friedrich-IIIDie späten 80er Jahre des 19. Jahrhunderts kosteten Europa gleich zwei große Hoffnungsträger für die Zukunft. In Preußen und Deutschland regierte seit März 1888 der liberale Kaiser Friedrich III., während in Österreich sein Gesinnungsgenosse Kronprinz Rudolf auf seine Chance wartete, das Habsburgerreich zu modernisieren. Beide sahen im jeweils anderen einen Verbündeten im Geiste und hofften, ihre Reiche in diesem gemeinsamen Sinne gestalten und damit in eine ebenso fortschrittliche wie friedliche Zeit führen zu können.

 

Der frühe Tod beider Männer innerhalb weniger Monate machte jegliche Hoffnung zunichte. Friedrich III. starb im Sommer 1888 nach nur 99 Tagen Regierungszeit an Kehlkopfkrebs und sein Sohn Wilhelm II. folgte ihm auf dem Thron nach. Das Einvernehmen seines Vaters mit dem österreichischen Thronerben konnte der neue Kaiser nicht fortführen. Während für die Öffentlichkeit ein Bild der freundschaftlichen Eintracht zwischen den fast gleichaltrigen Männern inszeniert wurde, herrschte in Wahrheit vor allem von Seiten Rudolfs tiefste Abneigung vor. Zu unterschiedlich waren die politischen Ansichten. Mit Wilhelm II. als neuem Deutschen Kaiser sah der österreichische Kronprinz seine Zukunftsvision von einem friedlichen, miteinander verbündeten Europa gescheitert. Vor diesem Hintergrund ist es wohl kein Zufall, dass sein erster konkreter Selbstmordplan in die Zeit kurz nach Friedrichs Tod und Wilhelms Thronbesteigung datiert. Nur wenige Monate später setzte der in seinen eigenen Augen sowohl persönlich als auch politisch gescheiterte Kronprinz seinen Plan schließlich in die Tat um und nahm sich am 30. Januar 1889 mit einem Pistolenschuss selbst das Leben. Statt ein liberales, fortschrittliches und friedliches Europa zu schaffen, führten Wilhelm II. und Rudolfs Vater Kaiser Franz Joseph ihre Reiche in den Ersten Weltkrieg. Weder Wilhelm noch Kaiser Karl I. von Österreich, der im November 1916 den österreichischen Kaiserthron bestiegen hatte, konnten am Ende des Krieges den Untergang der Monarchie aufhalten.

 

Literatur:

  • Corti, Egon Cäsar Conte: Wenn …. Sendung und Schicksal einer Kaiserin, Graz 1954.
  • Größing, Sigrid-Maria: Kronprinz Rudolf. Freigeist, Herzensbrecher, Psychopath, Wien 2000.
  • Hamann, Brigitte: Rudolf. Kronprinz und Rebell, München 1995.
  • Neumann, Hans-Joachim: Friedrich III.. Der 99-Tage-Kaiser, Berlin 2006.
  • Pakula, Hannah: Victoria. Tochter Queen Victorias, Gemahlin des preußischen Kronprinzen, Mutter Wilhelms II., München 1999.
  • Schad, Martha (Hg.): Das Tagebuch der Lieblingstochter von Kaiserin Elisabeth (1878 – 1899). Marie Valérie von Österreich, München 2008.

 

 

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