Königin Victoria regierte von 1837 bis 1901 Großbritannien. Ihr Name ist untrennbar mit der politischen und wirtschaftlichen Blütezeit des Empire verbunden – dem Viktorianischen Zeitalter. Ihre Rolle in der konstitutionellen Monarchie vertrat die Monarchin dabei jedoch eigenwillig und mit Durchsetzungsvermögen.
Ich wurde um 6 Uhr von Mamma geweckt, die mir sagte, der Erzbischof von Canterbury und Lord Conyngham seien hier und wünschten mich zu sehen. Ich stieg aus dem Bett und ging in mein Wohnzimmer (nur in meinem Morgenmantel) und empfing sie allein. Lord Conyngham teilte mir dann mit, dass mein armer Onkel, der König um zwölf Minuten nach zwei aus dem Leben geschieden war und folglich, dass ich Königin bin
aus den Tagebüchern von Königin Victoria
Mit gerade einmal 18 Jahren bestieg die als Alexandrina Victoria of Kent geborene Victoria als erste Frau den britischen Thron. Den Adel und das Volk hatte die junge Königin dabei nicht hinter sich – vielmehr musste Victoria sich deren Zustimmung erst erarbeiten. Dass in der heutigen Zeit vor allem die Blütezeit der Regentschaft bekannt ist, täuscht daher über die schwierigen Anfangs- und Endjahre hinweg. Zeiten, die die neue Serie „Victoria“ beleuchtet.
Victoria – eine Frau, ein Thron, ein Empire
Daisy Goodwin schrieb das Drehbuch für die in England erschienene Serie „Victoria“, die das Leben der britischen Monarchin zeigt. Dabei dienten ihr die Tagebücher der Königin als Vorlage für das empfehlenswerte historische Drama.
Die junge Victoria, eine selbstbewusste und lebenshungrige junge Frau, wird von Jenna Coleman gespielt. Coleman, eine britische Schauspielerin, die aus Filmen wie Captain America und Ein ganzes halbes Jahr bekannt ist, ist die Rolle der jungen Königin auf den Leib geschneidert. Geschickt spielt sie die einerseits selbstbewusste und andererseits unsichere Victoria, die in den Intrigen des königlichen Hofs beinahe gefangen zu sein scheint.
Dass das Umfeld Victorias vor allem nach Macht und Einfluss strebt, wird bereits in den ersten Minuten der Serie deutlich. Bevor die Thronfolgerin überhaupt vom Tode ihres Onkels, König Wilhelm IV., erfährt, ist bereits der Berater ihrer Mutter und Nachlassverwalter ihres Vaters Sir John Conroy informiert, der seinen Einfluss bei Victoria zu sichern versucht. Die begehrte Stellung als Privatsekretär ebenso wie der Vorschlag, wie die Königin sich fortan zu nennen habe, lehnt diese indes vehement und selbstbewusst ab. Ein Konflikt innerhalb der Familie ist unausweichlich.
Victoria agiert indes nicht immer klug und staatstragend – ihre Naivität entsetzt auch den Premierminister Lord Melbourne, der ihr ein väterlicher Freund und Berater wird. Geschickt setzt die Serie diese Unerfahrenheit der Königin in Szene: So als Melbourne bei der Königin vorspricht und eine Spielpuppe bei dieser findet oder Victoria sich von Tanz und Champagner hinreisen lässt und offensichtlich und unverblümt ihre Gäste vor den Kopf stößt.
Es ist spannend zu sehen, wie die junge Königin in ihre Rolle erst hinweinwächst und zu beoachten, wie sich das gesellschaftliche Leben im England des endenden 18. Jahrhunderts entwickelt.
In einer Reihe mit Downton Abbey
Nicht von ungefähr liegt ein Vergleich mit der preisgekrönten Serie Downton Abbey nahe (schon, weil sich das Medienunternehmen ITV für beide Serien verantwortlich zeichnet). Die Kostüme und Requisiten sind ebenso opulent wie zeitgetreu. Beiden Serien ist gemein, dass sie in einer Zeit des Umbruchs spielen, als der Adel an Macht verliert und die Bürgerschaft an Selbstvertrauen gewinnt – dabei arbeitet „Victoria“ mit ausdrucksstarken Szenen: Dass die Macht der Krone nicht mehr unbegrenzt ist, merkt die Königin als sie sich nicht in ein strittiges Gesetzesvorhaben zur endgültigen Abschaffung der Sklaverei einsetzen darf.
Die Stärke des Dramas liegt in seinen verschiedenen Handlungssträngen – nicht nur das Leben Victorias wird erzählt, sondern auch das der Dienerschaft und der Politiker. Dadurch wird ein Panorama der damaligen Zeit geschaffen, das sehr authentisch und ernst wirkt. Getragen wird die Handlung dabei von den herausragenden Leistungen der Schauspieler, deren Dialoge die Konflikte, Ränke und Intrigen am britischen Hof deutlich machen.
Die erste Staffel von Victoria ist im Handel als DVD und als Deluxe Edition auf DVD und Blu-Ray erhältlich: Bei Amazon kaufen (Affiliate-Link, Geschichte-Wissen erhält eine Provision beim Kauf über diesen Link)
Positiv
- Opulent in Szene gesetzt
- Starke und tiefgründige Dialoge
- Mehrere Handlungsstränge
Negativ
- Das Bild der zarten schönen Königin entspricht nicht der Realität
- Die Intrigen wirken teils überzeichnet