Dieser Beitrag basiert im Kern auf einer 2021 von mir als Modulprüfungsleistung verfassten Studienarbeit an der Fernuniversität Hagen, deren Benotung es rechtfertigt, sie einem breiteren Publikum zur Verfügung zu stellen. Der Text wurde für die Veröffentlichung geringfügig bearbeitet.

Für konstruktive Kritik, Hinweise und Ideen bin ich als Verfasser offen und dankbar. Präventiv möchte ich jedoch voraussenden, dass dieser Essay lediglich einen Bereich der Alltags- und Kulturgeschichte der DDR zu erhellen versucht. Es ist keineswegs meine Absicht die politischen Missstände in der DDR oder offenbare Menschenrechtsverletzungen durch das MfS oder andere staatliche Organe der ehemaligen DDR zu relativieren. Ich bitte deshalb darum, die Ausführungen entsprechend vorurteilsfrei zu bewerten.

Ebenso ist mir der Aspekt wichtig, dass in diesem Beitrag historische Prozesse, Ereignisse und Praktiken betrachtet werden, die für viele Menschen unmittelbarer Teil ihrer Lebenserfahrung waren und somit Bestanteil ihrer Identität oder auch ihrer Lebensleistung geworden sind. Unabhängig davon, wie man retrospektiv die ökonomischen und politischen Besonderheiten der DDR bewerten mag, sollte man gerade diesen Fakt nicht außer Acht lassen und bei aller gerechtfertigten kritischen Würdigung die individuellen Lebensleistungen der Menschen nicht pauschal herabwürdigen. Durch eine solche konstruktive und sachliche Herangehensweise kann dazu beigetragen werden, das gegenseitige Verständnis in Ost und West weiter zu fördern und die Deutsche Einheit auch auf der menschlich-identitären Ebene zu vollendenden.

Diese Ausarbeitung können Sie auch im PDF-Format abrufen und herunterladen: DDR-HO-Lebensmitteleinzelhandel.

ADN-ZB-Illus-Schöller
Publikumsandrang am Eröffnungstage des ersten Kaufhauses der HO in der Frankfurter Allee in Berlin im November 1948.
4452-49
Bundesarchiv, Bild 183-R80013 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einordnung der HO in das Wirtschaftssystem der DDR

2.1 Kurzer Abriss der historischen Entwicklung

2.2 Die Organisation der HO und ihre Stellung im Wirtschaftssystem der DDR

2.3 Das Verhältnis zu Konsum, Delikat, Intershop und privaten Wettbewerbern

3. Konsum und Verkaufskultur im staatlichen Lebensmitteleinzelhandel

3.1 Die Stellung des Verkaufspersonals und der Kund:innen

3.2 Das Einkaufsverhalten

4. Schlussbetrachtung

5. Quellen und Literaturverzeichnis

6. Endnoten

1. Einleitung

Thematische Hinführung und Untersuchungsinteresse

Die Konsumkultur der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) ist ein Thema, dem sich die zeithistorische Forschung seit den 1990-er Jahren zunehmend gewidmet hat. Ein in diesem Kontext (auch in Zeitzeugenberichten) kontrovers reflektiertes Thema ist die Lebensmittelversorgung im sozialistischen deutschen Staat, die über die gesamte Existenz der DDR von Eigenheiten und Problemen geprägt war (1). Diese besondere Aufmerksamkeit ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass die Bürger:innen der DDR ihren eigenen Wohlstand stetig, anhand der Lebensmittelversorgung, mit dem der marktwirtschaftlich organisierten Bundesrepublik Deutschland (BRD) verglichen.

Eben dieser Lebensmitteleinzelhandel wurde in der DDR, neben den Konsumgenossenschaften und den privaten Einzelhändlern, insbesondere durch die staatliche Handelsorganisation (HO) geprägt. Die HO war der größte Lebensmittelversorger der DDR und besaß dementsprechende Relevanz für deren Konsumkultur. Da es innerhalb dieses Beitrags nicht möglich sein wird alle Aspekte der Konsumkultur der DDR über die gesamte Existenz des zweiten Deutschen Staates zu betrachten, soll hier eine thematische Eingrenzung auf den HO-Lebensmitteleinzelhandel in den 1960-er und 1970-er Jahren erfolgen. Der Lebensmitteleinzelhandel ist insofern von besonderer Bedeutung, als dass konsumkulturelle Besonderheiten und Probleme der sozialistischen Planwirtschaft aus retrospektiver Sichtweise hier besonders prägnant hervortreten. Die 1960-er und 1970-er Jahre erscheinen als Untersuchungszeitraum besonders geeignet, weil sich in dieser Periode eine Tendenz der führenden politischen Kraft, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) der DDR, abzeichnete, dem wachsenden Konsumbedürfnis der Bevölkerung gerecht zu werden und dieses Bedürfnis auch allmählich grundsätzlich von ihr akzeptiert wurde.

In der Forschungsliteratur wird die Versorgung im Kontext der Konsumgenossenschaften, der HO sowie im gehobenen und besonderen Preissegment (Intershop, Delikat und Exquisit) thematisiert. Im Zentrum der Untersuchungen steht meist, wie bei Heldmann (2), eher der Nonfood-Bereich, wobei unter anderem Merkel dem Lebensmitteleinzelhandel ebenfalls Aufmerksamkeit widmet (3). Ziel dieses Beitrags ist es, den breiten Blick, welcher sich in der Forschungsliteratur bietet, zu verengen und auf den staatlichen Lebensmitteleinzelhandel einzugrenzen.

 

Vorgehen und Struktur

Die leitende Forschungsfrage soll daher lauten: Wie ordnete sich der Lebensmitteleinzelhandel der staatlichen Handelsorganisation (HO) in die Konsumkultur der DDR der 1960-er und 1970-er Jahre ein und wie prägte er diese? Um diese Frage einer sachgerechten Beantwortung zuzuführen, ist es angezeigt, zunächst einen kurzen Abriss der historischen Entwicklung der HO abzubilden. Ergänzend zu dieser historischen Einführung soll die Stellung der HO im sozialistischen Wirtschaftssystem der DDR und ihre innere Organisation kurz angedeutet werden. In diesem Kontext ist es notwendig, auch die Stellung des Handels in der sozialistischen Wirtschaft zu würdigen. Eine Betrachtung des Verhältnisses zu den übrigen Lebensmittelversorgern der DDR ist in diesem Zusammenhang ebenfalls indiziert. Dabei soll auch die zunehmende Forcierung der Politik der zwei Warenklassen ab den 1960-er Jahren und nochmals verstärkt in den 1970-er Jahren nicht aus dem Blickfeld der Betrachtung treten. Eine kritische Untersuchung der Stellung des Verkaufspersonals, des Kund:innenverhaltens und der einkaufskulturellen Besonderheiten schließt den Hauptteil ab. Dabei wird auch auf die These von der »Diktatur der Verkäufer:innen« und der »Heimlichen Herrschaft der Verwalter:innen des Mangels« eingegangen. Es wird hierbei kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben.

In der Schlussbetrachtung sollen die Ergebnisse der Untersuchung bilanziert und ein Ausblick auf offen gebliebene Forschungsfragen geliefert werden. Die Betrachtung erfolgt im gesamten Beitrag schwerpunktmäßig aus einem kultur- und alltagsgeschichtlichen Blickwinkel.

2. Einordnung der HO in das Wirtschaftssystem der DDR

2.1 Kurzer Abriss der historischen Entwicklung

Die Gründung der HO

Die HO war im Leben der DDR-Bürger:innen allgegenwärtig. Die Originalbeschreibung dieses Bilds lautet: Aus der Gemeinde Boldekow Im vollgenossenschaftlichen Dorf Boldekow im Kreis Anklam hat sich in der letzten Zeit vieles verändert. Der Selbstbedienungsladen der HO sorgt für einen bequemen und schnellen Einkauf und im Kindergarten sind die Kinder der Genossenschaftsbäuerinnen gut aufgehoben, während sie ihrer Arbeit nachgehen können.
Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-71637-0003 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

