Der Rote Hitlerjunge erzählt packend die Familiengeschichte eines Heranwachsenden, der zwischen 2 Welten schreitet: Seine Familie sind überzeugte und aktive Kommunisten, das gesellschaftliche Leben ist aber vom Nationalsozialismus im 3. Reich geprägt. Trotz des kommunistischen Elternhauses fasziniert Günter Lucks auch die Hitler-Jugend – wie schwierig eine solche Gratwanderung ist, hebt das Buch hervor.
Günter Lucks wird in eine kommunistische Familie geboren. Der Vater zu Hochzeiten der Weltwirtschaftskrise arbeitslos und Kämpfer im Rotfrontkämpferbund (RFB) ist engagiertes Mitglied der Kommunistischen Partei (KPD) – ebenso Lucks Mutter. Bereits als Kind wird Lucks zu den Märschen am 1. Mai mitgenommen. Obschon er die Ideologie der Kommunisten in diesem Alter nicht verstehen kann, zieht er die für ein Kind naheliegenden Schlüsse: Die Roten müssen gut sein, die Braunen böse.
Diese Weltsicht gerät jedoch ins Wanken als Hitler 1933 Reichskanzler wird und die Weimarer Republik untergeht. Die Nationalsozialisten übernehmen das gesamte gesellschaftliche Leben: Medien werden gleichgeschaltet, Vereine verboten – die NSDAP-Nachwuchsorganisationen Hitlerjugend (HJ) und Bund deutscher Mädel (BdM) nehmen deren Stelle ein. Mit Zeltlagern, sportlichen Wettkämpfen und Gruppenzusammenhalt übt die HJ auch auf Jungen mit kommunistischen Wurzeln eine immense Faszination aus.
Das Buch erzählt biographisch den Niedergang der Weimarer Republik aus Sicht einer kommunistischen Familie – interessant ist, wie das ideologisch geprägte Leben überzeugter Kommunisten verläuft, die selbst Weihnachten als kapitalistische Ablenkung deuten. In diese Welt bricht mit Gewalt der Nationalsozialismus ein. Aus Anekdoten und prägenden Momenten ergibt sich so ein stimmungsvolles Bild dieser Zeit. Dem Autor gelingt es, die Umbrüche in der Hansestadt Hamburg deutlich herauszustellen. Dank einem sehr kurzweiligen Schreibstil kann ich das Buch guten Gewissens empfehlen: Man bekommt einen Einblick in die letzten Tage der Weimarer Republik und das Leben im 3. Reich aus einem anderen Blickwinkel: Der eines Jungen, der zwischen 2 Ideologien lebt.
Klappentext
Der Stiefvater ist Kommunist, der Vater gar im Rotfrontkämpferbund. Die neue Stiefmutter aber schwärmt für Hitler. Der eine Großvater ist Monarchist, der andere ein kommunistischer Schneider, der Onkel wiederum Sozialdemokrat. Ein Familienbild aus dem Hamburger Arbeiterbezirk Hammerbrook um 1930. Die Eltern verkehren mit KPD-Größen wie Etkar André oder Fiete Schulz, der kleine Günter aber will unbedingt zum Jungvolk. Dies ist die Erzählung von einer Kindheit zwischen den Extremen, in einem versunkenen, erst von den Nazis und dann von der „Operation Gomorrha“ endgültig zerstörten Milieu, das auch nach dem Krieg nicht wiedererstand. Es ist zugleich ein authentisches Bild aus dem Leben in den traditionellen Arbeiterbezirken von Hamburg, von dem aus erster Hand heute kaum noch ein Zeitzeuge erzählen kann.
Zu den Autoren
Günter Lucks, Jahrgang 1928, war nach einer Ausbildung bei der Post bis zur Rente in der Druckerei und bei der Poststelle des Axel Springer Verlags beschäftigt. Eine Einladung der Bundeswehr in Gründung, ihr als Offizier beizutreten, hatte er abgelehnt.
Harald Stutte ist Historiker, Journalist und Autor. Er wurde mit dem Reportagepreis der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten ausgezeichnet. Er lebt und arbeitet in Hamburg
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Das Buch ist Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienen. ISBN: 978-3-499-62923-5. Der Kaufpreis beträgt in Deutschland 9,99 €. Sie können das Buch über Amazon kaufen (beim Kauf bei Amazon über diese Seite erhalten wir eine Provision): Jetzt kaufen