Am 29. September 2016 läuft in den deutschen Kinos das historische Spielfilmdrama FRANTZ an. In diesem Artikel stellen wir Ihnen kurz die Handlung (ohne natürlich zu viel zu verraten), die historischen Hintergründe und die Schauspieler vor.
Inhaltsverzeichnis
Überblick über die Handlung
Kurz nach dem Ersten Weltkrieg in einer deutschen Kleinstadt geht Anna jeden Tag zum Grab ihres Verlobten Frantz, der in Frankreich gefallen ist. Eines Tages legt Adrien, ein junger Franzose, ebenfalls Blumen auf das Grab seines deutschen Freundes. Adriens Anwesenheit im Ort nach der deutschen Niederlage entfacht unvorhersehbare Reaktionen.
Informationen zur Entstehung
François Ozon (EINE NEUE FREUNDIN, DAS SCHMUCKSTÜCK, SWIMMING POOL, 8 FRAUEN), der für Regie und Drehbuch verantwortlich zeichnet, konnte für die deutsch-französische Koproduktion die gefragtesten jungen Stars aus beiden Ländern gewinnen: Die Hauptrollen übernahmen Paula Beer (DAS FINSTERE TAL, LUDWIG II, POLL) und Pierre Niney (IT BOY – LIEBE AUF FRANZÖSISCH, YVES SAINT LAURENT), der 2015 mit dem César als Bester Hauptdarsteller für YVES SAINT LAURENT ausgezeichnet wurde. Daneben vereint die Produktion so hochkarätige Schauspieler wie Ernst Stötzner (STILLER SOMMER, MEINE SCHWESTERN), Marie Gruber (DER VORLESER, DAS LEBEN DER ANDEREN) und Johann von Bülow (ELSER – ER HÄTTE DIE WELT VERÄNDERT, IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS) vor der Kamera.
Gefördert wurde FRANTZ vom CNC (Centre National Du Cinéma Et De L’Image Animée), dem Deutschen Filmförderfonds, der FFA Filmförderungsanstalt und der Mitteldeutschen Medienförderung. Die Dreharbeiten fanden überwiegend in Mitteldeutschland sowie in Frankreich statt.
Historische Hintergründe des Films
Deutschland und Frankreich: Zwischen Waffenstillstand und Annäherung – ein Überblick
Kriegsende
Das Jahr 1918 war das letzte und entscheidende Kriegsjahr. Nachdem man Lenin und seinen Bolschewiki noch im März einen Separatfrieden in Brest-Litowsk abhandeln konnte, der für die Deutschen sehr vorteilhaft war, glaubte die deutsche Bevölkerung lange Zeit noch an einen Sieg an der Westfront in Frankreich.
Dort sah die Situation jedoch nach vier Jahren Krieg verheerend aus. Auf französischem Boden standen sich die Truppen der Alliierten (Frankreich und Großbritannien) und Deutschlands jahrelang in Schützengräben gegenüber. Nennenswerte Gebietsgewinne gab es kaum, nur von der jeweiligen Heeresleitung angeordnete, sinnlose Sturmangriffe. Allein in Verdun starben 300.000 Soldaten auf beiden Seiten. Die Moral war schlecht und als die Briten erstmals ab Ende 1917 Tanks (Panzer) einsetzten und auch Angriffe aus der Luft effektiver wurden, wendete sich das Kriegsgeschehen. Außerdem waren die Alliierten Soldaten den Deutschen zahlenmäßig überlegen. Im Sommer 1918 war der deutschen Heeresleitung unter Ludendorff und Hindenburg klar, dass der Krieg verloren war. Sie selbst drückten sich jedoch vor der Verantwortung und ließen zivile Politiker den Waffenstillstand von Compiègne am 11. November 1918 unterzeichnen.
Chaos in Deutschland
In Deutschland wusste man wenig von den fürchterlichen Zerstörungen in Nordfrankreich und Belgien. Da sich die Kämpfe nicht auf deutschem Boden abspielten und die Zivilbevölkerung nur die wirtschaftlichen Folgen des Krieges zu spüren bekam, traf der Waffenstillstand große Teile der deutschen Bevölkerung völlig unvorbereitet. Militärs wie Hindenburg und rechtsnationale Kräfte verbreiteten später die „Dolchstoßlegende“, womit sie die Politiker für die Niederlage Deutschlands verantwortlich machen wollten.
Vor allem in den Großstädten war die Lage jedoch dramatisch und explosiv. Die Bevölkerung hungerte. Die Wirtschaft war schwer angeschlagen. Bevor der Kaiser am 9. November 1918 zunächst nach Spa und später nach Holland floh, versuchten katholische und bürgerliche Parteien mit konservativen SPD Politikern um Friedrich Ebert in Deutschland eine parlamentarische Monarchie einzuführen. Aber der Kaiser und die Monarchie ließen sich nicht mehr retten. Erstmals wurde in Deutschland die Republik ausgerufen.