Die Gründung der HO selbst erfolgte noch vor der Staatsgründung der DDR. Während der zweite deutsche Staat am 07.10.1949 gegründet wurde, eröffneten die ersten Verkaufsstellen der HO bereits im November 1948 im sowjetisch besetzten Sektor Berlins. Die Gründung der ersten HO-Läden hatte die Zielstellung, dem schwarzen Markt die Existenzgrundlage zu entziehen. So sollten in den Geschäften stark nachgefragte Produkte zu einem erhöhten Preis, jedoch ohne die Notwendigkeit des Vorweisens von Lebensmittelkarten, ohne Rationierung sowie bei leichter Unterschreitung des Schwarzmarktpreises, angeboten werden. Dieses Geschäftsprinzip der HO-Läden wurde bis zur Abschaffung der Lebensmittelkarten und der Rationierung der Lebensmittel in der DDR 1958 beibehalten (4). Eine weitere wirtschaftspolitische Zielstellung der HO-Gründung war die Etablierung des volkseigenen Sektors im Binnenhandel, der zu dieser Zeit durch die Konsumgenossenschaften noch nicht dominiert wurde. Ferner zielte das Unterfangen auf eine Zurückdrängung des privaten Einzelhandels. Dieser bewirtschaftete noch 1952 ca. 80 % der Einzelhandelsverkaufsstellen in der DDR (5). Während der in den 1950-er Jahren weiter durchgeführten Lebensmittelrationierung trug die HO durch ihre hohen Preise und den aus der hohen Nachfrage resultierenden Gewinnen bedeutend zur Einnahmensteigerung des Staates bei. So wurden erst 1958 die Preise der HO endgültig an die übrigen Einzelhandelspreise angeglichen (6). Mit diesem Schritt wurden in der DDR fortan die Preise einheitlich festgesetzt. Eine freie Preisbildung am Markt fand nicht statt. Das Ende der Rationierung ging jedoch nicht mit einer Lösung der zentralen Versorgungsprobleme einher. Die Versorgung der DDR-Bürger:innen mit Lebensmitteln aus dem Inland war durch die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft und ihren Folgeerscheinungen erheblich beeinträchtigt worden (7); die Devisenknappheit erlaubte der Regierung nur begrenzt die Einfuhr von Südfrüchten und Genussmitteln wie Kaffee und die Importe aus dem sozialistischen Wirtschaftsgebiet blieben von der entsprechenden Leistungsfähigkeit der sogenannten sozialistischen Bruderländer abhängig (8).

Um den stationären Lebensmitteleinzelhandel in der permanenten Drucksituation des Mangels zu entlasten und die Versorgung der Werktätigen mit Lebensmitteln und Mangelware bevorzugt sicherzustellen, wurden durch die HO ab den 1950-er Jahren Werkläden in den Volkseigenen Betrieben (VEB) eingerichtet, die nur den Mitarbeitenden eines Betriebes zugänglich waren und somit auf diesen Kundenkreis beschränkt blieben.

 

„Fresswelle“ und Mangelwirtschaft

In der ersten Hälfte der 1960-er Jahre gelang es der DDR, nach einer Wirtschafts- und Versorgungskrise in den Jahren 1961/62 und trotz der beschriebenen Widrigkeiten die Versorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln zu stabilisieren (10). Die Menschen hatten jedoch zwischenzeitlich ein verstärktes Bedürfnis nach einer Ernährungsweise entwickelt, die weit über das Grundnahrungsmittelsortiment hinausreichte. Insbesondere nach den kriegsbedingten Jahren des Verzichts war das Bedürfnis der Menschen nach reichhaltiger Nahrung klar erkennbar. Prägnantester Beleg für diesen Wandel ist die Tatsache, dass die DDR im Jahre 1960 den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Nahrungsmitteln weltweit hatte (11). Wie Kaminsky feststellt, war die sogenannte „Fresswelle“ somit ein Deutsch-Deutsches und kein rein bundesrepublikanisches Phänomen (12).

Die gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung waren entsprechend problematisch, sodass man von Seiten der politischen Verantwortungsträger:innen Maßnahmen beabsichtigte, um den Nahrungsmittelkonsum der Bevölkerung entsprechend zu lenken. Auch traten trotz aller Verbesserungen immer noch kurz- und langfristige Versorgungsengpässe auf. Lebensmittel von ernährungsphysiologisch hohem Wert, wie Obst oder frisches Gemüse blieben, bis auf vereinzelte Produkte, im gesamten Untersuchungszeitraum Mangelware (13). Besonders Südfrüchte, welche gegen Valuta-Währung importiert werden mussten, waren in den 1960-er und 1970-er Jahren in den konventionellen Verkaufsstellen des HO-Lebensmitteleinzelhandels kaum zu erhalten (14).

 

Fernsehwerbung zur Nachfragesteuerung

Die Werbung sollte die Nachfrage in der DDR steuern. Das obige Bild wurde wie folgt beworben: „Karpfen in der HO. Ein grosses Angebot an Karpfen und Hechten hat jetzt die HO zum Verkauf aufgeboten. Hoffen wir das zu Sylvester auch solche „Burschen“ zum Verkauf gelangen.“
Bundesarchiv, Bild 183-19000-0213 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

Um die Bevölkerung dennoch für eine bewusstere Ernährungsweise zu sensibilisieren und vor allem, um verfügbare, wenig bekannte oder populäre Lebensmittel absetzen zu können, bediente man sich entsprechender Werbekampagnen; insbesondere des von 1959 bis 1976 bestehenden DDR-Werbefernsehens. Dieses trug in der DDR insgesamt einen anderen Charakter, als in der BRD. So gestaltete sich die Auswahl an Produkten im real existierenden Sozialismus wesentlich begrenzter und die Konkurrenz unter den einzelnen Marktteilnehmenden war nicht vergleichbar. Nicht selten spielten die Produkte selbst nur eine Nebenrolle und es prägten eher Ratgeberformate das Programm des Werbefernsehens. Vergleichsweise große Popularität erlangte, z. B.: die Sendung: „Der Fischkoch“. Das Format sollte dazu beitragen, den Fleischkonsum zu senken oder wenigstens zu stabilisieren und zugleich den Fischabsatz zu steigern. So trug etwa eine Sendung, in welcher aus der Sowjetunion importierter Strömling in Dosen mit kyrillischer Aufschrift verarbeitet wurde, der bisher kaum Absatz fand, dazu bei, dass eben diese Konserven restlos abverkauft wurden. Das Fernsehformat war insgesamt ausgesprochen populär und erfolgreich. Auch die Nachfrage nach Fisch im Binnenkonsum stieg auch in den 1960-er Jahren deutlich. Jedoch stieg der Fleischverbrauch pro Kopf noch stärker, sodass die Maßnahme ihr Ziel der Bedürfnisverlagerung von Fleisch- zu Fischprodukten trotzdem verfehlte (15).

 

Der »Broiler« erobert die DDR

Die Nutzung von Werbung zur Steuerung der Nachfrage der Konsument:innen kam auch in anderen Fällen zur Anwendung. Wie schon im Falle des Fisches wurden ab Anfang der 1960-er Jahre verstärkt Hühnereier beworben, um die Bedürfnisse der Bevölkerung entsprechend zu lenken und die vorhandene Überproduktion abzubauen. Die Kampagne unter dem Schlagwort „Nimm ein Ei mehr!“ (16) war erfolgreich. Zwischen 1955 und 1985 verdreifachte sich der Eierverbrauch der Bevölkerung. Aber nicht nur die Eier sollten den Bedarf der Bevölkerung decken; auch das Fleisch der Tiere sollte dazu beitragen, den Mangel zu beseitigen. Geflügelfleisch, so der politische Wille, sollte andere knappe Fleischsorten substituieren. Hierzu wurde ab 1965 ausschließlich die Zucht eines Masthähnchens, des sogenannten Broilers, vorangetrieben, welcher in 50 Tagen in großen industriellen Zuchtbetrieben seine Schlachtreife erreichte. Das Geflügelfleisch sollte jedoch nicht nur als Rohware über den Lebensmitteleinzelhandel in die Hände der Verbraucher:innen gelangen, sondern auch in gegrillter Darreichungsform im gastronomischen Rahmen. Zu diesem Zweck entstanden im Zuständigkeitsbereich der HO in allen Bezirken der DDR sogenannte Broilerbars bzw. Broilerrestaurants, die entgegen den Befürchtungen der politisch Verantwortlichen durch die Bevölkerung von Anfang an stark frequentiert wurden. Dieses gastronomische Angebot entlastete nicht nur den stationären Lebensmitteleinzelhandel, sondern prägte auch die Konsumkultur der DDR als Bereicherung des gastronomischen Angebots. Es trug ferner dazu bei, dass das bis dahin eher unübliche Essen in der Öffentlichkeit sukzessive alltäglich wurde, wie Poutrus feststellt (17).

