Dass Beck zu Unrecht wenig beachtet wird - darauf möchte dieser Beitrag aufmerksam machen und dazu einladen, den Erfurter Barockmaler besser kennenzulernen.

Das Manuskript zu diesem Text entstand ursprünglich 2021, wurde seinerzeit jedoch nicht publiziert. Für die Veröffentlichung auf geschichte-wissen.de wurde es redaktionell bearbeitet. Der Beitrag nähert sich dem Thema bewusst in Essayform; er versteht sich also explizit nicht als wissenschaftlicher Text, wenngleich die zugrundeliegende Recherche nach wissenschaftlichen Maßstäben erfolgte. Obwohl ein Thema von kunstgeschichtlicher Relevanz behandelt wird, ist er (meinem eigenen fachlichen Profil entsprechend) eher kultur- und regionalhistorisch ausgerichtet. Alle Kunsthistoriker:innen, die diesen Beitrag lesen, mögen mir also die entsprechenden Auslassungen und möglichen Ungenauigkeiten verzeihen. Ich wünsche euch/Ihnen Freude, Anregung und Wissensgewinn bei der Lektüre.

Ihr/Euer

Christian Bürger, B.A.

Über den Autor

Christian Bürger (Jahrgang 1993) ist Historiker und Verwaltungswirt; er lebt in der Thüringer Landeshauptstadt Erfurt. Von 2020 bis 2023 studierte er, neben seiner Vollzeit-Berufstätigkeit in der öffentlichen Verwaltung, Geschichtswissenschaften, Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Kulturwissenschaften (Abschluss: B.A.) an der Fernuniversität in Hagen. Seit 2023 ist er im Masterstudiengang Geschichte Europas an der Fernuniversität in Hagen immatrikuliert. Christian Bürger ist u. a. Mitglied des Vereins für Thüringische Geschichte und des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt. Sein Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Landes-, Regional- und Kulturgeschichte Thüringens in der Frühen Neuzeit und im Spätmittelalter. Überdies beschäftigt er sich mit der Alltags- und Kulturgeschichte der ehemaligen DDR.

Einleitung

Wenn man an die Thüringer Landeshauptstadt Erfurt denkt, dann assoziiert man mit ihr wohl das Mittelalter, ihre zahlreichen Kirchtürme, den Dom mit seiner Festtagsglocke »Maria Gloriosa« (der größten freischwingenden mittelalterlichen Glocke der Welt), die Krämerbrücke (einzige vollständig bebaute Brücke nördlich der Alpen), Martin Luther (berühmtester Student der Alma Mater Erfordensis) sowie das mittelalterlich-jüdische Erbe mit dem Erfurter Schatz und der ältesten Synagoge Mitteleuropas, das seit 2023 zum UNSECO-Weltkulturerbe der Menschheit gehört. Sehr wahrscheinlich denkt man bei Erfurt aber weniger an Gemälde und bedeutende Kunst des 18. Jahrhunderts. Und es ist wahr, dass Erfurt nicht im Ruf steht, eine Metropole der Kunstmalerei zu sein, und auch einer ihrer berühmtesten, wenn nicht der berühmteste Erfurter Maler, ist nur regional etwas bekannter geworden. Überregionale und überzeitliche Popularität, wie sie Zeitgenossen – etwa Canaletto in Dresden – erlangten, hat Jacob Samuel Becks Werk bis in die Gegenwart nicht behaupten können. Dass Beck zu Unrecht wenig beachtet wird – darauf möchte dieser Beitrag aufmerksam machen und dazu einladen, den Erfurter Barockmaler besser kennenzulernen. Die Möglichkeiten eines schriftlichen Beitrags zur Veranschaulichung dieses Themas bleiben dabei selbstverständlich begrenzt, sodass hier nur Anregungen und Hinweise zur weiteren Erkundung des Werkes des Erfurter Meisters geliefert werden können.

