Die Studentenproteste 68erBenno Ohnesorg wurde bei einer Demonstration gegen den Schah von Persien von dem Polizisten Karl-Heinz Kurras getötet. Als die Tätigkeit Kurras für die Stasi bekannt wurde, wurde der Fall neu aufgearbeitet. Die jetzt gewonnenen Erkenntnisse werfen ein neues Bild auf dieses Geschehen, das massiv die linken Studentenproteste befeuerte.

Benno Ohnesorg wurde am 15.10.1940 geboren und studierte an der Freien Universität in Berlin Romanistik und Germanistik. Sein Berufsziel war Lehrer. Er hatte eine Ehefrau, die ein Kind erwartete. Am 02.06.1967 nahm er an seiner ersten politischen Demonstration teil. Diese richtete sich gegen den Schah von Persien, der mit seiner Ehefrau Berlin besuchte.

Gegen die Demonstranten gingen so genannte Jubelperser und die Berliner Polizei (auch mit Zivilbeamten) vor. Die Tötung Ohnesorgs ereignete sich in der Krummer Straße 66/67. Durch neu aufbereitete Fotografien kann der Ablauf des Geschehens nun rekonstruiert werden.

Ein Demonstrant (ein Student namens Roßhoff) flüchtete vor herannahender Polizei in den Innenhof der Krummer Straße. Ihm folgten Staatsschutzbeamte (darunter Kurras) und mehrere Personen. Unter diesen Personen befand sich auch der Student Ohnesorg. An einer Teppichstange wurde Roßhoff von Polizisten überwältigt – auf Fotos ist zu sehen, dass Ohnesorg wenige Meter vom gefangenen Roßhoff entfernt stand. Weitere Polizisten versuchten die Demonstranten aus dem Innenhof auf die Straße zurück zu drängen. In der Nähe der Autostellplätze wurde ein weiterer Demonstrant durch die Polizisten verprügelt. Im Hintergrund einer Fotoaufnahme dieser Prügelei sieht man Ohnesorg stehen, der von Polizisten umringt war. Im weiteren Verlauf schoss Kurras auf Ohnesorg, der am Kopf getroffen zu Boden fiel.
Erste Hilfe noch am Tatort wurde durch die Polizei verhindert, Ohnesorg starb auf dem Weg zum Krankenhaus. Im Totenschein wurde als Todesgrund eine „Schädelverletzung durch Gewalteinwirkung mit einem stumpfen Gegenstand“ angegeben. Die tödliche Kugel wurde im Gehirn belassen, das Schädelstück mit dem Einschussloch wurde jedoch herausgeschnitten und die Haut darüber zugenäht.

Karl-Heinz Kurras wurde am 01. Dezember 1927 geboren und leistete Kriegsdienst im II. Weltkrieg. Er war SPD- und wie sich später herausstellte auch SED-Mitglied. Im Zeitpunkt der Tat hatte Kurras den Rang eines Kriminalobermeisters. Er galt als Waffennarr, der einen erheblichen Teil seines Gehalts in Munition und Waffen steckte. Vor wenigen Jahren wurde bekannt, dass Karl-Heinz Kurras Inoffizieller Mitarbeiter (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR war. Dass der Mord an Ohnesorg durch die Stasi in Auftrag gegeben wurde, ist jedoch höchst unwahrscheinlich.

In der Strafverhandlung wurde Kurras der fahrlässigen Tötung für nicht schuldig gesprochen. Schuldlos war Kurras aufgrund von Putativnotwehr (grob: einer eingebildeten Notwehrlage). Kurras behauptete vor Gericht, dass er in eine Falle gelockt worden wäre, dies trifft nachweislich nicht zu. Denn noch am Tatort kam es laut Zeugenaussage zu folgendem Dialog „Bist du wahnsinnig, hier zu schießen?“, „Die ist mir losgegangen“ gefolgt von dem Befehl „Kurras, gleich nach hinten! Los! Schnell weg!“
Die neuen Erkenntnisse geben Anlass zur Annahme einer gezielten Vertuschung durch die Berliner Polizei. So gab Einsatzleiter Starke an, dass er Kurras nicht gesehen hätte. Ein aufbereitetes Foto widerlegt jedoch diese Aussage. Auch kann sich nach einer kurzen Filmaufnahme der Schuss eben nicht im Handgemenge („Die ist mir losgegangen“) gelöst haben – vielmehr wurde gezielt getötet.

Der Tod Ohnesorgs hatte eine Radikalisierung der Studentenproteste zur Folge – darunter fällt auch der Terror der Roten Armee Fraktion (RAF).

 

Bildlizenz: von Holger.Ellgaard (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (www.creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], durch Wikimedia Commons

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