Von der Adria an die Donau – die Via Claudia Augusta
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Die Via Claudia Augusta ist die einzige mit einem Namen geadelte römische Staatsstraße, die auch durch das heutige Deutschland führt: „ab Altinousque ad flumenDanuvium m (ilia) p(assuum) CCCL“.So haben wir es schwarz auf weiß oder vielmehr in Stein gehauen.
Die Via Claudia Augusta
Es handelt sich um den endgültigen Ausbau einer Straße, die schon Drusus, der Vater von Kaiser Claudius während des Alpenfeldzugs 15 v. Chr. hatte anlegen lassen. Der wiederum hatte natürlich während eines einzigen Feldzugsommers keinen Neubau leisten können, sondern die bereits vorhandenen Alpenübergänge genutzt. Wie bei so vielen Römerstraßen waren die Handelswege der Etrusker die Vorgängertrassen.
Zwei erhaltene Meilensteine dokumentieren ausführlich, wer, wann welche Strecke gebaut hat. Ausführlich der Name und die Titel des Kaisers, den wir kurz Claudius nennen und seine Funktionen, mit deren Hilfe das Jahr der Fertigstellung ausgerechnet werden kann, es ist das Jahr 47 n. Chr. Auf beiden Steinen wird erwähnt, dass der Vater des Claudius (Drusus) diese Straße während des Krieges gebaut hat, einmal heißt es vom Fluss Pado (Po) zum Fluss Danuvium (Donau), ein anderes Mal „ab Altinousque ad flumenDanuvium“. Beide Male werden 350 Meilen genannt.
Und damit ist der Grundstock für einen Gelehrtenstreit gelegt. Von hostilia (Ostiglia) am Po oder von altinum (ganz nahe bei Venedig) an der Adria? Beide Strecken führen über Trient und sollen gleich lang sein, 518 km.
Altinum war zu dieser Zeit eine große Hafenstadt mit jahrhundertealter Geschichte. Sie gehörte mit der Provinz Venetia et Histria zum römischen Reich. Das Wissen um ihre Größe verdanken wir der Luftbildarchäologie. Im Boden zeichnet sich zum Beispiel eine 60 m lange Basilika ab, ebenso ein großes Amphitheater und umfangreiche Hafenanlagen am Rand der Lagune.
Ganz anders das nördliche Ende der Straße: das AuxiliarkastellSubmuntorium (Burghöfe bei Mertingen). Über die Belegung dieses Kastells ist nichts bekannt. Hier traf die Via Claudia Augusta auf die die Donau begleitende Fernstraße, die die Historiker heute Donausüdstraße nennen. Bei Burghöfe finden zurzeit Ausgrabungen statt, die die Bedeutung des Kastells klären sollen.
Der Verlauf
Der Verlauf der Via Claudia Augusta, heute wird sie abgekürzt VCA genannt, ist verhältnismäßig gut erforscht, wenn man bedenkt, dass sie durch drei Länder mit unterschiedlichen Forscher-Interessen führt. Außerdem führt die Strecke zum allergrößten Teil durch gebirgiges Gelände, in dem Gebirgsbäche Teile abgetragen und abgehende Muren Teile verschüttet haben.
Bei feltria (Feltre), auf halbem Weg nach tridentum (Trient) befindet sie sich schon auf 325 m Höhe in den Ausläufern der Dolomiten. In der Nähe wurde 1786 einer der beiden Meilensteine gefunden, die über die Straße berichten.Im weiteren Verlauf geht es durchs Tal der Brenta in Richtung auf Trient, hier finden Forschungen der Italiener statt, die den genauen Verlauf klären sollen.
Von Trient an folgt die Straße der Etsch bis zu deren Quelle am Reschenpass auf etwa 1.500 m Höhe. Südlich davon, bei Obermais/Meran, Höhe 325 m, wurde ein weiterer Meilenstein gefunden, er besagt: vom Po bis zur Donau. Der nächste Pass in Richtung Norden ist der Fernpass, 1.200 m hoch, und dann geht es weiter abwärts nach Epfach, 700 m, Augsburg, 500 m, und Burghöfe an der Donau, 400m.