Dieser Beitrag basiert maßgeblich auf einer Publikation, die das Erfurter Angermuseum begleitend zu einer Ausstellung zu Becks 300. Geburtstag 2015 herausgegeben hat. Dieses Werk ist zugleich meine Empfehlung zur tiefergehenden Auseinandersetzung mit dem Werk Becks. (Vgl. Thomas von Taschitzki/Kai Uwe Schierz (Hg.): Jacob Samuel Beck (1715-1778): Zum 300. Geburtstag des Erfurter Malers. Zur Ausstellung im Angermuseum Erfurt. Dresden 2016.)

Beck – Ein Erfurter.

Gans, Öl auf Leinwand, 53,5 x 59,5 cm – Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei

Über das Leben und die Persönlichkeit von Jacob Samuel Beck ist bislang wenig bekannt geworden; vieles bleibt vage. Von Beck sind keine aussagekräftigen Selbstzeugnisse, etwa Tagebücher und dergleichen, auf uns gekommen, sodass nur eine sehr dünne Quellenlage zu seinen näheren Lebensumständen gegeben ist – zumindest nach dem aktuellen Forschungsstand. Auch eine gedruckte oder zumindest handschriftlich niedergelegte Leichenpredigt mit biografischem Abriss oder eine ausführlichere, biografische Daten enthaltende Notiz zur Beisetzung, ist bisher nicht aufgetaucht. Das, was zu Beck gesichert ist, lässt nur wenige Rückschlüsse auf den Charakter des Künstlers zu.

Er wird am 21.03.1715 als 11. von insgesamt 16 Kindern der Familie geboren. Noch am selben Tag wird er in der Barfüßerkirche (seit dem II. Weltkrieg Ruine und Mahnmal) getauft. Vater Conrad Georg Beck ist Schneidermeister und »Ratsverwandter«, das heißt: er stammt aus einer angesehenen, alteingesessenen Erfurter Familie, die die Ratsfähigkeit besitzt. Conrad Georg Beck ist in diesem Zusammenhang auch als »Polizei-Commissarius« tätig. (Vgl. Lebensdaten: 262)

Zum Zeitpunkt von Jacob Samuel Becks Geburt hatte Erfurt – so urteilt die Historiographie bis heute – seine Glanzzeit bereits hinter sich. Der Dreißigjährige Krieg und die große Pest von 1682/83 hatten die Bevölkerung erheblich dezimiert. Zudem war der Färberwaid, eine der wichtigsten Grundlagen für den Erfurter Wohlstand, durch das Vordringen des Indigos auf den europäischen Markt kaum noch gefragt. 1664 hatte der Mainzer Erzbischof (Erfurts Stadtherr seit dem Mittelalter) zudem erreicht, dass Erfurts jahrhundertelange Autonomiebestrebungen ein Ende fanden. Die Stadt musste sich dem Kurfürstentum Mainz unterwerfen und wurde dadurch auch faktisch kurmainzische Landstadt. Als Zeichen der Unterwerfung wurde die Zitadelle Petersberg errichtet und Statthalter führten in Vertretung des Mainzer Kurfürsten nunmehr die Regierungsgeschäfte an der Gera. Zu dieser Zeit, um 1700, entstanden jedoch auch bedeutende Bau- und Kunstwerke, wie der barocke Hochaltar des Erfurter Doms, die kurmainzische Statthalterei sowie der kurmainzische Pack- und Waagehof mit seiner beachtenswerten Barockfassade. Das letztgenannte Gebäude beherbergt heute das Angermuseum, in dem zahlreiche Werke Becks zu besichtigen sind. (Vgl. Franke 2016: 68; Katalog 1992)

