Mit Dank an Julian Lutz

Die Weltwirtschaftskrise 1929-1932 – Krisenmanagement in Deutschland und den Vereinigten Staaten

 

Inhaltsverzeichnis

 

  1. Vorstellung des Themas
  2. Verlauf der Wirtschaftskrise – Allgemein
  3. Der Weg aus der Krise – Roosevelts New Deal
  4. Deutschland – Klägliche Rettungsversuche
  5. Politische Auswirkungen auf Deutschland
  6. Fazit
  7. Quellenangaben

 

Vorstellung des Themas – Überlegungen

Vom Schwarzen Freitag hat eigentlich jeder schon einmal gehört. Auch die Namen Brüning und Roosevelt dürften vielen ein Begriff sein. Diese drei Begriffe sind Schlüsselwörter, wenn es um das Thema der Weltwirtschaftskrise von 1929 in den USA und in Deutschland geht.
Nach Befragungen einiger Schulkameraden und Bekannten bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass das Wissen um dieses zweifellos sehr wichtige Ereignis unserer Geschichte recht gering ist. Unter anderem war dies der Grund dafür, dass ich mich entschied, eine Hausarbeit im Fach Geschichte über dieses Thema zu verfassen.
Außerdem ist diese Zeit besonders spannend zu untersuchen, insbesondere da Ereignisse wie der 1. Weltkrieg oder die Weimarer Republik mit zu den Ursachen der Krise gehören. Somit ist hier die Verkettung von so vielen wichtigen historischen Ereignisse besonders sichtbar.

Auch ist das Thema der Weltwirtschaftskrise meiner Meinung nach gar nicht so weit in der Vergangenheit. Die aktuelle Vernetzung der Volkswirtschaften großer Industrienationen und viele überbewertete Unternehmen an Aktienmärkten bergen ein großes Risiko. Man hört auch ständig von Ängsten um das Platzen der sogenannten Immobilienblase. Diese Aktualität des Themas und auch die oben genannten Gründe weckten mein Interesse daran und festigten meine Überlegung, diese Hausarbeit zu erstellen.

In meiner GFS möchte mich auf die Weltwirtschaftskrise und das Krisenmanagement in den USA und vor allem in Deutschland konzentrieren. Dabei sind zwei unterschiedliche Konzepte vorhanden, dieses Problem anzugehen. Das eine Konzept zeigte seine Wirkung und führte aus der Krise, wogegen das andere den Grundstein für eine noch viel schlimmere Krise bereitete. Darüber aber später mehr.

Es gilt nun aber zu untersuchen, wo die Unterschiede in den beiden Formen des Krisenmanagements liegen und aus welchen Gründen das eine Konzept versagte, das andere hingegen relativ erfolgreich wirkte.
Mit dieser Frage möchte ich mich im Folgenden beschäftigen und hoffe, sie letztendlich beantworten zu können.

 

Wie kam es zur Weltwirtschaftskrise? – Der Verlauf

Eine Marktwirtschaft, wie sie in Deutschland und den USA in den 20er- und 30er-Jahren herrschte, ist darauf ausgelegt, durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage  die Preise der Produkte auf dem Markt zu regulieren. Einfach gesagt gibt es folgende drei Zustände:
1)    Das Angebot ist größer als die Nachfrage: In diesem Fall ist ein Überangebot von Waren auf dem Markt. Dies führt dazu, dass die Waren aufgrund ihrer großen Zahl an Wert verlieren und der Preis somit fällt. Bei einer Überproduktion an Waren kommt es somit zu einem extremen Preisverfall.
2)    Die Nachfrage ist größer als das Angebot: Eine hohe Nachfrage nach einem Produkt, welches nur in begrenzter Anzahl vorhanden ist, kann auch als ein hohes Interesse an diesem benannt werden. Die logische Folgerung aus diesem großen Interesse ist, dass der Preis dieses Produktes steigt.
3)    Angebot und Nachfrage sind ausgeglichen: Dieser Fall beschreibt die Situation, in der genauso viele Güter nachgefragt werden wie auf dem Markt existieren. Hier ist eine Stagnation der Preise die Folge.

