Mohamed-Karikaturen

 

Auslöser der Krawalle:
Im Juli 2012 erschienen im Internet erste Ausschnitte aus dem Video „Innocence of Muslims“ („Die Unschuld der Muslime“), was  im September 2012 in zahlreichen islamischen Ländern eine Welle Empörung und der Gewalt auslöste. Es wurden zahlreiche Botschaften verschiedener Länder gestürmt und bis zum 20. September 2012 mindestens 30 Menschen getötet, darunter der US-amerikanische Botschafter in Libyen, J. Christopher Stevens. Auch wenn diese Gewaltwelle aufgrund des gleichzeitigen Ausbruches in so vielen Ländern seit langem organisiert erscheint, so war sie nicht erste Protestwelle dieser Art nach einer Beleidigung des Islam bzw. dessen Propheten Mohamed bzw. Muhammad.
Inzwischen sind weitere Mohamed-Karikaturen in verschiedenen Zeitungen erschienen, die weitere Empörung von Muslimen auslösten.

Kommentar und meine Meinung:

Stellen Sie sich vor, Sie leben in einem großen Haus mit vielen Menschen, die sich durch ihre Sprache, Religion und Hautfarbe voneinander unterscheiden. Stellen Sie sich weiter vor, die anderen sind zufällig etwas ärmer als Sie, Sie benötigen aber jemanden aus diesem Haus, den Sie gern als Arbeitskraft einstellen würden, weil sie und ihre eigene Familie die angefallene Arbeit in ihrer Firma nicht bewältigen können. Sie finden auch jemanden, stellen die Person ein und geben ihr sogar ein Zimmer in ihrer Wohnung. Zwar haben sie der Person nur auf Zeit eingestellt, merken aber bald, dass Sie eigentlich etwas länger Arbeitskräfte benötigen als ursprünglich geplant. Nun ist diese Arbeitskraft bereits gut eingearbeitet – andere müssten erst wieder neu angelernt werden – also gestatten sie der Person zu bleiben und Familienangehörige ebenfalls in das Zimmer einziehen zu lassen. So leben Sie jahrzehntelang zusammen in einer Wohnung – es werden Kinder geboren – die Kinder bekommen wieder Kinder…
Sie selbst sind u. a. auch durch die Mitarbeit dieser Leute im Laufe der Zeit zu den reichsten Bewohnern im Haus geworden – sie haben ihnen also eigentlich viel zu verdanken. Dennoch lernen Sie ihre Arbeitskraft, die Sie einst zu sich holten, nie richtig kennen – die Kultur und die Religion ist Ihnen einfach irgendwie fremd geblieben. So machen sich Angehörige ihrer Familie irgendwann über ihre Mitbewohner lustig – auch über die Religion. Einige wünschen sich sogar, die „Fremden“ mögen wieder ausziehen, auch weil die Arbeit in der Firma weniger geworden ist. Doch die „Fremden“ sind inzwischen dort, wo sie herkamen, fremder als in ihrer Wohnung und wüssten gar nicht mehr, wo sie nun hin sollten. Es kommt im ganzen Haus zum Streit, insbesondere auch darüber, dass die Religion der ärmeren Bewohner im Haus immer wieder in irgendeiner Weise beleidigt wird. Selbst von den nicht mehr so ganz neuen, aber doch fremd gebliebenen Bewohnern ihrer Wohnung werden Sie auf die sensiblen Seiten dieser Religion mehrfach hingewiesen, doch Sie hören nicht darauf und geben den  Bewohnern nur zur Antwort, dass es für Sie wichtiger ist, dass Sie immer ihre Meinung sagen können. So nehmen die Provokationen zu und auch andere aus dem Haus beteiligen sich daran. Ermahnungen ihrerseits an beide Seiten helfen nicht, die Fronten verhärten sich und es kommt zu Krawallen im Haus, bei denen sogar Menschen zu Schaden kommen. Die Parteien im Haus, die es vorher bereits gab, reden nun nicht mehr miteinander, sondern beschimpfen sich nur noch und beleidegen sich gegeseitig. Nur wenige erkennen, dass es unter den gegebenen Umständen zu einer weiteren Eskalation kommen kann und warnen davor. Es entsteht eine aussichtslose Situation, weil sich jeder im Recht fühlt:

  • Die einen (auch einige ihrer Familienangehörigen) meinen, sie lassen sich doch von diesen für sie Fremden nicht den Mund verbieten.
  • Die anderen, für die jede neue Beleidungung ihrer Religion stets eine erneute Provokation darstellt, werden so wütend, so dass ein Reden miteinander geradezu unmöglich wird. Die Stimmung wird immer aggressiver.

Wird es vielleicht irgendwann zu einem „Krieg der Parteien“ im Haus kommen?

Eine erschütternde Geschichte?

Genau so stellt sich mir aber die derzeitige Situation um die Mohamed-Karikaturen und das Mohamed-Video dar. Was ich bereits gleich nach der Ehrung des Muhammad-Karikaturisten Kurt Westergaard (am 8.9.2010) in einem ersten Kommentar im Forum am 9.9.2010 (am 18.7.2012 habe ich den Kommentar noch einmal aufgearbeitet als Artikel veröffentlicht) als Heuchelei kritisiert habe, ist nun als Religionsstreit eskaliert. Dabei heizen Radikale auf beiden Seiten die Stimmung immer weiter an. Auch wenn es sich dabei auf beiden Seiten um Minderheiten oder gar um Einzelpersonen handetlt, so können sie durch solche spektakuläre Aktionen eine ganze Gesellschaft radikalisieren. Diese Aufstachelungen auf beiden Seiten zu unterbinden, hat nichts mit einer Einschränkung der Meinungsfreiheit zu tun, sondern dient ausschließlich der friedlichen Koexistenz der Völker. Denn Völker, die nicht miteinander reden, sondern sich nur beschimpfern und sich gegeseitig beleidigen, führen irgendwann auch Krieg gegeeinander. Das darf nicht passieren.
Was wir mit der europäischen Einigung und der weitgehenden Vermeidung von gegenseitigen Provokationen (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel) richtig zu machen versuchen – Kriege gegeneinander möglichst unmöglich zu machen – gelingt uns mit Völkern, die außerhalb Europas leben, weiterhin nicht. Dabei scheint eine Lösung des Problems auf der Hand zu liegen, denn es gibt in Deutschland bereits Gesetze, die die Beleidigung von Religionen unter Strafe stellen. Sie müssen nur konsequent angwandt werden und andere Länder sollten sich daran ein Beispiel nehmen.
Ein altes Sprichwort sagt: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus.“ – soll heißen: Wenn wir wollen, dass wir mit Respekt behandelt werden, dann müssen wir selbst mit gutem Beispiel voran gehen und andere zuerst mit Respekt behandeln. Daran halten sich aber immer mehr Menschen nicht. Auch Pressevertreter/Presseverlage beleidigen unter dem Deckmantel der Pressefreiheit den Islam und die Muslime, einfach nur um zu provozieren und die Auflagszahlen in die Höhe zu treiben.

Andere Menschen bzw. deren Religion zu beleidigen ist aber nicht nur unvernünftig, sondern auch respekt- und rücksichtslos. Das hat auch nichts mehr mit Meinungs- oder Pressefreiheit zu tun, sondern ist nur noch Provokation. Doch so werden wir keine friedlichere Welt bekommen, sondern das Gegenteil davon. Wir sollten wirklich einmal  aus der Geschichte lernen. Die Geschehnisse des 20. Jahrhunderts (und auch davor) eignen sich dazu besonders gut.

Deswegen mein Aufruf:

Lassen wir nicht zu, dass die Welt im 21. Jahrhundert zu einem ebensolchen „Tollhaus“ wird, wie sie es bereits im 20. Jahrhundert war!

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