Über Becks Jugend und vor allem seine Lehrzeit ist wenig, fast Nichts bekannt. Ob er seine Ausbildung zum Maler in oder außerhalb Erfurts absolvierte, bleibt im Dunkeln. Aufgrund seines Malstils besteht die Möglichkeit, dass er eventuell eine Studienreise in die Niederlande unternommen und vielleicht sogar längere Zeit dort zugebracht haben könnte. Zu beweisen ist das jedoch nicht. Ebenso könnte er aber auch nur in der Region seine Ausbildung erhalten haben. Dass es möglich war, internationale Stilmerkmale zu erlernen, ohne jedoch die jeweiligen Länder bereist zu haben, belegen zeitgenössische Beispiele. (Vgl. Lebensdaten: 262)

Gesichert ist jedoch das Datum seiner ersten Eheschließung. Am 07.03.1734 geben sich Anna Maria Parfuß (*1707, +1777) und Jacob Samuel Beck das »Ja-Wort«. Becks Ehefrau wird 1748 als Eigentümerin des Hauses mit der heutigen Adresse Johannesstraße 15 genannt. Das Haus »Zum grünen Jäger« war ein Biereigenhof, also ein Anwesen, auf dem das Braurecht lag, von dem Erfurter Bürger Gebrauch machen konnten, wenn sie noch weitere Voraussetzungen erfüllten. Ob das Paar hier bereits vor 1748 gewohnt hat, ist nicht sicher. Belegt ist, dass Beck hier auch seine Malerwerkstatt einrichtete. Dem Paar werden nach der Eheschließung drei Töchter geboren, die jedoch alle 1740/41 im Kindesalter wieder versterben. (Vgl. Lebensdaten: 262) Was die Eltern empfunden haben mögen, können wir ahnen, Zeugnisse dieser Emotionen sind allerdings nicht überliefert.

Ab 1735 wird Beck vom evangelischen Waisenhaus im Erfurter Augustinerkloster bis zum Jahr 1772 mit der Anfertigung von 38 der insgesamt 56 Gemälde des Bilderzyklus »Erfurter Totentanz« beauftragt. 1872 zerstörte ein verheerender Großbrand die die Tatsache der Sterblichkeit aller Menschen reflektierende Bilderserie. Aus diesem Grund sind heute nur noch Kopien erhalten, welche sich im Besitz des Erfurter Stadtmuseums befinden und das ursprüngliche Aussehen erahnen lassen. (Vgl. Börsch-Supan 2016: 15; Vgl. Schwarz 1988; Vgl. Lebensdaten: 262)

Der Protestant Beck als katholischer Kirchenmaler

Gemälde von Jacob Samuel Beck – Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei

In den Jahren 1744 sowie 1748/49 fertigt Jacob Samuel Beck zwei seiner wohl meist bestaunten Werke, die Gemälde »Die Anbetung der Hirten« und »Die Anbetung der drei heiligen Könige« für den barocken Hochaltar des Erfurter Domes an. Dass der Protestant Beck diese beiden Aufträge von der katholischen Hauptkirche seiner Heimatstadt erhielt, kann als Indiz für die enorme Reputation gewertet werden, die Beck zur damaligen Zeit in Erfurt und im Thüringer Raum genoss. Eine Besonderheit der beiden Altarbilder ist, dass sie auswechselbar sind und man zu Weihnachten die Hirtenszene, zu Epiphanias aber das Dreikönigsbild zeigen kann. Bereits mit dem Bau des Hochaltares waren um 1700 zwei ältere (bis heute erhaltene) Bildtafeln, die die Kreuzigung Christi und die Himmelfahrt Marias darstellen, entstanden. Vergleicht man diese mit den beiden Werken Becks, so fällt auf, dass Becks Figuren viel kontrastreicher inszeniert werden. Auch das Spiel von Licht und Schatten wirkt deutlich dynamischer. Ebenfalls in römisch-katholischem Auftrag fertigte er zwischen 1755 und 1758 zwei Darstellungen für den Hochaltar der Martinikirche im Erfurter Brühl, die noch heute zu sehen sind. Das Altarblatt stellt »Das letzte Abendmahl« dar, während oberhalb dieses Motivs die »Kreuzigung Christi« zu sehen ist. (Vgl. von Taschitzki 2016: 103–107 und 111)

