Es ist ein heute weltberühmtes Bild, das über diesen Link betrachtet werden kann: Ein Junge, vielleicht 15 oder 16, steht auf einem belebten Platz und verkauft Zeitungen. Die aktuelle Ausgabe bewirbt er mit einem großen Schild, die auf die Tragödie hinwies, die sich erst kürzlich ereignet hatte:

TITANIC DISASTER GREAT LOSS OF LIFE EVENING NEWS

Die Herren um ihn sind vertieft in diese Ausgabe, die über den Untergang des damals größten Passagierschiffs der Welt am 14. April 1912 gegen 23:45 Uhr berichtete.

Warum die Fotografie derart berühmt wurde? Wahrscheinlich weil dieser Schnappschuss eine längst vergangene Zeit und Epoche auf vielfältige Art eingefangen hat: Die Menschen bleiben auf der Straße stehen, um die Nachrichten zum Untergang der Titanic zu lesen. Dabei scheinen sie vollkommen in die Zeitung zu versinken. Im Vordergrund steht der Zeitungsjunge, der die Abendausgabe mit großen Lettern bewirbt und Zeuge einer Ära ist, als es noch keine Eilmeldungen auf dem Smartphone gab und Fernsehsender nicht live vom Ort des Geschehens berichteten.

Ned Parfett – ein kurzes Leben

Die Lebensgeschichte des Zeitungsjungen ist gut erforscht. Es handelt sich um Ned Parfett, der 1896 in Cornwall Road (London – Waterloo) geboren wurde. Zum Zeitpunkt der Fotografie dürfte er also zwischen 15 und 16 Jahre alt gewesen sein. Er war einer von insgesamt vier Brüdern und dürfte kaum aus gehobenen Verhältnissen gestammt haben.

Parfett stand vor dem Büro der White Star Line im Ocenaic House (Cockspur Straße in London) – die White Star Line verkaufte die Tickets für die Titanic.

Ned Parfett wurde nur ein kurzes Leben zuteil. Nur 6 1/2 Jahre nach der Aufnahme des Fotos fiel er im I. Weltkrieg in Frankreich. Er hatte sich 1916 zur Armee gemeldet und diente zunächst als Kurier und später in der Aufklärung. Er muss mutig gewesen sein – ein Offizier beschrieb Parfett mit den Worten, dass dieser ihn (den Offizier) während harten Beschusses begleitet habe und er stets größtes Vertrauen in Parfett gehabt habe. Besonders tragisch an diesem kurzen Leben – sein Schicksal teilten Millionen anderer junger Männer – ist, dass er nur zwei Wochen vor Kriegsende bei deutschem Beschuss starb. Seine drei Brüder überlebten den Krieg.

Es spannt sich in dieser Lebensgeschichte ein Bogen: Die Titanic war ein Sinnbild der Industrialisierung und endete in einer menschlichen Katastrophe. Der I. Weltkrieg brachte durch die aufgrund der Industrialisierung mögliche Massenkriegsproduktion die Hölle auf Erden und stürzte Millionen Menschen ins Verderben. Ned Parfett war ein Teil dieser Zeit und wurde letztlich ihr Opfer.

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