Als Buch erhältlich: ISBN: 978-3-8442-0978-5

 

Die „Friedliche Revolution“ in der DDR war eine Revolution der Bürger aller gesellschaftlicher Schichten für mehr Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und bessere Lebensbedingungen. Die Ereignisse der „Friedlichen Revolution“ sind nur zu verstehen, wenn man weiß, wie das Leben der Menschen in der DDR war. Sie markierten nicht den Beginn der Unzufriedenheit der Bürger über die allgemeinen Lebensbedingungen in diesem Staat, sondern standen am Ende einer mehr oder weniger jahrzehntelangen überwiegend stillschweigenden Hinnahme dieser zunehmend unbefriedigenden Lebensbedingungen. Aber man sollte auch nicht vergessen, daß es bereits Jahre vor der Friedlichen Revolution zu Protesten und zu einem Exodus von DDR-Bürgern kam, wodurch die bereits lange währende Unzufriedenheit vieler Menschen in der DDR zum Ausdruck kam.
Die nun folgende Gesamtdarstellung über die „Friedliche Revolution“ in der DDR habe ich mit Hilfe einer Vielzahl von Quellen (siehe Ende) erstellt,  aber auch eigene Erinnerungen an die Zeit vor und während der „Wende“ habe ich mit einfließen lassen.

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Die DDR: Staatsaufbau und Politik

Die DDR war de facto eine Diktatur, in der offiziell die führende Rolle „der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei“ – also der SED – als der „Partei der Werktätigen in Stadt und Land – in der Verfassung festgeschrieben war (Kapitel 1, Artikel 1). Die offizielle Staatsform der DDR war seit ihrer Gründung am 7. 10. 1949 laut der marxistisch-leninistischen Ideologie die „Diktatur des Proletariats“.
Darüber hinaus verstand sich die DDR als ein Staat, der aus antifaschistischen Wurzeln hervorgegangen war. Daß mit diesen „antifaschistischen Wurzeln“ allein die KPD/SED gemeint war, zeigte sich immer, wenn Kundgebungen nicht von der SED-Führung organisiert und beantragt wurden oder man auf sonstige Weise seine eigene Meinung kund tat.

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Einige Beispiele:

Am 17. Januar 1988 wurden in Berlin rund 120 Personen festgenommen, die bei der traditionellen Gedenkdemonstration der SED für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg mit eigenen Losungen und Plakaten daran teilnahmen. Die Hälfte der Festgenommenen wurden wenige Stunden später nach West-Berlin abgeschoben.
Am 30. Januar 1989 war die Kirchenleitung aufgrund der Friedensgebete zum Bezirksstaatsanwalt bestellt. Einige Glieder der Friedenskirche Gohlis stellten einen Antrag auf Genehmigung einer öffentlichen Veranstaltung (Schweigemarsch) anläßlich des Jahrestages der Ermordung der Geschwister Scholl für den 25. Februar 1989. Die SED, sowie staatliche Organe und das MfS bedrängten die Antragsteller in den folgenden drei Wochen so, daß diese ihren Antrag zurückzogen.

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Laut Verfassung war die Volkskammer das oberste gesetzgebende Organ.
Neben der SED waren in der Volkskammer der DDR noch weitere 4 sogenannte „Blockparteien“ sowie mehrere „Massenorganisationen“ vertreten, die gemäß der Verfassung zusammen mit der SED in der „Nationalen Front vereinigt“ waren, „zum gemeinsamen Handeln für die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft.“ (Kapitel 1, Artikel 3, 2. Absatz)
Die „Wahlen“ zur Volkskammer fanden alle 5 Jahre statt, jedoch hatten sie kaum Gemeinsamkeiten mit den Wahlen, wie sie in einem demokratischen Staat stattfinden.
So war der erste Unterschied bereits auf dem Wahlschein zu erkennen, da auf diesem lediglich eine Reihe von Namen stand und ohne Benennung der Zugehörigkeit zu einer Partei oder Massenorganisation. Diese „Wahlvorschläge“ waren vor der „Wahl“ genau ausgesuchte, der SED loyale Bürger, die nach einem bestimmten Schüssel als „Kandidaten“ aufgestellt wurden. Gegenkandidaten gab es nicht. Es gab auch nicht die Möglichkeit, einzelne Kandidaten abzulehnen, da auf dem Wahlschein keine Möglichkeit vorgesehen war, ein Kreuz für „ja“ oder „nein“ zu setzen. Nur wenige Bürger wussten überhaupt, daß es die Möglichkeit gab, den Wahlvorschlag abzulehnen, in dem man ausnahmslos alle Namen sauber durchstrich. Eine Wahlkabine stand dafür zur Verfügung, jedoch wurde sie selten genutzt, zum einen auf Grund der fehlenden Auswahl und auch, weil jeder wusste, daß auch Angehörige der Staatssicherheit in jedem Wahllokal anwesend war, der sowohl die Teilnahme an der Wahl als auch ein auffälliges Verhalten der „Wähler“ im Wahllokal festhielt. Eine offizielle Wahlpflicht gab es nicht, denn im Artikel Art. 22 der Verfassung stand geschrieben:

„1  Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik, der am Wahltage das 18. Lebensjahr vollendet hat, ist wahlberechtigt.“

Jedoch muß dieser Artikel im Zusammenhang mit Art. 21 Abs. 3 verstanden werden, in dem es heißt:

„Die Verwirklichung des Rechts der Mitbestimmung und Mitgestaltung ist zugleich eine hohe moralische Verpflichtung für jeden Bürger.“

Mampel (Die sozialistische Verfassung der DDR, 1982) weist in seinem Kommentar darauf hin, dass „Hausgemeinschaften und andere Gruppen“ von SED und Nationaler Front dazu verpflichtet wurden, „gemeinsam zur Wahl zu gehen und ihre Stimme öffentlich abzugeben. Wer sich diesem sozialen Druck entzog, machte sich verdächtig, der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung feindlich gegenüberzustehen […]“ (S. 638).
Somit war das „Wahlrecht“ in der DDR zugleich an einer Art von argumentativer ideologischer Wahlpflicht gekoppelt.

So änderte sich die Sitzverteilung in der Volkskammer in den Jahrzehnten des Bestehens der DDR kaum und stellte sich somit durch den bereist erwähnten Verteilungsschlüssel stets so dar, wie in der 9. Wahlperiode von 1986-1990.

Auf Grund späterer Untersuchungen von Wahlen in der DDR stellte sich heraus, daß eine Ablehnung der Wahlvorschläge auf das offizielle „Wahlergebnis“ ohnehin keine Auswirkung hatte, da das Ergebnis bereits vorher von oberster Stelle vorgegeben war.
So gab es zwei verschiedene „Wahlergebnisse“ – neben dem offiziellen Wahlergebnis, das in den Medien als „eindrucksvolles Votum für die Kandidaten der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik“ propagiert (Zitat: Krenz zum Ergebnis der Kommunalwahl 1989).

Das tatsächliche, „inoffizielle“ Wahlergebnis war als Auswertungsmaterial für die Stasi bestimmt, die anhand dieses Materials die unzufriedenen und damit dem Staat eventuell feindlich gegenüber stehende Bürger herausfiltern konnte.

Auf diesen politisch-ideologischen Voraussetzungen begründete sich die SED-Diktatur in der DDR, die nur dem Namen nach demokratisch war.
Tatsächlich waren alle wichtigen Staats- und Parteiämter in den 40 Jahren des Bestehens der DDR mit wenigen Ausnahmen in der Hand jeweils einer Person, der somit diktatorische Machtbefugnisse im Staat inne hatte.
So war Erich Honecker seit 1971 in der Funktion des „Ersten Sekretärs des ZK der SED“ [ZK=Zentralkomitee], ab 1976 des „Generalsekretärs des ZK der SED“ (damit seit 1971 Parteivorsitzender) und ebenfalls seit 1971 „Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates“ (damit Oberbefehlshaber der NVA) sowie seit 1976 „Vorsitzender des Staatsrates der DDR“ (damit Staatsoberhaupt).
Das eigentliche Machtzentrum der DDR war jedoch das „Politbüro des ZK der SED“, dessen Mitglieder vom „Generalsekretär des ZK der SED“ vorgeschlagen und vom ZK bestätigt wurden. Das Politbüro besaß praktisch uneingeschränkte Machtbefugnisse und dominierte alle politischen und wirtschaftlichen Bereiche. Der Vorsitzende des Politbüros war seit 1971 wiederum Erich Honecker.
Mit dieser Machtkonzentration in einer Hand und mit seinem von Zeitzeugen als „autoritär“ beschriebenen Regierungsstiel, ist Erich Honecker seit 1971 bis zu seinem „Rücktritt“ am 18. 10. 1989 zweifellos als Diktator und Alleinherrscher der DDR zu bezeichnen. Um diese Macht aufrecht erhalten zu können, wurde schon sehr früh mit dem Aufbau eines großen Machtapparates in der DDR begonnen, der in seiner Gesamtheit als „Bewaffnete Organe der DDR“ bezeichnet wurde.
Um zu verdeutlichen, wie groß die Präsenz dieser sogenannten „Bewaffneten Organe“ in der DDR waren, habe ich sie im Folgenden einmal aufgelistet.

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Die „Bewaffneten Organe der DDR“

NVA (Nationale Volksarmee):

Die NVA ist 1956 aus der „Kasernierten Volkspolizei“ hervorgegangen und unterstand dem Ministerium für Nationale Verteidigung, wäre in einem Verteidigungsfall jedoch dem Nationalen Verteidigungsrat überstellt worden. Zur NVA gehörten sowohl die Land- und die Luftstreitkräfte, als auch die 1960 ins Leben gerufenen Seestreitkräfte. Die NVA war eng an die Streitkräfte der anderen Staaten des „Warschauer Vertrages“ insbesondere der sowjetischen Streitkräfte gebunden.
Die einfachen Soldaten waren seit 1962 meist Wehrpflichtige zwischen 18 und 26 Jahren, die eine 18-monatige Dienstzeit zu absolvieren hatten, jedoch konnte man sich freiwillig auch auf 3 Jahre verpflichten, was meist berufliche Vorteile mit sich brachte.
Zur NVA gehörte auch ein „Bereich Aufklärung“, der seit seiner Gründung im Jahre 1952 noch eine Reihe anderer Bezeichnungen trug. Er war der militärische Nachrichtendienst der NVA, der jedoch vom MfS (Ministerium für Staatssicherheit) noch einmal „abgesichert“ wurde.
Einen direkten Wehrersatzdienst gab es nicht.
Statt in der NVA konnte man ersatzweise seinen Dienst auch bei den Grenztruppen der DDR, den kasernierten Einheiten der Volkspolizei, oder dem Wachregiment des MfS ableisten.
Wer aus (religiösen) Gewissensgründen den Dienst an der Waffe verweigern wollte, konnte ab 1964 seinen Wehrdienst auch als sogenannter Bausoldat ableisten. Sie wurden oft für militärische Bauprojekte oder auch in der zivilen Produktion eingesetzt.
Die Personalstärke der NVA betrug in Friedenszeiten ständig ca. 170.000 Personen.
(siehe zur NVA auch bei „Wehrdienst in der DDR“)

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Grenztruppen der DDR:

Die Grenztruppen wurden 1946 als „Deutsche Grenzpolizei“ gegründet, wurden 1961 als „Grenztruppen“ Bestandteil der NVA und waren seit 1973 offiziell ein eigenständiger Verband.
Sie unterstanden – wie die NVA dem Ministerium für Nationale Verteidigung und hatten 1989 eine Personalstärke von etwa 47.000 Personen.
Bei den Grenztruppen wurden auf Grund der erhöhten Anforderungen (z. B. eventueller Schusswaffengebrauch) nur Wehrpflichtige eingesetzt, die bestimmte Bedingungen erfüllten, um eine erhöhte Verlässlichkeit der Grenzsoldaten sicher zu stellen. Dazu gehörte z. B. die Nichtexistenz von Verwandtschaften zu Personen im NSW (Nichtsozialistischem Wirtschaftsgebiet). Bereits bei der Musterung der Wehrpflichtigen wurde diese Verlässlichkeit z. T. (1989) auch hinterfragt. In früherer Zeit (etwa 10 Jahre früher) geschah dies jedoch  anscheinend nach einer anderen Zeitzeugenaussage noch nicht.

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MfS (Ministerium für Staatssicherheit):

Das MfS (im Volksmund auch als „Stasi“ oder „Firma Horch und Guck“ bezeichnet) gehörte in seiner Gesamtheit zu den „Bewaffneten Organen der DDR“ und war der Geheimdienst sowohl für den Inlands- als auch für den Auslandseinsatz.
Anfangs (Gründung: 1950) mit noch wenig Personal (2.700) wuchs das MfS bis 1989 auf eine Personalstärke von etwa 91.000 „Hauptamtlichen Mitarbeitern“ an. Sie rekrutierten sich ausschließlich aus SED-Mitgliedern bzw. aus „Kandidaten der SED“ und verstanden sich als „Schild und Schwert der Partei“.
Hinzu kamen noch die sogenannten „IMs“ („Inoffizielle Mitarbeiter“), deren Gesamtzahl im Jahre 1989 auf etwa 100.000 geschätzt wird – im In- und Ausland.
Im Inland stellte das MfS auf Grund der starken Präsenz in allen Lebens- und Arbeitsbereichen einen Staat im Staate dar, inklusive der Existenz eigener Einrichtungen wie z. B. Krankenhäusern oder auch Gefängnissen sowie von militärischen Eliteeinheiten.
Im Ausland arbeitete das MfS auch mit terroristischen Gruppierungen wie der RAF oder die PLO zusammen und bildete sie z. T. auch im Umgang mit Waffen und Sprengmitteln aus. Von Strafverfolgung bedrohte Terroristen fanden mit Hilfe der Stasi z. T. in der DDR Unterschlupf.

