In dem Artikel „Die Geschichte der Universitäten“ wurde die Entwicklungsgeschichte der Universitäten aufgezeigt. Dieser Artikel wiederum widmet sich der Struktur der Universitäten, die nach wie vor in vielen Bereichen Gültigkeit hat.

 

Inhaltsverzeichnis

Hauptgebäude der Ludwig-Maximilians-Universität München, großes Treppenaus.
Hauptgebäude der Ludwig-Maximilians-Universität München, großes Treppenaus.

Die Fakultäten

Das im Prinzip bis in die jüngste Zeit gültige Fakultätsschema (Gruppe zusammengehörender Wissenschaften) begann sich im Laufe des 13. Jahrhunderts durchzusetzen und wurde zuerst an der Universität Paris ausprobiert. Dieses Schema bedeutete den Durchbruch fachbezogener Spezialisierungen gegenüber der bisher betriebenen enzyklopädischen Wissensvermittlung. Die sich herausbildenden vier getrennten Fachbereiche Philosophie, Medizin, Jurisprudenz (Rechtswissenschaft) und Theologie waren grundsätzlich oligarchisch (Herrschaft einer kleinen Gruppe) strukturiert und von Magistern (Meister; gleichwertig mit Diplom) beherrscht. Für ein Generalstudium war es nicht erforderlich, sämtliche vier Fakultäten zu besuchen.

Warum sich die Vierzahl im Fakultätsschema durchsetzte, ist nicht geklärt, zumal es im Hochmittelalter auch schon mehrteilige Gliederungsprinzipien gegeben hatte. Es wird vermutet, dass die Symbolträchtigkeit der Zahl 4 (vier Himmelsrichtungen, vier Kardinaltugenden) von ausschlaggebender Bedeutung war. Von daher wäre auch verständlich, dass die Ökonomie bis in das 18. Jahrhundert hinein vom universitären Lehrbetrieb ausgeschlossen blieb und die Staatswissenschaften erst in der späten Neuzeit hinzukamen.

 

Rektor- und Kanzleramt

Das Haupt der Hochschule war der zumeist halbjährlich aus der Gruppe der ordentlichen Professoren gewählte Rektor. Er repräsentierte die Korporation (Körperschaft) nach außen und er leitete sie in Verbindung mit den Kollegialorganen im Inneren. Er hatte den Vorsitz im Senat und war in der Regel auch der oberste akademische Richter. Der Rektor war zuständig in allen entscheidenden Dingen und für die Universitätsverwaltung. Das reichte von der Matrikelführung über die Gebührenerhebung, von der Statuten- und Disziplinüberwachung bis hin zur Finanzverwaltung und von der Koordination des Lehrplanes bis hin zu akademischen Promotionen.

Die große Zahl von Verpflichtungen, denen der Rektor genügen musste, machte das Amt zeitaufwendig und zudem wenig attraktiv, da das Honorar aus Sporteln (Gebühren) bestand und relativ gering war. Deshalb wurde dieses Amt öfter von Fürsten oder hohen Adeligen bekleidet, die damit sich selbst und der Universität zu Ehren verhalfen.

Das Kanzleramt stammt aus der Zeit der Vorstufen der Universität Paris, welche Säkular-Kleriker-Schulen waren und der Aufsicht eines Abtes unterlagen oder der des Kanzlers von Notre-Dame. Da die Korporationsbildung (Körperschaftsbildung) nicht ohne Konflikte verlief, übertrug der König die Gerichtsbarkeit über die Studenten dem Bischof, der wiederum diese Aufgabe seinem Kanzler übertrug. Mit diesem Akt wurde der Kanzler zum Gerichtsherrn der Scholaren.

Fortan unterschied man in Frankreich und England „Kanzler-Universitäten“ von den „Rektor-Universitäten“ in Italien oder den spanischen „Staats-Universitäten“, in denen der Kanzler in erster Linie dem König und nicht dem Bischof unterstand.

Auch in Deutschland und im übrigen Nord-Ost-Europa besaßen sämtliche Universitäten bis weit in die Neuzeit hinein einen Kanzler, also eine kirchliche Aufsichtsinstanz. Dieses Amt übte zumeist der Lokalbischof, sein Stellvertreter oder der Dompropst aus.

Heute stehen die Hochschulen unter der Leitung von Ordinarien und die Verwaltung unterliegt einem Kanzler oder einem Kurator.

 

Vermögen und Etat

Ebenso wie die wirtschaftliche Grundlage der Universitäten zunächst unsicher war, gestaltete sich auch deren langfristige Absicherung als äußerst schwierig und komplex. Dabei ging es nicht so sehr um die Sachwerte und um die laufenden Unterhaltungskosten, sondern vielmehr um die Bezahlung der Lehrkräfte. Dieses Problem wurde im Allgemeinen durch die Übertragung von kirchlichen Pfründen geregelt, da es hierfür keinen „Staatsetat“ gab. Es war dann oftmals so, dass ein Professor zugleich Chor- oder Stiftsherr war, sich aber in diesem Amt vertreten ließ. Die Voraussetzung hierfür war allerdings die Erlaubnis des Papstes, dem somit über das Finanzwesen eine weitere wichtige Einflussmöglichkeit auf die Universitäten zukam.