Um die Ursachen und Folgen der Weltwirtschaftskrise von 1929 nachvollziehen zu können, muss man genau diese Mechanismen verstehen.

Ihren Ursprung hatte die Krise nach dem 1. Weltkrieg in den USA. Als Sieger aus dem Krieg hervorgegangen, konnten sich die USA eine besonders starke Stellung in der Weltwirtschaft sichern. Sie waren sowohl im Industriewesen, in der Landwirtschaft als auch im finanziellen Sektor die größte Macht der Welt.
Vom Krieg nicht geschädigt – er wurde ja schließlich nicht auf ihrem Boden geführt – gewannen die Vereinigten Staaten schnell wieder an wirtschaftlicher Macht und konnten so ihre Vorteile aus der Nachkriegssituation, in der viele Länder große, durch den Krieg verursachte Schäden vorzuweisen hatten, ziehen. 
Zwar gab es neben den USA noch drei weitere wirtschaftlich starke Staaten – Großbritannien, Frankreich und Deutschland – jedoch hatten die USA bereits 1913 die drei europäischen Staaten zusammengenommen wirtschaftlich überflügelt.
Hinzu kamen noch bestehende Kriegsschulden der besagten Länder, die diese folglich noch weiter schwächten.
England hatte gegenüber den USA Schulden in Höhe von ca. 4,7 Milliarden Dollar zu tilgen. Eine ähnliche Summe schuldete auch Frankreich den USA. Mit 4 Milliarden Dollar mussten sie an die USA sogar noch 1 Milliarde mehr zahlen, als ihre Schulden bei den Briten betrugen .
Großbritannien und Frankreich wiederum verlangten von Deutschland Reparationen. Außerdem standen noch hohe Zahlungen von Deutschland an die USA aus.
Zur Finanzierung der Kriegsschulden an die USA nahm die deutsche Reichsregierung in den USA eine Anleihe von 800 Millionen Goldmark auf.
Der somit entstehende Geldkreislauf belebte die deutsche Wirtschaft ungemein.
Durch die Tilgung der Schulden an Großbritannien und Frankreich, die wiederum Schulden gegenüber den USA zu begleichen hatten, wobei die USA dadurch weitere Kredite an Deutschland vergaben, gedieh die deutsche Wirtschaft zwischen 1924 und 1929 enorm. Dies ist auch der Grund, weshalb diese Zeit auch die „Golden Twenties“ genannt wurde.
In den USA wurden die durch Kriegsschulden eingenommenen Gelder überwiegend in die Erweiterung und Modernisierung der Produktion investiert.
Die Einführung dieser neuen Produktionsmethoden, wie etwa die Fließbandarbeit, erhöhten die Produktivität stark (Bsp.: Ford).
Viele neue Technologien und die Fertigung langlebiger Produkte, wie beispielsweise Autos oder Haushaltsgeräte führten zu großer Euphorie auf Seiten der Käufer. Da trotz der hohen Produktivität anfangs noch genügend Kaufkraft vorhanden war, stiegen die Zahl der Beschäftigten und deren Löhne gleichermaßen.

Das entstehende Problem ist auch am Beispiel der Agrarwirtschaft deutlich zu erkennen. Neue Düngemittel und die steigende Technisierung der Landwirtschaft steigerten die Erträge enorm.
Jedoch kam es dann plötzlich zu einer Stagnation der Nachfrage nach Weizen auf dem Weltmarkt, bei weiterhin steigender Produktion. Dieses Überangebot führte logischerweise zu einem rapiden Preisverfall der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, wodurch zahlreiche Farmer in den USA in Zahlungsschwierigkeiten gegenüber deren Kreditinstituten gelangten, was somit kleine und mittlere Banken ins Verderben stürzte.
In der Industrie führte der selbe Ablauf zu Massenentlassungen und Schließungen von über 100.000 Betrieben allein in den USA.

Hier wurde der Kreislauf allerdings ausgelöst durch die Herstellung von immer haltbareren Produkten (z.B. Autos, Kühlschränke, Staubsauger), was nach einiger Zeit zu einer Befriedigung der Bedürfnisse und einer Übersättigung des Marktes führte.
Dieser somit ausgelöste Teufelskreis (siehe Grafik) weitet die Krise immer mehr auf die verschiedensten Industriezweige in den USA aus.