 

Die „Kaufhalle“ wird geboren

Die Kaufhalle in Leipzig. Die Originalbeschreibung des Bilds lautet: Zentralbild Gahlbeck 21-1-1970 Leipzig: „Mach-mit“-Wettbewerb koodiniert Bürgerfleiß und Anstrengungen der Bauschaffenden-Zu den sichtbaren Ergebnissen und Anstrengungen von Bürgern in den Wohngebieten und den Leistungen der Bauschaffenden des Stadtbezirkes Leipzig-Süd im „Mach-mit“-Wettbewerb 1969 gehört diese moderne Kaufhalle. Durch die tatkräftige Unterstützung vieler Einwohner dieses Stadtbezirkes entstanden im Vorjahr u. a. eine Volksschwimmhalle, zwei Kaufhallen und 20 Kinderspielplätze.
Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-J0121-0023-001 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

In dem Bestreben, zumindest äußerlich mit den Konsumgewohnheiten der nichtsozialistischen Staaten, insbesondere der BRD mitzuhalten, wurden ab 1966 die ersten Selbstbedienungs-Großraumverkaufsstellen im Lebensmitteleinzelhandel eingerichtet. Zwar hatte es bereits seit 1951 Ansätze für Selbstbedienung und insbesondere Teilselbstbedienung in der DDR gegeben, jedoch war die Methode in den 1950-er und noch zu Beginn der 1960-er Jahre kontrovers diskutiert worden. In den Debatten der Handelsfunktionär:innen spielten, neben ideologischen Erwägungen, insbesondere auch die Sorge vor Schäden (wie Flaschenbruch) oder vermehrten Diebstählen eine Rolle. Positiv bewertet wurde, dass die knappen Personalressourcen in Anbetracht des allgegenwärtigen Arbeitskräftemangels effektiver eingesetzt werden konnten. Anders als bei den Lebensmitteldiscountern in markwirtschaftlich verfassten Systemen ging es also nicht darum, Personal und Kosten zu sparen, sondern die personellen Ressourcen mithilfe der Selbstbedienungsmethode zielgerichtet einzusetzen. Die Selbstbedienungsmethode wurde wesentlich ermöglicht und vereinfacht durch das ab den 1960-er Jahren stetig zunehmende Angebot an vorverpackten Produkten bzw. bereits industriell verarbeiteten Fertigprodukten, wie Dosennahrung oder Tütensuppen, die im damaligen Zeitgeist als modern und erstrebenswert galten. Die Begriffe Selbstbedienung und „Kaufhalle“ wurden im Laufe der Zeit im Sprachgebrauch der DDR-Bevölkerung synonym. Als Kaufhallen wurden die Großraumverkaufsstellen bezeichnet, die ab 1966, besonders in Neubaugebieten, entstanden und überwiegend auf das Selbstbedienungskonzept setzten. Lediglich die Kassen sowie die Fleisch- und Fischbereiche wurden hier noch von Verkaufspersonal bedient (18).

 

Die „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ und ihre Probleme

Mit dem Machtantritt Erich Honeckers im Jahr 1971 vollzog sich eine wirtschaftspolitische Wende von den Dezentralisierungsbemühungen der 1960-er Jahre unter Walter Ulbricht (Neues Ökonomisches System der Leitung und Planung (NÖSPL) und Ökonomisches System des Sozialismus (ÖSS) zurück zu einer stärkeren Zentralisierung der Planwirtschaft und zu verstärktem staatlich begünstigtem Binnenkonsum. Dieser neue Kurs der sogenannten Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik beinhaltete vor allem soziale Leistungen und ein ambitioniertes Wohnungsneubauprogramm. Die Kosten des neuen Kurses überstiegen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der DDR jedoch bei weitem, was die Regierung in die Notwendigkeit der zunehmenden Verschuldung im kapitalistischen Ausland versetzte (19). Die im Inland, gegenüber der Produktivität stetig zu schnell steigenden Löhne verursachten ferner einen Kaufkraftüberhang, also die Situation, in der dem Geldeinkommen der Bevölkerung ein nicht ausreichendes Angebot an Gütern gegenübersteht (20). Dem begegnete die Regierung im Binnenhandel mit der immer stärkeren Forcierung der Politik der zwei Warenklassen, auf die an späterer Stelle noch näher einzugehen ist. Der ökonomische Zwang zu dieser Politik, die Devisenknappheit sowie die Schwankungen im Import aus den übrigen sozialistischen Ländern führten zu einer zunehmenden Verschlechterung des Sortiments im Lebensmitteleinzelhandel und verstärkten die Unzufriedenheit der Bevölkerung. Mit der politischen Wende und der Wiedervereinigung gingen das Kapital und die Einzelbetriebe der HO in das Eigentum der Treuhandgesellschaft über, die die Verkaufsstellen, Gaststätten, HO-Hotels etc. privatisierte, verkaufte oder schloss (21). Die Arbeit und die Konsequenzen der Tätigkeit der Treuhandanstalt sind in den vergangenen Jahren verstärkt zum Interessensgegenstand der Forschung geworden (22), können an dieser Stelle aber nicht betrachtet werden.

2.2 Die Organisation der HO und ihre Stellung im Wirtschaftssystem der DDR

Die Struktur der HO

Die HO nahm als faktisch größter staatlicher Handelskonzern eine zentrale Rolle im Wirtschaftssystem der DDR ein und bildete, gemeinsam mit den Konsumgenossenschaften, eine der beiden Säulen des volkseigenen Binnenhandels. Die HO als Gesamteinheit unterstand dem Ministerium für Handel und Versorgung der DDR. Diesem war zunächst die Hauptdirektion des volkseigenen Einzelhandels, mit Sitz in Potsdam, unterstellt. Die Hauptdirektion leitete den staatlichen Einzelhandel jedoch nicht zentral, sondern wirkte koordinierend, denn die einzelnen HO-Verkaufsstellen selbst unterstanden den jeweiligen HO-Bezirksdirektionen. Diese waren wiederum bei den Bezirksverwaltungen, in den Abteilungen Handel und Versorgung, angesiedelt (23).

Aus dieser Darstellung lässt sich erkennen, dass die innere Organisation der HO, wie in der DDR bei anderen großen Betriebsstrukturen, Parteien oder Massenorganisationen üblich, hierarchisch strukturiert war. Neben den Einzelhandelsverkaufsstellen im Lebensmittelbereich, für Leichtindustriewaren, Textilien und weiteren Bereichen, betrieb die HO u. a. HO-Gaststätten, Hotels und die Centrum Warenhäuser. Auch die Exquisit-Läden, die Delikat-Läden und die Intershops waren im Untersuchungszeitraum zeitweise in die Struktur der HO integriert, wurden jedoch in den ausgehenden 1960-er bzw. in den 1970-er Jahren wieder ausgegliedert. Die für den Untersuchungsgegenstand relevanten Ausgründungen Intershop und Delikat werden in diesem Beitrag noch behandelt. Aus Kapazitätsgründen kann auf die hier angedeuteten übrigen Geschäfts- und Zuständigkeitsbereiche der HO außerhalb des Lebensmitteleinzelhandels nicht näher eingegangen werden.

 

Der Handel als »Stiefkind« der Politik

Bevor im nachfolgenden Teilabschnitt die anderen Lebensmitteleinzelhändler:innen der DDR betrachtet werden sollen, scheint es angebracht, in aller Kürze die Stellung des Handels gegenüber der Politik im sozialistischen Wirtschaftssystem darzustellen.

In der dem Primat der Politik unterstehenden Zentralverwaltungswirtschaft der DDR genoss der Handel in den Augen der politischen Verantwortungsträger:innen nur geringes Ansehen. Dem Handel wurde nicht nur eine geringere Bedeutung als der Industrie beigemessen. Vielmehr wurde der Handel sogar als unproduktiv betrachtet und für Versorgungsschwierigkeiten im System verantwortlich gemacht. Diese politische Schuldzuweisung lässt sich u. a. auch an den häufigen Ministerwechseln im Ressort Handel und Versorgung im Untersuchungszeitraum erkennen. Nach Heldmann versuchte die SED mit diesem Ansatz zum einen den Eindruck zu vermeiden, dass die Gründe für die anhaltenden Versorgungsprobleme im System selbst zu suchen seien, zum anderen versuchte sie den Anschein zu vermeiden, dass die Politik im Hinblick auf dieses Problem untätig bliebe (24).

In ideologischer Hinsicht ist die geringschätzende Haltung gegenüber der Tätigkeit des Handels auf die Wertlehre von Karl Marx zurückzuführen, wonach der Tertiäre Sektor (Handel und Dienstleistung) keine Werte schaffe und somit gegenüber den erzeugenden und verarbeitenden Sektoren der Wirtschaft zurückstehe (25). M. E. lassen sich durch die Erkenntnis dieser politischen Grundhaltung grundsätzliche Probleme des DDR-Binnenhandels nachvollziehen und deuten, da sie erkennbare politische Ausflüsse zeigte. Neben der Tätigkeit und dem Wesen des Handels waren auch die Verkaufskultur und die Beschäftigten des Binnenhandels selbst Adressat:innen der Kritik von Seiten der Politik. Auch auf diesen Zusammenhang wird in diesem Beitrag noch näher eingegangen.

