Günter Lucks und Harald Stutte haben ein eindrucksvolles Buch über den Bombenangriff auf Hamburg während des Zweiten Weltkriegs verfasst. Günter Lucks hat dieses Inferno überlebt, aber seinen Bruder und seine Kindheit verloren. Dieser Zeitzeugenbericht eines damals 14jährigen weckt ein bedrückendes Gefühl und bringt einem die Schrecken eines lange vergangenen Krieges nahe. Als sehr persönliches Werk können wir das eingängig verfasste Buch vor allem Schülern empfehlen.

Das Buch "Zehn Tage im Juli" ist ein ergreifender Zeitzeugenbericht über den Bombenkrieg auf Hamburg. (c) 2020 Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg - Covergestaltung zero-media.net, München, Coverabbildung ullstein Bild - LEONE
Das Buch „Zehn Tage im Juli“ ist ein ergreifender Zeitzeugenbericht über den Bombenkrieg auf Hamburg. (c) 2020 Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg – Covergestaltung zero-media.net, München, Coverabbildung ullstein bild – LEONE

Warum Operation Gomorrha?

In unserem Artikel „Operation Gomorrha – Angriff auf Hamburg“ wurde der Bombenkrieg gegen die Stadt an der Elbe als „biblisches Strafgericht“ beschrieben – denn der von den Alliierten gewählte Name der „Operation Gomorrha“ nahm Bezug auf eine Erzählung des alten Testaments, in der Gott zwei Städte (Sodom und Gomorra) unter einem Regen aus Feuer und Schwefel begraben hatte, nachdem die Bewohner der Sünde verfallen waren.

In dem Buch wird hierzu sehr richtig geschrieben, dass „Hamburg […] 1943 keine unschuldige Stadt“ gewesen sei, allerdings sei es eine Stadt gewesen, „in der nicht automatisch jeder Schuld und Verantwortung für die monströsen Verbrechen trug, die im Namen des Nationalsozialismus begangen wurden“.

 

Eine schreckliche Bilanz

Wir möchten die schreckliche Bilanz dieser zehntägigen Luftangriffe anhand einiger Zahlen und Fakten festmachen.

  • Etwa 34.000 Menschen fielen den Angriffen im Zeitraum vom 24.07. bis 03.08.1943 zum Opfer. Die genaue Zahl der Opfer konnte allerdings nicht festgestellt werden.
  • Die folgenden Zahlen verdeutlichen neben den reinen Todesopfern das Ausmaß der Zerstörungen: 277.330 Wohnungen wurden zerstört, 24 Krankenhäuser, 277 Schulen und 58 Kirchen. In wirtschaftlicher Hinsicht wurden 580 Industriebetriebe und 2.632 sonstige gewerbliche Betriebe zerstört.
  • Es folgten zwei amerikanische und fünf britische Angriffe, wobei die britischen Flieger nachts operierten und vor allem zivile Ziele hatten. Die Amerikaner agierten dagegen tagsüber und beschossen wirtschaftliche und militärische Anlagen wie den Hamburger Hafen.
  • Der Luftkrieg gegen die Zivilbevölkerung hatte das Ziel der Demoralisierung und der Brechung des Widerstands in Deutschland.
  • Die Bomben entfachten begünstigt durch den sehr heißen und trockenen Sommer einen Feuersturm, der mit bis zu 270 km/h durch die Straßen fegte.

 

Ein bedrückender Zeitzeugenbericht

Die Amerikaner setzten B17-Bomber wie diese ein.
Die Amerikaner setzten B17-Bomber wie diese ein.