Einen weiteren katholischen Auftrag hatte Beck 1750 durch das Peterskloster erhalten. Im gleichen Jahr wurde das beauftragte Bild, das eine Kreuzigungsszene darstellt, der evangelischen Erfurter Augustinerkirche geschenkt, wo es heute im Seitenschiff zu sehen ist. Ob die Auftraggeber unzufrieden mit Becks Ausführung waren oder was letztendlich den Ausschlag dazu gab, dass das Werk nicht in der Peterskirche verwendet wurde, ist nicht bekannt. (Vgl. von Taschitzki 2016: 107)

Der Lebemann als Kunstmäzen

Gustav Adolf von Gotter, Gemälde von Jacob Samuel Beck – Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei

Ein Mensch, der Becks Kunst ganz besonders geschätzt zu haben scheint, war der in Diensten Preußens und Sachsen-Gotha-Altenburgs stehende Diplomat Gustav Adolf von Gotter (*1692, +1762). Bürgerlicher Herkunft, als Sohn eines herzoglich-gothaischen Beamten und Diplomaten geboren, wurde Gotter aufgrund seiner diplomatischen Verdienste durch Kaiser Karl VI. zunächst in den Reichsfreiherrenstand und später in den Reichsgrafenstand erhoben. (Vgl. Börsch-Supan 2016: 25-26; Vgl. Krüger 1993)

1734 kaufte der lebensfrohe Aufsteiger das Rittergut Molsdorf und die dazugehörige Wasserburg 10 km südlich von Erfurt. Bereits die Vorbesitzer hatten mit der barocken Umgestaltung der mittelalterlichen Anlage begonnen, die Gotter nunmehr aufwendig fortführte. Er beauftragte den sachsen-weimarischen Hofbaumeister Gottfried Heinrich Krohne (*1703, +1756) mit dem Umbau der Anlage zum Rokoko-Lustschloss. Die Ausgestaltung der Innenräume erfolgte überwiegend zwischen 1744 und 1746. Auch Beck erhielt Aufträge. Als Dekorationsmaler war er unter anderem an der Ausgestaltung des Grünen Blumenzimmers, des Weißen Blumenzimmers sowie des Damenkabinetts beteiligt. (Vgl. Börsch-Supan 2016: 29-30) Ferner fertigte Beck sechs Porträts von Bühnenkünstlerinnen für das Tänzerinnenzimmer im Erdgeschoss des Schlosses an. Vier der einst sechs Gemälde sind heute auf Schloss Callenberg bei Coburg ausgestellt und befinden sich im Privatbesitz des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha. Die Tänzerinnenporträts des Erfurters Beck haben wahrscheinlich mit dazu beigetragen, dass Gotter der Nachwelt als Frauenheld und Lebemann in Erinnerung geblieben ist. Wenn man dem Volksmund glaubt, waren die Damen allesamt Gotters Mätressen. Der noch heute bekannte Spitzname »Lotter-Gotter« legt von dieser Überlieferung Zeugnis ab. (Vgl. Behrends 2016: 125) In neuerer Zeit wird jedoch die These diskutiert, dass Gotter alles andere als ein Frauenheld gewesen sei. Es wird erwogen, dass seine zahlreichen Kontakte zu Frauen rein freundschaftlich-platonischen Charakter getragen hätten und Gotter selbst homosexuell gewesen sei. Stichhaltig bewiesen ist dies bislang nicht, wenngleich einige Indizien diese Interpretation zu stützen scheinen.