Die jeweilige Höhe über dem Meeresspiegel sagt allerdings nichts über die konkreten Schwierigkeiten im Gelände aus. Zwar sind für den Verlauf nord-südlich führende Täler mit ihren Gebirgsbächen hilfreich, aber sie bieten nicht immer die nötige Breite für eine via publica, über die die Marschkolonnen der Armee ja nicht im Gänsemarsch marschieren sollen und Wagen haben nun einmal eine bestimmte Spurbreite.
Bis zur Hälfte der Strecke, dem Reschenpass, soll es nur eine einzige steile Stelle geben, die eine der unbeliebten Spitzkehren erforderlich machte: bei Oberplars-Algund nahe Meran. Bei Algund überquerte die Straße die Etsch, ein Brückenkopf soll erhalten sein.
Nördlich vom Reschenpass geht es hinunter ins Inntal bis kurz vor Imst. Viermal wurde der Inn mit Brücken überquert. Nördlich des Fernpasses gab es die Schwierigkeit, die Straße zwischen Biberwier und Lermoos durch mooriges Gelände zu führen. Hier wurde ein hölzerner Unterbau erforderlich, der immer wieder erneuert werden musste. Ein Glück für die Historiker: Mit Hilfe dendrologischer Untersuchungen der Bauhölzer konnten Erneuerungen in den Jahren 74, 95 und 102 n. Chr. nachgewiesen werden. In späteren Zeiten erfolgten die Reparaturarbeiten noch häufiger. Die Radabdrücke in den Stämmen der späteren Bohlenstraßen im Moor zeigen Spurweiten der Wagen von 1,06 und 1,40 m. Nördlich von Füssen im Lechtal soll die Straße über weite Strecken gut auszumachen sein.
Bauweise der Via Claudia Augusta
Naturgemäß war die Bauweise unterschiedlich, je nachdem ob es um Trassen in der Ebene, den Dolomiten und den raetischen Alpen oder die wieder flacheren Teile im Bereich des Lech ging. Die Idealtrasse sollte schnurgerade durch das Land gezogen werden, die 5 bis 7 m breite Fahrbahn sollte aus Packlage, Grobschlag, Sandbettung und Pflastersteinen bestehen.
Die Fahrbahndecke sollte gewölbt sein, damit das Wasser besser abfloss und beiderseits sollte eine Fläche von 3 m Breite frei sein von Bewuchs und Bebauung. Soweit die Theorie, die man aber nicht in irgendwelchen amtlichen Dokumenten sondern eher zufällig in den Aufzeichnungen von Historikern nachlesen kann. Obwohl die „Behörde Straßenbau und –erhaltung“ einen gewaltigen Umfang gehabt haben muss. Vielleicht müssen ihre Akten noch ausgewertet werden. Alle Staatsstraßen wurden ja zentral geplant und finanziert.
In den Bergregionen mussten Felsen weggesprengt werden, Stützmauern errichtet, Brücken gebaut und notfalls Spurrillen in den Boden geschlagen werden, damit die Wagen nicht zur Seite wegrutschten. All das ist heute zum Teil noch zu sehen. Im Flachland wurden Dämme errichtet, ähnlich unseren Eisenbahndämmen. Vielfach aus dem Kies, der direkt neben der Straße abgebaut werden konnte. Auch das Material für Reparaturen wurde häufig gleich neben der Straße aus Gruben gehoben, die heute mit der Luftbildarchäologie sichtbar gemacht werden. Allerdings ist nicht immer klar, aus welcher Zeit die Reparaturen stammen, denn die Straße wurde bis weit in die Neuzeit hinein weiter genutzt.
Wer hielt eigentlich die Straßen instand? Über Siedlungen am Rand der Via Claudia Augusta ist noch wenig bekannt. Zur Sicherung der anfangs fast nur militärisch genutzten Straße gab es kleinere Kastelle mit knapp hundert Mann Besatzung. Sicherlich mussten die Soldaten, wenn sie ruhige Zeiten hatten, für den Erhalt der Straße sorgen.
