Schicksalsfrauen

Nornen

auch ahd. idisi, an. disir waren gedachte „weise Frauen“, die bereits bei der Geburt eines Menschen dessen Lebenszeit bzw. dessen Schicksal bestimmten. In ahd. Glossen wird parca mit scephenta, „die Schaffende“ gegeben. Vintler nennt „gâchschepfen“, die den Menschen das Leben geben. Im Zusammenhang mit anderen Ausdrücken ist damit eindeutig die Tätigkeit eines Schöffen, der ein Urteil schöpft, gemeint. In England ist dabei von the thre weirdsisters, the weird lady of the woods die Rede.

Im Norden werden sie urdir oder auch Nornen genannt, wobei sich der Begriff „urdir“ in verschiedenen Variationen – as. „wurd“, ahd. „wurt“ u. ags. „wyrd“ durch alle germanischen Sprachen zieht und somit klar ist, daß die Schicksalsfrauen – die Nornen  oder auch Disen genannt – eine gesamtgermanische Glaubensvorstellung waren. Nordische Dichter kannten auch Begriffe wie kvidr, „der Nornenspruch“ oder domr, „das Urteil“ und auch das „Wort der Urd“, dem niemand entgegnet, das unwiderruflich ist. Diese Eigenschaft war in Island dann allem Anschein nach auch auf Tiere übertragbar, denn eine neuisländische Volkssage kennt auch eine urdarköttur, „die Katze der Urd“, dessen Anblick den Tod bringt (Jón Árnason, (th)jódsögur 1, 613).

Aus der nordischen Mythologie ist über die Nornen  folgendes überliefert:

In Gylfaginning heißt es:

„15)…Viel schöne Plätze gibt es im Himmel, die alle unter dem Schutz der Götter stehen. So steht ein schönes Gebäude unter der Esche (Yggdrasil) bei dem Brunnen: aus dem kommen die drei Mädchen, die Urd, Skuld und Werdani heißen. Diese Mädchen, welche aller Menschen Lebenszeit bestimmen, nennen wir Nornen. Es gibt noch andere Nornen, näm­lich solche, die sich bei jedes Kindes Geburt einfinden, ihm seine Lebensdauer anzusagen. Einige sind von Göttergeschlecht, andere von Alfengeschlecht, noch andere vom Geschlecht der Zwerge, wie hier gesagt wird:

Gar verschiednen Geschlechts scheinen mir die Nornen,

Und nicht eines Ursprungs.

Einige sind Asen, andere Alfen,

Die dritten Töchter Dwalins.“

In der Völuspa kommen sie jedoch aus dem See:

„19) Eine Esche weiß ich, heißt Yggdrasil,
Den hohen Baum netzt weißer Nebel;
Davon kommt der Tau, der in die Täler fällt.
Immergrün steht er über Urds Brunnen.

20) Davon kommen Frauen, vielwissende,
Drei aus dem See dort unterm Wipfel.
Urd heißt die eine, die andre Werdani:
Sie schnitten Stäbe; Skuld hieß die dritte.
Sie legten Lose, das Leben bestimmten sie
Den Geschlechtern der Menschen, das Schicksal verkündend.“

Und weiter wird in „Gylfaginning“ erklärt:

„…Wenn die Nornen über das Geschick der Men­schen walten, so teilen sie ihnen schrecklich ungleich aus. Die einen leben in Macht und Überfluß, die anderen haben wenig Glück noch Ruhm; die einen leben lange, die andern kurze Zeit…Die guten Nornen und die von guter Herkunft sind, schaffen Glück, und geraten einige Menschen in Unglück, so sind die bösen Nornen schuld.

Auch wird erzählt, daß die Nornen, welche an Urds Brunnen woh­nen, täglich Wasser aus dem Brunnen nehmen und es zugleich mit dem Dünger, der um den Brunnen liegt, auf die Esche sprengen, damit ihre Zweige nicht dorren oder faulen. Dieses Wasser ist so heilig, daß alles, was in den Brunnen kommt, so weiß wird wie die Haut, die inwendig in der Eierschale liegt. So heißt es:

Begossen wird die Esche, die Yggdrasil heißt,

Der geweihte Baum, mit weißem Nebel.

Davon kommt der Tau, der in die Täler fällt.

Immergrün steht er über Urds Brunnen.

