Galileo GalileiEr gilt als der Märtyrer für die Wissenschaft: Galileo Galilei. Verurteilt für seine Thesen, soll er noch vor dem Tribunal den trotzigen Spruch „Und sie dreht sich doch“ gesagt haben. Dieses Zitat gehört zwar ins Reich der Legenden, aber Galileis Verurteilung zählt zu einem der wichtigsten Konflikte zwischen Wissenschaft und Kirche. Und der Fakt, dass der Vatikan noch in den 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts den Fall untersuchte und Galilei 1992 rehabilitierte, zeugt davon, welche bedeutende Rolle der Casus Galilei in der Geschichte der katholischen Kirche einnimmt.
Besonders brisant ist die Verurteilung Galileis, wenn man bedenkt, dass der Wissenschaftler und Papst Urban VIII. ursprünglich miteinander befreundet waren.
Wie konnte es also zu einer Verurteilung kommen?

 

Maffeo Barberini – der spätere Papst Urban VIII. – und Galileo Galilei kannten sich seit 1611. Bei einem Abendessen, bei dem auch andere kirchliche Würdeträger anwesend waren, verteidigte Kardinal Barberini den Astrologen gegen andere Kardinäle. Barberini war als ein Mann Gottes bekannt, der auch den Wissenschaften und Künsten nicht abgeneigt war. Unter anderem hatte sich der spätere Urban VIII. dagegen ausgesprochen, das Hauptwerk Kopernikus‘ komplett zu verbieten. Dass er Galileis Thesen bei diesem Abendessen verteidigte, kam daher nicht überraschend. Auch nach dem Abendessen brach der Kontakt nicht ab. Als Barberini 1623 das Konklave als Sieger verließ, hatte Galilei einen mächtigen Freund in Rom. Es kam zu mehreren Gesprächen zwischen Gottes Vertreter auf Erden und dem Wissenschaftler, unter anderem wurde in einem Gespräch noch einmal von Urban versichert, dass er Kopernikus Lehren nicht als Ketzerei einstufe.
Galileo Galilei fühlte sich sicher und begann mit den Arbeiten an seinem Werk „Dialogo sopra i due massimi sitemi del mondo, tolemaico, e copernicano“.
Und schlug dabei über die Stränge.

 

Der „Dialogo“ ist Galileis wichtigstes Werk – auch weil es letztendlich zu seiner Verurteilung führte. Drei fiktive Personen unterhalten sich mehrere Tage über die Weltsysteme, zwei von ihnen sind Vertreter der kopernikanischen Lehre, einer davon – der Simplicio – vertritt das geozentrische Weltbild, auf welches sich auch die Kirche berief. Im Gegensatz zu seinen Gesprächspartnern wird Simplicio als dumm, unbelehrbar und einfältig beschrieben und Galilei legte ihm am Ende des Dialogs den Satz in den Mund, die kopernikanische Lehre sei nur eine Theorie. Denn das war eine Bedingung, welche die Kirche verlangt hatte: Galilei sollte die Thesen des Kopernikus eindeutig als solche zu erkennen geben und keinesfalls so tun, als wäre das heliozentrische Weltbild bewiesen.
Papst Urban VIII. bekam ein Exemplar zum Lesen – und soll sich im tölpelhaften Simplicio erkannt haben. Wütend beauftragte er die Inquisition, das Werk zu untersuchen und Galilei zu belangen.
Die Inquisition kam zu dem Ergebnis, dass sich der Astrologe der Ketzerei schuldig gemacht hatte.
Er sollte in Rom erscheinen.

 

Urban VIIIGalileo Galilei war bewusst, dass er in eine gefährliche Situation geraten war und versuchte verzweifelt, eine Reise nach Rom hinauszuzögern oder gar zu verhindern. Er reichte ärztliche Atteste ein, in denen bescheinigt wurde, dass er alt, krank und gebrechlich sei – und dass eine Reise nach Rom für seine angeschlagene Gesundheit nicht förderlich wäre.
Urban war außer sich. Er forderte, dass sich der Beschuldigte unverzüglich in Rom einzufinden habe, ansonsten würde er ihn „in Ketten“ her bringen lassen. Der Papst war entschlossen, Galilei für seine Beleidung zu bestrafen.
Der Wissenschaftler hatte keine andere Wahl und erschien in Rom. Es folgten vier Verhöre, in einem wurde ihm sogar mit der Folter gedroht.
Galilei widerrief und wurde zu lebenslangen Hausarrest verurteilt.

 

Papst Urban VIII. hatte die Freundschaft nicht komplett vergessen. Er ließ Galilei einige Sonderbehandlungen zukommen; so verbrachte der Angeklagte zum Beispiel keine Sekunde seines Prozess in einer Gefängniszelle, sondern durfte in den Räumen der toskanischen Botschaft hausen. Außerdem wurde Galilei erlaubt, seine Strafe in einer Villa in Siena abzusitzen. Seine Hoffnungen, dass der Papst seine Bestrafung komplett aussetzen würde, waren allerdings illusorisch.
Dass der Astronom der Todesstrafe entkommen war, hängt aber weniger mit der ehemaligen Freundschaft zwischen Papst und Wissenschaftler zusammen. Galilei widerrief, wie er es schon von Anfang an geplant hatte, und machte erklärte, dass er einen Fehler gemacht hatte.
Spekulationen, dass die Inquisition den Prozess vorantrieb, um den unliebsamen Astronomen loswerden, werden immer wieder diskutiert. Es wird auch überlegt, ob der Papst die treibende Kraft hinter dem Widerspruch war, die Galilei letztendlich vor dem Scheiterhaufen bewahrte. Möglich wäre es, wenn man bedenkt, dass die beiden Freunde waren. Auf der anderen Seite hätte Urban VIII. als Oberhaupt der katholischen Kirche und damit auch oberste Instanz der Inquisition das Verfahren jederzeit stoppen können.
Das Portrait Galileis, welches in der Bibliothek der Barberinis hing, überdauerte den Prozess.

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