Gleichzeitig hatte das Spekulationsfieber in den USA viele Laien, die unwissend und oftmals auch auf Kredit viel Geld in den Markt brachten, erfasst. Dies führte dazu, dass Aktien noch mehr stiegen und brachte logischerweise eine maßlose Überbewertung der Unternehmen mit sich. Von einer Überbewertung spricht man, wenn der Börsenwert, also der Wert aller Aktien eines Unternehmens, größer ist als der tatsächliche Wert der Aktiengesellschaft.
Der nun einsetzende Rückgang des Wirtschaftswachstums löste zwischen dem 23. und dem 30. Oktober panikartige Verkäufe der Wertpapiere aus. Einige Aktienkurse fielen am sogenannten „Schwarzen Freitag“, dem 25. Oktober, um 50%. Weitaus stärkere Kursverfälle wurden jedoch bereits am 24. Oktober festgestellt, an dem der Dow Jones Index um 12,8 % an Wert verlor .
Dieser kurzfristige Abzug von Kapital stürzte das amerikanische Wirtschaftssystem in große Liquiditätsprobleme; die  amerikanische Wirtschaft brach komplett zusammen.

Zu diesem Zeitpunkt konnte man allerdings noch nicht von einer „Weltwirtschaftskrise“ sprechen, da bisher nur die amerikanische Wirtschaft davon direkt betroffen war. Zum Problem wurden jetzt aber die nach Europa vergegeben Kredite:
Aufgrund der aus den oben beschriebenen Abläufen verursachten Geldprobleme in den USA, zogen diese kurzfristig ihre Kredite aus Europa, vor allem aus Deutschland, zurück. Gleichzeitig beharrten sie weiter auf die Tilgung der noch ausstehenden Schulden, um an neues Kapital zu gelangen.  Auf diese Weise weitete sich die Krise immer weiter aus.
Für das kreditabhängige Deutschland, welches sich zu dieser Zeit in einem politisch und wirtschaftlich labilen Zustand befand, hatte dies weitreichende Folgen.
Zwar verlief die Wirtschaftskurve in Deutschland nach 1. Weltkrieg relativ steil nach oben, jedoch wurde diese Modernisierung hauptsächlich über Auslandsinvestitionen finanziert.

Diese Konjunktur auf Pump wurde zusätzlich durch kurzfristige Kredite finanziert, da die Hyperinflation von 1923  nicht vollkommen vergessen war, was schließlich den untypisch schnellen Abzug der Kredite ermöglichte.

Deutschland war nach den USA das am stärksten von der Wirtschaftskrise betroffene Land, wobei besonders die hohe Arbeitslosigkeit häufig symptomatisch für die Krise an sich gewertet wird. Allerdings muss angemerkt werden, dass die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland als Dauerproblem in der Weimarer Republik existierte.

Die Versorgung dieser Arbeitslosen stellte sich als äußerst problematisch dar. Eigentlich für ungefähr 800.000 Arbeitslose konzipiert, die für 26 Wochen zwischen 35% und 75% ihres letzten Einkommens erhielten, musste die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung im Jahre 1933 6 Millionen Arbeitslose versorgen. 
Da dies schlichtweg nicht möglich war, erhielten nur 900.000 Arbeitslose staatliche Unterstützungsleistungen.
Die Massenarmut und Unfähigkeit der Zahlung von staatlichen Unterstützungsleistungen führte zu einer Massenverelendung in der deutschen Bevölkerung.
Aus der vorerst nur wirtschaftlichen Krise wurde letztendlich auch eine politische  und soziale Krise.
Die große Koalition aus SPD, Zentrum, DPP und DVP brach im März 1930 auseinander.  Der Tod des Außenministers Gustav Stresemann im Oktober 1929 und die unterschiedlichen Ansichten auf den Gebieten der Wirtschafts- und Sozialpolitik zwischen SPD und DVP führten letztendlich zum Auseinanderbrechen der Regierung. 
Es herrschte Uneinigkeit und Kompromisslosigkeit zwischen den Parteien. Lösungsvorschläge, wie man die Wirtschaftskrise überwinden konnte, gab es keine.

