Senen-mut war unter Hatschepsut so eine Art „Mann für alle Fälle“. Kein wichtiges Amt im Staat, das dieser Tausendsassa nicht inner gehabt hat. Sogar als Liebhaer Hatschepsuts, in deren Regierungszeit er zum obersten Mann Ägyptens aufstieg, wurde und wird er gehandelt. Dabei stammte Senen-mut vermutlich aus einfachen Verhältnissen! Wie kam es zu einer der außergewöhnlichsten Karrieren des alten Ägypten?

Karrieren vom Kind aus einfachen Verhältnissen an die Spitze der Beamtenschaft waren zwar selten, aber kamen doch vor. Beispiel: Horem-hab, letzter Pharao der 18.Dynastie.

Dass wir bei Senen-mut einen weiteren Vertreter dieser raren Sorte Ägypter vor uns haben, darauf deutet die Tatsache hin, dass seine Eltern keinen besonderen Titel führten. In ihrem Grab in Gurnah (von Senen-mut erbaut) wird Vater Ra-messu lediglich als „Zab“ (alter Herr) bezeichnet, Mutter Hat-nefer als „nebet-per“ (Herrin des Hauses, also Haushaltsvorstand).

Von den zahlreichen Geschwistern Senen-muts kam nur Sen-men zu höheren Ehren. Zwei Schwestern Senen-muts wurden irrtümlich für seine Ehefrauen gehalten. Senen-mut wird aber in seinen beiden Gräbern ohne Ehefrauen dargestellt.

Da Senen-mut keine Kinder hatte, war sein Totenkult Aufgabe des Bruders Amenem-hat, ein weiterer Hinweis auf die – in Ägypten ungewöhnliche – Kinder- und höchstwahrscheinlich auch Ehelosigkeit des hohen Beamten.

Senen-muts Karriere begann mit der Mitgliedschaft im Pagencorps. Schon das war eine besondere Ehre, denn dieses Corps war für Kinder einfacher Familien bestimmt, die hier zusammen mit den Königskindern erzogen wurden und eine gute Bildung erhielten. Die typische Karriere ging über die Armee (Frontoffiziere) und führte später zu (anfangs einfachen) Staatsämtern mit Titel.

Auch Senen-mut begann beim Militär (Hinweis: Eine stark zerstörte Inschrift in seinem ersten Grab in Gurnah) in Nubien, wo Senen-mut reichlich Beute machte und ein goldenes Armband als Ehrenabzeichen, also eine Art Orden, erhielt.

Es folgte die erste Etappe der Karriere: „Vorsteher der Siegler“ im königl. Schatzamt unter Thutmosis I.

Unter Thutmosis II. wurde Senen-mut zum Prinzenerzieher. Eine frühe Statue ist der Beweis für diese Station, Senen-mut war dabei verantwortlich für das persönliche Wohl, den Palast und das Vermögen der Thronerbin Neferu-Ra, der Tochter von Hatschepsut. Sein Titel war „Vater der Göttin“, Er hatte also schon hohe Vertrauensstellung bei Hatschepsut, die schon damals einen Großteil der Regierungsverantwortung trug. Weitere Titel folgten: „Haushofmeister der Gemahlin des Gottes Hatschepsut“, „Aufseher der Audienzhalle“, „Aufseher der beiden Getreidespeicher des Amun“ (= wirtschaftlich höchster Rang im Amun-Tempel). Damit war Senen-mut schon einer der einflussreichsten Männer Ägyptens, wovon eine Würfelstatue im Museum Luxor zeugt, die Senen-mut mit Mantel („galabia“, traditonelles langes Gewand) zeigt, der um Neferu-Ra gehüllt ist. Dies ist auch insofern bedeutend, als die erste Darstellung eines Mitglieds der königlichen Familie auf einer Würfelstatue ist, die sonst nur hohen Staatsbeamte vorbehalten war.