Günter Lucks hat bereits den Roman „Der Rote Hitlerjunge“ veröffentlicht. In unserer Rezension zu diesem Buch stellten wir fest, dass der Autor packend seine Familiengeschichte zwischen zwei Ideologien erzählt. Dabei wird deutlich, welcher Indoktrination die Jugend im Nationalsozialismus ausgesetzt war – trotz kommunistischen Elternhaus war der Autor begeistertes Mitglied der Hitlerjugend. Das Buch „Zehn Tage im Juli“ schließt an den „Roten Hitlerjungen“ an, denn der ferne Krieg, der das Leben eines 14jährigen Jungen anfangs kaum berührte, war auf einmal in der Heimat angekommen und wurde brutale Realität

Das Buch beginnt nicht mit den Bombennächten, sondern zeichnet zuvor ein Panorama des damaligen Lebens im Hamburg der Nationalsozialisten: Die Militarisierung drang in jeden Winkel des Lebens und wurde Teil des Alltags – Kinder konnten Bomber erkennen wie heute Automarken. Trotz aller Zerstörungen fand das tägliche Leben statt – mit den regelmäßigen Fliegeralarmen als traurige Begleitmusik. Wohl jede Familie hatte Angehörige, die an der – noch fernen – Front kämpften. Lebensmittel waren rationiert und Familien auseinandergerissen.

In einer solchen Zeit wurden Jugendliche sehr schnell erwachsen – oder vielmehr: Sie mussten es werden. Die neue Welt des Krieges nahm keine Rücksicht auf das Alter und die Reife eines Menschen. Besonders deutlich wird dies am Bruder von Günter Lucks, der im Bombenkrieg sein Leben ließ: Als 16jähriger kümmerte sich dieser wie selbstverständlich um seinen nur wenige Jahre jüngeren Bruder und leitete diesen an. Er redete während der Angriffe völlig traumatisierten und in Panik geratenen Erwachsenen in einem Luftschutzraum zu und organisierte die vergeblichen Versuche, das in Brand geratene Wohnhaus zu löschen.

 

Das traurige Ergebnis der Bombardements auf Hamburg. Weite Teile der Stadt waren komplett zerstört. Es sollte Jahre dauern, die Kriegsschäden vollständig zu beseitigen.
Das traurige Ergebnis der Bombardements auf Hamburg. Weite Teile der Stadt waren komplett zerstört. Es sollte Jahre dauern, die Kriegsschäden zu beseitigen.

Günter Lucks schreibt eingangs, dass er das Buch verfasst habe, „weil wir nur dann aus unserer Vergangenheit lernen können, wenn wir uns ihr stellen“. Dieses „Stellen“ war für den Autor nicht einfach – jahrelang schwieg er über seine Erfahrungen, die ihn selbst traumatisiert hatten. Mit seinen Büchern arbeitet er seine eigene Jugend auf – es ist dabei kaum vorstellbar, welche seelischen Schmerzen diese Erinnerungen wieder wachgerufen haben müssen. Denn bereits die Lektüre der Erfahrungen in den Bombennächten macht einen als Leser betroffen. Er – wie Millionen anderer dieser Generation – mussten schreckliches erleben. Den nachfolgenden Generationen müssen diese Erfahrungen als Mahnung dienen.

 

Klappentext des Buchs

Im Juli 1943 vergehen weite Teile von Hamburg im Bombardement der „Operation Gomorrha“. Günter Lucks überlebt das Grauen als 14jähriger knapp, sein zwei Jahre älterer Bruder Hermann kommt darin um. In seinem neuen Buch schildert Lucks zusammen mit Harald Stutte jeden der zehn Tage dieser Bombenangriffe: die Nächte im Luftschutzkeller, die Tage nach den Angriffen, die Ängste und Hoffnungen der Menschen, „Brandwachen“ im Postgebäude, wie das Verhalten bei Bombeneinschlag in Schule und Lehre thematisiert wurde, der Umgang mit den „Volksgasmasken“, die Gerüchteküche und vieles mehr. Im Kontext des Bombenkriegs erzählt 75 Jahre nach Kriegsende einer der letzten lebenden Zeitzeugen.

 

Zu den Autoren

Günter Lucks wurde im Jahr 1928 geboren und erhielt eine Ausbildung bei der Post. Er war zuletzt beim Axel Springer Verlag tätig, bei dem er auch mehrere Jahre Betriebsrat war. Lucks lebt noch heute in Hamburg.

Harald Stutte wurde 1964 geboren und studierte Politik und Geschichte. Er arbeitet als Redakteur im Medienverlag RedaktionsNetzwerk Deutschland.

 

Mehr Informationen zu dem Buch „Zehn Tage im Juli“

 

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