Der Weg aus der Krise – Roosevelts „New Deal“

Für Amerika wendete sich das Blatt im Jahre 1933. Der Kandidat Franklin D. Roosevelt landet bei den Präsidentschaftswahlen des besagten Jahres gegen den amtierenden Präsidenten Herbert C. Hoover einen mit 472 zu 59 Wahlmännern   mehr als deutlichen Wahlsieg. Der Schlüssel zu Roosevelts Sieg war der sogenannte New Deal, das  (im Kartenspielermilieu sogenannte) Neumischen der Karten, mit dem er im Wahlkampf die Wählerstimmen für sich gewinnen konnte.
Mit dem New Deal wollte Roosevelt die wirtschaftliche Depression überwinden und die dadurch verursachten gesellschaftlichen Spannungen dämpfen. Es sollte die Armut und die Arbeitslosigkeit im Land bekämpft und den amerikanischen Bürgern soziale Sicherheit gewährt werden. Die Deflation sollte durch eine gezielte Inflationspolitik bekämpft, das Bankwesen reformiert werden.

Folgende Maßnahmen wurden von der Regierung ergriffen: 

Am 18. Mai 1933 wurde die unabhängige Regierungsorganisation Tennessee Valley Authority, kurz TVA, gegründet. Sie hatte unter anderem zur Aufgabe das in der Vergangenheit stark ausgebeutete Tennessee Valley zu unterstützen und aufzubauen. Die TVA unterstützte die Bauern in den 1930er Jahren durch die Entwicklung von Düngemitteln und durch Weiterbildungsmöglichkeiten in speziellen Kursen.
Durch den Bau von Staudämmen und Wasserkraftwerken fanden ca. 28.000 Arbeiter eine Beschäftigung. Außerdem brachten der Schutz vor Hochwasser und die Versorgung mit Strom durch die TVA entscheidende Verbesserungen des Lebensstandards mit sich.

Um die Stagnation der Wirtschaft zu überwinden wurden staatliche Arbeitsprogramme gestartet, die mehreren Millionen Menschen Arbeit boten. Durch die Erneuerung und den Neubau von Schulen, Straßen, Krankenhäusern und auch Brücken wurden insgesamt 11 Milliarden Dollar ausgegeben. Dadurch sollte die Kaufkraft vermehrt und die Wirtschaft angekurbelt werden.

Zahlreiche staatliche Eingriffe, eigentlich untypisch für eine Marktwirtschaft, in der normalerweise nur Rahmenbedinungen gesetzt werden, sollten die Wirtschaft regeln: Die Kontrolle der Banken und der Börsen durch das sogenannte Banken-Notgesetz wie auch die staatliche Überwachung von Arbeitsverhandlungen der Gewerkschaften, wobei diese Koalitionsfreiheit besaßen, sind Beispiele hierfür.
Auch Mindestlöhne für Industriearbeiter wurden von Roosevelts Regierung durchgesetzt und erinnern mehr an Sozialismus als an eine freie Marktwirtschaft, in der staatliche Eingriffe bis auf die Setzung von Rahmenbedingungen in der Regel ausbleiben.

In einer zweiten Phase des New Deal ab 1935 wandte sich die Roosevelt-Regierung vor allem der Sozialgesetzgebung zu.
Dies war auch dringend notwendig, da im Jahre 1933 über 35% der gesamten Bevölkerung ohne Arbeit war.  Neben dem bereits genannten Recht der Gewerkschaften, sich frei zu organisieren, führte Roosevelts Regierung auch eine bundesweite Arbeitslosen- und Rentenversicherung ein.
Die Rentenversicherung, mit dem Social Security Act gegründet, wird über Beiträge und Steuern finanziert und existiert bis heute als das weltweit größte staatliche Sozialversicherungsprojekt.
Weitere Maßnahmen der Sozialpolitik waren die Beschäftigungs- und die Sozialhilfe, die den amerikanischen Bürgern mehr soziale Sicherheit und Vertrauen in das System, welches in den beschriebenen Zeiten der Krise stark gesunken war, brachte.
Für soziale Gerechtigkeit sorgte auch die Einführung eines progressiven Steuersystems, welches niedrige Steuersätze für Arme und hohe Steuersätze für Reiche durchsetzte.

