Fachbereich: Geschichte und Soziologie
Kurs: Wirtschaft in der DDR
Sommersemester 2004
Dozent:
Referentin: Ch. St.
Konsumkultur in der DDR
Die „langen sechziger Jahre“: (1958–1971)
Modernisierungsjahre und die Konsumpolitik Ulbrichts
Modernisierung
- Einkaufen musste aufwendig organisiert werden („Beschaffen“)
- Frauen waren von den Mängeln besonders stark betroffen
Neue Verkaufsformen:
- 50er und 60er Jahre als Zeit von Versorgungs- und Einkaufsutopien
- Propagierung neuer, moderner und zeitsparender Verkaufsformen Ende der fünfziger Jahre: Selbstbedienung, Bestelldienst für Werktätige, Frei-Haus-Lieferungen, Einrichtung von Spät- und Frühverkaufsstellen, betriebseigene Läden, und die Aufstellung von Einkaufsautomaten.
- Die neuen Einkaufsformen stellten Erleichterungen dar, standen jedoch unter dem Vorbehalt unzureichender Warenlieferungen
- Trotz Widersprüche versprachen neue Utopien Ende der 50er eine verheißungsvolle Zukunft
- Tatsächlich herrschte eine Kluft zwischen Utopie und Wirklichkeit, denn es fehlte die notwendige Baukapazität sowie die Waren zur späteren Ausstattung
Konsumpolitische Ziele Ulbrichts
Systemwettstreit:
- Durch Westfernsehen wurde ein Vergleich des Lebensstandards von Ost und West möglich
- SED setze statistische Tricks ein um ein höheres Versorgungsniveau zu suggerieren
Politische Versprechungen:
- V. Parteitag der SED (1958): Überlegenheit des Sozialismus der DDR soll „im Pro-Kopf-Verbrauch der werktätigen Bevölkerung an allen wichtigen Konsumgütern“ nachgewiesen werden.
- „Siebenjahrplan des Friedens, des Wohlstands und des Glücks“ (1959): verspricht komplexe und reichhaltige Versorgung der Bevölkerung „auf Weltniveau“ bis 1961
- Bürger waren ständig mit Konsumeinbußen konfrontiert
- Es hieß: „So wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben“
„Der sozialistische Kunde“
- DDR-Bürger wollten ihre Konsumbedürfnisse auf westdeutschem Niveau sehen
- Man versuche „bürgerliche Konsumgewohnheiten“ zu bekämpfen und durch ein sozialistisches Verbrauchsverhalten zu ersetzt
- Der „sozialistische Konsument“ sollte seine Kaufwünsche den eingeschränkten wirtschaftlichen Möglichkeiten anpassen
- 1963 wurden die Schlussverkäufe abgeschafft
Konsum und Ideologie
- Schaufenster präsentierten auch Politik-Parolen
- Ideologie per Katalog wegen deren hohen Auflagenzahl: Erziehung zur Liebe zur DDR, Erziehung zur Berufstätigkeit der Frau und zum sparsamen Umgang und Erziehung im Bereich der Mode und Geschmack.
- Werbung: SED: „Mit einigen Werbemaßnahmen werden kapitalistische Verbrauchsgewohnheiten gefördert und damit die Entwicklung sozialistischer Verbrauchs- und Lebensgewohnheiten gehemmt.“ Bereits ohne Werbemaßnahmen konnte Nachfrage nicht gedeckt werden
Frauen
- Moderne Einkaufs- und Hauhaltsformen sollten zur Vereinbarung von Erwerbstätigkeit und Haushalt beitragen
- Zahl der erwerbstätigen Frauen stieg kontinuierlich an, auf die versprochene umfangreiche Erleichterungen im Haushalt wurde vorerst vergeblich gewartet
- Werbung versuchte ab Ende der 60er Jahre das Bild des „Hausmannes“ zu transportieren
- Die den Frauen versprochenen Hausarbeitsehrleichterungen trat nicht ein
Bedarfsdeckung
- Das Lebens- und Konsumniveau der Bevölkerung konnte nach und nach deutlich verbessert werden
- Seit den 60er Jahren herrschte in der DDR kein existenzieller Mangel an lebenswichtigen Grundbedarfsgütern mehr
- Versorgungsmängel blieben ein ständiger Begleiter des DDR-Alltags.
Zusammenfassung:
- In den 60er Jahren werden einerseits eine Modernisierungswelle aufgrund gewachsener Bedürfnisse und andererseits anhaltende Versorgungskrisen festgestellt.
- Die Modernisierung vieler Geschäfte und Geschäftsformen war gescheitert weil die hierfür benötigte Ausstattung fehlte
- Phase war geprägt von utopischen Konsumzielen bzw. –Programmen und der widersprüchlichen Realität, nämlich den Erfahrungen der Individuen beim Erwerb, Ge- und Verbrauch von Konsumgütern.
Literatur:
- Kaminsky, Annette: Wohlstand, Schönheit, Glück. Kleine Konsumgeschichte der DDR, München 2001.
- Merkel, Ina: Utopie und Bedürfnis. Die Geschichte der Konsumkultur in der DDR, Köln 1999.
- Schmidt, Hans-Walter: Schaufenster im Osten. Anmerkungen zur Konsumkultur der DDR. In: Deutschland Archiv. Zeitschrift für das vereinigte Deutschland, J. 27 (1994), n. 4, S. 364-372.
- Kaminsky, Annette: „Adrett auf große Fahrt“. Die Erziehung des neuen Verbrauchers in der DDR. In: Deutschland Archiv. Zeitschrift für das vereinigte Deutschland, J. 30 (1997), n. 2, S. 231-242.