 

Nach der Krönung Hatschepsuts als Pharao war Senen-mut auch als Architekt tätig. Er baute Hatschepsuts riesigen Totentempel in  Deir el-Bahari und durfte dort sogar – revolutionärerweise – sein Bildnis mit Inschrift an mehreren Stellen im Tempel anbringen, wenn auch an versteckten Stellen, z.B. hinter den Türflügeln. Normalerweise durften die Baumeister ihr „Logo“ nur an weniger heiligen Orten an einem Königstempel anbringen.

Er baute auch ab dem 16.Regierungsjahr Hatschepsuts ein zweites Grab für sich selbst nach Art der Königsgräber, mit einer – eigentlich den Königsgräbern vorbehaltenen – Sternendecke und mit seinem Namen in den Inschriften zusammen mit dem Namen Hatschepsuts; auch das war eigentlich unterhört.

 

Im Laufe der Karriere hatte Senen-mut in nahezu jedem Verwaltungsressort wichtige Ämter („Grösster der Grössten“); er vergaß aber nie seine Dankbarkeit dem Pharao gegenüber. In einer Inschrift auf Würfelstatue im Berliner Bode-Museum steht geschrieben: „Der König (Hatschepsut) hat mich vor den Beiden Ländern groß gemacht und mich zum höchsten Verwalter seines Hauses eingesetzt, richtend in letzter Instanz im ganzen Land. Ich war Oberhaupt der Obersten und Vorsteher der Vorsteher der Arbeiten. Ich war in diesem Land unter seinem Befehl, seitdem der Tod des Vorgängers eingetreten war. Ich war am Leben durch die Herrin der Beiden Länder, dem König von Ober- und Unterägypten ‚Maat-Ka-Ra‘, sie möge ewig leben.“

 

Die persönliche Beziehung zwischen Senen-mut und Hatschepsut muss trotz einiger Indizien (außergewöhnliche Laufbahn und Vertrauensstellung, Ehe- und Kinderlosigkeit) Spekulation bleiben. Seine Stellung kann ebenso durch außergewöhnliche Tüchtigkeit erworben sein. Manche Ämter wurden mehrfach vergeben, Ämterhäufung kann also höhere Bedeutung vortäuschen (z.B. Hapu-seneb hatte ebenfalls zahlreiche Titel und Ämter inne, z.T. gleichzeitig mit Senen-mut; auch er durfte sich eine Statue errichten lassen, die von seinen Taten berichtete; im Vergleich zu den 23 (!) Statuen, die sich Senen-mut errichten lassen durfte, verblasst diese Ehrung allerdings)

 

Nach 23 Jahren höchster Aktivität in Diensten Hatschepsuts gibt es dann von Senen-mut plötzlich kein Lebenszeichen mehr. Sein Grab blieb unvollendet, sein Name wurde ausgemeißelt, viele Statuen zerstört. Die Ursache dafür ist unbekannt. Ein Versuch Thutmosis‘ III., zusammen mit Hatschepsuts Gedächtnis auch seines auszulöschen, fällt weg, da in Senen-muts Langgrab zwar sein Name, nicht aber der von Hatschepsut ausgemeißelt wurde.

 

Weitere mögliche Erklärungen:

         Nach dem Tod der Kronprinzessin im 11. Regierungsjahr Hatschepsuts wandte er seine Aufmerksamkeit Thutmosis III. zu (spätere Statuen Senen-muts erwähnen immer häufiger neben Hatschepsut auch Thutmosis III.). Hatschepsut könnte nun darüber so erzürnt gewesen sein, dass sie ihn absetzte und sein Andenken auslöschte.

         Senen-mut plante zusammen mit Thutmosis III. einen Staatsstreich, der jedoch aufgedeckt wurde,

         Es ist aber auch möglich, dass einfach Thutmosis‘ III. Bedeutung nach Neferu-Ras Tod stieg, und er deswegen immer öfter auf den Inschriften des mächtigsten Mannes im Lande erschien.

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