Dass Gotter Gefallen an Becks Arbeiten fand, steht jedoch außer Zweifel. In den 1740-er und 1750-er Jahren fertigte Beck zahlreiche Porträts und Kopien für den Molsdorfer Schlossherrn an. Sie zeigen Gotter unter anderem als Pilger, Jäger und Preußischen Generalpostmeister. (Vgl. Katalog 2016: 161-165)

Die Heidecksburg muss auf Beck verzichten

Auch der renommierte Architekt Krohne muss Beck, womöglich im Zuge der Ausgestaltung von Molsdorf, kennen und schätzen gelernt haben. 1748 beauftragte er Beck mit der Ausgestaltung des Festsaals von Schloss Heidecksburg in Rudolstadt. Das Residenzschloss der Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt war 1735 in großen Teilen niedergebrannt und wurde seit 1737 im Stil des Rokokos neugestaltet. 1743 hatte Krohne die Bauleitung übernommen. Die heutige Ausgestaltung des Saales, der als ein Höhepunkt des Rokokos in Deutschland zu gelten hat, stammt jedoch nicht von Beck, denn dieser musste den Auftrag krankheitsbedingt absagen. Somit bleiben heute nur Spekulationen, wie Becks Ausgestaltung des Festsaals wohl ausgesehen haben könnte. (Vgl. Lebensdaten: 262; Vgl. Franke 2016: 76)

Bereits 1746 hatte Beck Porträts von Angehörigen der anderen Linie des Schwarzburger Fürstenhauses, Schwarzburg-Sondershausen, angefertigt. Es handelt sich um Bildnisse der Prinzessin Charlotte Auguste sowie um ein repräsentatives Kinderbild des Prinzen August II. von Schwarzburg-Sondershausen auf Ebeleben. (Vgl. Katalog 2016: 158 und 159)

Beck als Hofmaler

Beck war vielfach in adeligem und höfischem Auftrag tätig, sei es für Graf Gotter, das Fürstenhaus Schwarzburg-Sondershausen oder für die Dynastie Sachsen-Weimar-Eisenach. Für Letztere malte Beck nicht nur Mitglieder der fürstlichen Familie, wie Ernst August II. Constantin (*1737, +1758; Ehemann der berühmten Weimarer Herzogin Anna Amalia), sondern auch Amtsträger und Angehörige des Hofstaats, wie den Oberhofmarschall von Schardt. (Vgl. Katalog 2016: 171 und 172)

In einem Schreiben vom 26.03.1752 beantragt Beck bei Herzog Friedrich III. von Sachsen-Gotha-Altenburg (*1699, +1772) die Verleihung des Titels bzw. des Prädikats als »Hof- und Cabinetsmaler« von Sachsen-Weimar-Eisenach. Dieses Detail verwundert zunächst, denn warum sollte er die herzoglich-weimarische Würde beim Herzog von Sachsen-Gotha beantragen? Die Antwort ist recht einfach: der Weimarer Herzog Ernst August II. Constantin war noch minderjährig und damit regierungsunfähig. Sein Vater, Herzog Ernst August I., war 1748 verstorben (da war der Prinz erst 10 Jahre alt). Herzog Friedrich III. von Sachsen-Gotha-Altenburg übernahm daraufhin die Vormundschaft für die eng verwandte Weimarer Linie. Als Obervormund war der Herzog somit auch für Becks Anliegen zuständig. (Vgl. Quellentexte: 254–255)

In Gotha kam man Becks Bitte scheinbar unverzüglich nach. Bereits am 06.04.1752 wurde ihm der gewünschte Titel verliehen. Offenbar wusste man am Gothaer Hof ebenso wie in Weimar Becks Werke und sein Talent zu schätzen, sodass man den Ehrentitel schnell und mit gutem Gewissen an den Erfurter Maler vergeben konnte. (Vgl. Quellentexte: 256–257)