Dem MdI (Ministerium des Inneren) waren weitere „Bewaffnete Organe“ unterstellt:

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VP (Volkspolizei, offizieller Name: DVP – Deutsche Volkspolizei):

Die VP war die Polizei der DDR. Zu ihr gehörten neben den Abteilungen der Schutzpolizei, Verkehrspolizei, Wasserschutzpolizei, Kriminalpolizei und Transportpolizei auch die Kasernierten Einheiten des MdI mit den Abteilungen der Hubschraubereinheit, der Anti-Terror-Einheit sowie der ZKS („Zentralen Kräfte Schutzpolizei“ – die Bereitschaftspolizei).
Auch das gesamte Pass- und Meldewesen war der VP unterstellt.
Jedem Wohngebiet – bei dichterer Besiedlung auch jeder Straße – war ein „ABV“ (Abschnittsbevollmächtigter) zugeteilt. Er war Angehöriger der VP und erfüllte speziell in seinem Abschnitt polizeiliche Aufgaben inklusive Streifendiensten. Dabei wurde der ABV von freiwilligen zivilen Helfern der VP unterstützt. Auf Grund der Nähe zu den Bürgern bestand oft ein enger Kontakt mit dem MfS.
Die Volkspolizei verfügte zuletzt über rund 80.000 hauptamtliche Polizisten und 177.500 „Freiwilligen Helfern“.

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Kampfgruppen:

Die Kampfgruppen wurden insbesondere nach den Ereignissen des 17. Juni 1953 als Parteiorgan der SED aufgebaut, unterstanden organisatorisch aber ebenfalls dem MdI.
Der Dienst in den Kampfgruppen war freiwillig und sollte dem speziellen Schutz der Betriebe dienen, weshalb auch die Bezeichnung „Betriebskampfgruppen“ verbreitet war. Ausgerüstet wie eine reguläre Armee nahmen die Kampfgruppen an Manövern der NVA teil und spielten beim Bau der Berliner Mauer eine Schlüsselrolle.
Die Personalstärke der Kampfgruppen insgesamt, einschließlich der motorisierten Kampfkräfte und der Kämpfer bei den Sicherungskräften sowie der Reserve, belief sich im Jahre 1980 auf etwa 210.000.

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Zollverwaltung der DDR:

Dem Ministerium für Außenhandel war die Zollverwaltung der DDR unterstellt und wurde in seinen Schlüsselpositionen durch „IMs“ und „OibEs“ (Offizieren im besonderen Einsatz) von der Hauptabteilung XVIII (HA XVII) des MfS kontrolliert.
Die Zollverwaltung wurde im Jahr nach dem Mauerbau gegründet und zählte 9.510 Mitarbeiter.

Neben den „Bewaffneten Organen der DDR“ waren in den ´80er Jahren noch zusätzlich etwa 366.000 Soldaten der sowjetischen Streitkräfte auf dem Gebiet der DDR stationiert.
(Zahlenangaben dem Lexikon Wikipedia entnommen)

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Politischer Status der DDR

Wesentlich beeinflusst wurde die Politik aller „sozialistischer Staaten“ innerhalb des „Warschauer Vertrages“ – so auch der DDR – von der Sowjetunion (SU oder auch UdSSR). Die Sowjetunion war die Führungsmacht innerhalb dieses Militärbündnisses nach der Installation von kommunistischen Regimes in den von der Roten Armee im Ergebnis des 2. Weltkrieges besetzten Staaten.
Offiziell galt die UdSSR als der „fortschrittlichste sozialistische Staat“, der „als Kern des sozialistischen Weltsystems die entscheidende revolutionäre Kraft und das Bollwerk der antiimperialistischen Weltbewegung“ bildete.
In der Praxis hieß das, daß die „sozialistischen Bruderländer“ keine grundsätzlich Entscheidung ohne vorherige Zustimmung aus Moskau treffen durften – sowohl außen- als auch innenpolitisch. Dies hatte eine starke Abhängigkeit dieser Länder zur Folge, solange wie die SU dies verlangte. So war eine der am häufigsten verbreiteten Parolen in der DDR: „Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen.“
Diese starke politische Abhängigkeit wurde von M. Gorbatschow nach seinem Amtsantritt in der SU im März 1985 allmählich gelockert – Gorbatschow leitete während des 27. Parteitages der KPdSU im Februar 1986 eine neue Politik ein, die er „Perestroika“ (Umgestaltung) nannte. Ein wichtiger Bestandteil dieser „Perestroika“ war das Konzept „Glasnost“ (Offenheit), was in klarem Widerspruch zur Politik der SED stand. Die berechtigte Befürchtung der SED war es, daß eine offenere Politik in der DDR schnell zu Forderungen nach mehr Demokratie und in der weiteren Folge zur Infragestellung des Staates an sich führen konnte.
Denn zu allgegenwärtig waren die freien Medien aus Westdeutschland. Ein Beispiel aus „Karl-Marx-Stadt“ – dem heutigen Chemnitz in Sachsen – sei dabei erwähnt:
Dort konnten die Fernsehprogramme aus Westdeutschland besser empfangen werden, als die Programme der DDR-Fernsehens. Um das zu ändern, wurde eigens für diese Region Kabelfernsehen installiert. Hierbei kam es nun zu einem Eklat, weil die westdeutschen Programme nicht in dieses Kabelnetz mit eingespeist wurden, da das „Westfernsehen“ von der SED-Führung ohnehin als „Propaganda des Imperialismus“ und damit als „systemfeindlich“ betrachtet wurde. Die „Karl-Marx-Städter“ wehrten sich jedoch dagegen und protestierten so energisch, bis auch die westlichen Programme im Kabelnetz mit übertragen wurden. Die SED muß dies als schwere Niederlage empfunden haben. Jedoch war die Regierung der DDR dazu nach den KSZE-Verträgen auch verpflichtet. Diese Verträge beinhalteten einige zusätzliche Rechte für die Bürger der DDR, die auch für die weitere Entwicklung in der DDR nicht unerheblich waren.
So waren in diesen am 1. August 1975 auch von der DDR-Regierung unterschriebenen Verträgen eine ganze Reihe von richtungsweisenden Punkten festgelegt. Dies waren:

Korb I: Prinzipiendekalog
1. Souveräne Gleichheit, Achtung der Souveränität innewohnenden Rechte
2. Enthaltung von der Androhung oder Anwendung von Gewalt
3. Unverletzlichkeit der Grenzen
4. Territoriale Integrität der Staaten
5. Friedliche Regelung von Streitfällen
6. Nichteinmischung in innere Angelegenheiten
7. Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, einschließlich der Gedanken-, Gewissens-, Religions- oder Überzeugungsfreiheit
8. Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker
9. Zusammenarbeit zwischen den Staaten
10. Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen nach Treu und Glauben

Korb II: Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Umwelt, Sicherheit in Europa

Korb III: Grundsätze der Zusammenarbeit in humanitären und anderen Bereichen, Erleichterung von menschlichen Kontakten über die Blockgrenzen hinweg, Informationsaustausch

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Die Situation der DDR-Bürger

Obwohl sich die DDR wirtschaftlich mit den anderen Industriestaaten der Welt zu messen versuchte – auch mit der BRD – blieb der Lebensstandard der DDR-Bürger stets weit hinter ihnen zurück.
Durchaus gab es von der SED auch stark propagierte soziale Errungenschaften wie die Vollbeschäftigung (offiziell gab es keine Arbeitslosigkeit) sowie viele soziale bzw. kulturelle Einrichtungen, wie Polikliniken, Jugendclubs, Sportvereine und Kulturhäuser sowie eine Ganztagsbetreuung von Kindern in Kinderkrippen und Kindergärten oder auch Wochenheimen.

Zur Vollbeschäftigung wäre noch anzumerken, daß es in Verbindung mit dem Recht auf Arbeit auch die Pflicht zur Arbeit gab. So hieß es in  der Verfassung der DDR:

„Artikel 24
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat das Recht auf Arbeit. Er hat das Recht auf einen Arbeitsplatz und dessen freie Wahl entsprechend den gesellschaftlichen Erfordernissen und der persönlichen Qualifikation. Er hat das Recht auf Lohn nach Qualität und Quantität der Arbeit. Mann und Frau, Erwachsene und Jugendliche haben das Recht auf gleichen Lohn bei gleicher Arbeitsleistung.
(2) Gesellschaftlich nützliche Tätigkeit ist eine ehrenvolle Pflicht für jeden arbeitsfähigen Bürger. Das Recht auf Arbeit und die Pflicht zur Arbeit bilden eine Einheit.“

In der Praxis bedeutete das: wer nicht arbeiten ging, obwohl er arbeitsfähig war (egal aus welchem individuellem Grund), machte sich nach dem Strafgesetzbuch § 249, Abs. 1 strafbar:

„§ 249. Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch asoziales Verhalten.
(1) Wer das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigt, indem er sich aus Arbeitsscheu einer geregelten Arbeit entzieht, obwohl er arbeitsfähig ist, wird mit Verurteilung auf Bewährung, Haftstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft.“
(siehe Quelle)

Auch sollte erwähnt werden, daß die Schulbildung in der DDR einen z. T. höheren Standard erreichte, als z. B. bei den heutigen bundesdeutschen Schulen. Dies gelang, obwohl in vielen Unterrichtsfächern – so oft es ging – ideologische Elemente eingeflochten wurden.
Und auch in den Schulen war – soweit erforderlich – bis zur 4. Klasse für eine kostenlose Ganztagsbetreuung in Schulhorten nach dem Unterricht gesorgt.

Dennoch war das Leben in der DDR für die Bürger seit der Weltwirtschaftskrise 1979-82 durch zunehmende Knappheit auch an Waren des täglichen Bedarfs zunehmend kompliziert. War in den ´70er Jahren das Warenangebot an alltäglichen Lebensmitteln durchaus zufriedenstellend, gab es nach 1980 auch hier verstärkt Versorgungsprobleme. Ohnehin war die zeitweise relativ zufriedenstellende Versorgung der Bevölkerung teuer erkauft, weil dadurch die Staatsverschuldung enorm in die Höhe schnellte.

Neben den normalen Verkaufsstellen wie HO-Kaufhallen oder Konsum mit den üblichen subventionierten Waren des täglichen Bedarfs wurden seit Beginn der ´80er Jahre zunehmend auch „Delikat“-Läden eröffnet (Handelskette 1976 gegründet), in denen für „Mark der DDR“ vor allem weniger bzw. nicht-subventionierte Lebensmittel erhältlich waren. Auf Grund des großen Preisunterschiedes zu den Produkten der normalen Verkaufsstellen waren diese Produkte jedoch nur für wenige Bürger erschwinglich – die Preise für die Waren in einem im Volksmund „Deli“ genannten Läden waren durchschnittlich 2-3 mal so hoch, als die üblichen subventionierten Waren, dafür waren diese Produkte allerdings auch von höherer Qualität.
Neben diesen Verkaufsstellen gab es noch die sogenannten „Intershops“.
Hier konnten DDR-Bürger, aber auch Bürger anderer Staaten Waren aus dem NSW für Devisen (DM) erwerben. Dabei ist zu beachten, daß es einem DDR-Bürger meist nur über sogenannte „Westverwandtschaft“ oder Erbschaft möglich war an Devisen zu kommen, was als große Ungerechtigkeit empfunden wurde.

Ebenfalls großer Mangel bestand an Konsumgütern, wie z. B. PKWs, deren Wartezeit sich ständig verlängerte. Wer seinen PKW-Trabant 1986 bekam, hatte zu diesem Zeitpunkt z. B. bereits mindestens 13 Jahre darauf gewartet, für größere PKW – wie dem Wartburg – mindestens 15 Jahre.
Auch nicht befriedigend war die Versorgung der Bevölkerung mit einem Telefonanschluß. Es gab Bürger, die erst nach der Übernahme des Telefonnetzes durch die Telekom (1990) einen Telefonanschluß erhielten – sie hatten bis zu diesem Zeitpunkt bereits 18-22 Jahre gewartet.
Auch Wartezeit von bis zu 30 Jahren soll es gegeben haben. Nach Ansicht vieler eher politisch unbequemer Bürger war die Versorgung mit einem Telefonanschluß in der DDR ein Politikum, was eine zunehmende Unzufriedenheit hervorrief.
Tatsächlich war das Telefonnetz in der DDR seit den 50er Jahren nicht mehr modernisiert worden, so daß eine Versorgung aller Bürger mit einem Anschluß schon technisch unmöglich war. Es muß daher tatsächlich eine Prioritätsliste gegeben haben, auf der neben wichtigen Staatsbediensteten auch diejenigen Bürger weit oben standen, die aus medizinischen Gründen auf einen Telefon angewiesen waren.

Auf Grund dieser wirtschaftlichen Engpässe kam es in allen Bereichen zu einem blühenden Schwarzmarkt und persönliche Beziehungen mit Tauschhandel der Bürger untereinander – im Volksmund auch „Vitamin-B“ genannt – bekamen zunehmende  Bedeutung.

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Medien in der DDR

Die Medien unterlagen in der DDR einer strikten Zensur. Sowohl das Fernsehen, Radio als auch die Presse durfte nichts veröffentlichen, was nicht vorher von den zuständigen Stellen genehmigt wurde. Dies galt auch für die Zeitungen der Kirche, die die Auflage bekamen, sich ausschließlich religiösen Themen zuzuwenden. Für die Verbreitung von Nachrichten in der DDR war der ADN (Allgemeine Deutsche Nachrichtendienst) zuständig, der wiederum faktisch von der SED überwacht wurde. Er hatte die Monopolstellung im Land.
Wer sich aus wirklich freien Medien informieren wollte und Fernseh- bzw. Rundfunkprogramme aus der BRD oder West-Berlin empfangen konnte, der schaltete diese ein.