2.3 Das Verhältnis zu Konsum, Delikat, Intershop und privaten Wettbewerbern

Neben der HO wurde der Lebensmitteleinzelhandel in der DDR, unter den Bedingungen eines unfreien Marktes, von weiteren Anbieter:innen geprägt. Um diese soll es, auch hinsichtlich ihres Verhältnisses zur HO, im Folgenden gehen.

 

HO und Konsum

Die von den Nationalsozialisten enteigneten Konsumgenossenschaften wurden bereits nach Kriegsende 1945 wiederhergestellt (26). Nach der HO waren die im Verband deutscher Konsumgenossenschaften e. G. (VDK) organisierten Einzelgenossenschaften die zweitgrößten Lebensmittelversorger der DDR. Unter dem Dach der Konsumgenossenschaften entstanden allein zwischen 1945 und 1963 960 Verkaufsstellen und 240 Landwarenhäuser in Ortslagen, in welchen bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Einkaufsgelegenheiten existierten (27).

Hinsichtlich der Versorgungsbereiche sollten die Konsumgenossenschaften ab 1954 vorwiegend die Versorgung des ländlichen Raumes sichern, während die HO ihren Hauptwirkungskreis innerhalb der Städte finden sollte. Um diese Aufteilung zu realisieren gaben die Konsumgenossenschaften städtische Verkaufsstellen an die HO ab und übernahmen HO-Läden auf dem Land (28). Im Gegensatz zur staatlichen HO war der genossenschaftlich organisierte Konsum eine Mitgliederorganisation. Die Mitglieder erwarben bei Eintritt einen Genossenschaftsanteil und erhielten bei jedem Einkauf sogenannte Konsummarken, welche in ein Heft einzukleben waren. Dessen Abgabe ermöglichte am Schluss des Geschäftsjahres die Auszahlung der angefallenen Rabattsumme. Die Rabattierung belief sich, je nach Genossenschaft, auf 1-3 % pro Einkauf. Ein vergleichbares Rabattsystem kannte der HO-Lebensmitteleinzelhandel nicht (29).

 

Die HO und die „Privaten“

Neben der HO und dem Konsum existierten zu Beginn der 1950-er Jahre eine Vielzahl selbstständiger Einzelhändler:innen, die wesentlich zur Versorgung der Bevölkerung beitrugen und 1952 noch 39 % des Gesamtumsatzes im Einzelhandel erwirtschafteten (30). Die Benachteiligung bei der Belieferung mit Waren, die Steuerpolitik des Staates, welche selbstständige Unternehmer:innen stark belastete, sowie bessere Verdienstmöglichkeiten in der Industrie führten im Verlauf der 1950-er und 1960-er Jahre dazu, dass eine Vielzahl privater Einzelhändler:innen ihre Unternehmen aufgaben und sich die Versorgungslage der Bevölkerung somit weiter zu verschlechtern drohte (31).

Ebenso kam es vor, dass bisherige Inhaber:innen ihre Geschäfte zwar formal an die HO abgaben, häufig aber als HO-Verkaufsstellenleiter:innen weithin im Angestelltenverhältnis tätig blieben. Wo dies nicht der Fall war, mussten Geschäfte oftmals (aufgrund des herrschenden Arbeitskräftemangels) geschlossen werden, was die angespannte Versorgungslage noch verschärfte. Um diesem Problem abzuhelfen, hatte man ab der Mitte der 1950-er Jahre den Kommissionshandel stärker in den Blick gefasst. Die Tätigkeit als HO-Kommissionshändler:in war attraktiv, da die Verdienstmöglichkeiten hier besser ausgestaltet waren, als in abhängiger Beschäftigung im staatlichen oder konsumgenossenschaftlichen Handel. Da der staatliche Handel bei der Belieferung mit Waren durch den Großhandel (dieser wurde zwischen 1945 und 1962 vollständig verstaatlicht (32)) bevorzugt wurde, mussten die Komissionshändler:innen diesen Nachteil durch persönliche Netzwerke und Eigeninitiative ausgleichen, um ihren Kund:innen ein ansprechendes Warenangebot anzubieten. Der Erfolg der Kommissionshändler:innen und ihre Systemrelevanz trugen dazu bei, dass sie bis zum Ende der DDR ihre Position behaupten konnten. Auch während der sogenannten zweiten Verstaatlichungswelle 1972 blieben die privaten Einzelhändler weitgehend unangetastet. Noch 1989 waren 20 % aller Verkaufsstellen in privater Hand (33).

Das Bedürfnis der Bevölkerung nach westlichen Konsumgütern, über welche sie durch Geschenkpakete von Freunden und Verwandten aus der BRD (sogenannte Westpakete (34)) sowie über das Fernsehprogramm der BRD und Printmedien informiert waren, nicht zuletzt nach hochwertigen importierten Lebens- und Genussmitteln, das Verlangen der Volkswirtschaft nach Devisen und die Notwendigkeit zur Abschöpfung des Kaufkraftüberhangs veranlassten die DDR seit den 1950-er und 1960-er Jahren zur Einrichtung von Sonderverkaufsdiensten, wie den Intershops und Delikat.

 

Der Intershop

Zur Versorgung von Seefahrer:innen und Reisenden aus dem nicht-sozialistischen Ausland (kurz: NSA) wurden seit den 1950-er Jahren Geschäfte eingerichtet, welche westliche Waren gegen Zahlung von Devisen anboten. Diese Geschäfte erhielten zunächst den Namen Transitlager bzw. Internationaler Basar und wurden schließlich als Intershop bezeichnet. Ihre Einrichtung erfolgte zunächst im Rostocker Überseehafen, an den Grenzübergangsstellen, in Interhotels und Flughäfen. Die DDR blieb während ihres gesamten Bestehens auf die Existenz der Intershops angewiesen, um Devisen für die Volkswirtschaft zu erlangen. Dies war insofern notwendig, als dass die DDR-Mark eine reine, nicht konvertierbare Binnenwährung (also nicht frei gegen andere Währungen eintauschbar) war und die DDR für den Import von ausländischen Waren entsprechende konvertierbare Fremdwährungen, die genannten Devisen, benötigte.

Der Einkauf in Intershops war DDR-Bürger:innen zunächst nicht erlaubt und auch offiziell eigentlich nicht möglich, weil es ihnen bis 1974 gesetzlich nicht gestattet wurde, privat Devisen zu besitzen. Erst mit der sogenannten kleinen Devisenfreiheit 1974 änderte sich dies. Die Intershop-Läden wurden zunächst unter dem Dach der HO geführt. Erst mit der Schließung der innerdeutschen Grenze 1961 und dem daraus resultierenden Bedeutungsgewinn der Intershops wurde 1962 zunächst eine Intershop GmbH gegründet. Diese wurde von verschiedenen Träger:innen gehalten, bevor die Verkaufsstellen der Intershops 1974 in die Forum Handelsgesellschaft überführt wurden.

Neben Waren aus dem nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet (kurz: NSW), zu vergleichsweise niedrigen Preisen, welche insbesondere das Kaufinteresse von Kund:innen aus der BRD stimulieren sollten, wurden auch Waren aus DDR Produktion, welche im konventionellen Binnenhandel nicht oder kaum zu erwerben waren, gegen Devisen angeboten (35). Aufgrund der Expansion der Intershop-Verkaufsstellen stieg auch das Interesse der DDR-Bürger:innen an diesen seit den 1960-er Jahren stark an. Das zunächst bestehende Verkaufsverbot an DDR-Bürger:innen wurde durch die Beschäftigten der Intershops nicht stringent durchgesetzt. Auch die Regelung, wonach Devisen durch DDR-Bürger:innen ab 1979 zunächst bei der Deutschen Notenbank in Forum-Schecks zu wechseln waren, womit die Einkäufe in den Intershops hätten getätigt werden können (das direkte Zahlen mit Devisen war ab 1979 nur noch Ausländer:innen gestattet), wurde in der Verkaufspraxis durch das Personal kaum beachtet.

Neben dem Non-Food-Sortiment erregten auch die angebotenen Lebens- und Genussmittel (wie beispielsweise Südfrüchte, Schokolade und (»West«-)Kaffee) in den Intershops zunehmend das Kaufinteresse der DDR-Bevölkerung. Die Existenz der Intershops trug nicht unwesentlich zu einem Gefühl der Ungleichheit in der Bevölkerung bei, denn es hing schließlich von der Möglichkeit ausreichend Devisen zu erlangen ab, ob man Zugang zu Einkäufen im Intershop und damit zur erstrebenswerten Konsumwelt des westlichen Auslands bekam (36).

