Hittite Chariot

Pferde wurden ca. 4000 v.Chr. in Südrussland domestiziert, soweit wir wissen. Nach neuesten Erkenntnissen der Genetik könnte das auch schon 5000 v.Chr. passiert sein (http://www.sciencemag.org/content/324/5926/485.abstract). Diese Befunde aus der Ukraine sind allerdings in letzter Zeit in Zweifel gezogen worden, denn die Yamna-/Yamnaya-Kultur wird neuerdings auf nicht später als 2000 v.Chr. datiert (auch gibt es keine Hinweise auf Nomadenkulturen in diesem Raum, weder um 4000 v.Chr. noch um 2000 v.Chr.) und das sog. „Derevika-Pferd“, das als Beweis für die frühe Domestikation des Pferdes in der Ukraine galt, ist neu datiert worden und wird jetzt als eisenzeitlich gesehen. Auch gibt es keinerlei Hinweise auf Pferdezucht in der Ukraine im Zeitraum um 4000 v.Chr. Vermutlich fand die Domestikation des Pferdes viel weiter östlich statt; das nehmen wenigstens zwei Autoren an, die sich mit dem Derevika-Pferd befasst haben und die Neudatierung vorgenommen haben (Anthony and Brown (2000): Eneolithic horse exploitation in the Eurasian steppes, ANTIQUITY 74, 75-86). Wie beim Rind auch nehmen mittlerweile viele Forscher an, dass das Pferd an mehreren Orten unabhängig voneinander domestiziert wurde. Genetisch konnten mindestens zwei Entwicklungslinien identifiziert werden. Auch die neuesten Gendatierungen konnten aber, im Unterschied etwa zum Rind oder Schaf, den Ort der Domestikation nicht näher eingrenzen. Hinweise auf domestizierte Pferde im Donauraum könnten früher zu datieren sein als die ukrainischen Funde (ca.3100-2450 v.Chr.), und Funde echter Pferde (Equus cabalus) in Catal Hüyük legen die Vermutung nahe, dass die Tiere zumindest in ihrer Wildform in Anatolien ebenfalls schon im frühen Neolithikum verbreitet gewesen sein könnten.

Es könnte also mindestens drei Zentren der Pferdedomestikation gegeben haben: Den Nahen Osten, Südzentralasien und den Donauraum. Die „Pferdezüchter der Ukraine“ (die ähnliche Keramik benutzten wie die gleichzeitigen Bewohner Osteuropas und des Donauraums) sollten also aus dem Donauraum heraus beeinflusst worden sein, nicht umgekehrt. In der mittleren Bronzezeit überwog in Europa aber höchstwahrscheinlich der zentralasiatische Einfluss.

Die ersten hölzernen Wagen aus Zentralasien datieren auf 3200 v.Chr., die ersten Streitwagen ca. 2000 v.Chr. Letztere hatten acht bis zwölf Speichen und eine leichte Kontruktionsweise. Am Ende des 3.Jahrtausends v.Chr. tauchen domestizierte Pferde auch in Griechenland, Anatolien und Mesopotamien auf. Im vormykenischen Griechenland sind Pferde allerdings sehr selten. Im 17.Jh.v.Chr. wurde der Streitwagen im Levanteraum eingeführt und von dort aus relativ schnell in vielen verschiedenen Regionen übernommen, auch in Griechenland. Im Ägäisraum sind Pferde und Streitwagen auf dem Festland sehr viel verbreiteter als auf Kreta, zumindest vor der späten Bronzezeit.

 Bronzezeitliche Funde von Pferden in Griechenland: Tiryns, Troja, Dendra, Lerna, Mykene, Marathon (die hier gefundenen Pferdereste könnten allerdings nach Themelis auch von einem byzantinischen Esel stammen), Argos, Kreta („Archanes tholos A“), Nauplion, Aidonia, Theben. Im Zeitraum zwischen 1550 und 1060 v.Chr. gibt es Darstellungen von (Przewalski-) Pferden und Streitwagen aus dem ganzen ägäischen Raum bis nach Kreta. Es wurden auch Darstellungen gefunden, bei denen Löwen oder Greife Streitwagen ziehen.