Ein spätes Werk, das um 1777 datiert, ist Becks Porträt des Mainzer Kurfürsten und Fürsterzbischofs Friedrich Carl Joseph von Erthal (*1719, +1802). Der Kurfürst besuchte Erfurt erstmals 1777. Aus diesem Anlass stiftete die Erfurter Bürgerschaft die Errichtung eines Denkmals auf dem heutigen Domplatz. Der sogenannte Erthal-Obelisk ragt noch heute unübersehbar 18 Meter in die Höhe. Es ist wahrscheinlich, dass Beck das Bildnis seines Landesherrn im Rahmen dieses Besuches anfertigte. (Vgl. Börsch-Supan 2016: 34-35; Vgl. Chronik 1664–1800 (Online))

Der Maler und die Erfurter

1762 wird Beck mit der Ausgestaltung des repräsentativen Patrizierhauses »Zum breiten Herd« am Erfurter Fischmarkt beauftragt. Das Gesicht des Auftraggebers, ein Kaufmann mit dem Namen Johann Nikolaus Boutin, kennen wir von einem Porträt, das ebenfalls von der Hand Jacob Samuel Becks stammt und um 1770 datiert. Die von Beck vorgenommene Ausstattung der Innenräume hat sich jedoch nicht erhalten bzw. befindet sich nicht mehr am ursprünglichen Ort. Rekonstruktionen, welche Werke Becks für den breiten Herd entstanden und noch erhalten sind, bleiben spekulativ. Auch ist nicht gesichert, ob der Auftrag auch die Anfertigung von Deckengemälden beinhaltete, von denen ebenfalls keine Spur Zeugnis gibt. (Vgl. Behrends 2016: 135)

Zur (alten) Erfurter Universität (gegründet 1379/1392, geschlossen 1816) unterhielt Beck ebenfalls Geschäftsbeziehungen. So fertigte er zwischen 1742 und 1770 zehn Porträts von in dieser Zeit amtierenden Rektoren für das Matrikelbuch der Hochschule an. (Vgl. Lebensdaten: 262; Vgl. von Taschitzki 2016: 99) Aber auch Rudolph Christoph Henne, Professor der Rechtswissenschaften und Rektor der Erfurter Universität, blickt den Betrachtenden mit silberner Weste, rotem Rock und weiß gepuderter Kurzhaarperücke gekleidet aus einem Porträt von Beck an. (Vgl. Katalog 2016: 175) Seine Gemahlin Justina Catherina Hemme präsentiert anmutig den Perlenschmuck an ihrem Arm, während sie ein überwiegend in Silber gehaltenes, reich verziertes Rokoko-Kleid trägt. Dazu kombinierte sie eine Art Halstuch aus Spitze, an dessen unterem Ende ein weiteres kunstfertiges Schmuckstück angebracht ist. Die reich verzierte Spitzenhaube kennzeichnet sie als Ehefrau und rundet ihr Auftreten als wohlhabende Gattin ab. Zweifellos hat Beck diese beiden Porträts als Auftragswerk der Eheleute gefertigt. (Vgl. Katalog 2016: 174)

Christian Reichert, Erfurter Ratsmeister und Begründer des Erwerbsgartenbaus, wurde von Beck ebenfalls im Bild verewigt. Es zeigt ihn im Alter von 90 Jahren und wird auf Reicharts Todesjahr 1775 datiert. Wahrscheinlich ist jedoch, dass Beck Reichart nicht nur einmal kurz vor dessen Tod porträtierte. Wo und ob sich weitere Bildnisse Reicharts von Becks Hand erhalten haben, bleibt jedoch unklar. (Vgl. Börsch-Supan 2016: 39-40; Vgl. Katalog 2016: 180)