Neben zahlreichen Investitionsprogrammen wurden jedoch auch Einsparungen vorgenommen. Beispielsweise beschloss das sogenannte Einsparungsgesetz, die Kürzung der Gehälter von Bundesbediensteten um 15%. Ebenso wurde eine Vereinfachung der Verwaltung vorgenommen, um weitere Kosten einzusparen.

Franklin D. Roosevelts New Deal half den USA zweifellos wieder aus der Krise. Das Bruttosozialprodukt der USA stieg von 55,6 Milliarden Dollar auf 90 Milliarden Dollar. Auch die Staatsform, die Demokratie, konnte erhalten werden.
Allerdings verschuldete sich der amerikanische Staat ungemein: Durchschnittlich 20,01% Steigerung der Verschuldung in Roosevelts Präsidentschaft; von 22,5 Milliarden Dollar auf 40 Milliarden Dollar.
Mit dieser Vorgehensweise betrieb die Regierung Politik nach dem englischen Ökonomen John Maynard Keynes. Dessen nachfrageorientierte Politik hatte die Verschuldung des Staates zugunsten der Vollbeschäftigung als den Schlüssel zum gesamtwirtschaftlichen Erfolg im Sinn.
Allerdings ist es sehr schwer, die konkreten, langfristigen Ergebnisse Roosevelts Politik einzuschätzen, da im Jahre 1941 wieder auf die Kriegswirtschaft umgestellt und Aufrüstung betrieben wurde.

 

Krisenmanagement Deutschland – Brünings Deflationspolitik

Die Weltwirtschaftskrise ist in Deutschland unweigerlich mit einem Namen verbunden, dem des Reichskanzlers Heinrich Brüning. Der in seiner Partei als Finanzexperte geschätzte Zentrumspolitiker trat  im Jahre 1930 die Nachfolge Hermann Müllers (SPD)  an, nachdem dessen Große Koalition an den Fragen der Arbeitslosenversicherung gescheitert war. In ihn wurden die Hoffnungen zur Rettung Deutschlands aus der Krise gelegt.

Ab dem 30. März führte Brüning dann seine Regierung an, mit dem Ziel, den maroden Staatshaushalt zu sanieren und die Reparationszahlungen zu beenden. Brünings Regierung wurde vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg ernannt, da es den Parteien nicht mehr möglich war, regierungsfähige Mehrheiten zu bilden.
Durch das Notverordnungsrecht im Verfassungsartikel 48 und dem Artikel 25, der Reichstagsauflösung, sicherte Hindenburg die Handlungsfähigkeit dieser Präsidialregierung. 

Mit seiner sogenannten Deflationspolitik war Brünings Politik der Amerikanischen genau entgegengesetzt.
Zur Verhinderung der Inflation und einer weiteren Staatsverschuldung verordnete er eiserne Sparsamkeit. 

Inhalt seiner Politik waren unter anderem folgende Maßnahmen:

Wie auch in den USA wurden in Deutschland die Gehälter öffentlich Bediensteter ebenfalls gekürzt. Jedoch fiel die Kürzung bei Brüning mit 25% gegenüber den USA, wo die Gehälter der Bundesbediensteten um nur 15% sanken, deutlich höher aus.
Ebenso wurde von Brünings Regierung eine Erhöhung der Einkommenssteuer vorgenommen. Demnach wurden Einkommen von über 8000 Reichsmark um 5% mehr als üblich besteuert.

Sparmaßnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung – die Ausgaben wurden von 1821 Millionen Reichsmark auf 721 Millionen Reichsmark gesenkt – und eine Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von 3,5% auf 4,5% sind ebenso kennzeichnend für die Politik wie die Einführung einer Ledigensteuer von 10%.
Die Sanierung der Reichsfinanzen, die Brüning zum Ende des Jahres 1930 drastisch betrieb, sollte die ausländischen Anleger beruhigen und darüber hinaus die Möglichkeit weiterer Kreditaufnahmen offen halten.

