassungsrecht.

Nach dem Ende des 3. Reiches wurde mit dem Grundgesetz die neue freiheitlich-demokratische Grundordnung der neu gegründeten Bundesrepublik festgeschrieben. Überragendes Gewicht erhielten die Grundrechte, die an den Anfang der Verfassung gestellt wurden. Die Stellung allein verdeutlicht bereits den Geltungsanspruch der Grundrechte. Anders als in der Weimarer Reichtsverfassung baut das gesamte Staatswesen auf den Werten der Grundrechte auf. Der Staat (Art 1 III) ist an die Grundrechte gebunden. Die ursprüngliche Idee der Grundrechte als Abwehrrechte gegenüber dem Staat, die auf die Aufklärung und die Französische Revolution zurückgeht, wurde ausgeweitet. Der Bürger kann vom Staat Leistungen einfordern – beispielsweise die Einrichtung und Erhaltung des Schulwesens (Art 7 I) und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Art 5 I S. 2).

Die Grundrechte sind jedoch nicht auf den ersten Abschnitt des Grundgesetzes beschränkt – grundrechtsgleiche Abschnitte finden sich in vielen nachfolgenden Abschnitten.

Art 1 ist das Menschenrecht der Menschenwürde. In der Literatur gab es anfangs Streibt darüber, ob es sich bei Art 1 überhaupt um ein Grundrecht handelt. Dagegen spricht der Wortlaut des Art 1 III, der von den nachfolgenden Grundrechten spricht. Dieser Meinung ist jedoch nicht zu folgen. Art 1 steht im ersten Abschnitt „Die Grundrechte“ und ist seiner Konzeption nach ein Menschenrecht, das alle Grundrechte überstrahlt und auf alle nachfolgenden Grundrechte einwirkt. Der Schutzbereich des Art 1 ist nicht begrenzbar – Theorien, dass die Würde des Menschen sich erst durch Kommunikation (komatöse Patienten hätten ergo keine Würde) oder durch Identitätsbildung (Babys wären von der Menschenwürde nicht geschützt) entwickelt, sind abzulehnen. Ebenso ist die Meinung Würde sei durch Gott gegeben, abzulehnen. In unserer pluralistischen Gesellschaft gibt es verschiedenste Glaubenseinstellungen bzw. -nichteinstellungen (Atheismus).

Ein Eingriff in die Menschenwürde kann durch nichts gerechtfertigt werden. Dem Staat obliegt die Aufgabe Menschenwürdeverletzungen zu unterbinden bzw. nicht zuzulassen. Ein prominenter Fall ist das Eingreifen der Polizei beim so genannten „Zwergenweitwurf“: Ein Kleinwüchsiger hatte sich einverstanden erklärt, sich gegen Bezahlung zur allgemeinen Belustigung auf einem Jahrmarkt durch die Gegend werfen zu lassen.

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