Der Baader Meinhof Komplex – Der Film
„Fucking and Shooting are the same“
(Dies ist eine subjektiv verfasste Rezension zum Baader Meinhof Komplex von Ralph Feile – sie stellt allein die Meinung des Autors dar.)
Als Grundlage des neu erschienenen Kinofilmes „Der Baader Meinhof Komplex“ dient das gleichnamige Buch von Stefan Aust, dem ehemaligen Chefredakteur des „Spiegel“. Der „Baader Meinhof Komplex“ wird oft als Standardeinstieg für das Thema „Rote Armee Fraktion“ genannt. Das Buch umfasst, wie auch der Film, die Geschichte der RAF bis einschließlich des Deutschen Herbstes 1977.
Zu Beginn des Filmes werden prägende Ereignisse in kurzen Abständen dargestellt. Von der Ermordung von Benno Ohnesorg, Dutschkes Reden in der Freien Universität Berlin und seiner Ermordung, hin zur Kaufhausbrandstiftung durch Baader und Ensslin. Dabei bleibt die wahre Problematik, die zur 68er Generation führte, dem Zuschauer weitestgehend verborgen. Eine Mischung aus Vietnam, Anti-Amerikanismus und Sozialismus soll dem Zuschauer vermitteln, warum die RAF den Weg in den Untergrund wählte. Leicht driftet man hier zu einer Zustimmung der Ziele der RAF ab, gänzlich unbeachtet, dass die Mehrzahl nicht diesen Weg wählte, sondern sich in der Außerparlamentarischen Opposition, später im Sozialistischen Deutschen Studentenbund, organisierte.
Ulrike Meinhof tritt in dieser Anfangsphase als dominante Figur auf. Martina Gedeck setzt ihre Rolle äußerst intensiv um. Der innere Zwiespalt, ob der Weg in den Untergrund die richtige Entscheidung ist, wird dem Zuschauer eindringlich vermittelt. Besonders das Schicksal der Töchter zeigt die Radikalität und Konsequenz, die zur Bekämpfung des Imperialismus und Kapitalismus, für die RAF-Mitglieder nötig waren.
Nach einer erfolgreichen Baader Befreiung mit dem symbolischen Sprung aus dem Fenster für Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof, verschlägt es die Truppe in ein Ausbildungscamp nach Jordanien.
Ein völlig disziplinloser Andreas Baader, der von Moritz Bleibtreu gespielt wird, führt die Truppe als Alphatier mit dem größten revolutionären Ethos an. Dieser revolutionäre Ethos tritt nur wenig in Erscheinung, wenn, dann in Verbindung mit „Fucking and Shooting“. Laut Baader sind dies die beiden Grundkomponenten des Kampfes gegen den Antiimperialismus. Man kann nicht umhin kommen, ein wenig die RAF-Terroristen, mit ihrem revolutionären Kampf in Verbindung mit sexueller Offenheit, zu beneiden.
Ansonsten tritt Andreas Baader als der große Macher und Prolet auf, dessen einzige Höhepunkte vulgäre und freche Sprüche sind. Man merkt hier nichts von einem Anführer der RAF, der andere in den Bann zieht – nicht nur wegen seines offenen und legeren Auftretens, sondern wegen seines Kampfeswillen und seinem Durchsetzungsvermögen. Dieses Durchsetzungsvermögen wird allein durch lautes Anbrüllen im Misserfolgsfall ansatzweise dargestellt.
Der revolutionäre Kampf, in Form von Bombenanschlägen, ist eine rasche und blutig dargestellte Angelegenheit. In Stammheim bricht ein nächster „Höhepunkt“ dieses Filmes über den Zuschauer herein: Der Prozess.
Aufs ulkigste wird die Hilfslosigkeit des Richters im Prozess dargestellt und das freche Auftreten der Baader-Meinhof Bande regt zum allgemeinen Gelächter an. Auch wenn der Stammheim-Prozess ein Desaster für die deutsche Justiz war, wird er hier fälschlich dargestellt. Der Zuschauer erhält den Eindruck, dass die Häftlinge sich nicht „unterkriegen“ lassen und der Staatsmacht selbst im Gerichtsgebäude noch „frech“ die Stirn bieten.
In Folge des Hungerstreiks stirbt Holger Meins, ärztliche Hilfe wird hier durch einen Polizisten verweigert. Durch diese sehr emotional dargestellte Situation vergisst man beinahe, dass Meins seinen Tod durch einen konsequent geführten Hungerstreik selbst herbeiführte.
Im Folgenden tötet die 2. Generation der RAF den Dresdner Bank Chef Jürgen Ponto und entführt den Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer in Verbindung mit der Entführung der Landshut durch arabische Terroristen. Der deutsche Herbst ist sehr blutig dargestellt und konfrontiert den Zuschauer mit der Gewalt, die die RAF zur Verwirklichung ihrer Ziele gebrauchte.
Der Film schließt mit der Ermordung Schleyers in einem Waldstück ab – wünschenswert wäre gewesen, dass der Zuschauer über die weitere Entwicklung der RAF aufgeklärt, oder dass mit ein paar wenigen Worten die Auflösungserklärung der RAF verkündet worden wäre. Diese räumt ein, dass die Ziele des antiimperialistischen Kampfes nicht erreicht wurden, die gefallenen Kämpfer der RAF werden gehuldigt und die Opfer durch den Terror der RAF einfach ausgeblendet.
Diese Ausblendung der Opfer schwebt auch über dem „Baader Meinhof Komplex“. 10 Jahre des Terrors wurden beschrieben, doch leider konnte der Film eine tiefgründige Aussage nicht vermitteln. Denn es wurde vor allem Gewalt und Sex dargestellt, eine Mischung, die laut Baader, zusammengehört.