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Die Rolle der westdeutschen Medien in der DDR

Die Medien aus der Bundesrepublik sowie aus West-Berlin spielten in der DDR eine große Rolle, da sie die einzigen objektiven Informationsquellen über die Geschehnisse in der DDR darstellten. Während die Medien der DDR stets ein propagandistisch-geschöntes Bild vom Staat DDR zeigten, erhielt man als DDR-Bürger im „Westfernsehen“ auch Berichte zu sehen, die die SED-Führung gern geheim gehalten hätte –  insbesondere von Dissidenten und den Todesschüssen an der Mauer. Hierzu nur zwei Beispiele:
Am 14. März 1988 fand in Leipzig ein Friedensgebet des Arbeitskreises Solidarische Kirche mit anschließender Demonstration statt. Bilder davon waren am Abend in ARD und ZDF zu sehen.
Am 12. September 1989 brachte die ARD eine Sendung über den Verfall von ganzen Stadtteilen Leipzigs und über das Lebensgefühl Leipziger Jugendlicher.
(weitere Beispiele dazu folgen)

Von bundesdeutscher Seite wurde hier im Zuge des „Kalten Krieges“ eine regelrechte Informationspolitik betrieben. Um zu ermöglichen, daß möglichst viele DDR-Bürger die westdeutschen Fernseh- und Radioprogramme empfangen konnten, wurden an der innerdeutschen Grenze und in West-Berlin extra hohe Sendemasten aufgestellt. Bis auf wenige entlegende Gebiete, die im Volksmund „Tal der Ahnungslosen“ genannt wurden, wurden so die meisten Gebiete der DDR mit „Westprogrammen“ versorgt. Für Menschen in einer Diktatur sind unzensierte Informationen besonders wichtig.

Allerdings konnte es bei der Berichterstattung zu gelegentlichen Falschmeldungen kommen, was sich auch in freien Medien nicht immer vermeiden läßt.

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Wehrdienst in der DDR

Jeder männliche Bürger der DDR unterstand der Wehrpflicht, wobei der Dienst 18 Monate dauerte.
In der NVA herrschte über die gesamt Zeit ihres Bestehens ein sehr strenges und z. T. sogar entwürdigendes Regime.
Innerhalb dieser Armee gab es über die Methode des militärischen Drills der Vorgesetzten hinaus noch eine sogenannte „EK-Bewegung“. „EK“ stand für „Entlassungskandidat“. Die dienstälteren Wehrpflichtigen hatten die Aufgabe, die neuen Wehrpflichtigen in den Wehrdienst einzuführen und ihre Kenntnisse und Fähigkeiten weiter zu geben. Das führte jedoch nicht selten dazu, daß die „Eks“ die Neuen mit sehr entwürdigenden Bezeichnungen betitelten und sie wie Sklaven hielten, d. h. sie mußten Ihnen u. a. die Schuhe putzen, die Wäsche waschen und das Essen holen sowie das Zimmer alleine sauber machen, wobei die „Eks“ den Neuen dann noch einen Teil ihres Essens wegnahmen (z. B. das Fleisch) – mit stillschweigender Genehmigung der Vorgesetzten. Setzte sich ein Neuer zur Wehr fanden eigens zur Brechung des Stolzes der Neuen äußerst abartige „Spiele“ statt, die zudem noch bestimmte Namen hatten. Eines der „Spiele“ war z. B. die „Musikbox“: einer der Neuen wurde in den Spint eingeschlossen, die „Eks“ warfen ein Geldstück ein und der Neue mußte ein Lied singen. Beschwerte sich der Neue danach beim Vorgesetzten, wurde der Neue zurecht gewiesen – nicht die „Eks“.
Hier wurde von den Vorgesetzten ein Phänomen begünstigt, das bereits wissenschaftlich untersucht wurde und unter der Bezeichnung „Luzifer-Effekt“ oder auch „Stanford Prison Experiment“ bekannt geworden ist.

Sowohl das Experiment als auch ähnliche Situationen, die bis in die Gegenwart immer wieder auftreten, beweisen: Die zu große Anhäufung von unkontrollierter Macht bei einer Person oder einer kleineren Gruppe von Personen führt verstärkt zum Mißbrauch dieser Machtposition.

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Reisemöglichkeiten

Die Reisefreiheit war in der DDR stark eingeschränkt. So war es zwar möglich, Urlaubsreisen in die Staaten des „Warschauer Vertrages“ zu unternehmen und auch nach Kuba, aber Reisen in Länder des NSW war den meisten Bürgern der DDR erst möglich, nach dem sie das Rentenalter erreicht hatten, d. h. Frauen ab 60 Jahren und Männern ab 65 Jahren. Dabei traten immer wieder Probleme finanzieller Art auf, da die Reisenden nicht viel Geld in westlicher Währung – also D-Mark – mitnehmen durften und mit der eigenen Währung – DDR-Mark – im NSW nichts zu kaufen bekamen.
Laut einem Beschluß der DDR-Regierung, der am 1. Juli 1987 in Kraft trat, erhielten DDR-Bürger für Westreisen nur noch 15,- DM pro Jahr, die sie 1:1 gegen DDR-Mark tauschen konnten.
Umgekehrt gab es für Bürger aus der Bundesrepublik, die in die DDR reisen wollten, einen Zwangsumtausch, bei dem 25 DM ebenfalls 1:1 in DDR-Mark getauscht werden mussten.

Die Teilung Deutschlands in zwei Staaten, die sich auf Grund der Zugehörigkeit zu zwei miteinander verfeindeten Militärblöcken ebenfalls politisch verfeindet waren, brachte für die Bevölkerung in diesen beiden Staaten eine besondere, sehr unnatürliche Situation mit sich. Es gab viele Familien, die auf Grund der Wirren des Krieges über ganz Deutschland verstreut waren. Die Teilung und vor allem der Mauerbau zementierte den vorhandenen Zustand, so daß Familien bzw. Verwandtschaften in beiden deutschen Staaten ansässig waren. Insbesondere bei Flüchtlingsfamilien aus den ehemals deutschen Ostprovinzen war das der Fall. Das Unnatürliche daran war, daß auf Grund  der Politik dieser beiden Staaten zwar eine ständige feindliche Propaganda gegeneinander in der jeweiligen Bevölkerung verbreitet wurde, durch die in vielen Familien vorhandenen Verwandtschaftsverhältnisse diese Propaganda jedoch völlig absurd war und deshalb ins leere laufen mußte. Deutschland war auch nach 1949 bzw. 1961 eine Nation und daran änderte sich bis zur Wiedervereinigung 1990 nichts.

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Warum hielt diese Diktatur 40 Jahre lang?

Einige der am häufigsten gestellten Fragen im Bezug auf die vielen Unzulänglichkeiten und Ungerechtigkeiten der DDR ist:
Wenn so viele Menschen mit dem Staat DDR eigentlich unzufrieden waren – warum rebellierten sie nicht gegen ihn, sondern machten weitgehend alles mit?
Warum hielt diese Diktatur dann 40 Jahre lang?

Diese Fragen sind tatsächlich sehr interessant – deren Beantwortung aber auch recht komplex.
Zum einen muß man sehen, daß die DDR kein unabhängiger Staat in eigentlichen Sinne war, sondern wie bereits beschrieben von der UdSSR stark abhängig war und durch die Mitgliedschaft im Warschauer Vertrag konnte die SU durchsetzen, daß die stalinistischen Regime in diesen Ländern bestehen blieben und selbst das geringste Abweichen von der vorgegebenen Linie wurde nicht zugelassen – wie sich z. B. auch in den Jahren 1979-81 in Polen einmal mehr zeigte:
Seit den Streiks der Gewerkschaft Solidarnosc  in den Jahren 1979/80 wurde am 30. Oktober 1980 auch der visafreie Reiseverkehr von DDR-Bürgern nach Polen aufgehoben.
Die Lage in Polen spitzte sich danach durch immer neue Demonstrationen weiter zu, so daß eine Lage entstand, die eine Besetzung durch Truppen des Warschauer Vertrages immer wahrscheinlicher machten. Dieser Besetzung kam die polnische Regierung am 13. Dezember 1981 durch die Ausrufung des Kriegsrechts nach den späteren Angaben von Verantwortlichen nur um wenige Wochen zuvor.
Auch die wirtschaftliche Lage in Polen war katastrophal, so daß eine Spendenaktion in der DDR sowohl von staatlicher als auch von kirchlicher Seite ins Leben gerufen wurde.
Die Einreisebeschränkungen nach Polen blieben für DDR-Bürger hingegen bis 1989 bestehen.
Die Ereignisse in Polen dürften auch auf die Bevölkerung in der DDR eher entmutigend gewirkt haben – zeigten die Kommunisten auch diesmal, daß sie auch weiterhin keine Oppositionsbewegung in irgendeinem Land innerhalb des Bündnisses zulassen würden. Genau wie 1953 in der DDR, 1956 in Ungarn und 1968 in der CSSR wurde nun also 1981 auch die Freiheitsbewegung in Polen unterdrückt.

Zum anderen muß man sehen, daß sich das Regime der DDR mit Hilfe der von mir bereits aufgelisteten eigenen „Bewaffneten Organen“ auch aus eigener Kraft sehr gut zu schützen wußte. Laut der SED-Propaganda waren diese „Bewaffneten Organe“ zum „Schutz der Heimat“ da. Wenn man sich jedoch die Politik der SED genauer anschaut, dann stellt man fest, daß der Staat zwar durchaus auch darauf aus und in der Lage war, äußere „Feinde“ abzuwehren – hier vor allem die Staaten der NATO – jedoch richtete sich diese „Gefahrenabwehr“ mit zunehmender Unzufriedenheit der Bevölkerung auch gegen das eigene Volk.
Den Widerstand von regimekritischen Bürgern zu brechen und regimekritische Bürgerrechtsbewegungen gar nicht erst zuzulassen, wurde zu einer den wichtigsten Aufgaben des MfS. Hierzu paßt auch ein Gesetz, das sogenannte „Zusammenrottungen“ von Bürgern verbot und unter Strafe stellte. Damit sollten nicht genehmigte Demonstrationen schon im Keim erstickt werden.
Um regimekritische Zusammenschlüsse von Bürgern schon im Ansatz zu erkennen und auch zu unterbinden, hatte das MfS ein flächedeckendes Netz aufgebaut, in dem unter anderem die ABVs der VP aber vor allen auch das aufgebaute Netz von „IMs“ eine besondere Rolle, da sie ausschließlich verdeckt operierten, aber auch andere Angehörige der Bewaffneten Organe, die jedoch bei den Bürgern als solche bekannt waren.
Dieses Spitzelsystem diente zunächst dem Sammeln von Informationen. Dabei wurden von hauptamtlichen Mitarbeitern des MfS auch Wohnungen abgehört bzw. durchsucht und ggf. zu diesem Zweck auch in Wohnungen eingebrochen. Hatte man genügend Informationen gesammelt, die ein weiteres Vorgehen gegen die betreffende Person oder Gruppe von Personen „rechtfertigten“, kam es zu Verhaftungen – in späteren Jahren auch zu sofortigen Ausweisungen aus dem Land. Hierbei ist interessant, daß der Staat gegen einzelne Personen, die nur im Stillen unzufrieden waren, aber ihre Meinung nicht öffentlich äußerten, nur wenig unternahm. Um so härter war das Vorgehen gegen regimekritische Bürger, die sich öffentlich äußerten und gegen Zusammenschlüsse von Bürgern. Hier schlug der Staat mit seiner ganzen Macht wie bereits beschrieben zu. Einige weniger harte Maßnahmen bestanden z. B. aber auch darin, bestimmte Personen unter Hausarrest zu stellen oder mit polizeilichen Meldeauflagen zu belegen. 
Da dieses Vorgehen mit geheimdienstlichen Methoden vor sich ging, blieben diese Aktivitäten des Staaten jedoch den meisten Bürgern über lange Zeit verborgen.

Es wäre jedoch zu einfach, das lange Bestehen des SED-Regimes ausschließlich mit den Repressalien des Staates zu erklären, denn es gab zwar viele Bürger, die aus Angst vor Repressalien schwiegen und sich somit unterwarfen.
Die weitaus meisten Bürger richteten sich jedoch so gut es eben ging in diesem Staat ein, gingen zur Arbeit und gelegentliche Brigadefeiern, bei denen unter den Kollegen ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstand, taten ihr übriges.
Darüber hinaus gab es durchaus auch Befürworter der offiziell als positiv und als „fortschrittlich“ propagierten Politik des Staates und auch Menschen die zwar zumindest teilweise auch negative Züge dieser Politik erkannten, aber diese dennoch akzeptierten und z. T. auch versuchten den Staat zu ihren eigenen Vorteil (z. B. beruflich) auszunutzen. Von den beiden letztgenannten „Gruppen“ traten einige in eine der Blockparteien ein – zum großen Teil jedoch in die SED, was auch die relativ hohe Mitgliederzahl dieser Partei erklärte. So verlief die Entwicklung der Mitgliederzahlen folgendermaßen (laut Quelle)

1948 hatte die SED ca. zwei Millionen Mitglieder,
diese Zahl sank im Juli 1950 auf nur noch 1,75 Millionen,
im Juni 1951 gar auf ca. 1,221 Millionen,
bevor danach wieder ein stetiger Anstieg zu verzeichnen war:

1954 – 1.413.313 Mitglieder, Dezember 1961 – 1.610.769,
Juni 1971 – 1.909.859,
Mitte der 70er Jahre über zwei Millionen,
April 1981 – 2.172.110,
Mai 1989 – 2.260.979 Mitglieder und 64.016 Kandidaten der SED

Die „Wendezeit“ bedeutete neben der Umbenennung in „PDS“ auch in der Entwicklung der Mitgliederzahlen einen großen Einschnitt:

1990: 285.000
1991: 172.579
1992: 146.742

Dennoch:
Erste Anfänge einer Opposition gab bereits ab Ende der ´70er Jahre. So wurden einzelne für die Bürgerrechte kämpfende Dissidenten vor allem über die Westmedien bekannt. Zu den bekanntesten Dissidenten gehörten z. B. Rudolf Bahro, (Sozialwissenschaftler, Schriftsteller), Wolf Biermann (Liedermacher), Katja Havemann (Schriftstellerin) und Robert Havemann (Chemiker, Politiktheoretiker), Stephan Krawczyk (Liedermacher und Schriftsteller) und Stefan Heym (Schriftsteller). Sie alle wurden vom SED-Regime diskriminiert oder sogar politisch verfolgt.

