Der Jakobsweg in Nordspanien besteht eigentlich genau genommen aus zwei Wegen, welche sich zwischen den Städten Pamplona und Puente la Reina treffen und in einer Straße weiterführen. Der Weg hat das Grab des heiligen Jacobus in der Kathedrale von Santiago de Compostela zum Ziel. Im Laufe des 12. Jahrhunderts entstand ein Werk, welches wahrscheinlich auf den Erfahrungen von Pilgern beruhte. Gemeint ist die Liber Sancti Jacobi. Oder einfacher ausgedrückt, ein Pilgerführer über den Jakobsweg. Innerhalb des Textes wird schnell deutlich, dass der oder die Autoren gern übertrieben und man innerhalb des Textes vorsichtig nach der Wahrheit suchen muss. Auf Grund mangelnder Wegstreckenaufzeichnungen, entsprechen alle Entfernungsangaben den heutigen Berechnungen von Google Maps. An den Stellen, wo das heutige Auto sich von der Fußgängerstrecke unterscheidet, werden beide Angaben vermerkt.
Der historische Weg
Entgegen der Überschrift war der Weg, welchen man nach Santiago de Compostela nehmen konnte, keineswegs einheitlich oder gar normiert. Vielmehr handelte es sich um eine Vielzahl von Möglichkeiten, welche man nutzen konnte. Im Norden Spaniens begegnet uns dagegen eine große Besonderheit, denn hier folgte der Jakobsweg einer alten römischen Heeresstraße, so dass man von einer einigermaßen festen Route sprechen kann. Der Pilgerführer zählt uns die einzelnen Etappen zwar genau auf, dennoch muss man diese mit Vorsicht genießen. Das erste vorläufige Ziel der Reise war die Vereinigung beider spanischer Wege bei Puente la Reina:
Tag 1 – zurückzulegende Entfernung: 42km – 84km
Von Borce, einem kleinem Dorf auf französischer Seite, überquerte man den Somport-Pass und reiste weiter bis nach Jaca.
Tag 2 – zurückzulegende Entfernung: 93km
Von Jaca ging es nach Monreal.
Tag 3 – zurückzulegende Entfernung: 30km – 37km
Von Monreal nach Puente la Reina. Vereinten sich beide spanische Wege, deswegen beginnt die Aufzählung von Neuem.
Tag 1 – zurückzulegende Entfernung: 42km
Von St-Michel aus musste man den Cisapass überqueren um nach Viscarret zu gelangen.
Tag 2 – zurückzulegende Entfernung: 30km – 35km
Von Viscarret aus musste man weiter nach Pamplona. Diese Strecke wird sogar im Pilgerführer als sehr kurz gepriesen. Dennoch benötigte man zu Fuß schon allein für diesen kurzen Weg sicherlich mehr als 8 Stunden.
Tag 3 – zurückzulegende Entfernung: 42km
Von Pamplona nach Estella.
Tag 4 – zurückzulegende Entfernung: 74km
Von Estella nach Nájera, laut dem Pilgerführer sollte man diesen Weg mit einem Pferd zurücklegen.
Tag 5 – zurückzulegende Entfernung: 88km
Sein Pferd musste man noch einmal bemühen, denn nun musste man von Nájera nach Burgos gelangen.
Tag 6 – zurückzulegende Entfernung: 65km – 85km
Von Burgos nach Frómista.
Tag 7 – zurückzulegende Entfernung: 56km
Von Frómista nach Sahagún.
Tag 8 – zurückzulegende Entfernung: 54km – 64km
Von Sahagún nach León, der Hauptstadt des gleichnamigen Königreiches.
Tag 9 – zurückzulegende Entfernung: 66km – 72km
Von León nach Rabanal.
Tag 10 – zurückzulegende Entfernung: 52km – 62km
Von Rabanal nach Villafranca, gelegen an der Mündung des Flusses Valcarce.
Tag 11 – zurückzulegende Entfernung: 47km – 53km
Von Villafranca nach Triacastela.
Tag 12 – zurückzulegende Entfernung: 66km – 77km
Von Triacastela nach Palas del Rey.
Tag 13 – zurückzulegende Entfernung: 66km
Von Palas del Rey trat man nun die finale Etappe an, den Weg nach Santiago de Compostela.
Dabei sollte es sich eigentlich um Tagesstrecken handeln. Betrachtet man allerdings allein die Entfernung zwischen Roncesvalles und Santiago de Compostela erscheint es als unwahrscheinlich, dass ein Pilger es tatsächlich geschafft hat, innerhalb von 13 Tagesetappen die über 750km lange Strecke zu bewältigen. Zwar existierte die alte Römerstraße, jedoch wurde diese wahrscheinlich eher schlecht als recht Instand gehalten. Hinzu kommt, dass Kleidung und Verpflegung meistens ebenso mangelhaft waren. Weiterhin gilt zu beachten, dass auch die einzelnen Städte unterwegs mit Basiliken und anderen großen Kirchen aufwarten konnten, so dass es sich für die Pilger lohnte Zeit zu nehmen, um so viele Sehenswürdigkeiten wie möglich zu betrachten. Im Schnitt betrug der Tagesmarsch einer Strecke von über 50km, selbst gesunde Menschen durften bei solchen Gewaltmärschen Probleme gehabt haben.
Viele der erwähnten Orte, an denen man rasten sollte, bringt man im Allgemeinen nicht mit großen Bauwerken in Verbindung. Wahrscheinlich sind es die Orte gewesen, in denen man zumindest in relativer Sicherheit rasten konnte. Die Gefahren, die auf die Pilger lauerten waren zahlreich und selbst in großen Städten konnte man sich seiner Gesundheit selten sicher sein.
Quelle:
Herbers, Klaus: Der Jakobsweg. Ein Pilgerführer aus dem 12. Jahrhundert. Stuttgart, 2008.