lynxx-Blog
Medien, Naher Osten, Türkei, Osmanisches Reich, Islam, Orientalistik
Der Inhaber des lynxx-Blogs hat freundlicherweise Inhalte seines Blogs Geschichte-Wissen zur Verfügung gestellt. Wir danken an dieser Stelle für diese großzügige Hilfe sehr und wünschen dem geneigten Leser bei der Lektüre viel Freude.
In den Spiegel der ausländerfeindlichen Deutschen geschaut
Wann folgt der nächste Anschlag? |
„Der kleine Jannik wollte sich die Haut mit der Bürste weiß schrubben
Beschimpft, bespuckt, verprügelt – von ganz normalen Bürgern. Weil sie den alltäglichen Rassismus nicht mehr erträgt, flüchtet eine Pfarrersfamilie aus dem Osten zurück ins Rheinland. Im thüringischen Rudolstadt versteht man die Welt nicht mehr – und sorgt sich um seinen Ruf.“
„Wie groß Sarrazins Basis wirklich ist
Sie würden den Vorwurf weit von sich weisen, doch viele Deutsche haben ausländerfeindliche und chauvinistische Einstellungen. Eine alarmierende Rechtsextremismus-Studie macht klar: Die Radikalen in der Mitte der Gesellschaft sind zum Risiko für die Volksparteien geworden.(…) Die Wahlergebnisse [der NPD] mögen schlecht sein – die Haltung der Radikalen sind aber weiter verbreitet als vielfach vermutet. Millionen Menschen, die den Vorwurf rechtsextremer Denkmuster wohl empört von sich weisen würden, sind der Studie zufolge durchaus chauvinistisch, ausländer- oder islamfeindlich, antisemitisch oder totalitären Gedanken zugetan.
(…) „Die Bedrohung der Demokratie ist nicht von den Rändern zu sehen“, stellen die Autoren in ihrem so nüchternen wie alarmierenden Fazit fest, „sondern aus der Mitte der Gesellschaft heraus.““
Man wollte einen „Charakterkern“ einer „Person“ namens „Chinese“, „Deutscher“, „Spanier“, „Afrikaner“, „Islam“ herauspräparieren, als gefragt wurde, was den Charakter eines Franzosen, eines Deutschen, usw. ausmache und als Nationen ein Verhalten wie Personen unterstellt wurde (Franzosentum, Deutschtum, etc.). Gleiches wurde auch mit Religionen wie dem Islam versucht, und versucht man bis heute.
Das Problem dieses veralteten Vorgehens des 19. Jh. ist schlichtweg, dass sie den empirischen Tatsachen und Quellenfunden nicht standgehalten haben.
Ein Beispiel: Das Rechtssystem des Islam ist zu Zeiten der Hidschra noch gar nicht voll ausgearbeitet, eher sehr rudimentär, bedeutet es nun, es gehört nicht zum „Charakter des Islam“?
Definition von Kultur
Annäherungsweise kann man sagen, dass Kultur die Gesamtheit von Kommunikationstechniken und -systemen derer sich die Menschen bedienen und bedienen müssen ist. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Als soziales Wesen muss der Mensch kommunizieren. Damit einher geht das Erlernen von einem vielschichtigen Satz von Techniken und Strategien um zu kommunizieren, also eines komplexen Gesamtsystems, was ein Kind tagtäglich erlernt (Sprache, Mimik, Wortbedeutungen, etc.). Dazu muss vorher ein gemeinsamer Nenner gegeben sein, indem die Kultur als selbstverständlich und nicht fremd angesehen wird, damit man sich überhaupt versteht, also ein Satz von Vorannahmen.
Einfachstes Beispiel ist die Sprache. Ein Kleinkind könnte z.B. alle Laute aller Sprachen aussprechen, z.B. das für Deutsche schwierig auszusprechende ‚Ayn des Arabischen. Der Vorgang des Erlernens des Kommunikationssystem Kultur ist nichts weiter ein langgezogener Prozess des Verlernens, des Vergessens, so dass wir heute das Ayn erst mühsam wieder erlernen müssen. Kultur ist praktisch ein Betriebssystem des Menschen, dass man nicht bemerkt, man bemerkt es erst, wenn etwas fremd erscheint, z.B. der arabische Buchstabe Ayn.
Im 19. Jh. dominierten Theorien, indem die Unterschiede der Völker (rassistisch) durch die Biologie (Gene) und das Klima erklärt wurden. Als eine Kombination der beiden (Rassentheorie). Sie gingen davon aus, ohne es zu beweisen, dass Rassen existierten, in einer Rangfolge von höherwertig und niedrig geordnet.
Dann kam die Theorie auf, dass Menschen sich weltweit unterscheiden, weil sie unterschiedliche Kulturen entwickelten. Da Kultur von Kindheit an angelernt ist, unterscheidet es sich fundamental von der vorigen Rassen-Theorie. Es ist also nicht mehr quasi ein „Naturgesetz“, dass ein Mensch von Geburt an dumm, schlau, faul, fleissig ist, sondern es hängt davon ab, in welcher Kultur das Kind aufwächst. Menschen und Völker können also ihre Verhaltensweisen und charakteristischen Eigenschaften im Laufe der Zeit verändern. Kultur ist also nicht statisch (wiewohl er heute oft statisch verwendet wird, siehe deutsche Leitkulturdebatte).
Dann kamen in den letzten 20-30 Jahren weitere Theorien hinzu, um die Vergangenheit besser erklären zu können, die ich hier nur anschneide:
Konstruktivistische Ansätze, also moderne Nationen sind konstruiert:
- Imagined Communities (Vorgestellte Gemeinschaften) von Benedict Anderson:
Nationen sind vorgestellte Gemeinschaften, nicht naturgegeben, erst entstanden im 18./19. Jh. mit der Verbreitung von Massenmedien (Zeitungen), die ein Gemeinschaftsgefühl produzierten. - Invented Traditions (Erfundene Traditionen) von Habsbawm/Ranger:
Nationalismen brauchen Symbole zur Identifikation, die für sich beanspruchen müssen, der Nation bereits vorauszugehen. Z.B. ist der Schottenrock erst im 19. Jh. richtig populär und als typisches Merkmal der Schotten in Erscheinung getreten, es war quasi eine Schreibtischtat, eine erfundene Tradition wie der Dudelsack. Geschaffen, um Identität zu stiften. Mel Gibson trug im Film „Braveheart“ zwar einen Kilt, einen Schittenrock, dieses ist aber unmöglich gewesen und historisch falsch, denn damals gab es diese noch gar nicht.