 

Religionsfreiheit

 

Die in der Verfassung festgeschriebene Religionsfreiheit wurde weitgehend gewährt, jedoch wurden die Kirchen und insbesondere bestimmte Thesen der christlichen Religion vor allem in den Schulen heftig kritisiert. Insbesondere das christliche 5. Gebot („Du sollst nicht töten/morden“) war dabei einer der Hauptangriffspunkte, da dieses Gebot der marxistisch-leninistischen Lehre entgegen stand, in der Gewaltanwendung für den „Sieg der Revolution“ legitim war. Außerdem war es Teil der kommunistischen Doktrin, der „Friede müsse bewaffnet sein“, um sowohl den Frieden, als auch den Sozialismus zu schützen. Auf Grund der Tatsache, daß sich die Kirchen in der DDR der SED-Ideologie nicht unterordnen ließen, legte das MfS auf sie ein besonderes Augenmerk.

Im Jahre 1978 wurde in den Schulen ab der 9. Klasse sowie in der Berufsaubildung bzw. Studium das Schulfach „Wehrerziehung“ für alle Jugendlichen, inklusive der sogenannten „vormilitärischen Ausbildung“ für die männliche Jugendlichen sowie die „Zivilverteidigung“ für die weiblichen Jugendlichen eingeführt. Die Teilnahme an der „vormilitärischen Ausbildung“ war zwar offiziell „freiwillig“ (aus einem Erleben 1983), jedoch wurde auch klar gesagt, wenn man körperlich gesund ist und kein Attest vom Arzt hätte, dann gäbe es eigentlich gar keinen Grund, daran nicht teilzunehmen.“
Laut dem Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V. wurde jedoch am 25. März 1982 von der Volkskammer ein neues Wehrdienstgesetz verabschiedet, mit dem die vormilitärische Ausbildung für sämtliche Betriebe und Schulen zur Pflicht erhoben wurde.
So stand auch der 1980 von Kirche herausgegebene Leitspruch „Schwerter zu Pflugscharen“ genau der SED-Doktrin entgegen. General Hoffmann sagte in seiner Erklärung, daß „Pflugscharen und Schwerter“ von Nöten seien. Es fand eine breite Aktion der DDR-Behörden gegen pazifistische Symbole und das Zeichen der Friedensdekade „Schwerter zu Pflugscharen“ statt. Die Pfarrer wurden aufgefordert, dieses Symbol aus den Schaukästen zu entfernen. Christliche Jugendliche trugen – nachdem die Aufnäher durch die Polizei entfernt wurden – anstelle des Aufnähers ein Loch, einen roten Kreis oder weißen Fleck auf ihren Jacken und Parkas.
Im Internetlexikon Wikipedia steht allerdings, die „Vormilitärische Ausbildung“ sei seit seiner Einführung im Jahre 1978 im Rahmen des Lehrplanes „verbindlich“ gewesen, was es faktisch auch war.

Die Kirchen engagierten sich seit dem Ende der 70er Jahre immer stärker für die Bürgerrechte sowie für Frieden und Abrüstung in Europa. Immer stärker formierte sich unter dem Dach der Kirchen, insbesondere der evangelischen Kirche, eine Opposition zur SED-Diktatur, was dem Regime nicht verborgen blieb, so daß die Kirchen einer besonders starken Überwachung durch das MfS ausgesetzt waren und somit zur Drehscheibe des Kampfes Staat gegen Opposition wurden.
Einen Erfolg hatte die Evangelische Kirche offenbar bereits 1980 zu verbuchen. Nach einem Treffen am 17. März 1980, bei dem die Vorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR mit dem Staatssekretär für Kirchenfragen vor allem über den Friedensauftrag der Kirchen sprachen, trat am 30. Juni 1980 eine neue Veranstaltungsordnung in Kraft. Sie bestimmte, daß Veranstaltungen der „Massenorganisationen“ aber auch der bei den staatlichen Organen erfaßten Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht genehmigungspflichtig waren. Als Voraussetzung für die kirchlichen Veranstaltungen wurde festgelegt, daß „sie in eigenen oder von ihnen zu Veranstaltungen ständig genutzten Räumlichkeiten und von im Dienst der Kirchen und Religionsgemeinschaften stehenden Mitarbeitern und Laien“ durchzuführen seien.
Dieser Bestimmung widersprach jedoch staatliche Maßnahmen, wie z. B. zur Friedensdekade der evangelischen Kirchen vom 9. bis 19. November 1980, die unter dem Thema unter „Frieden schaffen ohne Waffen“ in Deutschland stattfand. Die geplante Friedensminute am Buß- und Bettag mit Glockenläuten um 13.00 Uhr wurde von der DDR-Regierung verboten. Die Sächsische Kirchenleitung ließ jedoch die Glocken am 19. November um 13.15 Uhr läuten. Mit einer Gesprächskampagne versuchten staatliche Stellen auf die Gestaltung der Friedensdekade Einfluß zu nehmen. Viele Pfarrer betonten den gesamtdeutschen Charakter der Friedensdekade und gestalteten die Andachten entsprechend.
Diese und weitere staatliche Eingriffe in die Arbeit der Kirche zeigte, daß die Bedingungen schwierig bleiben würden.
So war es zwar möglich, am 9. Mai 1981 einen Aufruf zum Sozialen Friedensdienst (SoFD) – u.a. von Pf. Wonneberger verfasst – nach mehreren Monaten der Vorarbeit zu verabschieden, hinter den sich auch die vom 23. bis 28. Juni 1981 in Gera tagende Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der DDR stellte.
Jedoch ließen die Gegenmaßnahmen des Staates nicht lange auf sich warten. Bereits am 6. August 1981 wurde, um eine für 17.00 Uhr geplante Demonstration für einen Sozialen Friedensdienst zu unterbinden, die Thomas- und die Nikolaikirche schon 16.00 Uhr geschlossen. Jugendliche, die die Demonstration aus Anlaß des Jahrestages des Atombombenabwurfs über Hiroshima vorbereitet hatten, wurden vom MfS festgenommen.
Trotz des harten Vorgehens des Staates, unterließen es Vertreter vor allem der Evangelischen nicht, weiterhin Forderungen an den Staat zu stellen.
Am 24. September 1981 forderte z. B. Pfarrer Rainer Eppelmann Erich Honecker zu „17 vertrauensbildenden Maßnahmen“ auf – u.a. sollte sich die DDR für die Schaffung einer kernwaffenfreien Zone in Mitteleuropa, für den Abzug aller ausländischen Truppen und die Entmilitarisierung Deutschlands einsetzen. Außerdem forderte er die Abschaffung des Wehrkundeunterrichts und der vormilitärischen Ausbildung an den Schulen, den Verzicht auf Militärparaden und Repräsentation von militärischem Gerät bei Volksfesten – eine Forderung, die natürlich ins Leere laufen mußte.
Ein weiteres wichtiges Ereignis kirchlicher Friedensarbeit war die Friedensdekade, die vom 8. bis 18. November 1981 unter dem Oberthema „Gerechtigkeit – Abrüstung – Frieden“ stattfand. Für diese Dekade wurde der Aufnäher „Schwerter zu Pflugscharen“ gedruckt. Dieses Symbol – mit dem Abbild eines von der Sowjetunion gestifteten Denkmals im New Yorker UN-Park – wurde von vielen Jugendlichen als Zeichen eigenständigen Friedensengagements verwendet und von Teilen der westdeutschen Friedensbewegung als systemübergreifendes Symbol aufgegriffen. In der Nikolaikirche in Leipzig wurde wenig später eine große Schautafel mit diesem Symbol aufgestellt. Mit der Einführung weiterer militärischer Ausbildungsphasen in den Schulen und im Zusammenhang mit den Friedensdekaden entstand in Dresden, Jena, Rostock und in anderen Städten die Idee der regelmäßigen Friedensgebete. Ziel war es, sich einmal wöchentlich zu Liedern, Informationsaustausch und Gebet an einem öffentlichen Ort zu treffen.
Pfarrer Rainer Eppelmann war es auch, der mit seinem „Berliner Appell – Frieden schaffen ohne Waffen“ an die Öffentlichkeit am 25. Januar 1982 an die Öffentlichkeit ging, weshalb er am 9. Februar bis zum 11. Februar 1982 vorübergehend festgenommen wurde.
Auch in der Folgezeit gab es immer wieder Aktionen der Kirchen vor allem in Sachsen, die mit Gegenaktionen des Staates oder von Massenorganisationen wie der FDJ beantworte wurden – so z. B. am 23. Februar, wo die FDJ mit einer Aktion unter dem Motto „Der Frieden muß verteidigt werden – der Frieden muß bewaffnet sein“ begann, die die Wehrbereitschaft ihrer Mitglieder erhöhen sollte.

Die Gespräche zwischen Vertreten der Kirchen und des Staates gingen weiter.
Doch blieb das Verhältnis zwischen Kirche und Staat auch in den folgenden Jahren kompliziert, da auf der einen Seite die Kirche einen möglichst großen Einfluß auf die Politik des Staates zu erreichen versuchte, der Staat auf der anderen Seite die Kirchen aus der Politik ganz zu verbannen suchte.

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Regierungswechsel in der Bundesrepublik Deutschland

Am 1. Oktober 1982 wurde H. Kohl (CDU) nach einem angenommenen Mißtrauensantrag von H. Schmidt (SPD) neuer Bundeskanzler der BRD. Sowohl von der DDR-Regierung als auch in der Bevölkerung der DDR wurde dieser Regierungswechsel überwiegend kritisch beurteilt, da eine Verschlechterung der Beziehungen der beiden deutschen Staaten befürchtet wurde.

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Die Friedensgebete

 

als Vorläufer der Montagsdemonstrationen

 

Bereits seit dem 20. September 1982 fanden in der Leipziger Nikolaikirche jeden Montag regelmäßige Friedensgebete statt, die im Laufe der Jahre immer größeren Zulauf erfuhren. Allmählich nahmen sie den Charakter von Großveranstaltungen an, da hier auch politische Themen angesprochen wurden. Gelegentlich fanden im Anschluß eines solchen Friedensgebetes Kundgebungen statt, so daß sich daraus die späteren Montagsdemonstrationen entwickelten.

Nach einer Tagung des Ausschusses des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR zum Thema „Die Zukunft des Friedens“ mit 80 Vertretern des Ausschusses und verschiedener Friedensgruppen vom 28.-30. Januar 1983 wurde am 7. Februar in eine Wohnung von Mitgliedern der AG Friedensdienst eingebrochen. Es wurden Materialien zur Vorbereitung des Gottesdienstes am 4. April 1983 durchstöbert und am 4. März nahm die Polizei die Personalien aller Teilnehmer einer Vorbereitungsrunde für den Gottesdienst am 4. April 1983 auf.

Am 5. März fand in der Michaeliskirche Leipzig ein Friedensgottesdienst zum Thema „Frieden 1983 – ein hoffnungsloser Fall?“ statt.
Der Rat der Stadt Leipzig, Abteilung Kirchenfragen, schätzte in einem Protokoll ein, daß es in dem Friedensgottesdienst fundierte Angriffe gegen den Wehrdienst und das Wehrdienstgesetz der DDR gab.

Am 27. März 1984 führte Sabatowska vom Rat der Stadt Leipzig auf Initiative des MfS mit Superintendent Magirius ein Gespräch mit dem Ziel der „Disziplinierung“ von Pfarrer Christoph Wonneberger.
Am 6. Mai folgte Gespräch zwischen Reitmann (Rat des Bezirkes Leipzig) und Vertretern des Landeskirchenamtes. Der Kirche wurde vorgeworfen, sich zu sehr für Ausreisewillige einzusetzen. Präsident Kurt Domsch und Oberkirchenrat Hartmut Rau erklärten, daß die Kirche nicht zum Anlaufpunkt für Antragsteller werden wolle.

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Bildung von kirchlichen Basisgruppen bzw. Bürgerinitiativen

Ebenfalls unter dem Dach der Kirche bildeten sich erste  Friedens- und Bürgerrechtgruppen bzw. Bürgerinitiativen. Festzustellen ist dabei, daß sich die frühen Bürgerrechtsgruppen ausschließlich aus den Kirchengemeinden und den Aktionen der Kirchenmitglieder und -gemeinden heraus bildeten und beide eng miteinander verknüpft waren. Die Arbeit dieser Gruppen umfasste sowohl Diskussionen über gesellschaftliche als auch politische Probleme. Recht früh gerieten aber diese Gruppen jedoch in einen Widerspruch zur Kirche. Die Gründe dafür waren offenbar immer wieder ihre Aktionen, die der Kirche zu weit gingen, da die Beteiligten dabei auch ihre eigene Festnahme in Kauf nahmen.

So wurden Bärbel Bohley und Ulrike Poppe von der 1982 gegründeten Initiative „Frauen für den Frieden“ am 12. Dezember 1983 in Berlin inhaftiert und bis zum 24. Januar 1984 festgehalten. Ihnen wurde der „Verdacht landesverräterischer Nachrichtenübermittlung“ vorgeworfen, da das MfS von Kontakten zu den Grünen der BRD wusste. Daraufhin wurde B. Bohley aus dem Verbandes Bildender Künstler der DDR ausgeschlossen, ein Auslandsreiseverbot verhängt – sie bekam außerdem keine staatlichen Aufträge mehr und durfte ihre Werke nicht mehr ausstellen.

