In unserer Zeit gilt es als selbstverständlich, sich gegenseitig zu grüßen. Zumindest dann, wenn man in irgendeiner Art und Weise miteinander zu tun hat. Je nach Vertrautheit fällt der Gruß mehr oder weniger herzlich aus. Aber auch dann, wenn man sich eigentlich nicht wirklich leiden kann, grüßt man sich. In diesem Fall allerdings wohl eher wiederwillig, um eine gewisse Fassade aufrecht zu erhalten. Ein Beispiel: Den Arbeitskollegen, den man eigentlich überhaupt nicht leiden kann, wird man dennoch den Gruß nicht verweigern.

Wie ein Großteil unserer Traditionen hat auch der Gruß eine lange Geschichte. Im Mittelalter erfüllte er eine wichtige Funktion und hatte eine sehr viel symbolischere Bedeutung als heute. Zumindest dann, wenn es um den Adel ging. Der Gruß eines Adligen bedeutete gleichermaßen einen Gunstbeweis. Damit war er weit mehr als eine belanglose Geste oder ein schnell daher gesprochenes Wort. Er konnte sogar mit zukünftigen Versprechen verbunden sein. Wenn beispielsweise der König einen Adligen grüßte, war dies bereits eine große Ehre und man konnte sich zu Recht Hoffnungen auf eine nicht allzu geringe Gunst machen.

Dies gilt insbesondere für die Damenwelt des Mittelalters. Grüßte eine (unverheiratete) adlige Dame einen Herren, konnte dies  bereits als Versprechen auf eine innigere Beziehung gedeutet werden. Von daher war es sinnvoll sich genau zu überlegen, wen man grüßte. Ein Beispiel sind die Minnesänger. Diese beschwerten sich häufig darüber, dass die von ihnen besungenen Damen sie nicht eines Blickes würdigten. Kein Wunder, denn hätten sie dies getan, hätte es bereits ein ernsthaftes Interesse bekundet. Dies gilt auch für die Gunstbeweise bei Turnieren.

Wem man feindlich gesinnt war, den grüßte man überhaupt nicht. Nicht verwunderlich, dass es durchaus zu Missverständnissen kommen konnte, wenn man jemanden übersah und ihn deswegen nicht grüßte. Symbolisch hatte dies bereits eine große Wirkung.

Sekundärliteratur:

Bumke, Joachim. Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. 12. Auflage 2008. München, 1986.

Blog: http://dasmittelalter.wordpress.com/2013/01/26/der-grus-im-mittelalter/

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