In der Tat gelang es dem Kanzler, im Haushaltsjahr 1931 die Staatsausgaben im Vergleich zum Vorjahr um 19% zu senken, allerdings sanken im gleichen Zeitraum auch die Einnahmen aufgrund der noch immer hohen Arbeitslosigkeit um ganze 20%, was für den Erfolg der Politik Brünings nichts weniger als eine Katastrophe bedeutete.

Ein weiteres Problem stellten die immer noch zu leistenden Reparationszahlungen  dar. Am 12.03.1930 wurde der sogenannte Young-Plan, der die Restschuld von insgesamt 113.9 Milliarden Reichsmark, zu zahlen in 59 Jahresraten bis zum Jahre 1988, festlegte ,vom Reichstag angenommen.
Die wegen der Sparpolitik hohe Arbeitslosigkeit und das große Elend in der Bevölkerung sollten den Alliierten demonstrieren, dass die Zahlung der Reparationsforderungen weiterhin nicht mehr möglich waren. Manche werfen Brüning sogar eine bewusste Politik, die eine Zunahme der Arbeitslosigkeit zur Folge haben sollte, vor.

Das Ziel, die Zahlungen der Reparationszahlungen letztendlich beenden zu können, wurde auf der Lausanner Reparationskonferenz, die vom 16. Juni bis zum 9. Juli 1932 tagte, erreicht. Eine Restzahlung von 3 Milliarden Reichsmark wurde jedoch trotzdem verlangt.
Mit dem Ende der Lausanner Konferenz fiel die entscheidende Fessel für die deutsche Wirtschaftspolitik, es kam sogar gedämpfter Optimismus bei der Bevölkerung auf, was sich in einer spürbaren Investitionsbelebung äußerte. Dies war auf jeden Fall mitentscheidend für den Weg Deutschlands aus der Krise.

 

Politische Auswirkungen auf Deutschland

Die Massenarbeitslosigkeit – im Jahre 1930 waren 22,7% der Menschen als arbeitslos gemeldet  – und die zunehmende Verelendung führten zu einem weiteren Problem, welches durch die Krise stark an Übermacht gewann: Eine politische Radikalisierung ging vor sich.

Auf der Regierungsebene kam es aufgrund der immer öfter gebrauchten Notverordnungen zur Gesetzesverabschiedung zu einer Rückentwicklung der Demokratie im Weimarer Regierungssystem, die sich am deutlichsten in einer Entmachtung des Reichstages widerspiegelt. Wurden 1930 noch 94 Reichstagsitzungen abgehalten, sank deren Anzahl bis 1932 auf 13 herab. 

Durch die Tolerierung der Regierung Brüning – der die äußerst unpopulären Sparmaßnahmen zu verdanken waren – von Seiten der SPD bildeten die KPD und NSDAP, also die äußersten Parteien, die beiden einzigen wirklichen Oppositionsparteien. Mit ihrem radikalen Konfrontationskurs zur Regierungslinie konnten sie so viele Stimmen der Protestwähler auf sich vereinigen.
In diesem Zusammenhang sind auch die massiven Wahlgewinne der NSDAP zu sehen. So haben sich die Mandate der NSDAP am 14. September 1930 im Vergleich zum vorigen Reichstag fast um 900% gesteigert (von 12 auf 107 Mandate). 
Desweiteren schaffte die Partei um Adolf Hitler zwischen 1930 und 1932 den Einzug in die Länderregierungen von Anhalt, Braunschweig, Mecklenburg, Oldenburg und Thüringen.

Der größte politische Gewinner aus der Weltwirtschaftskrise war jedoch die KPD, das Ideal des Sozialismus erschien gerade in Notzeiten und mangelnder sozialer Absicherung des Einzelnen als sehr verlockend. Dabei verwies die KPD häufig auf die Sowjetunion als Vorbild, die von der Weltwirtschaftskrise weitestgehend verschont blieb und zu Deutschlands wichtigstem Handelspartner heranwuchs. Mit dieser Taktik gelang der Kommunistischen Partei zwischen 1928 und 1932 eine Verdreifachung ihrer Mitglieder.