Am 14. November 1984 fand ein Friedensgebet in der Nikolaikirche unter dem Motto statt: „Du hast keinen Ausreiseantrag gestellt, warum nicht?“ Im Anschluß daran bildete sich der Gesprächskreis „Hoffnung“.
Am 16. November Stephan war Krawczyk mit seinem Programm „Wir kommen noch wie sonst zusammen“ in der Leipziger Michaeliskirche.
Vom 10. bis 20. November 1985 fand zudem eine Friedensdekade unter dem Thema „Frieden wächst aus Gerechtigkeit“ statt.
In Leipzig fanden täglich 18.00 Uhr von den Basisgruppen gestaltete Friedensgebete in der Nikolaikirche statt. Am Abend waren auch das Friedenscafé und die Friedensbibliothek in den Seitenkapellen der Nikolaikirche geöffnet. In der Kirche gab es Ausstellungen, die von den Gruppen gestaltet wurden. Während der Friedensdekade fand in der Lukaskirche eine Fastenstafette statt, die Kirche war rund um die Uhr geöffnet.
Die Gruppe „Frauen für den Frieden“ gestaltete Foren, in denen sie sich gegen die entmündigende und militaristische Erziehung im Kindergarten wandte.

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Die Widersprüche zwischen der Gesellschaft und dem Staat verschärfen sich in der Zeit der sowjetischen „Perestoika“

Wie bereits aufgezeigt, war das Ringen zwischen Kirche und Staat zur Stellung der Kirche innerhalb des Staates besonders heftig. Dabei ist zu beobachten, daß sich die Widersprüche ab Mitte der ´80er Jahre bedeutend verschärften. Aber auch die Bürger außerhalb der Kirchen begannen, mehr Freiheiten zu verlangen. Nicht zufällig geschah dies genau zu der Zeit, als der Staats- und Parteichef in der UdSSR Michail Gorbatschow seine „Perestroika“ (Umgestaltung) durchzusetzen versuchte.
Michail Gorbatschow wurde im März 1985 zum Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU gewählt. Auf dem 27. Parteitag der KPdSU im Februar 1986 verkündete Gorbatschow seine neuartige Politik, die einen Bruch mit der Politik seiner stalinistischen Vorgänger im eigenen Land und auch zum SED-Regime unter Honecker bedeutete. Insbesondere das Konzept „Glasnost“ (Offenheit) stieß auf den Widerstand der SED. So kam es, daß die Veränderungen in der SU auch bei den Bürgern der DDR die Hoffnung auf Veränderungen auch in der DDR nährte, während das Honecker-Regime alles tat, um eine solche Politik in der DDR schon im Keim zu ersticken. Der „Sputnik“, eine sowjetische Zeitschrift die auch in der DDR erschien, wurde am 19. November 1988 auf Grund der immer kritischeren Berichterstattung von der Postzeitungsliste des PZV gestrichen, was einem Verbot gleich kam. Die offizielle Begründung war: „Der Sputnik bringt keinen Beitrag, der der Festigung der deutsch-sowjetischen Freundschaft dient, statt dessen verzerrende Beiträge zur Geschichte.“
Auch dagegen gab es Protest von Bürgerrechtlern. Am 28. November 1988 protestierten Mitglieder der IG Leben und andere Bürgerrechtler während der Dokumentar- und Kurzfilmwoche in einer symbolischen Aktion  gegen die Zensurmaßnahmen der DDR-Behörden mit Luftballons mit der Aufschrift „Sputnik“ und den Namen der verbotenen sowjetischen Filme. Einige Teilnehmer erhielten dafür Ordnungsstrafen.
Am 1./2. Dezember 1988 prägte Erich Honecker auf der 7. Tagung des ZK der SED in Reaktion auf die Proteste gegen das „Sputnik“-Verbot den Slogan „Sozialismus in den Farben der DDR“ als Symbol für die Unbelehrbarkeit der SED-Führung. Außerdem wurde eine „Reinigung“ der Partei im Zuge des Umtauschs der Mitgliedsausweise für Ende 1989 beschlossen.

Trotz der seit etwa 1985 einsetzenden verstärkt harten Gangart des Regimes gegen jede Form der Demokratisierung regte sich ein immer stärkerer Widerstand und Protest:
So brach ein Protest während eines Konzertes des auch bei Jugendlichen in der DDR sehr populären Rockstars David Bowie vor dem Reichstag in Westberlin am 8. Juni 1987 los, wo sich mehrere hundert Jugendliche vor dem Brandenburger Tor versammelten. Die Ansammlung schlug nach Eingriffen der Polizei in eine politische Demonstration gegen die Mauer um – es wurde gerufen: „Die Mauer muß weg!“
Am 12. Juni 1987 kam US-Präsident Ronald Reagan nach West-Berlin zur 750-Jahr- Feier der Stadt und fordert hier den sowjetischen Parteichef Gorbatschow auf: „Reißen Sie die Mauer nieder!“

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Außenpolitik der SED-Regierung am Vorabend der „Friedlichen Revolution“

Am 17. Juli 1987 schaffte die DDR die Todesstrafe ab, laut Beschluß „in Übereinstimmung mit Empfehlungen im Rahmen der Organisation der Vereinten Nationen zur schrittweisen Beseitigung der Todesstrafe aus dem Leben der Völker.“ und mit der offiziellen Begründung in den Medien, daß sie ohnehin seit Jahren nicht mehr ausgesprochen wurde. Es ist jedoch anzunehmen, daß dieser Beschluß Teil der Vorbereitungen Honeckers für seinen Besuch in der Bundesrepublik war, wobei er Bundeskanzler Helmut Kohl einen seiner Kritikpunkte nahm.

(Weitere Informationen dazu hier.)

Dieser Besuch Erich Honeckers in der Bundesrepublik fand vom 7. bis 11. September 1987 statt, nachdem er vorher bereits dreimal abgesagt werden musste – zuletzt 1984 durch ein Veto der UdSSR. Interessant daran ist, daß sich Honecker und Kohl auf dem als Arbeitsbesuch deklarierte Treffen nicht einmal auf eine gemeinsame Formel für das Verhältnis der beiden Staaten einigen konnten:
Während Honecker von „den beiden deutschen Staaten“ sprach, sprach Kohl von „den beiden Staaten in Deutschland“. Dazu passt, daß in der Zeitung „Junge Welt“ in diesen Jahren bereits über die „Spaltung der Nation“ philosophiert wurde.
Der Staatsbesuch wurde vom MfS genauestens überwacht. (Details hier)

 

Während dessen suchte die Kirche in der DDR weiterhin ihre Rolle in Gesellschaft und Staat, wobei sich das Ringen um diese Rolle zwischen beiden weiter zuspitzte:

Am 22./23. November 1986 fand ein kirchliches Menschenrechtsseminar unter dem Thema „Menschenrechte – der Einzelne und die Gesellschaft“ in Berlin Statt. Das Treffen war schon für 1985 geplant, wurde aber vom Staat untersagt. Es fand nun unter der Auflage statt, daß keinerlei Briefe und Erklärungen verfaßt und keine Gäste eingeladen wurden.

Am 8. März 1987 gab es einen Beschluß der Konferenz der Kirchenleitung zur gesellschaftlichen Mitverantwortung der evangelischen Kirchen, in dem es u.a. hieß, daß in kirchlichen Äußerungen zu politischen und gesellschaftlichen Fragen „darauf geachtet werden [müsse], daß die Bindung an das Evangelium deutlich erkennbar wird“.

Am 22. März 1987 gab Stephan Krawczyk ein selbst in Kirchenkreisen umstrittenes Konzert in der Lukaskirche. Ein Teilnehmer des Konzertes schrieb an den Leipziger Oberbürgermeister: „Ich möchte Ihnen hiermit die Frage stellen, wie Sie es verantworten können, ein solches Subjekt in der Öffentlichkeit auftreten zu lassen.“
Das hatte innerkirchliche Konsequenzen: Pfarrer Christoph Wonneberger wurde später von Bischof Johannes Hempel und der Kirchenleitung dafür gerügt, daß er die Kirche für dieses Konzert zur Verfügung stellte.

Vom 21. bis 24. März ´87 verabschiedete die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens eine Stellungnahme zum sozialen Wehrersatzdienst angesichts des großen Personalmangels in Pflegeeinrichtungen und stellt sich hinter die Forderungen nach Reiseerleichterungen nach Ost- und West-Europa.

Am 13. April fand beim Vorsitzenden des Rates des Bezirkes Leipzig ein Gespräch mit Landesbischof Johannes Hempel, Präsident Kurt Domsch und Oberkirchenrat Eberhard Rau statt. Darin wurde der Kirche vorgeworfen, den Basisgruppen zu viel Raum zu geben, der dann durch diese Gruppen übergebührlich beansprucht werden würde. Dabei wurde besonders auf das Konzert von Stephan Krawczyk in der Lukaskirche verwiesen.

Doch schon am 24. Mai 1987 stellte sich die neugegründete „Arbeitsgruppe Menschenrechte“ in einer Veranstaltung unter dem Thema „Ich bin so frei“ im Keller der Michaelisgemeinde vor.

Am 13. August 1987 wurde der Theologe R. Lampe aufgrund eines symbolischen Protestes gegen die Mauer verhaftet und am 3. Dezember zu mehr als 12 Monaten Freiheitsentzug verurteilt. Die Strafe wurde jedoch auf Bewährung ausgesetzt.

Auf dem am 1. bis 19. September ´87 statt findenden „Olof-Palme-Friedensmarsch“ in der DDR beteiligten sich kirchliche Basisgruppen mit eigenen Transparenten am Friedensmarsch. In einigen Städten wurde von „eingesetzten staatlichen Demonstranten“ versucht, die Plakate der Basisgruppenmitglieder mit den eigenen Plakaten zu verdecken (z.B. in Torgau, wo viele Basisgruppenmitglieder aus Leipzig teilnahmen).

Am 22. September 1987 forderte die Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR in Görlitz „eine Erweiterung und durchschaubare rechtliche Regelungen von Reisemöglichkeiten für alle DDR-Bürger sowohl in die sozialistischen Länder als auch in das nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet, so daß die Genehmigungsentscheidungen überprüfbar werden“. Die Gemeinden wurden gebeten, sich stärker am konziliaren Prozeß zu beteiligen und  Gottesdienste mit den Themen Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung durchzuführen.
Der Antrag zur Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung einer Berliner Gemeindegruppe wurde ohne Beschluß behandelt.

Dagegen beschloß das Sekretariat des ZK der SED am 14. Oktober 1987 eine schärfere Abgrenzung der Politik gegenüber den Kirchen unter dem Motto „Der Kirche, was der Kirche, dem Staat, was dem Staat ist.“

Am 22. Oktober versuchte der Stellvertreter des Leipziger Oberbürgermeisters Superintendent Johannes Richter dazu zu bewegen, den Auftritt Stephan Krawczyks am 25. Oktober in der Laurentiuskirche abzusagen. Mit gleichem Ziel fand am folgenden Tag ein Gespräch mit Pfarrer Lösche statt.
Ungeachtet dieser Forderung fanden am 25./31. Oktober Konzerte Stephan Krawczyks in der Laurentiuskirche bzw. der Lukaskirche statt.

Auf der Konferenz der Kirchenleitung am 7. November 1987 wurde eine neue Kirchenpolitik der DDR-Regierung aufgrund der Absage der Regierung von Gesprächen zu Bildungsfragen, Militärpolitik u.a. konstatiert.

Die Kirchengruppen setzten ihr politisches Engagement dennoch fort:

Am 16. November fand in der Reformierten Kirche ein Forum zum Sozialen Friedensdienst unter dem Titel: „Der Friede muß unbewaffnet sein“ unter Beteiligung von westdeutschen Friedensgruppenmitgliedern statt.

Die Reaktion des Staates:
Am 24./25. November 1987 wurde die Umweltbibliothek der Zionskirche in Berlin durch die Staatsanwaltschaft durchsucht. Es wurden Vervielfältigungsgeräte und Papiere beschlagnahmt. Sieben Mitarbeiter der Umweltbibliothek wurden verhaftet. In den folgenden Tagen entwickelten sich in der ganzen DDR verschiedene Formen der Solidarisierung: Mahnwachen, Fürbitt- und Informationsandachten und Resolutionen.

Am 12. Dezember setzte der Chefredakteur der FDJ-Zeitung „Junge Welt“ in einem Artikel Teilnehmer der Berliner Mahnwachen mit rechtsradikalen Schlägern gleich.
Reaktion der Friedensgruppen:
Am Montag dem 14. Dezember 1987 gestaltete die AG Menschenrechte das Friedensgebet in der Nikolaikirche unter dem Motto „Zwischen Mauern leben“.

 

1988
Die Situation, die sich bereits im Jahre 1987 mit immer häufigeren Auseinandersetzungen verschärft hatte, spitzte sich im Folgejahr noch weiter zu, denn die Kirche und deren Mitglieder reagierten auf die immer härtere Gangart der Regierung mit immer häufigeren Aktionen. Trotz der sich weiter häufenden Zusammenstöße zwischen Kirchen und Staat gingen auch die Gespräche zwischen beiden weiter:

Am 5. Januar 1988 gab es ein Gespräch zwischen dem Vorsitzenden des Rates des Bezirkes Leipzig Rolf Opitz und Landesbischof Johannes Hempel. Die Landeskirche Sachsens erhielt eine erste Zusage für die staatliche Unterstützung bei Vorbereitung und Durchführung des Leipziger Kirchentages 1989.

