Roland Pofalla, ehemaliger CDU-Generalsekretär und Bundeskanzleramtsminister a.D., gelingt es gerade, zum uneingeschränkt unbeliebtesten Politiker der Bundesrepublik aufzusteigen: Mit seinem geplanten Wechsel in den Bahn-Vorstand konterkariert er nicht nur seine Aussage, dass er mehr Zeit mit seiner Familie verbringen wolle, sondern erweist auch der allgemeinen Politikverdrossenheit einen Bärendienst.
Ein Aufsteiger – in Abhängigkeiten gefangen
Roland Pofalla ist ein Aufsteiger – aus normalen Verhältnissen (Vater Arbeiter, Mutter Putzfrau) hat er es in die höchste Machtzentrale Deutschlands geschafft. Nach der mittleren Reife hat er mit Umwegen ein Jura-Studium erfolgreich abgeschlossen und in der CDU-Jugendorganisation Junge Union Fuß gefasst: Das Studium wurde von einem Unternehmer finanziert, das Studentenleben war durch die Politik geprägt. Als Landesvorsitzender einer solch großen Jugendorganisation wird man auf eine spätere professionelle Karriere in der Politik systematisch vorbereitet: Man knüpft wichtige Kontakte, baut ein Netzwerk auf, eignet sich politisches Hintergrundwissen an und wird im Spiel der Macht immer rücksichtsloser.
Dass Roland Pofalla rücksichtslos agieren kann, wurde öffentlich, als er vor einer Sitzung den CDU-Abgeordneten Wolfgang Bosbach beschimpfte – weil dieser sich nicht gemäß der Parteilinie verhielt. Auch verbale Entgleisungen gegenüber Dirk Niebel, dem ehemaligen FDP-General und Entwicklungshilfeminister und Karl-Theodor zu Guttenberg sind bekannt. Pofallas Brechstangenrhetorik lies diesen in der Gunst der Wähler nicht steigen; dafür aber in der der Kanzlerin. Mit der Ernennung als Bundeskanzleramtsminister war er in der ersten Reihe angekommen.
Nur mit der absoluten Loyalität gegenüber Angela Merkel und der Förderung durch mächtige Menschen lässt sich dieser kometenhafte Aufstieg erklären: Politische Abhängigkeiten gehören zum Alltagsgeschäft, auch wenn sie den Typus „ehrlichen und authentischen Politiker“ vernichten.
Die fehlende Karenzzeit
Politisch war es ein gewaltiger Fehler, bereits wenige Monate nach der Bundestagswahl in den Bahn-Vorstand wechseln zu wollen. Gerade, wenn man als Generalsekretär den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder wegen seines Gazprom-Engagements heftigst kritisierte, leuchtet es nicht ein, warum man als politischer Vollprofi nicht an sich selbst das gleiche Maß anlegt.
Eine Karenzzeit von 2 Jahren hätte niemandes Ärger hervorgerufen. Vielmehr hätte man den Wechsel als das verstanden, was er eigentlich sein soll: Pofalla soll mit seinen politischen Erfahrungen und Kontakten den Austausch zwischen Bahn und Politikbetrieb erleichtern und Lobbyarbeit leisten. Das ist nichts verwerfliches und in einer Demokratie sogar notwendig – so kurz nach der Wahl bietet der geplante Wechsel jedoch nicht nur ein Geschmäckle: Hier wurden bereits vor der Wahl Weichen gestellt und vielleicht Entscheidungen als Entgegenkommen getätigt, jedenfalls aber bestimmte Themen bereits aus einem anderen Blickwinkel gesehen.
Bald ein Umdenken?
Mit welch fehlendem Fingerspitzengefühl Roland Pofalla an seine Karriereplanung gegangen ist, lässt einen erstaunen: Der Bahn wird er wohl als Lobbyist kaum mehr dienen können, dafür hat der mediale Gegenwind der Personalie zu stark geschadet. Politiker aller Couleur sollten sich aber endlich an diesem Falle ein Beispiel nehmen: Eine Karenzzeit ist unbedingt einzuführen, um keinen weiteren Vertrauensschaden hervorzurufen.