Zwischen Himmel und Hölle reiht sich ein in einen bunten Mix an Luther-Filmen, die im Reformationsjahr veröffentlicht wurden. Der Film, der am 30. im ZDF ausgestrahlt wird und ab 03. November auf DVD und Blu-ray erhältlich ist, möchte dabei mehr, als nur die Biographie des weltberühmten Reformators wiedergeben. Vielmehr soll die Geschichte der Reformation und deren Akteure greifbar gemacht werden.
1517, das mittelalterliche Deutschland ist geprägt durch Einzelstaaterei und eine übermächtige Kirche. Diese weltliche und geistige Macht, so stark sie auch wirken mag, ist jedoch in Gefahr – denn die Gesellschaft entwickelt sich rasant. Wenige Jahrzehnte zuvor hatte Johannes Gutenberg den Buchdruck erfunden, mit dem sich Worte und Gedanken weit über Landesgrenzen verbreiten ließen. An Universitäten blühte ein Klima der Gelehrsamkeit und Neugierde – Studenten und Professoren hinterfragten die althergebrachte Ordnung.
In diese Zeit setzt der Film ein, denn der berühmte Reformator Martin Luther war ein Professor an einer solchen Universität in Wittenberg. Längst haderte er mit der katholischen Kirche. Diese hatte einen enormen Ablasshandel etabliert, mit dem die Menschen ihre Sünden tilgen und so ihre Zeit im Fegefeuer verkürzen konnten. Mit immer neuen Ablässen presste sie das Geld aus der überwiegend verarmten Bevölkerung. Das hatte auch wirtschaftliche Folgen: Die Ablässe saugten die Länder leer – dadurch verloren auch die regionalen Fürsten an Einfluss. Friedrich III. der Weise von Sachsen wandte sich gegen diese päpstliche Macht und fand in Luther eine Möglichkeit, seine Ziele zu erreichen. Nicht theologische, sondern handfeste politische und wirtschaftliche Gründe katapultierten den Mönch aus Wittenberg ins Zentrum der Weltgeschichte. Das wird im Film in der Gestalt des intriganten Georg Spalatin angedeutet. Dennoch verkürzt der Film die Person und die Persönlichkeit Luthers. Der innere Widerstreit, in dem sich Luther befindet, kommt nicht zum Ausdruck – vielmehr entwickelt sich Luther, unterstützt durch Freunde und Förderer, zum entschiedenen und lautstarken Gegner des Papstes und der Kurie. Dem war aber nicht so. Luther litt an seinem Aufbegehren, eine Abspaltung wollte er nie. Theologisch hatte er sich aber weit von der Amtskirche entfernt – dennoch war er ein Mensch des 16. Jahrhunderts. Eine tiefe Gottesfürchtigkeit verband sich bei ihm mit der Angst um sein Seelenheil, die ihn fast um den Verstand brachte. Diese Zerrissenheit prägte auch das Handeln des Theologen. Leider wird die Entwicklung des Kirchenreformators derart gestrafft dargestellt, dass kaum mehr Raum bleibt, diesen Zwiespalt darzustellen. Am ehesten wird dies noch deutlich, als Luther verzweifelt am Altar lehnt und seine Exkommunikation fürchtet.
Der Film bedient sich dabei einiger Stereotypen – sei es des brutalen Ablasseintreiber Hartmann, der gewalttätig die Interessen von Albrecht von Brandenburg (der für den Ablasshandel im deutschen Reich zuständige Bischof) verfolgt oder dass ebenjener sich als Kirchenfürst von Dienerinnen verwöhnen lässt. Auch die offensive und beklemmende Darstellung von Gewalt, beispielsweise bei der Kreuzigung von Thomas Müntzer, ist wohl dem Format geschuldet.
Dennoch gelingt den Regisseuren ein Sittenbild dieser Zeit zu zeichnen. Es ist dabei konsequent, nicht nur Martin Luther in den Fokus zu nehmen, sondern auch die Vertreter der Kirche und Müntzer darzustellen, der sich an die Spitze der Bauernbewegung stellt und zu einem leidenschaftlichen Revolutionär wird (im Gegensatz zu Luther, der die Bauernaufstände aufs Schärfste verurteilt). Durch diese verschiedenen Blickwinkel wird dem Zuschauer überhaupt deutlich, warum es einer Reformation bedurfte: Gottesdienste, die nur in lateinischer Sprache abgehalten wurden, von denen also der gemeine Gläubige nichts verstand, Kirchenfürsten, die auf Kosten der Bevölkerung in Luxus lebten und eine Atmosphäre, in dem freie und unabhängige Gedanken zu entsetzlichen Taten führten.
Beeindruckend ist dabei die Szene, in der Müntzer seinen Zögling im Geheimen in geweihter Erde beerdigt, obwohl dieser sich selbst das Leben nahm – zur damaligen Zeit eine Todsünde. Durch diese Stelle werden die Widersprüche und Abgründe der Epoche deutlich – Luther, der trotzdem seinen Segen erteilt, erhebt sich symbolisch darüber.
All diese Eindrücke machen den Film sehenswert – auch wenn die übertriebene Darstellung von Gewalt und der Galopp, in dem in etwas mehr als 2 1/2 Stunden durch die Ereignisse der Zeit geeilt wird, das Filmerlebnis schmälern.
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