Lebensabend

Um 1775 entstand ein Gemälde, von dem heute vermutet wird, dass es sich um ein Selbstporträt Jacob Samuel Becks handeln könnte. Es zeigt einen gealterten Mann mit deutlichen Falten im Gesicht, hervorspringender Nase und einem leichten Doppelkinn vor einem dunklen Hintergrund. Die dargestellte Person trägt eine graue Kurzhaarperücke sowie eine Jacke mit Pelzkragen. Es wurde zum 300. Geburtstag des Malers durch den Förderverein des Erfurter Angermuseums erworben. Ob es ihn wirklich zeigt, bleibt aufgrund mangelnder Vergleichsmöglichkeiten bisher uneindeutig. (Vgl. von Taschitzki 2016: 118–119)

Am 28.08.1777 stirbt Becks Frau Anna Maria Beck im Alter von 74 Jahren. Noch im gleichen Jahr heiratet der 62-jährige Jacob Samuel Beck die 15 Jahre jüngere Sophia Eleonora Sinnhold (*1730, +1814). (Vgl. Lebensdaten: 263)

Dass Beck 1777 eine Reise ins Baltikum angetreten habe, wie in der älteren Literatur behauptet wird, lässt sich nicht belegen bzw. gilt als unwahrscheinlich. Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um einen Fehler in der Überlieferung handelt. (Vgl. Lebensdaten: 263)

Beck selbst verstarb bereits am 18.06.1778 im Alter von 63 Jahren. Zwei Tage später wurde er auf dem Friedhof der Kaufmannskirche beigesetzt, der damals die Kirche am Erfurter Anger umgab. Er existiert heute jedoch nicht mehr; auch erinnert kein Grab oder ein Grabstein an Jacob Samuel Beck. Seine zweite Frau überlebte ihn um viele Jahre und starb erst 1814, ebenfalls in Erfurt. (Vgl. Lebensdaten: 263)

Schlussbetrachtung

Beck entwickelte einen unverkennbaren, eigenen Malstil, der die Handschrift der holländischen Malerei trägt. Neben seiner Porträtkunst schätzten die Zeitgenossen insbesondere Becks Stillleben mit Früchten und Gemüse sowie die Jagdstillleben. Besonders in seinen Stillleben gelingt es Beck, alltägliche Motive so darzustellen, dass man in diesen banalen Dingen eine besondere Schönheit erkennen kann. Auch seine Portraits erwecken mit ihrem Spiel von Licht und Schatten sowie ihrer lebendigen Farbkomposition noch heute Eindruck. Beck wurde über die Konfessionsgrenzen hinweg geschätzt, wie besonders seine Werke für den Erfurter Dom anschaulich belegen. Doch auch Bilder für Kirchen und Institutionen evangelischer Konfession, der auch Beck angehörte, zeugen von Einfühlsamkeit und einem besonderen Verständnis für die Darstellung religiöser Motive. (Vgl. Quellentexte: 261-262)

Unabhängig davon war Beck als selbstständiger Maler (er trat nie in ein festes Dienstverhältnis) darauf angewiesen, dass seine Werke gefielen und sein guter Ruf so entsprechend gemehrt wurde. So wurde Beck für alle tätig, die es sich finanziell leisten konnten, seien sie evangelisch oder katholisch, weltlich oder geistlich, von Adel oder bürgerlich.

Diese Auftragsarbeiten betrafen nicht zuletzt auch die Porträtmalerei in der Beck besondere Fähigkeiten und einen einzigartigen Stil an den Tag legte. (Vgl. Quellentexte: 260) Diese Arbeiten trugen nicht zuletzt zur Mehrung seines Ansehens bei, auf welches er ebenfalls aus wirtschaftlichen Gründen angewiesen war. Womöglich hatte es Beck schwerer als manche Zeitgenossen, zumal wenn es sich als wahr erweisen sollte, dass Beck lediglich in Erfurt oder Thüringen seine Ausbildung erhalten hat. Mit ziemlicher Sicherheit kann angenommen werden, dass er kein Schüler eines berühmten Lehrers war und dass er sich seinen Ruf folglich erst erwerben, sprich: ermalen musste.  

