Wie reagieren die Menschen auf die vielen Flüchtlinge, die seit Mitte des Jahres 2015 nach Deutschland kommen?
Der Fernsehsender Phoenix strahlte in den letzten Tagen des Jahres 2015 eine interessante Dokumentation aus. Es ging um die beiden Kölner Stadtteile Brück und Neu-Brück.
Brück ist eine Wohngegend mit Reihenhäusern; Neu-Brück hingegen gilt als sozialer Brennpunkt. In beiden Vierteln wurden Asylsuchende aufgenommen.
Die Dokumentation begann im August. Mehrere Monate lang begleitete eine Journalistin Mitglieder einer „Willkommensinitiative“ in Brück und Asylsuchende. In Neu-Brück konnte sie Interviews machen.
Schon die Eingangsmoderation weckte bei mir Zweifel an der Objektivität der Reporterin. Wir wollen erfahren, so sagte sie, warum Menschen in Brück den Bau eines Flüchtlingsheims ablehnen oder Angst vor den Asylanten hätten. Läge es nur daran, dass einige sich in ihrer Idylle gestört fühlten?
Und schon ging es weiter mit der Arbeit der „Willkommensinitiative“. Die entstand, weil es auch Einwohner in Brück gibt, die den Zuzug der Flüchtlinge nicht gerne sehen. Im Bild erschien „Fritz“, der zu den Gründern der Initiative gehört. Und er legte auch gleich los: Da seien „einige, sogar Studierte, aufmüpfig“ geworden, und deshalb hätte er sich entschlossen zu handeln.
Meinen Respekt vor Herrn „Fritz“. Kritiker als aufmüpfig zu bezeichnen, ist eine Unverschämtheit in einer Demokratie. Die Argumente der Menschen mögen dumm, ja fremdenfeindlich gewesen sein – aber dann soll ein aufgeklärter Geist wie „Fritz“ dies auch so benennen. Aufmüpfig sind ungezogene Kinder. Leider ließ sich in Brück kein Kritiker des Flüchtlingsheims vor der Kamera blicken.
Dafür aber die Aktivisten der „Willkommensinitiative“. Und es fing doch so gut an. Eine Dame aus Brück meinte, die jungen Männer aus Afrika wären immer so fröhlich. Manchmal würde einer von ihnen sie auch in den Arm nehmen, wenn man sich auf dem Markt träfe.
Andere Mitglieder der „Willkommensinitiative“ opferten viel Zeit. „Rita“ zum Beispiel. Die Dame machte Behördengänge, half den Asylanten und musste sich von ihrer Familie, die nicht vor der Kamera erschien, den Vorwurf gefallen lassen, sie kümmere sich vor allem um Ausländer. Und nach einigen Wochen setzte die Ernüchterung ein. Die zur Untätigkeit verdammten jungen Männer reagierten auf die Situation unterschiedlich: Einige besuchten einen freiwilligen Integrationskurs, andere verfielen in Lethargie, und da konnte auch „Rita“ nichts mehr machen. Wobei man fairerweise sagen muss, dass die Flüchtlinge auch nach mehreren Monaten immer noch keinen Antrag auf Asyl stellen konnten.
Die Asylsuchenden kamen aus Eritrea. Was zwei junge Männer vor der Kamera berichteten, klang erschütternd – keine Frage. Aber sie äußerten Erwartungen, die Deutschland kaum erfüllen kann. Sie hofften auf ein Stück Heimat in Deutschland, aber wie in Eritrea – nur ohne die Repressionen – wird es in diesem Lande nie sein.
In Neu-Brück gab es keine Initiative. Die Menschen dort haben andere Probleme. Eine alleinerziehende Mutter, die von Hartz IV lebt, empörte sich darüber, dass die Flüchtlinge eine neue Unterkunft bekämen, während sie jahrelang für eine alte Sozialwohnung hätte kämpfen müssen. Das mag so sein – aber sollen jetzt Flüchtlinge in ihre Wohnung ziehen und die zuständige Behörde finanziert den Umzug der Dame mit ihren Kindern in das Flüchtlingsheim?
Der Film wirkte auf mich deprimierend. Wenn Brück und Neu-Brück beispielhaft für Deutschland sind, dann leben wir in einem Land, dessen Gesellschaft tief gespalten ist.
Brück und Neu-Brück sind benachbarte Stadtviertel, doch ein tiefer, unsichtbarer Graben trennt sie.
Wir schaffen das – betont immer wieder die Bundeskanzlerin. Ich hoffe, sie fährt einmal nach Brück und nach Neu-Brück.
Autorin: K. K. – der vollständige Name ist der Redaktion bekannt. Politische Äußerungen stellen die Meinung des jeweiligen Autors dar.