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„Alle Wege führen nach Rom“ –zumindest hatten alle Straßen Anschluss an die Fern- und Staatsstraßen, die nach Rom führten.

Die bekannteste römische Straße dürfte die Via Appia sein, benannt nach Appius Claudius Caecus. 312 v. Chr. wurde mit ihrem Bau begonnen, nach ihrer endgültigen Fertigstellung, 244 (oder 190) v. Chr., führte sie bis nach Brindisi, das sind 540 km bis Rom. Die Römer waren so stolz auf sie, dass sie den Titel regina viarum erhielt.

Die meisten Straßen hießen nach ihrem Zielort. Manche hießen nach ihrem Erbauer, wie die Via Appia, andere erhielten den Namen des Kaisers, der sie erbauen oder reparieren ließ. So zum Beispiel die Via Claudia Augusta, die von Venetien bis zum Donauufer bei Mertingen führte. Fertig gestellt im Norden hat sie Kaiser Claudius, von ihm erhielt sie ihren Namen. Die Namen der Straßen erschließen sich aus den Inschriften auf den Meilensteinen, die zu Zeiten der Römer in dichter Folge am Straßenrand standen.

Die „Agrippa“-Straße Lyon-Köln

Namenlos blieb die Fernstraße von Lyon bis Köln. Diese älteste Fernstraße links des Rheins war zunächst eine Militärstraße, sie führte von Lyon über Dijon, Metz und Trier nach Köln. Sie wurde von Marcus Vipsanius Agrippa, Statthalter in Gallien, während einer seiner Amtszeiten (39/38 und 20/19 v. Chr.) gebaut.
In Frankreich, aber auch in der Eifel und der Voreifel sind einige Teile auch heute noch zu sehen. Diese Straße ist ziemlich gründlich erforscht worden. In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts veröffentlichte Josef Hagen Texte über die „Römerstraßen der Rheinprovinz“. Die Rheinprovinz umfasste das heutige nördliche Gebiet von Rheinland-Pfalz und das südliche von Nordrhein-Westfalen, also Teile der späteren germania superior und der germania inferior. In der Einführung Hagens heißt es: „Bauart und Gefüge der Römerstraßen der Rheinprovinz zeigen die größte Mannigfaltigkeit.“
Straßendamm einer römischen Straße
Mit dem Text von Josef Hagen und den entsprechenden Topographischen Karten im Maßstab 1:25 000 lässt sich in der Eifel die Strecke Bitburg – Oos und weiter nördlich von Oos bis Jünkerath und weiter über Marmagen und Nettersheim ziemlich gut verfolgen.
Das gilt natürlich auch für den nördlichen Bereich von Köln über Zülpich bis in die Eifel. Dieser Bereich wurde in den neunziger Jahren vom interdisziplinären Forschungsprojekt „Römerstraßen zwischen Köln und Trier“ erforscht. Besonders hilfreich waren hier neue Luftbildbefunde. So wurde ein neuer Straßenstrang im Bereich zwischen Köln und Zülpich gefunden. Erst in der Gegend von Marmagen vereinigen sich mehrere Nebenstraßen zur Hauptstraße Richtung Trier.
Die Fernstraße durch die Eifel wird heute unter dem Namen „Agrippa-Straße Köln-Trier“ touristisch vermarktet.

Die „Rheintalstraße“ von Mailand nach Köln

Nur wenig später wurde eine Straße gebaut, über die unter der Bezeichnung „Rheintalstraße“ Informationen im Internet gefunden werden können. Tatsächlich führt sie von Mailand nach Köln und weiter bis an die Nordsee. Sie führt durch die Alpen über den Großen-St.-Bernhard-Pass über Martigny, Augst, Straßburg, Speyer, Worms, Mainz, Bingen, Koblenz und Bonn nach Köln. Im Gegensatz zur Eifel-Straße finden wir also große – heutige – Städte und große römische Siedlungen an ihrem Weg. Zuzeiten des Beginns des Straßenbaus waren die beiden germania-Provinzen noch Militärbezirke. Und Augst und Köln waren noch nicht coloniae. Wir befinden uns in den Jahrzehnten vor und nach der Zeitenwende.
Insgesamt wird die Länge der Römerstraßen weltweit auf etwa 80 000 bis 100 000 km geschätzt, nicht mitgerechnet die zahlreichen kleinen Privatstraßen.

Straßen – wozu?

