Mat EgyptMa´at, das Prinzip der Weltordnung und Gerechtigkeit, steht für die Ägypter über allem Göttlichen und ist Kern der ägyptischen Religion und Lebensweise. Ma´at wird als Göttin mit Straussenfeder auf dem Kopf und mit Flügeln personifiziert. 

Die harmonische Beziehung zwischen Menschen und Göttern wurde als Teil der kosmischen Ordnung gesehen („Bekenntnisreligionen“ a la Juden-/Christentum konzentrieren sich dagegen auf die harmonische Beziehung zwischen Mensch und Gott; Gott ist dabei die kosmische Ordnung!)

 Wer sein Leben gut, d.h. der Ma´at entsprechend gestaltete,  erkannte das am Gelingen des diesseitigen Lebens in der Gesellschaft (= Rechtfertigung), ein solches Leben wurde außerdem angesehen als Garantie der Fortdauer des Gedächtnisses nach dem Tod und als „Eintrittskarte“ in das Jenseits (Götterwelt = Bestehen vor dem Totengericht)

Die Ma´at rechtfertigt

          den Einzelnen

          den Gott, und zwar den Schöpfer-/Sonnen-/Reichsgott

          die pharaonische Herrschaft. 

 

Ein agyptischer Herrscher muss sich nämlich nicht vor einer höheren Ordnung rechtfertigen, denn er ist Teil dieser kosmologischen Ordnung, das ägyptische Gottkönigtum ist eine direkte Folge dieser Vorstellung: Religion in Ägypten war daher die Verehrung eines Höchsten Gottes,der als Schöpfer, Erhalter und Götterkönig das Prinzip Herrschaft verkörperte. Dieses Prinzip verkörperte wiederum der König als Sohn oder Statthalter des Höhsten Gottes in der Menschenwelt . Der Kosmos wurde als Inbegriff alles Dauernden und Geordneten gesehen; alles, was in der Menschenwelt nach Dauer und Ordnung strebte, musste sich der kosmischen Ordnung anpassen und einfügen. Der Ägyptologe und Archäologe Henri Frankfort hat diese Grundüberzeugung schon 1948 folgendermassen formuliert: „The universe is essentially static. The Egyptian held that he lived in a changeless world [and] only the changeless is ultimately significant.‘“ Die Unveränderbarkeit des Universums war es also, was für den Ägypter die Welt kennzeichnete.

Die göttliche Ordnung wird als göttlich, vorbildlich und letztinstanzlich begründend betrachtet, d.h. die Ordnung des Kosmos und der Gesellschaft entsprechen einander, wobei der Mensch die Ordnung nicht in sich selbst findet, sondern im Kosmos. Der Kosmos ist die zeitlose, unveränderliche Ordnung, der auch die Götter unterworfen sind.

 Bestandteile der kosmologischen Ordnung, die die Welt in Gang hält, sind

1.Das Vorhandensein eines Begriffs ‚Weltordnung‘ mit den sechs Aspekten Königtum, Weisheit, Recht, Natur/Fruchtbarkeit, Sieg und Kult/Opfer,

2. der Glaube an ein Höchstes Wesen, das als Schöpfer diese Ordnung garantiert, und

3. die politische Struktur des Sakralkönigtums, die den König zum irdischen Vertreter des summus deus, des Höchsten Gottes macht.

 Der „Kosmos“ ist ein andauernder Prozeß, dessen Gelingen fortwährend auf dem Spiel steht und der unausgesetzten in-Gang-haltenden Willensantrengung der Götter entspringt. Diese göttliche Anstrengung bedarf menschlicher Unterstützung, weswegen die meisten Ägypter irgendwann in ihrem Leben auch einmal ein Priesteramt innehatten, die wenigsten jedoch auf Dauer, sondern meist in einer Art „Nebenberuf“. Erst seit dem Neuen Reich gibt es hauptberufliche Priester.

 

 

Die Ma´at begründet den Triumph des Sonnengottes Re über das Böse und damit das Gelingen des kosmischen Prozesses. Texte des Sonnenkultes belegen diese Vorstellung. Genauso begründet die Ma´at auch das Gelingen des Staates (in Entsprechung zum „Sonnenlauf“, vgl. die Königinschriften) und den Übergang des Einzelnen in das Jenseits (vgl. die Totenliteratur, v.a. zum – im Alten Reich noch nicht vorhandenen – Totengericht).

 

 Die Herstellung der Ordnung (= Einheit) ist auch in den Mythen vom Sieg des Horus (= Oberägypten) über Seth (= Unterägypten) bzw. von der Reichsgründung (Menes schafft Einheit + gründet Memphis) das Zentralthema.  

 

Eine altägyptische Abhandlung über die Ma´at stellen die „Klagen des Oasenmannes“dar.

 

Hier klagt ein Oasenbewohner über einen Richter, der gegen die Prinzipien der Ma´at verstößt, weil er

 

          nicht handelt, es unterlässt, sein Amt auszuführen; durch unsolidarisches Handeln grenzt er sich selbst aus der Gesellschaft aus, denn wer nicht für andere handelt, kann auch nicht erwarten, dass andere für ihn handeln

 

          nicht zuhört; jeder ist Teil der Ordnung, d.h. wenn einer sein Amt nicht ausfüllt, ist das Ganze in Gefahr! Wieder ist Solidarität gefordert. Die Toten leben von der Stimme des Gottes („Atemluft in der Nase des Sonnengottes“, wie es in Sargtexten formuliert wird) und der Gebete der Nachkommen (!), denn diese Worte bedeuten, dass der Tote immer noch Teil der Gesellschaft ist! Die ausgesprochene Wahrheit ist lebensspendend, die Lüge todbringend (vgl. Totengericht !)

 

          habgierig ist; auch durch dieses egoistische Handeln grenzt er sich aus der Gesellschaft aus (Habgier zerstört Freundschaft; Feste geben und Verschenken wird als als positives Gegenbild zur Habgier gesehen). Wer sich Gut zu Unrecht aneignet, kann nicht darauf bauen, dass ihm seine Nachkommen ein Grab bauen und es pflegen können, denn Erbe (= Verpflichtung zum Totenkult) muss vom Wesit persönlich gesiegelt werden, d.h. unrechte Aneignung kommt spätestens hier ans Licht und verhindert den Erbgang!

 

 

 

Zentraler Gedanke der „Klagen des Oasenmannes“: Der Wille muss bezwungen werden und sozialisiert werden (vgl. Freud: Unterordnung des Eigenwillens unter den Gemeinwillen).

 

Voraussetzungen für Weiterexistenz nach dem Tod sind:

         ein Amt, das die Möglichkeit zur Bewährung im Königsdienst und zur Verewigung des Erdenlebens im Monumentalgrab bietet (für dessen Bau die Mittel rechtmässig erworben sein müssen!)

          eine Nachkommenschaft, die für den Totenkult sorgt

          ein sicherer Platz im sozialen Gedächtnis, in der „Liebe“ der anderen, damit der Besitz vererbt werden kann und das Grab respektiert wird. Der Habgierige mag in den ersten beiden Voraussetzungen Erfolg haben, aber er scheitert unweigerlich an der dritten. Diese Tatsache ist auch dr Grund dafür, dassFreigiebigkeit als Ma´at-Tugend gilt.

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