Römische Alpenübergänge
Die beiden Meilensteine an der VCA betonen ausdrücklich, dass diese Straße vom Vater des Claudius (Drusus) gebaut wurde, der die Alpen im Krieg erschlossen hatte. Das war im Jahre 15 v. Chr. als die Brüder Drusus und Tiberius, Stiefsöhne des Augustus, den sogenannten Alpenfeldzug durchführten, wobei der Zug von Süd nach Nord allein von Drusus und seinen Legionen geführt wurde. Es ist nicht klar zu beweisen, welche Strecken genutzt wurden, aber die Etsch nach Norden und dann durch den Vintschgau gehörte dazu, vielleicht auch die nordöstliche Strecke, die Eisack entlang zum niedrigeren Brenner.
Auf dem westlich gelegenen Septimerpass wurde als Vorbereitung für den Feldzug im Jahre 16 v. Chr. ein Feldlager errichtet, den Ausgrabungen zufolge mit Platz für drei jeweils 200 Mann umfassende Einheiten. Münzen, die hier gefunden wurden, weisen auf das Jahr 16 hin. Es war sicher nicht damit zu rechnen, dass die Alpenbewohne tatenlos zusehen würden, wie die Römer ihre Heimat eroberten.
In Artikeln über die Via Claudia Augusta werden zahlreiche Stationen mit Namen aufgeführt, aber bei näherer Betrachtung ist wenig Sicheres zu berichten. Wohl wird die Straße im Laufe der Zeit eine Handelsstraße, zu erobern gibt es ja im Norden nichts mehr – Noricum und Raetien sind friedliche Landstriche geworden. Kempten, Augsburg und Regensburg waren Verwaltungszentren geworden, der Handel blühte. An den gefundenen Münzen ist abzulesen, wie die Straßen von Süd nach Nord zogen, auch Gräber säumen die Straße.
Es gibt die Vermutung, dass der namenlose Alpenübergang, der über den Septimeroder über den Splügenpassins Rheintal führte, wichtiger war als die östlichere Via Claudia Augusta. An dieser Strecke gibt es größere Ortschaften wie Chur (curia) und Bregenz (brigantium) und diese Strecke führte im Norden nach Kempten (cambodunum), das vielleicht schon im ersten Jahrzehnt n. Chr. Verwaltungszentrum und Sitz des Statthalters war, jedenfalls wichtiger als Augsburg (augustavinceliorum). Vielleicht bekam die östlichere Straße die offizielle Bezeichnung, weil Claudius seinen Vater ehren wollte? Im Übrigen ist die Via Claudia Augusta weder in der Peutingeriana (Peutinger lebte in Augsburg) noch im Itinerarium Antonini verzeichnet.
Personen und Zeiten
Augustus, 63 v. Chr. geboren als Gaius Octavius, Großneffe und Haupterbe des Gaius Julius Caesar, nach der Adoption trug er den Namen Gaius Julius DiviFilius(nachdem Caesar vergöttlicht worden war), erster römischer Kaiser von 31 v. Chr. bis 14 n. Chr. mit dem Titel Imperator Caesar DiviFilius Augustus (verkürzt).
Drusus, 38 v. Chr. geboren als Nero Claudius Drusus, gestorben 9 v. Chr. in Germanien, Vater des Germanicus und des Claudius.
Tiberius, 42 v. Chr. geboren als Nero Claudius Tiberius, von 14. bis 37 n. Chr. römischer Kaisermit dem Titel Tiberius Julius Caesar Augustus (verkürzt),
beide Söhne der Livia, der dritten Ehefrau des Augustus, von diesem adoptiert, um seine Nachfolge sicher zu stellen.
Claudius, 10 v. Chr. geboren als Tiberius Claudius Nero Germanicus, Sohn des Drusus, von 41 bis 54 n. Chr. Kaiser mit dem Titel Tiberius Claudius Caesar Augustus Germanicus.
Quellen
Wolfgang Czysz in „Alle Wege führen nach Rom …“, Materialien zur Bodendenkmalpflege im Rheinland, Bonn 2003
und das Internet