Wozu dienten nun die zahlreichen Straßen im römischen Reich? Römische Quellen beantworten diese Frage nicht, es bleibt unserer Fantasie und Findigkeit überlassen, die Klärung zu versuchen.
Die Straßen waren breit und solide genug, um das schnelle Fortkommen der römischen Legionen während der Eroberungs- oder der Verteidigungskriege zu ermöglichen. Die Legionäre schafften auf ihnen etwa 20 bis 25 km pro Tag.
Die  Straßen hielten aber auch dem regen Warenverkehr von Ort zu Ort stand. Erhaltene Wandmalereien, Reliefs oder Mosaiken zeigen die Fortbewegungsarten der Bürger auf den Straßen. Private Reisende bewegten sich zu Fuß über die Straßen, ihre Lasten trugen sie selbst oder ihre Maultiere. Gewerbetreibende beförderten ihre Waren mit Karren. Für die Unterbringung der Reisenden war in mansiones gesorgt, sie boten die gleichen Bequemlichkeiten wie später die Posthaltereien zu Zeiten der Postkutschen.
„Zur Orientierung für die Reisenden gab es Reisehandbücher. In ihnen sind die öffentlichen Straßen aufgeführt, und zwar mit Ausgangspunkt und Zielort, der Gesamtlänge der Strecke sowie einer Aufgliederung in Teilstrecken mit Angaben von Orten und Stationen und der Entfernung zwischen diesen.“(RiRh-Pf)
Peutinger-Karte - Eifelstrecke
Die Tabula Peutingeriana, benannt nach Konrad Peutinger, der sie im Mittelalter kopiert hat, zeigt die Strecken in Landkartenform. Sie soll aus dem dritten oder auch erst aus dem fünften Jahrhundert stammen. Das Itinerarium Antonini ist eine Sammlung von Entfernungstabellen, in der auch die Orte an der Straße aufgezeichnet sind. Es zeigt die Lage, wie sie im dritten Jahrhundert war.
Gemessen wurden die Entfernungen in römischen Meilen (ca. 1,4 km), später in gallischen Leugen (ca. 2,2 km). Von den Meilensteinen, die die Entfernungen anzeigten, sind  hier und da noch einige erhalten. Sie geben Entfernungen an, berichten aber auch mehr oder weniger ausführlich über die Erbauer der Straßen. Aus diesen Angaben kann man heute entnehmen, wer diese Straße gebaut oder repariert hat.
Auch die römische „Post“ mit Nachrichten und Waren (cursus publicus) war auf den Straßen unterwegs. Es handelte sich um eine staatliche Einrichtung, Privatleute durften sie nicht nutzen, es sei denn, sie hätten eine schriftliche Genehmigung aus Rom erlangt. Die schnelle Beförderung von Nachrichten war sicher einer der Gründe für den Straßenbau. In Zeiten ohne unsere Nachrichtentechnik war man auf manpower angewiesen.
In unterschiedlichen Entfernungen voneinander lagen an den Straßen die vici, Niederlassungen von Kaufleuten und kleinen Gewerbetreibenden. An wichtigen Stellen waren Polizeiposten stationiert.

Römische Technik

Es war ein erheblicher technischer Aufwand erforderlich, um den Hauptstraßen, die meist sechs Meter – zwanzig römische Fuß – breit waren, Halt zu verleihen. Bis zu fünf Schichten, die zusammen etwa einen Meter Höhe ausmachten, bildeten den gesamten Straßenkörper. Die oberste Schicht bestand – wenn möglich – aus Plastersteinen. „Die Grundschicht war ein Steinsatz, grob geschichtet, manchmal mit Mörtel gebunden, darüber kann eine mörtellose, quer geschichtete Steinlage folgen oder eine mit Mörtel gemischte Kiesschicht. Darüber kommt eine Schicht aus groben Kieseln, Steinen, gelegentlich auch Schutt. Darüber lieg der Deckenbelag, auch summa glarea genannt.“ (RiRh-Pf) Natürlich war das nur die Idealvorstellung von einer Straße. Je nach den örtlichen Gegebenheiten wurde an dem einen oder anderen gespart. Wo es reichlich Steine gab, herrschten diese vor, in Rheinnähe gab es Überfluss an Kieseln. Je nach Beschaffenheit der Landschaft gab es „Einbahnstraßen“, wenn der Platz für die normale Breite nicht ausreichte.