Am 7. Januar ´88 wurden nach der Freilassung der Mitarbeiter der Umweltbibliothek auch die Ermittlungsverfahren eingestellt.

Am 16. Januar fand ein Seminar mit dem Titel „Abgrenzung und Öffnung“ in Oranienburg bei Berlin statt. Eingeladen waren alle, die sich in Eingaben an die Bundessynode mit dem Antrag „Absage an Prinzip der Abgrenzung“ auseinandergesetzt hatten.

Ebenfalls an diesem Tag richtete die AG Menschenrechte eine Eingabe an die Volkskammer, in der sie die Einführung eines Sozialen Friedensdienstes (SoFD) forderte.

Am 17. Januar 1988 wurden in Berlin rund 120 Personen festgenommen, die bei der traditionellen Gedenkdemonstration der SED für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg mit eigenen Losungen und Plakaten teilnahmen. Die Hälfte der Festgenommenen wurden wenige Stunden später nach West-Berlin abgeschoben.
In den folgenden Tagen fanden in der ganzen DDR Fürbittgottesdienste für die Inhaftierten statt.
Am 18. Januar wurde beim Friedensgebet in der Nikolaikirche über die Inhaftierungen am Vortage informiert.

Am 19. Januar erklärte Karsten Voigt (SPD) im Deutschlandfunk, daß die DDR durch die Abschiebung der inhaftierten Ausreisewilligen eine „einheitliche deutsche Staatsbürgerschaft“ praktiziere.

Am 21. Januar 1988 forderte die Ost-Berliner Kirchenleitung in einer Erklärung die Freilassung der im Zusammenhang mit der Demonstration am 17. Januar Festgenommenen. Sie erklärte sich bereit zur Teilnahme an den Fürbittandachten.
Im Semesterabschlußgottesdienst der Evangelischen Studentengemeinde berichteten Studenten über die Vorgänge in Berlin.
Am 22. Januar wurde in der Leipziger Michaeliskirche eine Informationsveranstaltung, die anläßlich der Vorgänge um die Berliner Umweltbibliothek angesetzt war, zu einer großen Informationsveranstaltung zu den erneuten Verhaftungen in Berlin. Hier wurde für die Idee geworben, auch in Leipzig Informations- bzw. Friedensgebete durchzuführen und Unterschriften unter eine Protestresolution gesammelt.

Am 25. Januar 1988 wurden erneut führende Berliner Oppositionelle unter Anschuldigung des „Landesverrates“ inhaftiert.
Ab dem 25. Januar fanden in Leipzig täglich Fürbittgebete für die Inhaftierten und für Reformen statt. Das Gebet am Montag, dem 25. Januar, fand in der Nikolaikirche (ca. 300 Teilnehmer) statt, weitere zuerst in der Evangelischen Studentengemeinde, später in verschiedenen Kirchen der Innenstadt. Es wurden Flugblätter verteilt, mit denen auf die Friedensgebete aufmerksam gemacht wird.
Am 26. Januar wurde Pfarrer Barthels wegen der Bereitstellung der Räume der Evangelischen Studentengemeinde (ESG) für die täglich stattfindenden Fürbittandachten in den Rat der Stadt Leipzig bestellt. Es gab einige zeitweilige Festnahmen.
Das Informationsgebet in den Räumen der ESG, das am gleichen Tag stattfand, besuchten ungefähr 100 Personen.

Am selben Tag bildete das MfS eine spezielle Lagegruppe („Spinne“), die alle Aktionen des Sicherheitskartells gegen oppositionelle Aktivitäten um die Fürbittengebete koordinieren sollte.

Am 27. Januar 1988 gab die Leipziger Kontaktgruppe, welche die Fürbittgebete koordiniert, eine Grundsatzerklärung heraus. Seit dem Überfall auf die Umweltbibliothek im November 1987 und den Verhaftungen im Januar 1988 kamen immer mehr Ausreiseantragsteller zu diesen Gebeten. Bei einem Gespräch im Rat des Bezirkes erklärten die Leipziger Superintendenten, daß sie über das „Auftauchen“ der Ausreiseantragsteller überrascht seien. Sie erklärten, daß es für sie eine neue Situation sei, da diese Gruppe weder mit dem Staat noch mit der Kirche etwas im Sinne hätte. Die Superintendenten wurden darum gebeten, die Fürbittgebete nicht in der Innenstadt durchzuführen.

Am 29. Januar gab es ein Treffen zwischen der Kontaktgruppe, Pfarrer Kaden, Pfarrer Barthels und den beiden Superintendenten. Es wurde vereinbart, daß die beiden Pfarrer für die Fürbittgebete verantwortlich sind, für die Friedensgebete jedoch Pfarrer Führer.

Am 1. Februar 1988 wurden an verschiedenen Stellen Leipzigs Flugblätter, u.a. mit folgender Aufforderung verteilt: „Bürger setzt euch ein für Demokratie und Menschenrechte, übt Solidarität mit den zu unrecht verhafteten Bürgerrechtlern.“

Zum Friedensgebet in St. Nikolai kamen an diesem Tag 700 Besucher. Die Kontaktgruppe erklärte, daß die Verhaftungen in Weimar, Dresden und Leipzig zeigen würden, daß das staatliche Vorgehen breit angelegt sei und sich gegen Gerechtigkeit und Offenheit richte. Sie rief zu weiteren Fürbittandachten auf und bot ihre Hilfe dabei an.

Zwischen dem 2. und 9. Februar 1988 wurden mehrere der in Berlin Inhaftierten direkt in die BRD abgeschoben. Andere bekamen befristete Visa, mit denen sie die DDR für 6 Monate und länger verlassen mußten, zwei Personen wurden auf Bewährung in die DDR entlassen.
Am 2. Februar gab es ein Treffen der Superintendenten mit dem Stellvertreter des Oberbürgermeisters. Dieser erklärte, daß der Staat Mittel und Wege finden würde, die Tätigkeit der Kontaktgruppe zu unterbinden.
Am Friedensgebet nahmen inzwischen ca. 800 Personen teil.

Am 5. Februar brachte J. Tallig an der stark begangenen Unterführung in der Nähe des Neuen Rathauses folgende Sprüche an:
„Wir brauchen Offenheit und Demokratie wie die Luft zum Atmen. M. Gorbatschow“, „Neues Denken auch nach innen“ und „Hoch Lenin! B.B.“.
J. Tallig wurde deshalb am 15. Februar 1988 festgenommen und zu über 6.000,- Mark Strafe verurteilt.

Am 9. Februar 1988 hielt der Vertreter des Politbüros der SED, Werner Jarowinsky, dem Vorsitzenden des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR, Bischof Werner Leich (Eisenach), eine Standpauke wegen Einmischung der Kirche „in staatliche Angelegenheiten“.
Dennoch  fand in St. Nikolai ein Gemeindeabend zum Thema „Leben und Bleiben in der DDR“ zur Problematik der Übersiedlung nach Westdeutschland statt (Pfarrer Führer). Er wurde von ca. 900 Menschen besucht. Pfarrer Führer bot das Friedensgebet als „Kontaktmöglichkeit“ für Ausreiseantragsteller an. Der AK Gerechtigkeit verteilte nach dem Gemeindeabend und nach dem folgenden Friedensgebet einen Brief zur „gesetzlichen Regelung der Ausreise“. Mehrere Hundert Antragsteller sendeten diesen an Erich Honecker.
Vom 9. Februar/10. März wurden die Ausreiseantragsteller F. W. Sonntag und Dr. M. Kunze (AKG) inhaftiert. Ihnen wurde die Erarbeitung und Verteilung der Eingabe zur „gesetzlichen Regelung der Ausreise“ vorgeworfen. In diesem Zusammenhang wurden auch weitere Antragsteller kurzzeitig festgenommen und belehrt, daß ihnen die Mitarbeit in kirchlichen Gruppen und Veranstaltungen untersagt sei.
Am 22. Februar 1988 teilte Superintendent Magirius im Friedensgebet mit, daß Seelsorge für Ausreiseantragsteller nur individuell geschehen könne (somit also keine Friedensgebete für Ausreiseantragsteller).

Am 26. Februar 1988 fand eine Beratung der Dienstkonferenz des Ministeriums für Staatssicherheit bei Erich Mielke Fragen der Mobilmachung und Internierung statt.
Am 2. März 1988 setzte das MfS eine spezielle Lagegruppe zur Koordinierung der Aktionen gegen Ausreisewillige und gegen Friedensgebete („Bearbeitungskomplex ‚Spinne“) ein. Die Abteilungen Innere Angelegenheiten werden angewiesen, bei den Ausreisewilligen keine Hoffnungen auf Ausreisemöglichkeiten aufkommen zu lassen und sie vom Besuch kirchlicher Veranstaltungen abzuhalten.

Zehn Jahre nach dem Staat-Kirche-Gespräch vom 6. März 1978 gab es am 3. März 1988 ein Gespräch zwischen Erich Honecker und Landesbischof Werner Leich. Danach sendeten bundesdeutsche TV-Stationen ein Interview mit Werner Leich, in dem er die vorgetragenen kirchlichen Forderungen nach Rechtssicherheit, Reiseerleichterungen und gesellschaftlichen Reformen öffentlich benannte.

Pfarrer Führer zitierte Passagen aus der Schnellinformation des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR zum Spitzengespräch, die die Ausreiseproblematik betreffen. Es wurden Fürbitten für die Inhaftierten gesprochen.

Weitere Übergriffe des Staates:
Am 6. März 1988 verprügelte die Polizei Gottesdienstbesucher in Berlin.
Am Montag dem 14. März 1988 wurden viele Ausreiseantragsteller kurzzeitig verhaftet und genötigt zu unterschreiben, daß sie sich künftig nicht an der Vorbereitung von kirchlichen Veranstaltungen beteiligen.

Am 29. März 1988 beschloss auf Antrag von Superintendent Magirius der Bezirkssynodalausschuß „Frieden und Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ der Bezirkssynode Leipzig-Ost: „Die Gruppen sollten in den nächsten Friedensgebeten, die den Rahmen einer Großveranstaltung angenommen haben, die Begleitung eines verantwortlichen Pfarrers suchen und akzeptieren.“ Damit wurde die seit 1982 bestehende Praxis der eigenverantwortlichen Gestaltung der Friedensgebete durch Laien und Basisgruppen vorläufig beendet.

Am 5. Juni 1988 sollte der 1. Pleiße-Gedenkumzug auf die katastrophale Umweltsituation in Leipzig aufmerksam machen. Organisiert wurde er von Mitgliedern kirchlicher Basisgruppen. Die Superintendenten distanzieren sich von dem Gedenkumzug. Die Sicherheitsorgane verhinderten ihn nicht.

Der am 17. Juni 1988 tagende Bezirkssynodalausschuß blieb bei seinem Beschluß vom 29. März 1988 bezüglich der Friedensgebete. Bis zum 31. Oktober 1988 lag die Gestaltung der Friedensgebete bei den Gruppen unter Verantwortung eines von ihnen genannten Pfarrers.

Am 27. Juni hielt die IG Leben zusammen mit Pfarrer Christoph Wonneberger das letzte Friedensgebet vor der Sommerpause. Zum Schluß wird eine Kollekte zur Finanzierung der Strafgelder gesammelt, die J. Tallig zahlen sollte, da er Losungen an der Fußgängerunterführung am Wilhelm-Leuschner-Platz angebracht hatte (s. 5. Februar 1988). Es kamen über 1.000 Mark zusammen. Der anwesende Superintendentenstellvertreter, Pfarrer Manfred Wugk, distanzierte sich noch während des Friedensgebetes von dieser „konkreten Fürbitte“, da sie eine „illegale“ Sammlung sei.

An Stelle von Klaus Gysi wurde am 13. Juli 1988 Kurt Löffler als Staatssekretär für Kirchenfragen berufen.

Am 29. August 1988 kam es auf Grund der Neuregelung bei den Friedensgebeten zu einem Eklat. Das erste Friedensgebet nach der Sommerpause wurde nicht – wie geplant – von der AG Menschenrechte veranstaltet, sondern von den Superintendenten. Zu Beginn erklärte Pfarrer Führer, daß die neue Regelung nötig sei, „damit das Friedensgebet weiterhin stattfinden konnte“. Superintendent Magirius versprach, seinen Brief vom 15. August 1988 zu verlesen. Da dies nicht geschah, kam es zu massiven Protesten von Gruppenmitgliedern in und vor der Kirche. Der Kirchenvorstand von St. Nikolai beschloß am gleichen Abend die neue Ordnung der Friedensgebete.
Ein Gespräch von Vertretern der Basisgruppen mit Superintendent Magirius und Pfarrer Führer am 1. September führte zu keinem Kompromiß.
Der Protest der Basisgruppen ging damit weiter:
Am 5. September sandten verschiedene Basisgruppenmitglieder einen Offenen Brief an Landesbischof Johannes Hempel. Im Friedensgebet wurde zu Beginn des Eingangsliedes dieser offene Brief und die Dokumentation des Gesprächs vom 19. Februar 1988 zwischen Landesbischof Werner Leich und Werner Jarowinsky verteilt. Nach dem Friedensgebet wurde vor der Kirche eine Erklärung einiger Basisgruppenmitglieder verlesen. Im Anschluß daran demonstrierten ca. 150 Personen zum Markt, bis zivile Sicherheitskräfte die Demonstration auflösten.

Am 7. Oktober 1988 trafen sich fast hundert Ausreisewillige und Oppositionelle am Bach-Denkmal vor der Thomaskirche.
Am 10. Oktober fand eine Demonstration gegen die Zensur der Kirchenzeitung in Berlin statt, die durch Sicherheitskräfte vor laufenden Kameras westlicher TV-Stationen brutal unterbunden wurde.

