Schon einige Monate liegt auf meinem Nachttisch (neben anderen lesenswerten Büchern) ein Rezensionsexemplar des Tyrolia-Verlags: „Tiroler Zigarren für die Welt – Die Geschichte der Schwazer Tabakfabrik 1830 – 2005“ von Maria Heidegger und Marina Hilber. Meine Erwartung an das 162-Seiten starke Buch waren – um es recht offen zu sagen – nicht sonderlich hoch. Weder bin ich passionierter Raucher noch habe ich einen Bezug zur Gegend um Schwaz. Doch ich wurde positiv überrascht: In meinen Augen haben die Autorinnen Heidegger und Hilber eine interessante kleine Industriegeschichte verfasst.

 

Die Stadt Schwaz in widrigen Verhältnissen

Der Buchumschlag von „Tiroler Zigarren für die Welt“ – (c) Tyrolia-Verlag 2021. Umschlaggestaltung: Fabio Azzolinni

Die Autorinnen gehen anfangs auf die Geschichte der Stadt Schwaz ein, die hier wiederzugeben den Umfang der Rezension sprengen würde. Schwaz war im Mittelalter eine bedeutende Bergbaustadt – allerdings war diese Blüte vorübergehend und mit dem Niedergang des Bergbaus begann für die Schwazer Bürger eine schwere Zeit. In den Napoleonischen Kriegen wurde die Stadt stark zerstört – es herrschte immense materielle Not.

Durch die Errichtung verschiedener Einrichtungen wurde ein Aufschwung eingeleitet, zu dem die Schwazer Tabakfabrik einen erheblichen Beitrag leistete. Die Tabakherstellung und der -vertrieb waren in der k.u.k.-Monarchie dem Staat vorbehalten. Die sogenannte Tabakregie bescherte dem Habsburger Reich reiche Steuereinnahmen, vor allem da die Zigaretten im Volk immer beliebter wurden.

 

Eine Fabrik prägt eine Stadt

Die Schwazer Fabrik profitierte stark von dieser Entwicklung und wurde der wichtigste Arbeitgeber der Stadt. In der Fabrik waren anfangs überwiegend Frauen beschäftigt – der Anteil der Handarbeit war hoch. Die Autorinnen arbeiten in diesem Zusammenhang die Arbeitsbedingungen und -umstände heraus. Frauen wurden schlecht behandelt und die Bezahlung war dürftig. Anschaulich wird die Doppelbelastung der Frauen in dieser Zeit geschildert, die zu Hause ihren tradierten Rollen nachkamen und zudem in der Fabrik arbeiteten. Es wird aber auch deutlich, dass die sozialen Reformen auch in diesem Unternehmen ankamen: Badeanstalten wurden geschaffen, es wurde in den sozialen Wohnungsbau investiert und die Absicherung durch die Fabrik bei Krankheit und im Alter waren im Vergleich zu anderen Unternehmen dieser Zeit besser.

 

Die große Weltgeschichte macht vor der Tabakfabrik nicht halt

Die Weltgeschichte machte auch vor der Schwazer Fabrik keinen Halt. Es ist immer spannend, die Auswirkungen der großen Weltpolitik im Kleinen zu beobachten. Hier war es der I. Weltkrieg, der die Fabrik traf. Die Männer mussten an der Front kämpfen und vielmals ihr Leben lassen. Die Frauen waren die Haupternährerinnen. Die Produktion musste wiederum funktionieren (trotz erheblichen Warenmangels): Die Zigaretten waren für das Heer unerlässlich. Die wirtschaftliche Not wurde in der Weltwirtschaftskrise groß und auch in Schwaz zeigte sich das Erstarken der Nationalsozialisten.

Sehr anschaulich und interessant ist dann auch der Einfluss des NS-Staates beschrieben: Parteigänger sollen installiert werden, die nationalsozialistische Ideologie findet sich überall. Schwaz soll ein NS-Vorzeigebetrieb sein. Gerade in diesen Erzählungen wird Geschichte nah.

 

Das Buch ist reich bebildert und schön gestaltet. Auch für Nicht-Schwazer kann ich hier eine Leseempfehlung aussprechen.

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