Die Straßen wurden leicht gewölbt angelegt wegen der besseren Entwässerung, zu beiden Seiten hatten sie Straßengräben, die heute noch zu erkennen sind. Mal direkt neben der Straße, mal etwas weiter entfernt. Die Rast in einem solchen Straßengraben veranlasst zu dem Gedanken „sic transit gloria mundi“, denn die Fernstraße durch die Eifel war zu ihrer Zeit das, was die A3 heute ist.
Straßenbelag einer römischen Straße
Die großen Straßen mieden bei ihrer Trassenführung enge Täler, führten wo möglich über Hochflächen. Immer wurde angestrebt, die Endpunkte auf kürzest möglichem Weg zu erreichen. Dabei wurden auch starke Steigungen in Kauf genommen. Vielfach wurden alte Straßen einbezogen. Es ist erstaunlich, wie die Römer ohne unsere heutigen Hilfsmittel die Trassen einrichten konnten. Die Kosten müssen erheblich gewesen sein, es werden Zahlen genannt von rund 100 000 Sesterzen für eine Meile Straße. Eine Umrechnung in unsere heutige Währung ist schwierig.

Natürlich gab es, wie heutzutage auch, Straßen erster Ordnung und andere. Die Staatsstraßen und die Militärstraßen (viae publicae) wurden von Rom aus geplant, gebaut und bezahlt. Eine der bekanntesten ist die Via Appia.
Daneben gab es die Provinzialstraßen (viae vincinales) und die Privatstraßen (viae privatae), die natürlich nicht die Qualität der großen Fernstraßen hatten. Ihre Finanzierung erfolgte in den Provinzen oder durch die Privatleute, zu deren Gütern die Straßen führten. Die beiden Fernstraßen links des Rheins waren Militärstraßen.
Gebaut wurden die Straßen häufig von Soldaten, die auch in friedlichen Zeiten besoldet werden mussten. Ebenso hat man Sklaven und Sträflinge zum Straßenbau herangezogen.

Zeitstellung

Zum Zeitpunkt des Baues der beiden Straßen herrschte Kaiser Augustus (27 v. Chr. – 14 n. Chr.). Seine beiden Stiefsöhne, die Brüder Tiberius und Drusus eroberten um die Zeitenwende das nördliche Voralpengebiet und den Südschwarzwald. Augustus nahm eine Neuordnung der Gebiete vor, ein Teil der Provinz belgica sowie die neu eroberten Gebiete wurden zu Ober- und Niedergermanien, allerdings zunächst nur als Militärbezirke, die von Legaten regiert wurden. Die beiden germanischen Gebiete wurden erst um das Jahr 90 n. Chr. zu römischen Provinzen. Die beiden Hauptstädte waren Mainz und Köln.
Die Beherrschung der neu eroberten Gebiete machte weiteren Straßenbau erforderlich. So entstand die Straße von Mailand nach Köln. Der endgültige Ausbau der Straße erfolgte wahrscheinlich erst unter Kaiser Claudius, ein Meilenstein mit seinem Namen wurde bei Koblenz gefunden. Bekannt ist auch, dass Claudius die Strecke über den Großen St. Bernhard erst 47 n. Chr. fertig stellen ließ.
Augustus’ Freund und Schwiegersohn Marcus Vipsanius Agrippa residierte während seiner Zeit als Statthalter Roms in Gallien in Lyon (lugdunum). Von dort aus führen die vier Straßen, die Agrippa bauen ließ: nach Arles mit Anbindung ans Mittelmeer, nach Bordeaux sowie Boulogne an den Atlantik und nach Köln an den Rhein. Meilensteine wurden an der  Eifel-Straße nicht gefunden. Die Straße nach Köln war wichtig, weil von dort aus die Eroberung der rechtsrheinischen Gebiete starten sollte.
Konkrete Jahreszahlen zu den Straßen gibt es wenig, frühe Meilensteine sind nur wenige erhalten, das Itinerarium Antonini und die Tabula Peutingeriana stammen erst aus späteren Jahrhunderten und stellen den Zustand zu diesen Zeiten dar.

Quellen:

  • Die Römer in Rheinland-Pfalz (Abkürzung im Text: RiRh-Pf), Theiss-Verlag
  • „Alle Wege führen nach Rom …“ Internationales Römerstraßenkolloquium Bonn,
  • Materialien zur Bodendenkmalpflege im Rheinland, Band 16, 2003
  • und das Internet

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