 

Der „Delikat“

Die politische Führung der DDR hatte jedoch in den 1960-er Jahren erkannt, dass man der Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Lebens- und Genussmitteln, welche gegen Mark der DDR erhältlich wären, Rechnung tragen müsse. 1966 wurden zu diesem Zweck, zunächst in Trägerschaft der HO, Feinkostverkaufsstellen mit dem Namen »Delikat« eingerichtet. Diese sollten neben Spezialitäten auch Genussmittel, bisher im Binnenhandel nicht greifbare Lebensmittel sowie Importwaren zu erhöhten Preisen anbieten (37). Im Volksmund wurden diese neuen Geschäfte auch als »Fress-Ex« bezeichnet (38).

 

Die Politik der zwei Warenklassen

Diese hoben sich vom Angebot der HO und dem Konsum, die in ihrem Sortiment zunehmend nur noch die Grundversorgung sicherten, in Qualität und Preis erheblich ab, was zu einem Angebot der zwei Warenklassen führte. Diese Differenzierung war jedoch ökonomisch notwendig geworden, da die auf niedrige, stabile und festgesetzte Lebensmittelpreise zielende Politik der DDR-Regierung offene Preiserhöhungen im konventionellen Lebensmitteleinzelhandel nahezu ausschloss und somit die Verlagerung bestimmter Sortimentsbestandteile (verdeckte Preiserhöhung) erforderlich machte. Die hohen Preise im Delikat wurden durch die Bevölkerung angenommen, jedoch ergaben sich auch in der Belieferung der Feinkostgeschäfte schnell Engpässe. Kaufkraft und Nachfrage der Verbraucher:innen überstiegen auch hier das Angebot und die Leistungskraft der Delikat-Verkaufsstellen. Mit der Amtsübernahme Erich Honeckers wurde ein merklicher Ausbau der Delikat-Filialen forciert. Ziel war ein dem Intershop vergleichbares Warenangebot und die Schaffung einer Option für Bürger:innen ohne Devisenbesitz zum Erwerb von Lebens- und Genussmitteln in gehobener Qualität (39). 1978 wurde Delikat aus der Struktur der HO herausgelöst und als volkseigenes Handelsunternehmen verselbstständigt (40).

3. Konsum- und Verkaufskultur im staatlichen Lebensmitteleinzelhandel

3.1 Die Stellung des Verkaufspersonals und der Kund:innen

Die Diktatur der Kellner:innen und Verkäufer:innen

Original-Bildbeschreibung: H.O.-Geschenkpakete. Die Handelorganisation verkauft jetzt Geschenkpakete zu 100 Dm und für 50 Dm, die neben Wurst- und Mehlwaren auch Schokolade und Pralinen erhalten.
Bundesarchiv, Bild 183-S87859_Neg / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

Die Schriftstellerin Monika Maron prägte die These von der DDR als Diktatur der Kellner:innen und Verkäufer:innen (41), welche Wolle aufgriff und als »heimliche Herrschaft der Verwalter:innen des Mangels« bezeichnete (42). Hinter dieser These verbirgt sich die Annahme, dass in der Mangelwirtschaft der DDR diejenigen, welche die Distribution knapper Güter vornahmen, wie etwa Sitzplätze in Gaststätten oder stark nachgefragte, knappe Lebens- und Genussmittel, in eine besondere Machtposition versetzt wurden. Da die Mitarbeitenden der HO-Verkaufsstellen nicht nur die regelmäßig zu erwerbenden Lebensmittel, sondern zeitweise auch begehrte knappe Güter handelten, kann m. E. eine gewisse Machtposition grundsätzlich unterstellt werden.

 

„Beziehungen“ und „Bückware“

Die für die DDR-Planwirtschaft charakteristische und vielfach nachvollziehbare Ausbildung einer Tausch- und Schattenwirtschaft kann auch im staatlichen Lebensmitteleinzelhandel erkannt werden. Eine der grundsätzlichen Voraussetzungen für diese Art des Wirtschaftens sind zwischenmenschliche Bindungen und Kontakte, die in der DDR unter dem Schlagwort der »Beziehungen« bekannt wurden. Auch die Forschung hat diesen Terminus aufgegriffen. Kund:innen bemühten sich im Alltag um den Aufbau von Beziehungen zum Verkaufspersonal, beispielsweise durch Geschenke zu besonderen Anlässen, das Anbieten ebenfalls begehrter Tauschwaren (soweit man über diese verfügte), Freundlichkeit (auch wenn diese nicht erwidert wurde) und Trinkgelder. Hierdurch versprach man sich die Berücksichtigung bzw. bevorzugte Behandlung bei der Verteilung schwer erhältlicher Lebens- und Genussmittel (43). Solche knappen Güter firmierten unter dem Begriff »Bückware«. Diese begehrten Produkte wurden von Verkäufer:innen unter dem Ladentisch aufbewahrt und für Kund:innen reserviert, zu denen entsprechende Beziehungen bestanden (44).

Der Aspekt der Trinkgelder, auch wenn Geld an sich nicht den Stellenwert, wie in einer marktwirtschaftlichen Konsumgesellschaft besaß und Tauschwaren demgegenüber eher als höherwertig einzustufen sind, ist in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen; wurde doch das Verkaufspersonal im Handel während des gesamten Bestehens der DDR schlechter entlohnt als die Beschäftigten der Industrie. Verstärkt wurde diese nachrangige Rolle durch ungünstige und lange Arbeitszeiten sowie die verhältnismäßig schwere körperliche Arbeit. Daran änderte sich aufgrund des Mangels an Personal und Hilfsmaschinen im Untersuchungszeitraum kaum etwas (45). Die Annahme, dass Beziehungen auch deshalb entstanden, weil das Verkaufspersonal seine materielle Situation aufbessern wollte, erscheint somit schlüssig.

Der Aufbau von Beziehungen erzeugte jedoch, neben beiderseitigen Vorteilen auch gegenseitige Abhängigkeiten und Verpflichtungen. Ferner verstärkten Beziehungen die Ungleichheit zwischen den Kund:innen, denn der Personenkreis, welcher über Beziehungen verfügte und vermittels derer er knappe Güter bevorzugt erhalten konnte, war gegenüber der Kundschaft ohne Beziehungen im Vorteil (46). Außerhalb von individuellen Beziehungen und Abhängigkeiten lässt sich jedoch bei einer differenzierten Betrachtungsweise feststellen, dass sich Kundschaft und Verkaufspersonal grundsätzlich der gleichen Ausgangssituation gegenübersahen. Während die Kundschaft dem Mangel an nachgefragten Produkten durch ihr Einkaufsverhalten begegnen musste, musste das Personal dies auf der Verkaufsseite tun.

 

Das Kundenbuch

Die ständige Nachfrage nach knappen Gütern durch die Kund:innen, während diese nicht vorhanden waren, versetzte das Verkaufspersonal in den Zwang, ebenso regelmäßig abschlägige Auskünfte zu erteilen und das entsprechende Missfallen der Kundschaft bewältigen zu müssen. Dies musste auf Dauer eine gewisse Frustration der Beschäftigten hervorrufen. Eine hieraus resultierende Unfreundlichkeit der Verkaufskräfte (47) konnte wiederum Kund:innenbeschwerden hervorrufen. Diese Kund:innenbeschwerden konnten mündlich oder schriftlich in der Verkaufsstelle selbst oder bei anderen verantwortlichen Stellen geltend gemacht werden. Ein Instrument zur Institutionalisierung solcher Beschwerden waren Kundenbücher. Diese mussten seit 1954 in jeder Verkaufsstelle vorhanden sein. Die jeweiligen Verkaufsstellenleiter:innen waren gehalten, diese Beschwerden zu prüfen und nach zwei Tagen zu beantworten. Konnte dies durch die Verkaufsstellenleitung nicht erfolgen, so war die Antwort über die Abteilung Handel der Bezirke sicherzustellen. Merkel weist jedoch in diesem Zusammenhang darauf hin, dass von Seiten des Verkaufsstellenpersonals Strategien entwickelt wurden, um entsprechende Beschwerden oder aus Beschwerden erwachsende Umstände zu vermeiden. So musste das Kundenbuch oft erst verlangt werden und lag nicht öffentlich aus. Es wurde außerdem häufiger, wenn auch nicht in jeder Verkaufsstelle, die Methode der doppelten Buchführung angewandt, sodass bei Kontrollen ein Kundenbuch mit ausschließlich positiven Kritiken vorgewiesen werden konnte, eines mit negativen Eintragungen jedoch unter Verschluss gehalten wurde (48).