Zu der indirekten Finanzierung der Dozenten über kirchliche Pfründe kam noch die Übertragung von Liegenschaften mit Zins- und Steuereinnahmen hinzu, welche die Universitäten dann selbst verwalten konnten. Die Kollegien durften außerdem eigenes Stiftungsvermögen besitzen und dessen Erträge zum Unterhalt der Magister aufwenden.

Nach der Reformationszeit änderte sich an dieser Finanzstruktur nur die Art der Durchführung. Es war so, dass protestantische Landesherren den Universitäten säkularisierte Klostergüter übertrugen und katholische Landesherren den Universitäten kirchliche Stiftungen widmeten. Trotzdem ging den Hochschulen alsbald ihre mittelalterliche Autonomie verloren, da der Fürstenstaat des 17. und 18. Jahrhunderts aus seinem Etat Mittel zuweisen musste und diese Tatsache natürlich benutze, um deutlicher als bisher in das Hochschulwesen einzugreifen.

Gegenwärtig ist die Finanzierung der Universitäten in Deutschland ausschließlich Ländersache.

 

Der Lehrbetrieb

Die wichtigste und am häufigsten praktizierte Lehrmethode war die der „lectio“, der Vorlesung. Diese bestand aus dem Vorlesen sowie dem Diktieren aus einem festgelegten Lehrbuch und der Kommentierung eines Textes. Man unterschied zwischen „ordentlichen“ und „außerordentlichen“ Vorlesungen, wobei die ersteren den obligaten Lehrstoff anboten und für alle Hörer zugänglich zu sein hatten. Sämtliche Lehrveranstaltungen fanden in lateinischer Sprache statt, die Benutzung der Volkssprache war streng verboten.

Neben den Vorlesungen gab es noch eine Unterrichtsform, die den Lehrstoff durch Fragen und Antworten vertiefte. Zwar handelt sich bei dieser Lehrveranstaltung um eine Diskussionsmethode, jedoch wurden die Disputationen durchweg von Magistern geführt. Es kam vor, dass die Diskussionsrunden unter großer öffentlicher Beteiligung stattfanden, mehrere Tage andauerten und auch der Öffentlichkeitsarbeit der Universität dienten.
Zu den Vorlesungen und Diskussionsveranstaltungen kam noch das Repetitorium, das zu Wiederholungsübungen bzw. zum Erlernen des Stoffes oder der erlernten Methoden eingerichtet worden war.

In der untersten Fakultät, zu deren Teilnahme die Studierenden verpflichtet waren, wurde vor allem die lateinische Sprache sowie die Logik gelehrt. Dem Sprachstudium folgte die Rhetorik, die sich überwiegend an Aristoteles orientierte. Die sich daran anschließende Philosophie bestand aus Dialektik, Logik, Metaphysik und Ethik und baute ebenfalls auf den lateinischen Übersetzungen der aristotelischen Schriften auf. Nach den Werken des Aristoteles wurde auch die Naturkunde und Naturphilosophie gelehrt.

Das Medizinstudium wurde als Fortsetzung der Naturkunde verstanden, für die Mathematik maßgebend war Euklid und an der juristischen Fakultät wurde das kanonische und das bürgerliche Recht gelehrt. Aber die höchste Fakultät war die Theologie, sie galt als die vornehmste Disziplin und ihr Lehrbuch die Heilige Schrift und die Sentenzensammlung (Sammlung von Bibelstellen) des Petrus Lombardus.

 

Akademische Grade

Die wichtigsten akademischen Grade, welche die mittelalterliche Universität zu vergeben hatte, waren die des Magisters und des Doktors. Diese Bezeichnungen waren von altersher bekannt und beide Titel wurden bis weit in das 15. Jahrhundert hinein synonym verwandt. Schließlich wurde dieses System so geändert, dass die Vergabe des Doktorgrades das Privileg der höheren Fakultäten wurde und der Magistergrad den Abschluss der Fakultät der Freien Künste ausmachte.

Die unteren akademischen Grade an allen Fakultäten waren die des „baccalaureus“ und des „licentiatus“. Die Studiendauer bis zum Bakkalar dauerte zwei Jahre, bis zum Doktorgrad zwischen drei und fünf Jahren. Zwischen den einzelnen Universitäten herrschten bezüglich der Modalitäten für den Graderwerb erhebliche Unterschiede, ebenso in den Kosten. Neben Bewirtungskosten und Geschenken für den Professor und seine Frau kamen nicht unerhebliche Gebühren der Universität, so dass mancher Student daran zweifelte, ob der Doktorgrad für ihn überhaupt finanzierbar war.

Die Prüfungsbedingungen waren an allen Hochschulen in etwa die gleichen. Der Prüfling hatte mündlich vereinbarte Texte zu rekapitulieren und zu interpretieren sowie eine Diskussion zu bestreiten. Die Prüfung ging über mehrere Stunden und fand vor der gesamten Fakultät statt.

 

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