Seit dem Kieler Matrosenaufstand vom 4. November 1918 bildeten sich in einigen deutschen Städten Arbeiter- und Soldatenräte. In Berlin bricht am 9. November 1918 die Revolution aus. Dennoch setzen sich später eher gemäßigte SPD Politiker gegen die Spartakisten um Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht durch, die am 1. Januar 1919 die KPD gründen. Vier Tage später kommt es in der Hauptstadt zum Spartakusaufstand. Dieser Arbeiteraufstand wird blutig niedergeschlagen. Rechtsgerichtete Freikorps Soldaten ermorden Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg am 15. Januar 1919.
In diesem politisch instabilen Klima finden dann bereits am 19. Januar 1919 Wahlen zur Nationalversammlung statt, bei denen Frauen erstmalig wählen dürfen.
Dort wird Anfang Februar die Weimarer Republik gegründet und Friedrich Ebert Reichspräsident.
Aber die politischen Kämpfe zwischen radikalen Linken und der nationalistischen Rechten führen immer wieder zu Gewalt. Am 21. Februar 1919 wird der sozialistische, bayerische Ministerpräsident Kurt Eisner bei einem Attentat getötet. Im April 1919 rufen Revolutionäre in München eine Räterepublik aus. SPD Politiker bitten Reichstruppen um Hilfe, um den linken Aufstand niederzuschlagen. 21
Der 1. Mai 1919 wird erstmalig Feiertag. Einen Tag später besetzen Reichswehrtruppen München und besiegen Kommunisten und Anarchisten.
Zwangsfrieden
Frankreich wollte Deutschland nach dem Krieg schwächen und dem Land einen harten Frieden auferlegen, damit es nicht mehr zur Gefahr werden konnte. Deutschland selbst wurde bei den Verhandlungen zum Versailler Vertrag (1919) nicht mit eingebunden. Am 28. Juni 1919, sieben Monate nach Kriegsende, unterschreibt die deutsche Delegation unter Protest den Friedensvertrag von Versailles. Deutschland muss u.a. alle Kolonien in Afrika aufgeben, Elsass-Lothringen an Frankreich abtreten und im Osten Teile an Polen wie Oberschlesien und die Provinz Posen. Das Rheinland wird zunächst unter alliierte Besatzung gestellt und das Saarland gehört bis zu einer Volksabstimmung 1935 wirtschaftlich zu Frankreich.
Das deutsch-französische Verhältnis in den Folgejahren
Als die Deutschen ihren Reparationsleistungen nicht nachkamen, besetzten belgische und französische Truppen zwischen 1923 und 1925 Teile des Ruhrgebietes. Mit dem Rückzug der Truppen entspannte sich das deutsch-französische Verhältnis unter Außenminister Gustav Stresemann und seinem französischen Amtskollegen Aristide Briand deutlich. Beide erhielten für ihre Bemühungen zur freundschaftlichen Annäherung 1926 den Friedensnobelpreis.
Der Tod Stresemanns im Oktober 1929, das Scheitern der Europa-Initiative Aristide Briands, die Weltwirtschaftskrise und die Machtübernahme Hitlers verschlechterten die deutsch-französischen Beziehungen dramatisch. Die jüngsten positiven Entwicklungen zwischen beiden Ländern wurden auf eine harte Belastungsprobe gestellt. Das Miteinander zwischen den deutschen und französischen Veteranenverbänden blieb nach wie vor bestehen. Erst im Mai 1939 erkannten die französischen Veteranen, dass sie von der neugegründeten NSKOV (Nationalsozialistischen Kriegsopferversorgung) manipuliert und instrumentalisiert wurden und brachen ihre Beziehungen ab. Nachdem Hitler 1939 den Zweiten Weltkrieg begonnen hatte und einen Blitzkrieg gegen Polen führte, konnte er mit derselben Strategie im Westfeldzug (10. Mai bis 22. Juni 1940) einen schnellen, rigorosen Sieg über Frankreich erringen. Frankreich und Deutschland waren wieder verfeindet.
