Die formelle Trennung vom Islam erfolgte im Juli 1848. Weltweit gehören ca. acht Millionen Anhängern zum Bahaitum. Das Bahaitum beruft sich auf die Lehren des Religionsstifters Baha’ullah, der von 1817 bis 1892 lebte. Im Mittelpunkt des Religionsverständnisses der Bahai steht eine dreifache Einheit: die Einheit Gottes, die mystische Einheit der göttlichen Offenbarer und die Einheit der Menschheit.

 

Die Hängenden Gärten der Bahai in Haifa
Die Hängenden Gärten der Bahai in Haifa. Bildquelle

Neben dem als Gottesoffenbarung betrachteten Werk Baha’ullahs zählen die Bahai auch die Heiligen Schriften anderer Weltreligionen zum gemeinsamen religiösen Erbe. Die Religionsstifter schöpfen nach dem Glauben der Bahai alle aus derselben göttlichen Quelle. Die unverkennbaren Unterschiede zwischen den Religionen sind primär historisch bedingt. Sie gelten als Ausdruck unterschiedlicher Bedürfnisse und kultureller Prägungen.

Die Bahai vertreten eine handlungsorientierte Ethik, die sich einer humanitären Vision der gesellschaftlichen Entwicklung und des sozialen Zusammenhalts verpflichtet fühlt. Ein zentraler Grundsatz der Bahai ist, dass die Religion nicht der Vernunft und der Wissenschaft widersprechen dürfe.

Das Bahaitum ist eine weltweit verbreitete Religion mit heute mehr als acht Millionen Anhängern. Der Babismus gewann schnell Anhänger aus dem schiitischen Umfeld und die Anhängerschaft vergrößerte sich seit den Gründungsjahren vor allem im 20. Jahrhundert sehr schnell. So gab es weltweit im Jahre 1954 rund 213.000 Bahai. 1968 waren es bereits etwa 1,1 Millionen Bahai, von denen 22 Prozent im Iran und 26 Prozent in Indien lebten. In Europa und Nordamerika lebten zu dieser Zeit rund 30.000 Bahai. 1988 gab es weltweit 4,5 Millionen Bahai, davon 6 Prozent im Iran und 40 Prozent in Indien. In Europa und Nordamerika waren es rund 200.000. 2008 waren es schon 7,8 Millionen Bahai, davon 2,1 Millionen in Afrika, 3,7 Millionen in Asien, 148.000 in Europa, 851.000 in Lateinamerika, 857.000 in Nordamerika und 133.000 in Ozeanien. In Deutschland leben etwa 5.600 Bahai. 2009 bekannten sich etwa 7,8 bis 8,1 Millionen Menschen zum Bahai-Glauben.

Der Bahai-Glaube hatte 1921 bereits in 35 Ländern der Welt Fuß gefasst, derzeit in 219 Ländern. Hauptverbreitungsgebiete heute sind Indien, Afrika, Süd- und Nordamerika. Indien stellt mit 2,2 Millionen Bahai die größte Bahai-Gemeinde der Welt.

In ihrem Ursprungsland Iran bilden die Bahai zwar die größte religiöse Minderheit, sind aber von Anfang an bedeutsamen Verfolgungen ausgesetzt, denn die zunehmende Missionstätigkeit der Bahai führte schnell zum Widerstand schiitischer Gruppen, bald auch zu staatlich organisierter Verfolgung.

Einen Klerus gibt es nicht. Jeder offiziell erklärte Bahai kann ab dem 21. Lebensjahr grundsätzlich jedes Amt bekleiden. Die Struktur der Gemeindeordnung unterteilt sich in zwei Bereiche: In einen gewählten und in einen ernannten Zweig. Die gesamte Ordnung basiert auf dem Beratungsprinzip und der freien, geheimen und unabhängigen Wahl. Die Gemeinde finanziert sich über freiwillige Spenden, die ausschließlich von Bahai angenommen werden.

Nach dem Glauben der Bahai steht der Mensch von allen Schöpfungswerken Gott am nächsten, da er mit einen freien Willen, mit Vernunft, einer unsterblichen Seele und der Fähigkeit ausgestattet wurde, Gott zu erkennen und einen Bund mit ihm einzugehen. Das Leben in dieser Welt ist dazu bestimmt, geistige Fähigkeiten zu entwickeln, die für das Leben im Jenseits benötigt werden. Als geistige Fähigkeiten gelten Tugenden wie die Nächstenliebe, Dankbarkeit, Vertrauenswürdigkeit, Gottvertrauen, Demut und Geduld. Bettelei und Beichte sind den Bahai verboten, beides gilt als Erniedrigung des Menschen vor anderen Menschen. Die Gottesvorstellung der Bahai ist streng monotheistisch. Sie glauben an die Existenz und die Einheit eines persönlichen Gottes, der unerkennbar, unerreichbar, Quell aller Offenbarung, ewig, allwissend, allgegenwärtig und allmächtig ist.

 

Begriffsklärung

Ethik bezeichnet das Sittliche im menschlichen Handeln.

Monotheismus heißt wörtlich „allein“ und „Gott“, ist eine philosophische Lehre.

Schirk bedeutet Götzendienst, Abgötterei.

Sufismus ist eine Sammelbezeichnung für Strömungen im islamischen Kulturkreis, die asketischen Tendenzen und eine spirituelle Orientierung aufweisen.

Synkretismus bedeutet die Vermischung verschiedener Religionen, Konfessionen oder philosophischer Anschauungen.

 

Quellen

  • Bellinger, Gerhard J. (1999): Knaurs Großer Religionsführer. Kirchen und Kulte. Weltanschaulich-religiöse Bewegungen und Gesellschaften sowie religionsphilosophische Schulen, Augsburg.
  • Brunner, Rainer (2001): Die Schia und die Koranverfälschung, Würzburg.
  • Eliade, Mircea / Culianu, Ioan (1995): Handbuch der Religionen, Frankfurt a.M.
  • Ende, Werner (Hrsg.) / Steinbach, Udo (Hrsg.) (2005): Der Islam in der Gegenwart. Entwicklung und Ausbreitung – Kultur und Religion – Staat, Politik und Recht, München.
  • Endreß, Gerhard (1997): Der Islam. Eine Einführung in seine Geschichte. 3. Aufl., München.
  • Hutter, Manfred (2009): Handbuch Baha’i. Geschichte-Theologie-Gesellschaftsbezug, Stuttgart.
  • Kardinal Lehmann, Karl (Hrsg.) (2009): Weltreligionen: Verstehen. Verständigung. Verantwortung, Frankfurt.
  • Klöcker Michael / Tworuschka, Udo (2012): Handbuch der Religionen, München.

 

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