Das Bild zeigt das Cover der Biographie
Die Biographie Paul Freiherr von Eltz-Rübenach von Andreas von Mettenheim stellt eine interessante und daher empfehlenswerte Lektüre dar. Umschlag: Paul Freiherr von Eltz-Rübenach (Nachlass Eltz) (c) 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Würde man einem historisch interessierten Menschen die Frage nach Ministern im 3. Reich stellen, würden wohl die bekannten Nationalsozialisten wie Goebbels, Frick und Speer genannt werden. Manche würden wohl noch die Namen von Krosigk oder von Ribbentrop einwerfen. Doch sicherlich die wenigsten Menschen würden Paul Freiherr von Eltz-Rübenach nennen – geschweige denn, dass sie jemals von ihm gehört oder gelesen hätten. Andreas von Mettenheim hat sich in einer neuen Biographie, die im Duncker & Humblot Verlag Berlin erschienen ist, mit diesem – fast – vergessenen Politiker und seiner Rolle im 3. Reich auseinandergesetzt.

Der Autor von Mettenheim, Diplomat und zuletzt als Botschafter in Bukarest tätig, hat seine Biographie mit „Technokrat, Katholik und Politiker im Kabinett Hitlers“ unterschrieben und das begründet auch (mein) Interesse an der Person von Eltz-Rübenach. Denn wie passt ein gläubiger katholischer Mensch in Hitlers Regierung? Letztlich liegt die Antwort in dem Umständen, die Hitler und seine NS-Clique überhaupt an die Macht gebracht haben.

Ein demokratieferner Beamter und Politiker seiner Zeit

Von Eltz-Rübenach wurde am 09.02.1875 geboren und wuchs in einem national-konservativen Umfeld auf. Nach dem Abitur studierte er Maschinenbau in Aachen und Berlin und begann anschließend seine Arbeitstätigkeit bei der Eisenbahn – dem damals wichtigsten und technisch innovativsten Beförderungsmittel. Sicherlich geprägt dürfte den jungen von Eltz-Rübenach seine – für damalige Umstände mehr als außergewöhnliche – Zeit als technischer Sachverständiger am deutschen Generalkonsulat in New York von 1911 – 1914 geprägt haben. Während des I. Weltkriegs, der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, diente der Eisenbahn-Ingenieur bei den Eisenbahntruppen.

Ein Karriereschub war nach dem Krieg die Beförderung 1924 zum Präsidenten der Reichsbahndirektion Karlsruhe. Das war ohne Frage eine sehr erfolgreiche Beamtenlaufbahn, die Ernennung 1932 durch Franz von Papen zum Verkehrs- und Postminister war dennoch überraschend.

Das Bild zeigt das Kabinett des Reichskanzlers Franz von Papen
Das Kabinett von Papens: Von Eltz-Rübenach wurde mit einem Pfeil markiert. (c) Bundesarchiv, Bild 102-13532 / Pahl, G. / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en, via Wikimedia Commons

Minister in dieser Endzeit der Weimarer Republik hatten eine kurze „Halbwertszeit“ – von Eltz-Rübenach blieb hingegen auch im Kabinett von Schleicher Minister und dann auch nach Hitlers Machtergreifung

Seine Amtszeit endete mit einem Eklat

Der im katholischen Glauben erzogene und streng religiöse Minister wurde nie Mitglied der NSDAP – Skrupel, sich an antisemitischen Maßnahmen zu beteiligen, hatte er allerdings nicht. Das mag mit seiner Erziehung und Herkunft und dem damaligen latenten Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft zusammenhängen.

Von Eltz-Rübenachs Zeit als Minister endete mit einem Eklat, den man dem Mann angesichts seiner Tätigkeit unter Hitler nicht zugetraut hätte. Ihm sollte 1937 – als parteilosem Kabinettsmitglied – das goldene Parteiabzeichen der NSDAP verliehen werden. Von Eltz-Rübenach akzeptierte diese „Ehrung“ allerdings nicht ohne Widerworte, sondern stellte die Annahme des Parteiabzeichens unter die Bedingung, dass er die anti-kirchliche Parteilinie nicht mittragen müsse. Dieser offenkundige Affront führte zum Rücktritt des Ministers.

Dass der Minister a.D. den Argwohn der Nationalsozialisten geweckte hatte, zeigt auch die sich anschließende ständige Überwachung durch die Gestapo. Als seine Frau das Mutterkreuz ablehnte, wurde ihm zeitweise die Pension gestrichen – er war auf Spenden von Bekannten und Verwandten angewiesen.

