Im September 2009 feierten die Freidemokraten unter Guido Westerwelle einen historischen Wahlsieg. Durch die Zugewinne der FDP konnte eine christlich-liberale Koalition gebildet werden, die große Erwartungen weckte.
Im Mai 2011 kann man diese Koalition getrost als gescheitert bezeichnen – gerade die FDP hat sich eben nicht als regierungsfähig bewiesen. Warum scheiterte – trotz der phänomenalen Ausgangsbedingungen – diese Wunschkoalition?
Die NRW-Wahl
Eine für mich völlig unverständliche Entscheidung war der Reformstopp bis zur NRW-Wahl. In einem der wichtigsten Bundesländer (vor allem hinsichtlich der Bundesratsmehrheit) drohte die schwarz-gelb geführte Regierung unter Jürgen Rüttgers abgewählt zu werden. Anstatt auf Bundesebene sofort Reformvorhaben anzupacken (von denen es weiß Gott genug gibt) kam es zu einem totalen Stillstand aufgrund der Angst vom Wähler abgestraft zu werden, hätten Einschnitte ins Sozialsystem stattgefunden. Dass jedoch die Parteien gerade wegen ihren Reformversprechen gewählt wurden, wurde völlig ausgeblendet. Durch die wichtige – damals noch existierende – Bundesratsmehrheit hätten wichtige Vorhaben angepackt und durchgesetzt werden können. Eine Regierung, die bereits zu anfangs handlungsunfähig ist, verliert schnell und zu Recht Vertrauen.
Die FDP
Die FDP wurde nach über 10 Jahre Opposition wieder in die Regierung gewählt – das hatte sie vor allem Guido Westerwelle zu verdanken, der im Wahlkampf polarisieren und überzeugen konnte. Die Verengung auf das Thema Steuererleichterungen erwies sich jedoch später als großes Problem. Viele Wähler konnten durch dieses Versprechen gewonnen werden, das jedoch nicht eingehalten wurde. Durch die klare Absage hinsichtlich der Steuererleichterungen wurde der FDP der Boden entzogen.
Dass Steuererleichterungen in Zeiten der massivsten Staatsverschuldung, der globalen Finanzkrise und der schwierigen europäischen Verhältnisse nicht möglich sind, ist verständlich. Dass jedoch für Hoteliers die Steuern gesenkt wurden, ist höchst problematisch. Zwar hatten alle Parteien diesen Punkt in ihren Wahlprogrammen, doch wurde die Wirkung dieser Entscheidung auf die Wähler nicht beachtet. Pure Klientelpolitik ist ein Armutszeugnis für politische Parteien.
Auch die unsäglichen populistischen Äußerungen von Westerwelle haben den Eindruck einer desolaten Partei verfestigt. Wer alle Hartz-IV Empfänger über einen Kamm schert, wird der Würde eines Staatsamtes nicht gerecht. Persönliche werte ich die Libyen-Enthaltung als größten politischen Fehler der letzten Jahre. Dass Deutschland nicht gegen einen Diktator, der gewalttätig gegen sein eigenes Volk vorgeht, einschreitet ist eine Schmach.
Dass die FDP das Vertrauen der Wähler dauerhaft auch durch die Millionenspenden der Mövenpick Gruppe, der Bevorzugung von parteifreundlichen Unternehmen (bspw. bei Auslandsreisen) und der radikale Austausch verdienter Ministeriumsbeamter durch Parteifreunde verloren hat, ist noch zu erwähnen.
Die Beliebigkeit unter Merkel
Natürlich ist die Schwäche der Regierung nicht nur am kleinen Koalitionspartner festzumachen. Betrachtet man die Wahlergebnisse der letzten Jahre der CDU, hat diese konstant verloren. Die historische Wahlniederlage in Baden-Württemberg darf nicht nur durch Fukushima erklärt werden (die CDU in Baden-Württemberg war abgehoben). Unter Angela Merkel hat eine Beliebigkeit in die Politik der CDU Einzug gehalten, die für eine Volkspartei nicht positiv sein kann. Ich kann nur spekulieren, ob diese Beliebigkeit nach dem Scheitern der Leipziger Beschlüsse bewusst hergeführt wurde. Damals wurde ein hartes Reformpaket verabschiedet – vor allem durch den Einfluss von Friedrich Merz geprägt. Die Pläne wurden vom Wähler nicht honoriert und die CDU wurde unter Angela Merkel immer sozialdemokratischer. Die rasante Kehrtwende in der Atompolitik untermauert dies. Dass die CDU auch nicht mehr für traditionelle Werte eintritt, trifft vor allem konservative Wähler. Politik ohne eine feste Wertegrundlage kann nicht funktionieren.
Die CDU kann keine Konservativen mehr vorweisen: Friedrich Merz konnte sich im Zweikampf mit Angela Merkel nicht behaupten, Oettinger und Mappus sind nunmehr bedeutungslos und Roland Koch hat sich in die Wirtschaft verabschiedet. Wenn jedoch kein bekanntes Gesicht klassische Themen wie Familie, Bildung und Gesellschaft besetzt, verliert sich die CDU immer mehr in Beliebigkeit. Dies ist der deutschen Parteienlandschaft nicht zu wünschen.
Ausblick
Ich halte es für sehr zweifelhaft, dass die FDP mit ihrem neuen Führungstrio Rösler, Bahr und Lindner den Aufbruch schafft. Mit Guido Westerwelle als Außenminister und Rainer Brüderle als Fraktionsvorsitzenden, haben die „Alten“ immer noch bedeutsame Positionen innerhalb der Partei. Wie ein Aufbruch aussehen soll, frage mich ebenfalls – welche Position kann die FDP vertreten? Mit einer Rückkehr zu marktradikalen Themen wird dies kaum gelingen. Eine soziale Ausrichtung wiederum wird keiner der Partei der „Besserverdienenden“ abnehmen. Die FDP ist in einer existenzbedrohenden Lage.
Zu erwähnen bleibt noch, dass die SPD jedoch deutlich desolater aufgestellt ist, als die CDU – sie hat sich nie von der Ära Schröder erholt.