Ein weiterer Eklat:
Am 24. Oktober wurde das Friedensgebet vom Friedenskreis Grünau-Lindenau gestaltet. Während des Eingangsliedes („O komm, du Geist der Wahrheit“) gingen 15 Basisgruppenmitglieder mit Kerzen und Transparenten in den Altarraum und stellten bzw. setzten sich dorthin. Kaplan Fischer begrüßte jeden mit Handschlag und „Friede sei mit dir“. Zum Schluß des Friedensgebetes versuchte Gesine Oltmanns eine Erklärung zu dieser Aktion zu verlesen, doch das Mikrophon wurde sofort von Superintendent Magirius abgeschaltet. Es kam zu einer tumultuarischen Diskussion. Danach stellten sich die Plakatträger mit ihren Plakaten auf die Beton-Bühne vor der Nikolaikirche. Gruppenvertreter verteilten Kerzen, die angezündet wurden. Es wurde die Erklärung verlesen, die sie in der Kirche nicht verlesen konnten.
Am 26./27. Oktober wurden die Plakatträger vom 24. Oktober 1988 kurzzeitig festgenommen. Ihnen wurde durch das MfS ein Ermittlungsverfahren wegen „staatsfeindlicher Hetze“ angedroht.
Am 27. Oktober erklärten die beiden Leipziger Superintendenten dem KOZ-Trägerkreis, daß die Gemeinde Heilig-Kreuz keine Räume für ein Kommunikationszentrum zur Verfügung stellt.

Diese Beispiele zeigen, daß es dem Staat durch verschärfte Repressalien gelang, die Würdenträger der Kirche zu vorsichtigerem Handeln zu bewegen.

Am 14. November 1988 setzte das MfS am selben Tag einen Arbeitsstab ein, der die Inhaftierung von Rainer Müller, Gesine Oltmanns und Thomas Rudolph vorbereiten sollte.
Am 6. Dezember 1988 begann das MfS, eine spezielle Computer-Datei zu Teilnehmern am Friedensgebet anzulegen.

Am 4. Dezember 1988 gab es einen weiteren bemerkenswerten Zwischenfall: 
5 Ausreisewillige besetzten die Weimarer Herder-Kirche. Superintendent Reder ließ daraufhin die Kirche von der Polizei räumen.

 

1989
Am 11. Januar 1989 begannen kurz vor Mitternacht Basisgruppenmitglieder, in verschiedenen Leipziger Stadtbezirken Flugblätter in den Hausbriefkästen zu verteilen, mit denen sie aus Anlaß des Jahrestages der Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg zu einer Demonstration am 15. Januar einluden. Das Flugblatt war unterschrieben mit „Initiative zur demokratischen Erneuerung unserer Gesellschaft“. In der Nacht und an den folgenden Tagen wurden 12 Mitglieder dieser spontanen Initiative verhaftet.

Am 15. Januar 1989 fand der Abschluß des 3. KSZE-Folgetreffens in Wien statt. Die Außenminister der USA und der Bundesrepublik gingen in ihren Reden aufgrund von Informationen der tschechoslowakischen Bürgerrechtsbewegung „Charta 77“ zu den Inhaftierungen in Leipzig auf die Menschenrechtssituation in der DDR und die Verhaftungen ein.
Auf dem Leipziger Marktplatz fand daraufhin eine nichtgenehmigte Kundgebung für Reformen in der DDR statt. Fred Kowasch hielt eine kurze Ansprache, im Anschluß daran setzte sich der Demonstrationszug mit ca. 500 Personen in Bewegung. Nach etwa 800 Metern versuchte die Polizei, die Demonstration aufzulösen und nahm kurzzeitig 53 Demonstranten fest.
Am Abend fand in der Lukaskirche die erste Fürbittandacht für die Verhafteten statt. Es begann in verschiedenen Städten der DDR Solidaritätsandachten und Protestaktionen.
In der Folge kam es in Halle sogar zu Brandanschlägen gegen die SED-Kreisleitung.

Bei der am 18. Januar 1989 durchgeführten Auswertung der versuchten Verhinderung der Demonstration am 15. Januar zwischen dem stellvertretenden Minister der MfS, Mittig, dem Leiter der BV, Hummitzsch, und dem 1. Sekretär der SED-BL wurde entschieden, zukünftig mehr Polizisten einzusetzen. Die Entlassung der Inhaftierten wurde zentral (Honecker, HA IX des MfS) beschlossen.
Der Leiter der BVfS Leipzig Manfred Hummitzsch kritisierte am 24. Januar 1989 auf der Dienstbesprechung das „Handeln der Kräfte am Ereignisort“ anläßlich der Demonstration am 15. Januar als „zu unentschlossen“. Erich Honecker entschied nach dem Ausbleiben einer Demonstration im Anschluß des Friedensgebetes am Vortage das Einstellen der Ermittlungsverfahren gegen die Organisatoren der Demonstration.

 

Zu einem weiteren, besonders eklatanten Zusammenstoß zwischen Kirche und Staat kam es am 13. Februar 1989:
In der Dresdener Kreuzkirche fand das Nachtgebet zur Erinnerung an die Zerstörung der Stadt 1945 statt. Bei einer anschließenden Demonstration kam es zu Übergriffen der Sicherheitsorgane auf Träger von Transparenten. Eine Verhaftung von Leipziger Gruppenvertretern wurde unter körperlichem Einsatz der Bürgerrechtler verhindert.
Am 14. Februar beschloß der Kirchenvorstand von St. Nikolai, daß die Gruppen die Friedensgebete ab April ´89 wieder gestalten konnten.

 

Ab Ende Februar 1989 begannen die Vorbereitungen zur „Kommunalwahl“ am 7. Mai 1989.

Am 28. Februar 1989 organisierte die AK Gerechtigkeit, die IG Leben und die AG Menschenrechte einen Abend zum Thema „Kommunalwahlen“, der in der Markus-Gemeinde stattfand.

Die Lageberatung der Bezirksverwaltung des MfS kam am 2. März 1989 zu dem Ergebnis, daß Leipzig mehr und mehr zum Zentrum oppositioneller Gruppen wurde. Als Schwerpunkte wurden die „Wahlen“ (7. Mai 1989) und die Friedensgebete ab 1. April 1989 benannt. Es wurde beschlossen, alle Leipziger Ausreisewilligen, die die Friedensgebete besuchten oder in Basisgruppen mitarbeiteten, ausreisen zu lassen.

Am 29. März erklärte die Regionalgruppe Thüringen des AK Solidarische Kirche öffentlich ihre Nichtteilnahme an der Kommunalwahl und kritisiert die SED-Innenpolitik.

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Neubestimmung der Stellung der Kirche

Der Vorsitzende des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR, Bischof Werner Leich, schlug in einem Vortrag in Jena am 5. März 1989 vor, zur Bestimmung kirchlicher Identität in der DDR auf die Formel „Kirche im Sozialismus“ zu verzichten.

Am 19. März ´89 fanden aus Anlaß des DDR-weiten Aktionstages für die in der CSSR politisch und religiös Verfolgten in der Leipziger Markusgemeinde mehrere Informationsveranstaltungen statt. Dabei wurden Protestkarten an den CSSR -Präsidenten bzw. Solidaritätskarten an die Inhaftierten verteilt.

Am 20. März gab es ein weiteres Friedensgebet in der Nikolaikirche. Von Basisgruppenmitgliedern wurde ein Transparent mit der Aufschrift „Freiheit für Havel und alle politischen und religiösen Inhaftierten in der CSSR“ von der Empore entrollt.

Vom 31. März bis 4. April ´89 faßte Die Synode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens mehrere Beschlüsse zu politischen Fragen.

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Die politischen Verhältnisse in anderen „sozialistischen Ländern“ begannen sich zu verändern

Am 17. April 1989 wurde die polnische Untergrundgewerkschaft „Solidarnosc“ legalisiert.
Am 4. Juni´89 fanden in Polen Sejm-Wahlen statt, bei denen sich erstmals auch die Opposition beteiligen konnte. Die „Solidarnosc“ erhielt 99 der 100 Senatssitze.
Damit bekam Polen am 24. August 1989 mit der Wahl von Tadeusz Mazowiecki vom „Bürgerkomitee Solidarnosc“ zum polnischen Ministerpräsidenten seine erste demokratisch gewählte Regierung nach dem Zweiten Weltkrieg.

 

Am 2. Mai 1989 begann Ungarn mit dem Abbau der Grenzanlagen zu Österreich und damit des „Eisernen Vorhangs“.

Am 7./8. Juli 1989 tagte der Gipfel des „Warschauer Vertrages“ in Bukarest. Wie jedes Jahr waren die Staats- und Parteichefs Bulgariens, Polens, Rumäniens, Ungarns, der Tschechoslowakei, der DDR und der SU zusammengekommen, um an der Tagung des „Politischen Beratenden Ausschusses“ (PBA), dem höchsten Entscheidungsgremium der Warschauer Vertragsorganisation, teilzunehmen.
Die Treffen liefen stets nach dem gleichen Schema ab. Auch in diesem Jahr hatte zuerst Moskau das Wort und gab eine Linie vor, dann folgten die schriftlich vorbereiteten Reden der anderen Parteichefs. Dann erstattete der Oberkommandierende der Vereinten Streitkräfte Bericht, anschließend wurde einstimmig beschlossen, „die Gefechtsbereitschaft der Vereinten Streitkräfte weiter an den ‚militärischen Vorbereitungen der aggressiven NATO zu orientieren'“, notierte Egon Krenz, der bereits zum fünften Mal gemeinsam mit Erich Honecker zum PBA-Treffen angereist war.
Doch dieses Treffen wurde zu einer Sensation, denn Gorbatschow gestand jedem Ostblock-Land seine eigene Entwicklung zu. Erich Honecker verließ den Gipfel  – offiziell wegen einer Gallenblasenkulik. Er nahm seine Geschäfte erst am 26. September ´89 wieder auf.

So erklärten die Unterzeichner:

„Die verbündeten sozialistischen Staaten (…) gehen davon aus, daß jedes Volk selbst das Schicksal seines Landes bestimmt und das Recht hat, selbst das gesellschaftspolitische und ökonomische System, die staatliche Ordnung, die es für sich als geeignet betrachtet, zu wählen. (…) Kein Land darf den Verlauf der Ereignisse innerhalb eines anderen Landes diktieren, keiner darf sich die Rolle eines Richters oder Schiedsrichters anmaßen.“
(Quelle)

Dennoch sah sich die SED-Führung nicht veranlasst, an der eigenen Politik etwas zu verändern. Statt dessen wurde die chinesische Regierung in der Volkskammer nach den blutig unterdrückten Protesten vom 3. zum 4. Juni 1989 für ihr „Durchgreifen“ mit Applaus gefeiert. Weit über 3.000 Menschen kamen in Peking ums Leben. Offiziell hieß es  in der DDR:

„Einheiten der chinesischen Volksbefreiungsarmee haben in der vergangenen Nacht den Tiananmen-Platz in Peking geräumt, teilte das chinesische Fernsehen mit, weil Konterrevolutionäre den Sturz der sozialistischen Ordnung beabsichtigt haben.“

Am 8. Juni 1989 verkündete der Abgeordnete Ernst Timm (SED) auf der 9. Volkskammertagung unter Beifall:

„Die Abgeordneten der Volkskammer stellen fest, dass in der gegenwärtigen Lage die von der Partei- und Staatsführung der Volksrepublik China beharrlich angestrebte politische Lösung innerer Probleme infolge der gewaltsamen, blutigen Ausschreitungen verfassungsfeindlicher Elemente verhindert worden ist. Infolge dessen sah sich die Volksmacht gezwungen, Ordnung und Sicherheit unter Einsatz bewaffneter Kräfte wieder herzustellen. Dabei sind bedauerlicherweise zahlreiche Verletzte und auch Tote zu beklagen.“
(Quelle)

Diese Reaktion der SED-Regierung war eine deutliche Warnung an die eigene Bevölkerung, daß man auch in der DDR in ähnlicher Weise gegen „Konterrevolutionäre“ vorgehen würde und wurde von vielen Bürgern auch verstanden.

Am 26. Juni 1989 verlas Pf. Führer im Friedensgebet einen Protestbrief gegen die Todesurteile in China und protestierte gegen den Artikel der LVZ vom 24. Juni 1989. Nach dem Friedensgebet kam es erneut zu einem Polizeikessel. S. Kulow wurde verhaftet, zusammengeschlagen und bis zur Amnestie im Oktober inhaftiert.

Ab dem 10. April 1989 durften Leipzigs kirchliche Basisgruppen das montägliche Friedensgebet wieder mitgestalten.

Die AK Gerechtigkeit hielt das erste Friedensgebet nach dem jüngsten Beschluß. Im Friedensgebet wurde eine Kontaktadresse für die Beratung von Wehrdienstverweigerern bekannt gegeben.
Am 18. April veröffentlichten Umweltschützer aus Leipzig und Borna geheime Pläne der DDR-Regierung für den Bau eines Atomkraftwerkes in der Nähe von Leipzig.

Dem gegenüber schrieben die Pfarrer Dr. Peter Weiß und Gottfried Schleinitz unter Anregung des Staatssekretariats für Kirchenfragen am 10. April an Erich Honecker einen Brief, in dem sie das Engagement der politisch-alternativen Gruppen kritisieren und behaupteten, daß dadurch die Kirche am „Dasein für den Nächsten in dieser Gesellschaft gehindert werden könnte“.
Am 18. April beriet das Sekretariat der SED-Stadtleitung Leipzig über Einsätze von Kampfgruppen gegen oppositionelle Demonstrationen.
Am 30. April versuchte der Staatssekretär für Kirchenfragen in einem Gespräch mit Vertretern der sächsischen Kirchenleitung die Beschlußfassung von Papier 003 der Ökumenischen Versammlung zur Rechtssituation in der DDR zu verhindern. Bischof Hempel verwies jedoch darauf, daß 40 bis 45% der DDR-Bevölkerung in deutliche Distanz zum Staat gegangen seien.