Im Mai 1945 kapitulierte das Deutsche Reich und wurde in vier Besatzungszonen aufgeteilt: Entsprechend der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 übernahmen die Franzosen Gebiete von den britischen und amerikanischen Alliierten (Französische Besatzungszone). Eine lange Zeit der Annäherung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich begann erneut. Bundeskanzler Konrad Adenauer forcierte die Westintegration und bemühte sich um eine Annäherung an Frankreich. Erst 1956 wurde wieder eine deutsche Delegation zu Gedenkfeierlichkeiten nach Frankreich eingeladen. Weitere vertrauensbildende Maßnahmen, die Adenauer gemeinsam mit dem französischen Ministerpräsidenten Charles de Gaulle schuf, wie die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), folgten. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich verbesserten sich stetig und führten schlussendlich zum Élysée-Vertrag vom 22. Januar 1963, der die guten Beziehungen und die „Freundschaft“ zwischen den beiden Ländern institutionalisierte.
In den Folgejahren unter den deutschen Kanzlern Erhard, Kiesinger sowie Brandt waren die deutsch-französischen Beziehungen eher von Zurückhaltung geprägt. Erst mit Helmut Schmidt und Valéry Giscard d’Estaing wurde das Miteinander wieder intensiviert und herzlicher. Unter ihnen entstand u.a. die Bildung eines Europäischen Währungssystems.
Mit Helmut Kohl und François Mitterrand fand die deutsch-französische Freundschaft und Versöhnung 1984 ihren bisherigen Höhepunkt in einem bis heute symbolträchtigen Foto: Beide standen Hand in Hand in Verdun, das lange als Mahnmal für den Konflikt beider Länder stand, und gedachten der Gefallenen des Ersten Weltkrieges.
Die Schauspieler
Paula Beer als Anna
Paula Beer, 1995 geboren, wird nach ihrer Darstellung der jungen Oda in Chris Kraus‘ hochgelobtem Drama POLL von Filmkritikern und Zuschauern als „Schauspielentdeckung des Jahres“ gefeiert. Anfang 2011 erhält sie für ihre herausragende schauspielerische Leistung in POLL den Bayerischen Filmpreis als Beste Nachwuchsschauspielerin. Bevor die Berlinerin in ihrer Schule von der Casterin Britt Beyer für Chris Kraus´ Drama entdeckt wird, sammelt sie erste Erfahrungen mit Schauspiel und Tanz im jungen Ensemble des Berliner Friedrichstadt Palastes. Es folgen weitere Rollen u.a. in dem Historienfilm LUDWIG DER II. von Peter Sehr und Marie Noëlle (2012) sowie in der Literaturverfilmung DER GESCHMACK VON APFELKERNEN von Vivian Naefe (2013). Seither arbeitet Paula Beer mit Branchennamen wie Volker Schlöndorff oder Andreas Prochaska zusammen, dessen Film DAS FINSTERE TAL mit ihr in einer der prägnantesten Rollen mit acht Deutschen Filmpreisen ausgezeichnet wird. Im TV sieht man Paula Beer in der Bestsellerverfilmung „Pampa Blues“ (2015), im selben Jahr spielt Paula Beer auch in dem hochgelobten Kinodrama 4 KÖNIGE neben Jella Haase, Jannis Niewöhner und Moritz Leu mit. Aktuelle Projekte sind der Fernsehzweiteiler „Geraubte Wahrheit“ von Sherry Hormann und Florian Henckel von Donnersmarcks Kinoproduktion WERK OHNE AUTOR.
Pierre Niney als Adrien
Der französische Schauspieler Pierre Niney wurde 1989 in Paris geboren und stand bereits mit elf Jahren zum ersten Mal auf der Theaterbühne. Niney studierte an der renommierten Schauspielschule Cours Florent und später am Conservatoire national supérieur d’art dramatique in Paris. 2007 spielte er in seinem ersten Spielfilm, der Teenie-Komödie SCHOOL’S OUT – SCHULE WAR GESTERN von Frédéric Berthe mit. Es folgten weitere Rollen in Autorenfilmen, aber auch in Publikumserfolgen wie LOL (2008) mit Sophie Marceau, DIE ANONYMEN ROMANTIKER (2011) mit Isabelle Carré und Robert Guédiguians DER SCHNEE AM KILIMANDSCHARO (2011). Seine erste Hauptrolle spielte Niney in J’AIME REGARDER LES FILLES (2011), einer romantischen Komödie, die ihm eine César-Nominierung als bester Nachwuchsdarsteller und einen Nachwuchs-Preis beim Festival von Cabourg einbrachte. Mit der Liebeskomödie IT BOY – LIEBE AUF FRANZÖSISCH (2013) erhielt er beim Festival von Cabourg eine Auszeichnung als bester Hauptdarsteller. Mit dem Film YVES SAINT LAURENT (2014) schaffte er den internationalen Durchbruch und wurde 2015 mit dem César als Bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Aktuelle Projekte sind ALTAMIRA von Hugh Hudson, FIVE von Igor Gotesman und L’ODYSSÉE von Jérôme Salle.