Keine Berührungsängste mit dem Antisemitismus

Andreas von Mettenheim wertete umfangreiche Quellen – darunter viele Originalakten – für seine Biographie aus. Dem Autor ist es ein Anliegen, die Verstrickungen des Ministers im NS-Herrschaftsapparat herauszuarbeiten. Von Eltz-Rübenach war nicht unschuldig, er war auch nicht nur Beamter, sondern er förderte aktiv den Nationalsozialismus. Noch vor der Machtergreifung Hitlers stellte die Reichsbahn beispielsweise unter seiner Präsidentschaft Sonderzüge für Parteiveranstaltungen bereit.

Sicherlich kann man Motive und Handlungen nicht allein aus der heutigen Sicht und mit dem heutigen Wissen bewerten. Man hat auch die damalige Sozialisation der Menschen aufzunehmen. Von Eltz-Rübenach wuchs in einer traditionellen adligen Familie auf, was seine Persönlichkeit und auch seine Gesellschaftssicht prägte. Er war im katholischen Glauben tief verwurzelt und setzte sich während seiner Zeit im Kabinett Hitlers stark für die katholische Kirche ein – bemerkenswert, wenn man die antikatholische Haltung der Nationalsozialisten kennt. Andererseits war die NSDAP jedenfalls anfangs auch daran interessiert, die Kirchen nicht offen zu bekämpfen und von Eltz-Rübenach mag diesbezüglich als „Feigenblatt“ gedient haben.

Nicht christlich, aber eben den damaligen Ressentiments entsprechend war der vorhandene Antisemitismus des von Eltz-Rübenach. Er hatte keinerlei Bedenken, die judenfeindlichen Anordnungen – Juden wurden schon früh am Anfang der nationalsozialistischen Herrschaft aus dem öffentlichen Dienst entfernt – umzusetzen, gleichwohl er allerdings die Einstellung „alter Kämpfer“ der NSDAP nicht mit Ehrgeiz vorantrieb. 

Überraschend war angesichts der widerspruchslosen und effizienten Tätigkeit des Ministers dann allerdings sein „Abgang“. Er provozierte einen Eklat, indem er Hitler Bedingungen stellte und die Benachteiligung der katholischen Kirche in den Vordergrund rückte. Andreas von Mettenheim wie auch andere Historiker sind sich allerdings nicht einig, ob von Eltz-Rübenach klar war, dass er sich mit seiner Handlung ins Abseits stellte und als Folge zum Rücktritt gezwungen wurde. Beachtlich ist dennoch, dass hier die innere Überzeugung, seine Religion, der eigenen Karriere vorgezogen wurde. Im Kleinen setzte sich dieser Widerstand gegen die NS-Herrschaft dann in Linz am Rhein fort, wo von Eltz-Rübenach seinen Lebensabend verbrachte. Die Streichung der Pension war für die Familie hart, wurde allerdings in Kauf genommen. Wohl nur aus „Mitleid“ mit des Ministers Kindern, hob Hitler später diese Streichung auf.

1942 verlor von Eltz-Rübenach seinen Sohn – eines von insgesamt 6 Kindern mit seiner Frau Marion – im II. Weltkrieg. Es wird ihn wohl am Ende seines Lebens beschäftigt haben, dass er mit seiner Tätigkeit aktiv ein Regime unterstützt hat, das seinen Sohn – wie Millionen andere Menschen auch – in den Tod schickte. Die Reichsbahn – insbesondere deren Effizienz – waren für den Krieg von elementarer Bedeutung.

Von Eltz-Rübenach starb am 25.08.1943.

Interessante Biographie

Das Buch stellt eine interessante Lektüre dar. Es zeigt exemplarisch anhand eines parteilosen Ministers im NS-Reich auf, wie aus einem national gesinnten und konservativen Beamten ein überzeugter Anhänger Hitlers wurde (die Elogen auf den „Führer“, die von Mettenheim in seinem Buch anführt, sind kaum auszuhalten).

Offenkundig ist auch der Versuch des Ministers, mit seinem Wirken die katholische Kirche zu unterstützen und deren Verhältnis zum NS-Staat zu fördern. Der katholische Glaube war für ihn prägend und leitend. Anfangs mag auch noch die Überzeugung gestanden haben, Hitler könne eingerahmt werden.

Von Eltz-Rübenach war nie ein Demokrat und wie viele begrüßte er die anfänglichen Entwicklungen im 3. Reich. Er stand zwar letztlich für seine persönlichen Überzeugungen ein, dennoch war er Mittäter und hat vier Jahre Hitler treu und gewissenhaft gedient.

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