Diese deutliche Radikalisierung des deutschen Parlamentarismus wurde selbstverständlich besonders im Ausland kritisch aufgenommen.
Man hatte bereits die Unruhestiftung der Nationalsozialisten gegen den Young-Plan mit Sorge betrachtet, und nach den Ergebnissen der Wahlen vom September 1930, wo die NSDAP den Sprung zur zweitgrößten Fraktion schaffte, wurden etwa 700 Millionen Reichsmark von ausländischen Kreditgebern abgezogen, was die wirtschaftliche Lage in Deutschland nur verschlimmern konnte.

Bei den Reichstagswahlen am 31. Juli 1932 war es dann soweit. Die NSDAP war mit 37,4% der Stimmen und 230 Sitzen stärkste Partei im Reichstag.  
Mit ihrer aggressiven Propagandatechnik gelang es der Partei in allen Bevölkerungsschichten Anhänger für sich zu gewinnen, die Mitgliederzahl der Partei verdoppelte sich zwischen 1930 und 1931 auf 800.000.

Bei den Reichspräsidentenwahlen im März und April 1932 scheiterte Hitler jedoch gegen Paul von Hindenburg im 2. Wahlgang. Trotz des Wahlerfolgs der NSDAP im Juli 1932 lehnte Hitler eine Regierungsbeteiligung ab. Als Führer der stärksten Partei forderte er das Kanzleramt für sich selbst, welches ihm Reichspräsident Hindenburg vorläufig noch verweigerte.
Hitlers starre Haltung provozierte parteiinterne Auseinandersetzungen und entfremdete viele Mitglieder und Wähler der Partei. Bei den Reichstagswahlen vom 6. November 1932 verlor die NSDAP über 4 Prozent der Stimmen, blieb aber weiterhin stärkste Partei.
Auf massiven Druck konservativer Kräfte wie Franz von Papen und Alfred Hugenberg ernannte Hindenburg Hitler, am 30. Januar 1933, zum Reichskanzler einer Koalitionsregierung aus NSDAP und DNVP.

Nun konnte Hitler sein Programm verwirklichen:
„Völlige Umkehrung der gegenwärtigen innenpolitischen Zustände in Deutschland […]straffste autoritäre Staatsführung […] Beseitigung des Krebsschadens der Demokratie […]Kampf gegen Versailles […] Aufbau der Wehrmacht […] Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung“.  Politische Gegner wurden terrorisiert oder in Schutzhaft, d.h. in Gefängnisse und Konzentrationslager geschafft.
Anfang 1933 hatte die NSDAP ca. 850.000 Mitglieder, am Ende des 3. Reiches waren es rund 6 Millionen.
Die Folgen dieser Diktatur sind bekannt. Der Massenmord von Juden in Konzentrationslagern und schließlich der 2. Weltkrieg, ausgelöst durch Adolf Hitler, sind somit indirekte Folgen der Weltwirtschaftskrise, die zweifellos neben der Politik Brünings an der Radikalisierung Mitschuld trug.

 

Fazit und „Wie geht es weiter?“

Nach der Betrachtung sowohl der USA als auch Deutschlands in Bezug auf die Weltwirtschaftskrise ist nun klar geworden, in welchen Punkten sich die beiden Pläne zur Überwindung der Krise unterscheiden und weshalb die USA bei der Ausführung ihres Konzepts erfolgreich waren, wogegen Deutschland in eine noch größere Krise stürzte, den Nationalsozialismus.

Brünings Politik war der von Roosevelt genau entgegengesetzt. Während Brüning mit seiner Deflationspolitik einen umfangreichen Sparkurs verordnete, kurbelte Roosevelts Regierung mit gezielten Investitionen, wegen der er jedoch eine Verschuldung des Staates auf sich nehmen musste, an.
Genau in diesem Gegensatz, der Deflationspolitik (Deutschland) auf der einen Seite und der Inflationspolitik (USA) auf der anderen Seite, liegt der entscheidende Unterschied.