 

Defizite in der Verkaufskultur

Wie bereits dargestellt, genoss der Handel in den Augen der politisch Verantwortlichen kein gutes Ansehen. Vielmehr wurde er sogar für volkswirtschaftliche Probleme verantwortlich gemacht und auch von Seiten der Kundschaft waren die Beschäftigten des Handels stetige Adressat:innen von Kritik. Merkel betont, dass sich die Beschäftigten des Handels hierdurch stetig in der Rolle des sprichwörtlichen Sündenbocks wiederfanden (49). Von Seiten der Politik wurde kontinuierlich, neben dem Mangel an nachgefragten Produkten, die unzureichende Verkaufskultur sowie die mangelnde Sauberkeit und nicht ansprechende Ausgestaltung in den Verkaufsstellen kritisiert. Wie Merkel anhand eines Beispiels deutlich macht, war der Mangel an Sauberkeit in den betroffenen Verkaufsstellen bekannt, jedoch betonten Verkaufsstellenleiter:innen darauf angesprochen, dass die Ursache hierin in einem stetigen Mangel an Reinigungs- und Verkaufspersonal liege (50).

Neben den bereits genannten Gründen für das als unangemessen empfundene Verhalten des Verkaufspersonals gegenüber der Kundschaft weist Merkel darauf hin, dass eine weitere Ursache hierfür in der zunehmenden Proletarisierung der Verkaufskultur sowie in der Erfahrung der sogenannten Not- und Mangeljahre nach dem Zweiten Weltkrieg zu suchen sei. Ferner habe die garantierte Arbeitsplatzsicherheit und die Abwesenheit der wirtschaftlichen Notwendigkeit Waren zu verkaufen zu den Mängeln in der Verkaufskultur beigetragen (51).

3.2 Das Einkaufsverhalten

Strategien gegen den Mangel

Neben ständig präsenten Versorgungslücken im Lebensmitteleinzelhandel waren die Konsument:innen im Untersuchungszeitraum vereinzelt auch mit spezielleren Mangelsituationen konfrontiert, so etwa mit der sogenannten Kaffeekrise von 1977. Die Kund:innen reagierten auf die ständigen Unzulänglichkeiten der Versorgung mit einem besonderen Einkaufsverhalten. Außer der bereits näher dargestellten Pflege von Beziehungen zum Verkaufspersonal griff man neben systemkonformen Verhaltensweisen, wie Warten, Schlange stehen, langwierigem Suchen oder dem Schreiben von Eingaben, auch zu nicht-systemkonformen Verhaltensweisen, wie Hamstern oder Bestechung (52). Ferner entwickelte sich eine besondere Form des privaten, inoffiziellen Wirtschaftens und Handelns, denn die ständige Präsenz des Mangels führte dazu, dass die Menschen nicht die Dinge kauften, die sie brauchten, sondern die sie gerade käuflich erwerben konnten. Wurde etwas nicht für den Eigenbedarf benötigt, so bestand die Option, dass man das entsprechende Gut gegen etwas, was man benötigte, mit anderen Verbraucher*innen tauschen konnte. Dieses Verhalten der ausgedehnten privaten Vorratswirtschaft verschärfte jedoch die Versorgungslage noch stärker und beförderte wiederum die weitere Expansion des Systems der Tausch- und Schattenwirtschaft. Die Notwendigkeit begehrte Waren zu beschaffen ging so weit, dass sich Kund:innen an Schlangen anstellten, ohne zunächst den Grund der Schlangenbildung zu kennen, um das augenscheinlich begehrte Produkt, ggf. zur Verwendung als Tauschware, zu erstehen (53). Stetiges Anstehen selbst war indes eine konsumkulturelle Alltäglichkeit in der DDR und der Volksmund bedachte dieses Phänomen mit dem spöttischen Begriff der „Sozialistischen Wartegemeinschaft“ (54).

 

Eingaben

Ein mittelbares Instrument zur Stimulierung der Einkaufsmöglichkeiten und damit Teil der besonderen Einkaufskultur im real existierenden Sozialismus, das hier exemplarisch erwähnt sei, war das Instrument der Eingabe. Eingaben wurden in der DDR, nach der Länderreform und der Abschaffung der Verwaltungsgerichte 1952, als Kontrollinstrument anderer staatlicher Stellen zunehmend bedeutsam. Die Bürger:innen besaßen das Recht sich mit ihren Anliegen an die zuständigen Stellen zu wenden und vorzutragen. Wichtigster Adressat war der Staatsrat, den in den 1960-er Jahren etwa 60.000 – 80.000 Eingaben erreichten. Aber auch die Bezirksverwaltungen waren hierfür bedeutsame Anlaufstellen. Neben dem ebenfalls akuten Wohnungsproblem waren Probleme des alltäglichen Konsums nicht selten Inhalt solcher Eingaben. Vielen Kund:innen erschien sie als Ultima Ratio, wenn kein anderes Mittel zur Verwirklichung ihres Konsumwunsches erfolgreich war. Mühlberg beschreibt ein Beispiel, bei dem es einer Frau aus Karl-Marx-Stadt 1964/65 gelang, aufgrund einer Eingabe eine größere Zuteilung an Butter und Kondensmilch für eine Hochzeitsfeier zu erlangen. Zwar wurden Rationierung und Lebensmittelkarten 1958 abgeschafft, jedoch waren bereits 1959 Kundenlisten eingeführt worden, welche die Abgabe von Butter begrenzten und damit de facto erneut rationierten. So sollte die Frau für 30 bis 35 Personen nur eine Flasche Kondensmilch und ein Stück Butter für die Hochzeitsfeierlichkeiten erhalten. Die ihrerseits ergriffene Maßnahme einer Eingabe war für sie insofern erfolgreich, als dass sie im Ergebnis 3 Flaschen Kondensmilch und 5 Stück Butter zugeteilt bekam (55).

 

Mangel, Überfluss, Missbrauch

Das Warenangebot in der DDR war durch die Widersprüchlichkeit von Mangel und Überfluss geprägt. Wie bereits erwähnt, war das Angebot an einfachen Grundnahrungsmitteln ab den 1960-er Jahren zwar gesichert, die Annahme der politischen Verantwortungsträger:innen, dass die Bevölkerung diesen Umstand und die sehr niedrigen, stabilen, subventionierten Preise der Grundnahrungsmittel wertschätzen würde, traf jedoch nicht zu. Die Subvention der Grundnahrungsmittel war nach der Aufhebung der Rationierung 1958 eingeführt worden, wodurch die betreffenden Preise jahrzehntelang nicht oder kaum stiegen (56). Diese Politik führte zu zahlreichen negativen Erscheinungen im Einkaufsverhalten der Kund:innen. Ein populäres Beispiel sind die niedrigen Preise für Brot und Brötchen, welche stellenweise unter denen für Tierfutter lagen und wiederum dazu führten, dass Brot zum Zwecke der Fütterung von Haustieren gekauft und damit entgegen dem politisch gedachten Zweck verwendet wurde. Sollte diese Subventionsmaßnahme eigentlich die kostengünstige Ernährung der Bevölkerung sicherstellen, so entwertete sie letztendlich das Produkt und förderte Verschwendung (57).

Eine weitere Folge der Subventionspolitik war der Missbrauch des Aufkaufsystems des Lebensmitteleinzelhandels. Dem Mangel an frischem Obst und Gemüse ist von Seiten der HO durch den Aufkauf von Erzeugnissen von Privatpersonen, wie etwa Kleingärtner:innen, begegnet worden. Obst und Gemüse, aber auch tierische Erzeugnisse, wie Eier, konnten durch diese an die Aufkaufstellen zu einem guten Preis verkauft werden. Durch die staatliche Subventionspolitik kam es jedoch dazu, dass die Produkte im Aufkauf teilweise mehr Geld für die Erzeuger:innen einbrachten, als sie im Verkauf letztendlich kosteten. Dies führte dazu, dass Personen ihre Produkte an die HO verkauften, um sie sodann unmittelbar wieder aus der Verkaufsstelle zu einem niedrigeren Preis zu erwerben und somit Gewinn zu erzielen (58).