Den Tau, der von ihr auf die Erde fällt, nennt man Honigtau: davon ernähren sich die Bienen. Auch nähren sich zwei Vögel in Urds Brunnen, die heißen Schwäne und von ihnen kommt das Vogelgeschlecht.“

Walküren

Wie die Nornen waren auch die Walküren gedachte Schicksalsfrauen, nur war deren Funktion spezieller, nämlich, wie der Name bereits sagt, um „den Wal zu küren“ (d. h. denjenigen auszuwählen, der im Kampfe getötet wird).

Bei allen Germanen gab es den Glauben an Kampfgöttinnen, wie der Name der Göttin Vih-ansa (Kampf-Göttin) beweist.

In der Realität kämpften oft bewaffnete germanische Frauen in einer Schlacht mit, was man auch an Frauennamen, die auf –wig, -hild, -gund, -hadu enden oder mit ger, brünne, helm usw. zusammengesetzt sind, erkennen kann. Diese weiblichen Kämpferinnen, vermischt mit der Vorstellung von Kampfgöttinnen, könnten die Walküren im Glauben der Germanen hervorgebracht haben. Dieser Glaube an Walküren war jedoch nur im Norden (als valkyrja) und bei den Angelsachsen (als waelcyrie) verbreitet, nicht aber bei den übrigen Germanen, wo es nur die idisi gab.

Im Beowulf 697 heißt es:

„Der Herrgott verlieh ihm Glück im Kampfe, das Gewebe des Kampfesglückes (wigspéda gewiofu).“

Der Ausdruck entspringt der Vorstellung, dass das Schicksal der Schlacht von „höheren Mächten“ gewoben werde. Ebenso sind nordische Begriffe wie sigrvefr („Siegesgewebe“) und darradar vefr („Speergewebe“) zu erklären.

In der nordischen Mythologie hatten die Walküren auch die Aufgabe, die Einherjer (die Gefallenen in Walhall) zu bedienen. In „Gylfaginning“ heißt es über die Walküren:

„36) Noch andere sind, die in Walhall dienen, das Trinken bringen, das Tischzeug und die Älschalen verwahren sollen. In Grimnismal wird ihrer so gedacht:

Hrist und Mist sollen das Hörn mir reichen;

Skeggiöld und Skögul,

Hlöck (Hianka) und Herflötur, Hild und Thrud,

Göll und Geirahöd,

Randgrid und Radgrid und Reginleif

Schenken den Einherjern Ael.

Diese heißen Walküren. Odin sendet sie zu jedem Kampf. Sie wählen die Fallenden und walten des Sieges. Gudr und Rota und die jüngste der Nornen, welche Skuld heißt, reiten beständig, den Wal zu kiesen und des Kampfes zu walten. Auch Jörd, die Mutter Thors, und Rind, Walis Mutter, zählen zu den Asinnen.“

Aus der Völuspa:

„24) Ich sah Walküren weither kommen,
Bereit zu reiten zum Rat der Götter.
Skuld hielt den Schild, Skögol war die andre,
Gunn, Hilde, Göndul und Geirskögul.
Hier nun habt ihr Herjans Mädchen,
Die als Walküren die Welt durchreiten.“

Aus: 18.) Helgakvida Hjörvardssonar – Das Lied von Helgi dem Sohne Hiörwards

„5)…Hiörward und Sigurlinn hatten einen Sohn, der groß und schön war. Er war aber stumm und kein Name wurde ihm beigelegt. Einst saß er am Hügel, da sah er neun Walküren reiten; darunter war eine die herrlichste. Sie sang:

6) Spät wirst du, Helgi, die Schätze beherrschen,
Du reicher Schlachtbaum, und Rödulswöllir,
(Früh sangs ein Adler), da du immer schweigst,
Wie kühnen Kampfmut du König bewährst.

Helgi:
7) Was gibst du mir noch zu dem Namen Helgi,
Blühende Braut, den du mir botest?
Erwäge den ganzen Gruß mir wohl:
Ich nehme den Namen nicht ohne dich.

Sie sprach:
8) Schwerter weiß ich liegen in Sigarsholm
Viere weniger als fünfmal zehn.
Eins ist von allen darunter das beste,
Der Schilde Verderben, beschlagen mit Gold.

9) Am Heft ist ein Ring, und Herz in der Klinge,
Schrecken in der Spitze vor dem der es schwingt.
Die Schneide birgt einen blutigen Wurm,
Aber am Stichblatt wirft die Natter den Schweif.

Eilimi hieß ein König, seine Tochter war Swawa; sie war Walküre und ritt Luft und Meer. Sie gab dem Helgi den Namen und schirmte ihn oft seitdem in den Schlachten.“

Hieraus wird klar, daß man glaubte, Walküren könnten einen Kämpfer auch schützen.

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