1. Mai 1989
Der 1. Mai war ein offizieller Feiertag in der DDR. An der offiziellen Maidemonstration in Leipzig nahmen ca. 300.000 Personen teil.
Aus Anlaß des Feiertages fand kein Friedensgebet statt, dennoch kamen einige Besucher. Über 200 von ihnen gingen schweigend durch die Leipziger Innenstadt. Das ZDF filmte diesen Marsch und sendete ihn als Gegendemonstration zu den offiziellen „Mai-Manifestationen“.

Auf der am 18. Mai stattfindenden Sondersitzung des Nikolai-Kirchenvorstandes mit Bischof Hempel wurden die Friedensgebete in „Montagsgebete“ umbenannt. Der Versuch des Bischofs, die Friedensgebete zu verändern, wurde von Pfarrer Führer und dem Kirchenvorstand dagegen abgelehnt.

Kommunalwahl
Nach der Kommunalwahl am 7. Mai 1989 versammelten sich gegen 18.00 Uhr über 1.000 Demonstranten auf dem Leipziger Marktplatz, Besucher der Leipziger Markttage und zivile Ordnungskräfte. Vor der Nikolaikirche kam es zu brutalen Verhaftungen. Durch Flugblätter und Mund-zu-Mund-Propaganda war seit März durch die „Initiative zur demokratischen Erneuerung“ zu einer symbolischen Aktion gegen die „Wahl“ aufgerufen worden. Zu gleicher Zeit beobachteten ca. zweihundert Bürgerrechtler in den Wahllokalen die Auszählung der Stimmen und machten ähnlich wie Gruppen in anderen Städten der DDR in den folgenden Tagen auf den Wahlbetrug aufmerksam. Nach dem Bekannt werden des Wahlbetrugs auch über westdeutsche Fersehprogramme kam es zu zahlreichen Diskussionen und Protesten.

Am 8. Mai wurde das Friedensgebet wird von der IG Leben gehalten. Thema war das „Politische Mandat der Kirche“. Nach dem Friedensgebet wurde um die Kirchen ein Polizeiring gebildet. Die Sicherheitsorgane erwarteten offensichtlich eine Demonstration gegen den Wahlbetrug. Die „Demonstranten“ innerhalb des Kessels wurden gefilmt. Einige wurden kurzzeitig festgenommen.
Ein Pfarrer erstattete  am 9. Mai Anzeige wegen Körperverletzung aufgrund des Polizeieinsatzes nach dem Friedensgebet am Vortage.

Am 31. Mai 1989 versuchen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Dialog beim Kulturbund Leipzig vergeblich, die konstituierende Sitzung der Stadtbezirksversammlung Leipzig-Mitte durch Intervention und Bekanntgabe ihrer Beweise für einen Wahlbetrug zu verhindern.
Die Konferenz der Kirchenleitung faßte am 3. Juni einen Meinungsbildungsbeschluß zur Wahlfälschung. In ihm heißt es u.a.:

„Wir bitten Gemeindeglieder und Mitarbeiter unserer Kirchen, ihre Anfragen sachlich vorzubringen, damit immer deutlich bleibt, daß wir aus der Mitverantwortung für das Ganze, in die uns unser Glaube stellt, reden und handeln. Dazu gehört die Entschiedenheit ebenso wie Umsicht. Übertriebene Aktionen und Demonstrationen sind kein Mittel der Kirche. Auch der Einsatz für Wahrheit muß in der Liebe geschehen.“

Auch in Berlin wurden am 7. Juni 1989 zwei Demonstrationen gegen die Wahlfälschung brutal aufgelöst.

Auch in der Folgezeit kam es nach den Friedensgebeten immer wieder zu nicht genehmigten Aktionen von Kirchengemeinden, die ein immer härteres Vorgehen der Polizeikräfte zur Folge hatte. Aber auch die normalen Friedensgebete wurden inzwischen von der VP attakiert.
So wurde das Friedensgebet am 22. Mai von der CFK gestaltet. Noch vor dem Ende des Friedensgebetes wurden durch Polizeiketten alle Straßen um die Nikolaikirche abgeriegelt. Die Eingekesselten riefen u.a.: „Wir wollen raus.“ Es kam wiederum zu Verhaftungen. Dabei wurden fast 200 Personen festgenommen.

Der AK Friedensdienst gestaltete am 29. Mai das Friedensgebet. Noch bevor alle Teilnehmer des Friedensgebetes die Kirche verlassen hatten, wurde der Nikolaikirchhof durch Polizei und Hundestaffeln eingekesselt. Verschiedene Gruppenmitglieder wurden zeitweilig verhaftet und zum Teil geschlagen. Auch Zuschauer außerhalb des Kessels wurden verhaftet.

Um noch größere Eskalationen zu verhindern, schrieb Bischof Johannes Hempel am 31. Mai in einem Brief an den Vorsitzenden des Rates des Bezirkes Leipzig, daß er in Zusammenarbeit mit verantwortlichen Pfarrern und den Superintendenten festgelegt hat, daß das Friedensgebet in der Nikolaikirche von der Auslegung biblischer Texte und dem Gespräch über den Konziliaren Prozeß bestimmt bleibt.

Das Friedensgebet am 5. Juni wurde von der AG Umweltschutz gestaltet. Zum Friedensgebet kamen an diesem Tag bereits ca. 1250 Besucher (u.a. der Landesbischof). Die Sicherheitskräfte halten sich diesmal zurück.

Dennoch gab es schon am 10. Juni 1989 einen erneuten Zusammenstoß:
Auf dem Thomas-Müntzer-Kongreß des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR forderte der Vorsitzende der Konferenz der Kirchenleitung, Bischof Werner Leich, politische Veränderungen in der DDR.
Das von Leipziger Basisgruppenmitgliedern organisierte nicht genehmigte Straßenmusikfestival fand in der Leipziger Innenstadt statt. Über eintausend Musiker und Zuhörer nahmen daran teil. Gegen Mittag wurden fast hundert Teilnehmer durch die Polizei zugeführt und vernommen. Da sich ein großer Teil der Teilnehmer den Anordnungen der Sicherheitsorgane widersetzte, kam es zu einer Treibjagd der Polizei gegen Festivalteilnehmer durch die Innenstadt. Am Abend konnte das Festival ungestört beendet werden. Während des Festivals und an den folgenden Tagen verkauften Gruppenmitglieder Aufnäher mit chinesischer Flagge und Trauerflor als Protestzeichen gegen die von den DDR-Medien begrüßte brutale Niederschlagung der chinesischen Demokratiebewegung.

Als eine Geste der Annäherung ist sicher der 11. Juni 1989 zu verstehen. An diesem Tag wurde der Dom zu Greifswald im Beisein von Erich Honecker eingeweiht. Die Einweihung wurde im DDR-Fernsehen übertragen.
Vom anschließenden Empfang des Staatsratsvorsitzenden im Rathaus wurde jedoch der offizielle Vertreter des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR, Landesbischof Gottfried Forck, ausgeschlossen.

Auf der Tagung der Kreiseinsatzleitung Leipzig wurde 19. Juni festgestellt, daß die ideologische Position seit zwei Jahren immer unklarer geworden ist und damit die Zahl der Kampfgruppenmitglieder ständig abnahm. In der Beratung beim 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung plädierte der Bezirkspolizeichef für eine Verlagerung der Polizeiaktionen. Nicht die Friedensgebete, sondern die Provokateure sollten danach behindert werden. H. Hackenberg (SED-BL) erklärte in diesem Zusammenhang, daß energisch gegen jede „Version der Konterrevolution“ vorgegangen werden solle. Er billigte alle Festnahmen und plädierte für die offensive Einsetzung der Medien.

Ebenfalls am 19. Juni hielt die Nikolaikirchgemeinde zusammen mit dem christlichen Umweltseminar Rötha das Friedensgebet (über 1000 Besucher). Danach fand ein kleiner Schweigemarsch statt, der durch Sicherheitskräfte unterbunden wurde.

Demonstrationen, die ein z. T. brutales Vorgehen der Polizei zur Folge hatten, gab es nicht nur in Leipzig:
So fand am 6. August 1989 eine Informationsandacht gegen ein geplantes Reinst-Siliziumwerk in der Kirche in Dresden-Gittersee statt. Danach kam es zu einer Demonstration, die von Sicherheitskräften brutal aufgelöst wurde.

Vom 6. bis 9. Juli 1989 fand der Evangelische Kirchentagskongreß und der Kirchentag der Landeskirche Sachsens in Leipzig statt.

Im Vorfeld traten jedoch eine ganze Reihe von Problemen auf:
Schon am 23. August 1988 teilte die Hauptabteilung XX des Ministeriums für Staatssicherheit der Bezirksverwaltung Leipzig des MfS mit, daß der Kirchentag 1989 stattfinden soll, jedoch nur in einem kleinen Rahmen. Das Stadion dürfe der Kirche nicht zur Verfügung gestellt werden.
Am 21. September 1988 gab es ein Gespräch zwischen dem Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates des Bezirkes Leipzig mit dem Vorsitzenden des Landesausschusses Kongreß- und Kirchentag. Die staatliche Unterstützung für den Kirchentag wurde von einer „weiteren Versachlichung der Friedensgebete in der Nikolaikirche“ abhängig gemacht.
Am 12. März 1989 traf sich Ministerpräsident Johannes Rau mit Bischof Johannes Hempel und mit Erich Honecker in Leipzig. Danach teilten der Staatssekretär für Kirchenfragen und der Vorsitzende des Rates des Bezirkes Leipzig Bischof Hempel am 15. März mit, daß der Kirchentag stattfinden konnte. Dieser Beschluß wurde am Morgen nach der Zustimmung Erich Honeckers vom Sekretariat der SED-BL gefaßt. Das Sekretariat beschloß außerdem eine verstärkte Mobilisierung von sogenannten „gesellschaftlichen Kräften“.

Offenbar gab es aber auch innerhalb der SED einen Erklärungsbedarf. Auf einer am 23. Mai 1989 stattfindenden Parteiaktivtagung zur Instruktion führender SED-Genossen wurde u.a. durch den Leiter der Arbeitsgruppe Kirchenfragen beim ZK erklärt, daß die Genehmigung des Kirchentages nicht ein Tolerieren der politischen Aktivitäten verschiedener Pfarrer bedeutete.

Parallel zum Kirchentag fand aus Protest gegen den Ausschluß kritischer Gruppen aus dem offiziellen Kirchentagsgeschehen in der Lukaskirche ein Statt-Kirchentag statt. Die AG Menschenrechte und der AK Gerechtigkeit veröffentlichen einen Brief an die Bevölkerung der DDR, in dem sie die „offen zutage tretende Gewalt staatlicher Organe in Leipzig“ anprangerten und den Aufbau einer demokratischen Gesellschaft forderten.

Außerdem wurde am 8. Juli auf dem Kirchentag ein Brief des Berliner Initiativkreises „Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung“ und weiterer Unterzeichner an die Kirchen der Ökumenischen Versammlung verteilt. Angesichts des staatlichen Rechtsbruches bei der Kommunalwahl wird darin zur Einsetzung „autorisierter Gesprächsrunden“ (Runde Tische!) aufgerufen.

Auf der Abschlußveranstaltung des Kirchentages begannen Teilnehmer des Statt-Kirchentages am 9. Juli eine Demonstration, der sich viele Kirchentagsbesucher anschlossen. Die Demonstration führte durch die Stadt und endete aufgrund von Polizeiketten in der Peterskirche. Dort fand eine Fürbittandacht u.a. für Sven Kulow statt, der am 26. Juni 1989 inhaftiert wurde. Die Polizeikräfte setzten u.a. einen Hubschrauber gegen den Demonstrationszug ein.
Weitere Sicherheitskräfte riegelten die Dresdner Kreuzkirche während einer Trommelaktion für die Demokratiebewegung in China ab und nahmen ca. 40 Personen fest.

Der Leiter der BVfS Leipzig Hummitzsch behauptete am 17. Juli auf der Dienstversammlung: „Wenn wir den Untergrund nicht unter Kontrolle bringen, dann wird es eines Tages zur Straßenschlacht kommen. Es gilt von Anfang an: Dagegenhalten.“
Absurd: Die Tageszeitung „Neues Deutschland“ veröffentlichte am 19. Juli einen Briefwechsel zwischen Bischof Horst Gienke und Erich Honecker, in dem die gute Gemeinschaft zwischen Marxisten und Christen beschworen wurde.

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Innerer Zustand des SED-Regimes

Trotz der sich ständig verstärkenden Repressalien des SED-Regimes gegen Andersdenkende, fand in seinem inneren ein allmählicher, aber von der Bevölkerungsmehrheit unbemerkter Erosionsprozeß statt.
So stellte der Leiter der Leipziger BVfS auf der Sitzung der BEL bereits am 14. November 1988 fest, daß die Kampfgruppen politisch nicht mehr zuverlässig seien.

Am 10. Mai 1989 kam die Arbeitsgruppe Kampfgruppen bei der SED-Bezirksleitung in der Zusammenfassung der dreimonatigen Kontrolle aller Kampfgruppen im Bezirk Leipzig zu dem Ergebnis, daß bei Einsätzen auf „Straßen und Plätzen“, d.h. gegen Demonstranten, „ideologische Schwierigkeiten“ auftraten.
Auf der am 11. Mai ´89 stattfindenden Sekretariatssitzung der SED-Stadtleitung in Leipzig wurden vor allem Sicherheitsfragen beraten. Der Chef des VPKA berichtete, daß es innerhalb der Kampfgruppen immer wieder zu Zweifeln an der Notwendigkeit der Einsätze „gegen Störer, die unter Umständen [zum] Kollegen- oder Bekanntenkreis der Kämpfer zählten“, kam.

 

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