Neben diesen Erscheinungen, so stellt Dietrich fest, führte ein gesichertes Angebot auf dem Gebiet relativ ungesunder, fettiger und kohlehydrathaltiger Nahrungsmittel dazu, dass die Verbraucher:innen dazu übergingen, sich im Ausgleich für andere, so empfundene Entbehrungen, wie den Mangel an Westwaren und unzureichende Reisemöglichkeiten, eine Ersatzbefriedigung durch den Kauf und den Verzehr dieser Lebensmittel zu schaffen. Dazu, dass ihnen dies möglich wurde, trugen auch die Subventionen und die daraus resultierenden niedrigen Preise, unter anderem für Fleisch, bei (59). Auf diese Art und Weise spiegelt sich auch hier die für die DDR-Wirtschaft charakteristische Ambivalenz wider. Dem Mangel auf der einen Seite standen wiederum Überflüsse auf der anderen Seite entgegen. Ein Gleichgewicht zwischen beiden Polen fehlte jedoch.

 

Die Kaffeekrise

Ein Aspekt, der in der Mangelwirtschaft neben Verbraucher:innenstrategien die Konsum ermöglichen sollten auch vorkam, war die Konsumverweigerung. Diese Verhaltensweise lässt sich anhand des Beispiels der sogenannten Kaffeekrise 1977 nachvollziehen. Die DDR konnte zu diesem Zeitpunkt keinen Rohkaffee aus dem sozialistischen Wirtschaftsgebiet einführen und musste diesen gegen Devisen aus dem nicht-sozialistischen Wirtschaftsgebiet importieren. 1977 waren die Weltmarktpreise jedoch auf das Vierfache dessen gestiegen, was von Seiten der Politik für den Import des benötigten Rohkaffees ursprünglich veranschlagt wurde. Da die Auslandsverschuldung der DDR in den 1970-er Jahren stark gestiegen war und die Importkosten für Rohkaffee zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit des Staates möglichst gering gehalten werden sollten, wurden Maßnahmen erwogen, um den Kaffeekonsum der Bevölkerung durch entsprechende politische Steuerung zu reduzieren (60).

Am 26.07.1977 beschloss das Politbüro der SED die Abschaffung der günstigen und bei den Verbraucher:innen beliebten Kaffeesorte Kosta und die Einführung eines Mischkaffees aus 51 % Röstkaffee und 49 % Substituten. Dieser Schritt hatte unmittelbaren Einfluss auf das Angebot der HO und stellte diese ebenso vor eine Herausforderung, denn der neu eingeführte Mischkaffee wurde von der großen Mehrheit der Kund:innen abgelehnt und führte zu einer Vielzahl von Beschwerden und Eingaben (61). Auch in den HO-Verkaufsstellen vor Ort hatte die neue Kaffee-Politik Konsequenzen. Die Kund:innen wollten zum einen den Mischkaffee nicht kaufen bzw. blieb es bei einem einmaligen Probekauf. Zum anderen konzentrierte sich das Kaufinteresse der Kund:innen nun auf die teurere Sorte Rondo, wobei Gerüchte, dass die Sorte ebenfalls nicht mehr hergestellt werden sollte, zu regionalen Hamsterkäufen des Produktes führte. Die Anweisung der Politik an das Personal der Verkaufsstellen, die neue Sorte »Kaffee-Mix« den Konsument:innen gegenüber entsprechend zu bewerben zeigte wenig Wirkung. Diese wurde nicht nur Ziel der Ablehnung, sondern auch des Spotts, wie man an der Bezeichnung »Erichs Krönung«, die der Volksmund dem neuen Kaffeeerzeugnis gab, erkennen kann (62). Die heftigen Reaktionen der Bevölkerung zeigen m. E., dass Kaffee, als eines der wenigen alltäglichen Genussmittel, große gesellschaftliche Bedeutung erlangt hatte und die Menschen sich diesen, so empfundenen Luxusartikel nicht ohne weiteres entziehen lassen wollten.

Das politische und gesellschaftliche Klima verschlechterte sich derart, dass man von Seiten des Politbüros Konsequenzen zog. Die Produktion des »Kaffee-Mix« wurde eingestellt, der Kaffee-Import bekam zukünftig einen höheren Stellenwert und es wurden Verträge, auf der Basis des Warentauschprinzips, mit Kaffee exportierenden Ländern geschlossen. Besonders ambitionierte Hoffnungen setzte die SED in eine Kooperation mit der Volksrepublik Vietnam, die den Kaffeebedarf der DDR nach 1990 endgültig decken sollte. Die DDR half dem sozialistischen Bruderland mit Geld und Personal, um einen leistungsfähigen Robusta-Kaffeebohnen-Anbau vor Ort auf den Weg zu bringen. Aufgrund der politischen Wende von 1989/90 kam es jedoch nicht mehr zur Auslieferung des Rohkaffees. Im Inland reagierte man mit der Verschlechterung des im konventionellen Lebensmitteleinzelhandel erhältlichen Kaffees, durch die Verwendung günstigerer, aber qualitativ schlechterer Sorten sowie durch die Beimengung von Zucker zur Einsparung von Bohnenkaffee, wie im Falle der Sorte Rondo Melange. In konsequenter Weiterführung der Politik der zwei Warenklassen waren qualitativ hochwertige Kaffees fortan nur noch in den Intershops und den Delikat-Läden zu hohen Preisen zu kaufen (63).

War der Kaffee bereits vor der Kaffeekrise ein teures Produkt, wurde dieser Trend durch die verdeckte Preiserhöhung noch verstärkt. Die gesellschaftliche Ungleichheit in Fragen der Konsummöglichkeiten trat auch hier offen in Widerspruch zum Anspruch der SED auf die Verwirklichung der klassenlosen Gesellschaft. Die Konsequenzen für die Glaubwürdigkeit der politischen Verantwortungsträger:innen, in den Augen der Bevölkerung, waren entsprechend (64). Auch entwickelte sich der Kaffeekonsum in der Folge gegensätzlich zur Intention der SED. Sollte durch die Maßnahmen Importkaffee eingespart werden, so stieg dessen Verbrauch im Inland nach der Kaffeekrise sogar um ca. 5 % an (65). Das Handeln der Staatsführung verfehlte also vollumfänglich das erstrebte Ziel.

4. Schlussbetrachtung

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich im HO-Lebensmitteleinzelhandel die Widersprüchlichkeit der DDR und ihrer Konsumkultur spiegelt. Propagierte die DDR offiziell die klassenlose Gesellschaft und die Gleichheit aller, so widersprach sie diesem Ansinnen schon grundsätzlich durch die systematische Privilegierung einzelner gesellschaftlicher Gruppen. Die staatliche Politik der zwei Warenklassen trug dazu bei, dass Bürger:innen mit hohen Einkommen und/oder Devisen einen besseren Zugang zu knappen und begehrten Lebens- und Genussmitteln erhalten konnten. Diese sich später stärker ausdifferenzierende Zwei-Klassen-Konsumgesellschaft wurde bereits mit Gründung der HO und ihren hohen, nicht für alle Bürger:innen erschwinglichen Preisen 1948 grundgelegt. Sie trug nicht unwesentlich dazu bei, das Vertrauen der Bürger:innen in den Staat und den real existierenden Sozialismus zu zerstören.

Die Wirtschaft der DDR war durch zahlreiche externe und interne Faktoren von stetigem Mangel geprägt, mit dem die politisch Verantwortlichen, aber besonders die Beschäftigten des staatlichen Einzelhandels und die Kund:innen umgehen mussten. Die vielfältigen Gründe für diesen Mangel konnten in diesem Beitrag nicht betrachtet werden, jedoch wurde herausgestellt, dass der Handel in den Augen der Politik ein geringes Ansehen besaß. Hieraus folgt, dass die Belange des Binnenhandels keine Priorität genossen und auch Verbesserungsansätze aus dem Handel kaum Gehör fanden. Veränderungen in der Handelspolitik wurden eher durch den Protest der Verbraucher:innen bewirkt, wie anhand des Beispiels der Kaffee-Krise in dieser Arbeit aufgezeigt werden konnte.

Das herrschende Primat der Politik vor der Ökonomie beeinflusste den staatlichen Lebensmitteleinzelhandel nachhaltig. Die HO war als staatliche Organisation Teil des Systems und vermochte es nicht, von den handelspolitischen Leitlinien der SED abweichende Ansätze zu entwickeln. So verhinderten ideologische Dogmen, welche erst überwunden werden mussten, die zeitnahe Einführung konsumkultureller Errungenschaften auf Niveau des Weltstandards, was sich anhand der mehr als 10 Jahre später, im Vergleich zur BRD, flächig eingeführten Großraumverkaufsstellen mit Selbstbedienung im Lebensmitteleinzelhandel, verdeutlichen ließ. Auch die starke Förderung des staatlichen Einzelhandels in Gestalt der HO verfolgte ideologische Gründe, sollte doch der volkseigene Sektor die privaten Lebensmitteleinzelhändler:innen verdrängen. Das dies nicht gelang und die privaten Anbieter:innen bis 1990 bedeutsam blieben, zeigt, dass dieser Ansatz nur teilweise erfolgreich war. Private Anbieter:innen blieben für die DDR-Konsumkultur unverzichtbar.