Zwar brachte die Befreiung Deutschlands von den Reparationszahlungen im Jahre 1932 durch die Lausanner Konferenz eine Investitionsbelebung mit sich, jedoch erntete erst Adolf Hitler mit der NSDAP ab 1933 die Lorbeeren hierfür.
Roosevelts New Deal brachte tatsächlich zwar einen nicht ganz so großen wirtschaftlichen Erfolg, jedoch bewirkte er eine allgemeine Aufbruchstimmung und förderte das Prinzip des modernen Sozialstaats, was an Maßnahmen wie Einführung eines Rentensystems erkennbar ist.

Global gesehen brachte die Wirtschaftskrise eine Abkehr vom klassischen, sehr strengen, Wirtschaftsliberalismus. Verstärkte Eingriffe des Staates, wie beispielsweise die Kontrolle der Banken und der Börsen oder auch die Lenkung der Währung durch Zins- und Geldmarktpolitik, sind Folgen dieses Ereignisses.
Speziell Deutschland hat wohl dadurch sehr viel gelernt. Die Folgen des Nationalsozialismus verfolgen uns bis heute. Bei der leisesten Andeutung einer politischen Radikalisierung oder entsprechenden Äußerungen läuten bereits die Alarmglocken. Eine Diktatur ist auch schon aus Gründen der Verfassung nicht mehr möglich.

Aber wie sieht es mit einer neuen Wirtschaftskrise aus? Zahlreiche Bücher, die eine neue Krise, eine Apokalypse der westlichen Wirtschaft prophezeien, existieren ja, werden aber meistens als Schwarzmalerei abgetan.
Allerdings ist dieses Thema gar nicht mal so inaktuell. Erst im März 2000 war es, wenn auch nicht in so großem Ausmaß, wieder soweit. Das Platzen der sogenannten „Dotcom-Blase“ in der Zeit der „New Economy“ lies die Kurse bei vielen Technologie- und Internetfirmen drastisch sinken, ähnlich wie im Jahre 1929. Die Gründe lagen auch hier bei der Überbewertung der Unternehmen, deren Kurse in kürzester Zeit gestiegen waren, ohne dass die Aktienkurse der Unternehmen durch entsprechende Gegenwerte gedeckt waren.
So abwegig, wie es manchem scheint, ist eine neue Krise folglich gar nicht.
Auch die allseits bekannte „Immobilienblase“ in den USA gibt vielen zu denken: Die Immobilienpreise in den USA steigen ins Unermessliche und Missmanagement seitens der US-Notenbank bei der Zinspolitik – die Zinsen wurden relativ lange niedrig gehalten – verschlechtertern die Situation noch mehr. Wurde hier bereits ein Grundstein für eine neue Weltwirtschaftskrise gelegt?
Bisher ist der Einbruch aber ausgeblieben. Wann und ob er kommt ist ungewiss. Aber die Amerikaner sagen: „All balloons come down sometime“ – alle Ballone kommen irgendwann runter…

 

Quellenangaben

 

  • Hans J. Kaiser, Die Weimarer Republik, Freising, 1998
  • Bernhard Pfändtner, Reiner Schell, Weimarer Republik und NS-Staat,Bamberg, 2000
  • B. Hey, H.-J. Pandel, J. Radkau, Weimarer Republik und Nationalsozialismus, Stuttgart,1995
  • Fritz Blaich, Der Schwarze Freitag; München; 1985
  • Harold James, Deutschland in der Weltwirtschaftskrise, Stuttgart, 1988
  • Dietmar Rothermund, Die Welt in der Wirtschaftskrise 1929-1939, Münster/Hamburg 1993
  • Dr. Dietmar von Reeken, Die Weimarer Republik, Berlin, 2002
  • http://www.potus.com/hchoover.html
  • http://de.wikipedia.org/wiki/New_Deal
  • http://de.wikipedia.org/wiki/Strukturkrise
  • http://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftskrise
  • http://www.brockhaus.de/aktuell/thema.php?t_id=21&jahr=2004
  • http://www.potus.com/hchoover.html
  • „Die Zwanziger Jahre“ (2/3 und 3/3) – Phönix

 

 

 

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