Schon damals wurde von den Medien die Gefahr eines drohenden Weltkrieges erkannt – so auch von der „Berliner Morgenpost“ in seiner Ausgabe vom 25. Juli 1914. Klar wird in dieser Ausgabe mit der Überschrift: „Die Weltkriegsgefahr – Rußland will intervenieren“ darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Konflikt nicht regional begrenzt bleiben würde.

Hintergrund waren die Meldungen, dass am 24. Juli 1914 um 14.00 Uhr in einer fast vierstündigen außerordentlichen Sitzung des Ministerrates in Belgrad zu der österreichischen Aktion in Belgrad Stellung bezogen hatte. Russland versicherte, unverzüglich zu „intervenieren“ und von Österreich-Ungarn eine Verlängerung der Frist des Ultimatums zu verlangen, „um der  europäischen Diplomatie Zeit zu geben, ihren Einfluß geltend zu machen.“

In einer weiteren Meldung hieß es:
„Petersburg, 24. Juli.
Das amtliche Organ veröffentlicht folgendes Communique: Die kaiserliche Regierung ist lebhaft besorgt durch die überraschenden Ereignisse und durch das an Serbien durch Österreich-Ungarn gerichtete Ultimatum und verfolgt mit Aufmerksamkeit die Entwicklung des österreichisch-serbischen Konfliktes, in welchem Rußland nicht indifferent bleiben kann.“

Erläutert wird in dieser Ausgabe auch, wie die Bündnisverpflichtungen der europäischen Nationen untereinander gestrickt waren. Würde also Österreich-Ungarn Serbien den Krieg erklären, müssten sich „Österreichs Waffen nicht blos gegen Serbien, sondern auch gegen Rußland richten und damit wäre dann der Weltenbrand entfesselt.“
Über den voraussichtlichen Fortgang der Ereignisse wird auch erläutert:
„Unsere amtlichen Stellen haben der Welt keinen Zweifel gelassen, daß Deutschland entschlossen ist, seine Bündnispflichten gegen Österreich zu erfüllen. Und ebensowenig darf man zweifeln, daß auch Frankreich gewillt ist, seinen Bündnispflichten gegen Rußland nachzukommen.
 Also ein Weltenbrand…“

 

Schon zu dieser Zeit war also den Medien, wie in diesem Falle der „Berliner Morgenpost“ klar, dass ein Weltkrieg – hier als  „Weltenbrand“ bezeichnet – bevorstand, wenn die Diplomatie scheitern würde. Die Zeitung erkannte den Ernst der Lage und warnte:
„Die Situation ist furchtbar ernst, und mit banger Sorge muß die zivilisierte Welt den nächsten Stunden entgegensehen. Vor dreihundert Jahren hat sich an den böhmischen Unruhen jener fürchterliche Krieg entzündet, der durch dreißig Jahre hindurch Deutschland verwüstete. Erhebt heute die Kriegslust ihr grausiges Haupt, so wird ein Unheil über die Welt hereinbrechen, das  vielleicht ebenso furchtbar ist wie jenes, das vor dreihundert Jahren unser Vaterland heimgesucht hat.“

 

Weiterhin meldete ein Korrespondent der Zeitung per Telegramm:
„Wien, 24. Juli.
(…)
Der österreichische Gesandte in Belgrad, Baron Giesl, hat den Auftrag erhalten, falls die serbische Regierung bis morgen abend 6 Uhr die vorbehaltlose Annahme der in der Note vom 23. angeführten Forderungen nicht notifiziert haben sollte, mit dem Personal der Gesandtschaft Serbien zu verlassen.
 Sofort nach Ablauf der Antwortschrift auf das österreichisch-ungarische Ultimatum wird im Falle einer ablehnenden Antwort Serbiens Kaiser Franz Joseph sich in einem Manifest an seine Völker wenden. Dieses Manifest wird die Kriegserklärung an Serbien enthalten. Es besteht die Absicht, daß dieses Manifest schon morgen Mitternacht durch Extrablätter zur Kenntnis der Oeffentlichkeit gebracht werden soll. Alle militärischen Vorkehrungen sind bereits getroffen. Schon am morgigen Abend wird an sechs Korps Mobilmachungsorder ergehen. Der Schlag gegen Serbien soll mit aller Kraft und sehr schnell geführt werden. 350  000 Mann werden gegen Serbien und Montenegro dirigiert werden. Außer den sechs Korps macht auch die Kriegsmarine mobil. Einberufene Reservisten in großen Massen treffen bereits mit allen Zügen hier in Wien ein. Sie sind Angehörige von Regimentern, die in Bosnien, Herzegowina und Dalmatien liegen, wo die erhöhten Friedensbestände der Kompagnien jetzt auf  Kriegsfuß gebracht werden. Die Einberufenen werden von der Bevölkerung sympathisch begrüßt und bewirtet. Die Bevölkerung ist ernst und erwartet ruhig die weitere Entwicklung.“
 
Auch über die Reaktion der serbischen Seite wurde berichtet, dass der Inhalt der Note „in den Nachmittagsstunden in Belgrad  allgemein bekannt wurde“ und „ungeheuren Eindruck“ machte. Insbesondere in Offizierskreisen riefen die Forderungen Österreich-Ungarns dem Blatt zufolge „große Erregung hervor.“

Weiterhin berichtete die Zeitung, dass der Minister des Äußeren Graf Berchtold am Nachmittag des 25. Juli in Ischl eintreffen wollte, um dort die Antwort der serbischen Regierung abzuwarten. Anschließend wollte er sich unmittelbar zum deutschen Kaiser begeben, um diesem mündlich Bericht zu erstatten – er wollte dies also nicht per Telegramm tun.
Ferner wurde berichtet, dass Wilhelm II. schon am 24. Juli um 16.00 Uhr den Reichs-Finanzminister Bilinski empfing, der zugleich auch Minister für Bosnien war – „einer für Audienzen ungewöhnlichen Stunde“.

Rätsel gab ein Regierungswechsel in Serbien auf. So wurde berichtet, dass sich der serbische Ministerpräsident Paschitsch durch den Finanzminister Dr. Patschu vertreten ließ, der schon am Donnerstag die österreichische Note entgegen nahm. Paschitsch selbst soll sich auf einer Reise „im Inneren“ befunden haben „und unverzüglich ins Ausland abzureisen genötigt ist“. Somit übernahm Patschu den Vorsitz im Ministerrat und das Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten.
Dagegen wurde dem Blatt zufolge von „halbamtlicher Seite“ gemeldet, dass sich Paschitsch bereits seit dem Morgen des 23. Juli  wieder in Belgrad befinden sollte, die Vertretung aber dennoch nicht aufgehoben wurde – und dies alles in einer so kritischen Situation.

 

Weitere Informationen: Dieser Text ist ein Auszug aus der Magazin-Ausgabe „Beginn des ersten Weltkriegs“. Auf 30 Seiten erfahren Sie alles Wissenswerte für die Schule, die Universität und die Allgemeinbildung. Mehr erfahren Sie hier.

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