Der HO-Lebensmitteleinzelhandel war Bindeglied zwischen der anspruchsvollen und durch den omnipräsenten Mangel frustrierten Kundschaft einerseits und der Politik auf der anderen Seite. Die Mitarbeitenden mussten sich mit dem beiderseitigen Druck regelmäßig auseinandersetzen, was bei diesen zu Resignation, Frustration und ferner auch zur Ausbildung einer mangelhaften, wenig kundenorientierten Verkaufskultur beitrug. Andererseits war das Personal auch Teil der Bevölkerung, die mit den politisch verursachten stetigen Mangelerscheinungen umgehen musste. Vor diesem Hintergrund fand auch eine Solidarisierung mit der Kundschaft und die Einbindung der Mitarbeitenden in die DDR-Tausch- und Schattenwirtschaft statt, auch wenn unterstellt werden darf, dass der bevorzugte Zugang zu Lebensmitteln aus den Dienststellen für das Verkaufspersonal gesichert war. Mit Handwerkerdienstleistungen oder anderen Konsumgütern gestaltete sich dies jedoch anders, was nahelegt, dass der eigene bevorzugte Warenzugang für entsprechende Tauschgeschäfte flächendeckend genutzt wurde. Der HO gelang es nicht, die beschriebenen Verhaltensweisen zu unterbinden bzw. wurde hierzu auch kein ernsthafter Ansatz unternommen.

Die diskutierte These von der DDR als Diktatur der Kellner:innen und Verkäufer:innen ist zu bestätigen. Das Verkaufspersonal der HO besaß eine gewisse Macht in Bezug auf die Verteilung knapper und begehrter Waren. Es war jedoch auch in die Zwangslage versetzt, sich an den üblichen Beziehungsbildungen und Tauschgeschäften, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten, zu beteiligen, um den eigenen Zugang zu knappen Gütern und Dienstleistungen zu ermöglichen und zu sichern. Es bestand also ein sozialer Druck die eigene Position auszunutzen, dem sich wohl nur die Wenigsten entziehen konnten.
Zu den in diesem Beitrag genannten konsumkulturellen Besonderheiten im Verhalten der DDR-Bürger:innen trug der HO-Lebensmitteleinzelhandel als größter Lebensmittelversorger also in wesentlichen Teilen bei, war doch die Lebensmittelversorgung besonderer Zielpunkt der beschriebenen besonderen Warenbeschaffungsstrategien der Bevölkerung und wurde hier der Kundschaft der alles prägende Mangel besonders deutlich. Man denke hierbei nur an die begehrten Mangelwaren, wie die Südfrüchte oder seltene einheimische Produkte, wie die Nudossi-Creme.

Hinsichtlich zukünftiger Forschungsansätze wäre es wünschenswert, die Besonderheiten des HO-Lebensmitteleinzelhandels in den einzelnen Bezirken der DDR nach Jahrzehnten zu betrachten und so das Bild von der vorherrschenden makrogeschichtlichen Betrachtungsebene gegenüber der DDR zunehmend auf die Mikroebene in der DDR zu lenken.

5. Quellen und Literaturverzeichnis

Primärquellen

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Zimmermann, Horst: Erfahrungsbericht. Beziehung ist das halbe Leben. Einkaufen in der DDR. (https://www.mdr.de/zeitreise/stoebern/damals/artikel 7544.html, letzter Abruf: 11.06.2021).

 

Forschungsliteratur

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Schütterle, Juliane: Klassenkampf im Kaufhaus. Versorgung und Sonderversorgung in der DDR 1971-1989. Erfurt 2009.

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Schröder, Klaus: Der SED-Staat. Partei, Staat und Gesellschaft 1949-1990. München 1998.

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Tippach-Schneider, Simone: Moderner Einkauf, moderner Verbraucher und das Verschwinden der Waren. Das Werbefernsehen der DDR 1959-1976. In: Neue Gesellschaft für Bildende Kunst e. V. (Hg.): Wunderwirtschaft. DDR-Konsumkultur in den 60er Jahren. Köln/Weimar/Wien 1996, S. 62-76.

Wolle, Diktatur

Wolle, Stefan: Die heile Welt der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der DDR 1971-1989. München 1999.

6. Endnoten

1 Beispielweise im Erfahrungsbericht von Horst Zimmermann, Vgl. Zimmermann, Erfahrungsbericht (Online).

2 Heldmann, Philipp: Herrschaft.

3 Merkel, Utopie.

4 Vgl. Kaminsky, Konsumgeschichte, S. 17-18.

5 Vgl. N. N.: Handelsorganisation, S. 17-18.

6 Vgl. Ebd.

7 Vgl. Steiner, Planwirtschaft, S. 44-45.

8 Vgl. Kaminsky, Konsumgeschichte, S. 47-48.

9 Vgl. Poutrus, Goldbroiler, S. 138-143.

10 Vgl. Kaminsky, Konsumgeschichte, S. 43.

11 Vgl. Ebd., S. 44.

12 Vgl. Ebd.

13 Vgl. Ebd., S. 46.

14 Vgl. Ebd., S. 47-48.

15 Vgl. Tippach-Schneider, Einkauf, S. 62-76.

16 Vgl. Steiner, Planwirtschaft, S. 62.

17 Vgl. Poutrus, Goldbroiler, S. 138-143.

18 Vgl. Rothkirch, Moderne, S. 112-119.

19 Vgl. Jenkis, Einheit, S. 63-88.

20 Vgl. Steiner, Planwirtschaft, S. 36-37.

21 Vgl. Jenkis, Einheit, S. 63-88.

22 Exemplarisch sei hier das Forschungsprojekt des Instituts für Zeitgeschichte (IfZ) „Im Laboratorium der Marktwirtschaft. Zur Geschichte der Treuhandanstalt 1989/1990 bis 1994.“ genannt.

23 Vgl. N. N., Handelsorganisation, S. 17-18.

24 Vgl. Heldmann, Herrschaft, S. 200-201.

25 Vgl. Ebd.

26 Vgl. Merkel, Utopie, S. 165.

27 Vgl. Schütterle, Klassenkampf, S. 10.

28 Vgl. Kaminsky, Konsumgeschichte, S. 32.

29 Vgl. Hödt, Konsummarken, S. 120-123.

30 Vgl. Merkel, Utopie, S. 167.

31 Vgl. Ebd., S. 165-167.

32 Vgl. Ebd., S. 166.

33 Vgl. Ebd., S. 166-171.

34 Vgl. Dietzsch, S 204-213.

35 Vgl. Böske, Anwesend, S. 214-222.

36 Vgl. Ebd.

37 Vgl. Merkel, Utopie, S. 270-271.

38 Vgl. Schütterle, Klassenkampf, S. 12.

39 Vgl. Merkel, Utopie, S. 270-273.

40 Vgl. Schütterle, Klassenkampf, S. 12.

41 Vgl. Kaminsky, Ungleichheit, S. 57-79.

42 Vgl. Wolle, Diktatur, S. 352.

43 Vgl. Merkel, Utopie, S. 293-294.

44 Vgl. Kaminsky, Einkaufsbeutel, S. 248-258.

45 Vgl. Merkel, Utopie, S. 190-193.

46 Vgl. Ebd., S. 294.

47 Vgl. Schröder, SED-Staat, S. 576.

48 Vgl. Merkel, Utopie, S. 175-178.

49 Vgl. Ebd., S. 181.

50 Vgl. Ebd., S. 182-185.

51 Vgl. Ebd., S. 188-189.

52 Vgl. Ebd., S. 278.

53 Vgl. Kaminsky, Einkaufsbeutel, S. 248-258.

54 Vgl. Zimmermann, Erfahrungsbericht (Online).

55 Vgl. Mühlberg, Eingaben, S. 175-184.

56 Vgl. Steiner, Frustration, S. 22-36.

57 Vgl. Dietrich, Kulturgeschichte, S. 1608.

58 Vgl. Ebd., S. 1635.

59 Vgl. Ebd., S. 1925.

60 Vgl. Sigmund, Genuss, S. 249-250.

61 Vgl. Ebd., S. 254-256.

62 Vgl. Ebd., S. 263-264.

63 Vgl. Ebd., S. 266-269.

64 Vgl. Ebd., S. 269.

65 Vgl. Dietrich, Kulturgeschichte, S . 1615.

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