Zahlreiche Werke Becks haben die Zeiten nicht überdauert oder sind in Vergessenheit geraten. Wie viel Beck jedoch tatsächlich gemalt hat und wie viel davon verloren ist, lässt sich kaum sagen. Auch ist nicht sicher, wie viele Werke Becks unentdeckt oder falsch zugeordnet in Depots, Kirchen und Privathaushalten ihrer Wiederentdeckung harren. In diesem Zusammenhang ist Beck in der Gegenwart noch immer als Subjekt spannender und anspruchsvoller Forschungsarbeit von großer Bedeutung.

Literatur

Behrends 2016 – Behrends, Rainer: Miscallaneen zu Werken Jacob Samuel Becks. In: Thomas von Taschitzki/Kai Uwe Schierz (Hg.): Jacob Samuel Beck (1715-1778). Zum 300. Geburtstag des Erfurter Malers. Dresden 2016, S. 123-139.

Börsch-Supan 2016 – Börsch-Supan, Helmut: Jacob Samuel Beck als Bildnismaler. In: Thomas von Taschitzki/Kai Uwe Schierz (Hg.): Jacob Samuel Beck (1715-1778). Zum 300. Geburtstag des Erfurter Malers. Dresden 2016, S. 15-47.

Franke 1999 – Franke, Martin: Jacob Samuel Beck 1715-1778. Malerei in Erfurt zwischen Tradition und Aufklärung. Erfurt 1999.

Franke 2016 – Ders.: Zwischen höfischer Kultur und bürgerlicher Lebenswelt – Jacob Samuel Beck und die Malerei im Thüringen des 18. Jahrhunderts. In: Thomas von Taschitzki/Kai Uwe Schierz (Hg.): Jacob Samuel Beck (1715-1778). Zum 300. Geburtstag des Erfurter Malers. Dresden 2016, S. 67-83.

Katalog 1992 – Katalog: Das Mainzer Rad an der Gera. Kurmainz und Erfurt 742-1802. Mainz 1992.

Katalog 2016 – Katalog: Werke von Jacob Samuel Beck. In: Thomas von Taschitzki/Kai Uwe Schierz (Hg.): Jacob Samuel Beck (1715-1778). Zum 300. Geburtstag des Erfurter Malers. Dresden 2016, S. 158–228.

Krüger 1993 – Krüger, Kurt: Gustav Adolph Graf von Gotter. Leben in galanter Zeit. Erfurt 1993.

Lebensdaten – Lebensdaten zu Jacob Samuel Beck. In: Thomas von Taschitzki/Kai Uwe Schierz (Hg.): Jacob Samuel Beck (1715-1778). Zum 300. Geburtstag des Erfurter Malers. Dresden 2016, S. 262–263.

Quellentexte – Quellentexte zu Jacob Samuel Beck. In: In: Thomas von Taschitzki/Kai Uwe Schierz (Hg.): Jacob Samuel Beck (1715-1778). Zum 300. Geburtstag des Erfurter Malers. Dresden 2016, S. 254–261.

von Taschitzki 2016 – von Taschitzki, Thomas: Jacob Samuel Beck und sein vielseitiges Werk – Detailstudien und Spurensuche. In: Thomas von Taschitzki/Kai Uwe Schierz (Hg.): Jacob Samuel Beck (1715-1778). Zum 300. Geburtstag des Erfurter Malers. Dresden 2016, S. 85–121.

Schwarz 1988 – Schwarz, Erika: Der »Erfurter Totentanz«. In: Rat der Stadt Erfurt (Hg.): Aus der Vergangenheit der Stadt Erfurt. Neue Folge. 4 (1988), S. 17-31.

Onlineressourcen

Chronik 1664–1800 (Online) – Chronik der Stadt Erfurt. 1664–1800 | Unter kurmainzischer Herrschaft. (Online unter: https://www.erfurt.de/ef/de/erleben/entdecken/geschichte/chronik/111883.html, letzter Abruf: 02.11.2023)

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