Kurz vor 2000 v.Chr. kamen viele kulturellen Einflüsse aus Anatolien nach Griechenland, und damit sowohl der Streitwagen als auch die Reitkunst. Eleni Konsolaki-Yannopoulou beschreibt in MELETEMATA II (AEGAEUM 20) “eine Gruppe neuer mykenischer Reiter aus Methana”. In Ayios Konstantinos auf der Peloponnes wurden fünf Terrakotten gefunden, die in die Zeitstufe LH IIIB datiert wurden (1300-1190 v.Chr.). Die Darstellungen „zeigen deutlich, dass die Reitkunst schon in einem entwickelten Stadium war, [obwohl] eine aktive Rolle von Reitern in der spätbronzezeitlichen Kriegsführung sehr unwahrscheinlich bleibt.“ Die Reiter scheinen sich an den Mähnen der Tiere festzuhalten, Spuren von Zaumzeug sind nicht zu erkennnen.

Pferde wurden in Syrien etwa 2200 v.Chr. gezähmt, vielleicht noch früher. Im hethitischen Anitta-Text werden sie im späten 18.Jh.v.Chr. als Zugtiere für Streitwagen beschrieben. Das heißt, dass Pferde schon zu diesem frühen Zeitpunkt speziell für Kriegszwecke trainiert wurden. (vgl. Frank Starke: AUSBILDUNG UND TRAINING VON STREITWAGENPFERDEN, StBoT 41, Harrassowitz 1995). Nach Starke war das Speichenrad schon im 20./19.Jh.v.Chr. in Anatolien bekannt.

Die mykenischen Pferde waren etwa so groß wie heutige Islandponies, etwa 1,30m Widerristhöhe. Die Stuten waren kaum kleiner als die Hengste, aber zum Ziehen von Streitwagen wurden fast nur Hengste verwendet. Im Vergleich mit den ägyptischen und hethitischen Pferden waren die mykenischen Pferde etwa 10cm kleiner.

Aus dem spätbronzezeitlichen Zypern (1300-1100 v.Chr.) liegen ebenfalls Hinweise auf Pferde vor – vor allem als Rollsiegelabdrücke auf Amphoren, aber auch in Gräbern gefundene Pferdeschädel und –knochen – , die für die Verbreitung von Pferden und Streitwagen sprechen. Dass gerade Streitwagenszenen bei den Benutzern der Siegel so beliebt waren, wie es die häufigen Funde nahe legen, deutet darauf hin, dass solche Darstellungen in der damaligen Gesellschaft symbolisch für Macht und Kontrolle standen.

In Ägypten wurden Pferde höchstwahrscheinlich erst durch die Hyksos eingeführt (= um 1700 v.Chr.). In einer um 1675 v.Chr. zerstörten Hyksos-Festung wurden die Reste eines Hengstes gefunden, bei dem aufgrund der charakteristischen Abnutzung der Zähne darauf geschlossen wurde, dass er ein Zaumzeug trug. Pferde und Esel aus dieser Zeit wurden vor allem im Delta gefunden. In Abydos wurden in einem Tempel des Pharao Ahmose (ca.1550-1525 v.Chr.) Darstellungen von Pferden und Streitwagen in Kampfszenen gefunden, wobei unklar ist, ob die Lenker der Streitwagen Ägypter oder Asiaten sind; diese Darstellungen könnten auch die Abneidung der Ägypter gegen diese Kampfwagen darstellen, denn immerhin hat Ahmose die mit Streitwagen kämpfenden Hyksos ja besiegt! Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Ägypter der frühen 18.Dynastie Beziehungen nach Griechenland hatten. In Tell ed-Daba wurden Freskos gefunden, die diesen Schluss nahe liegen, es wurden Äxte mit ägäischen Darstellungen von Greifen gefunden, außerdem gibt es Ähnlichkeiten zwischen zeitgenössischen ägyptischen und griechischen Streitwagen. Auf Felszeichnungen in der Sahara aus dem 2.Jahrtausend sind ebenfalls Streitwagen dargestellt!

In Mesopotamien tauchen die ersten domestizierten Esel schon im Neolithikum auf. Die Sumerer kreuzten vermutlich schon Esel mit Onagern. Die ersten mesopotamischen “Schlachtwagen” haben vier Räder, wobei wir keine Hinweise haben (aus Modellen oder von ausgegrabenen Exemplaren), dass die Vorderräder schwenkbar waren! Zweirädrige Streitwagen waren da schon sehr viel besser nutzbar und wurden vermutlich auch genutzt. König Eannatum von Lagasch (ca. 2500 v.Chr.) benutzte schon so einen Streitwagen, und die sumerische Streitwagen-Phalanx, die auf der berühmten „Geierstele“ dargestellt ist, ist viel zu dicht aufgereiht, um nicht über steuerbare Streitwagen verfügt zu haben. 

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