Autor: Bookworm

Die Römer in Britannien

1. Teil: Caesar in Britannien

Gründe für Caesars Expeditionen nach Britannien
Zur Zeit Caesars dürfte über Britannien nur äußerst wenig bekannt gewesen sein. Höchstwahrscheinlich gab es Berichte karthagischer Kaufleute, die das Land besucht hatten. Umso interessanter ist die Frage nach den Gründen, die Caesar dazu bewegten, dennoch mit Eroberungsabsichten auf die Insel überzusetzen. Die nachfolgenden dürften die beiden wichtigsten gewesen sein:
a)    Vorteile in Gallien: Die Gallier erhielten in ihrem Kampf gegen die römische Oberherrschaft in ihrem Land immer wieder Unterstützung aus Britannien. Dies wollte Caesar mit einer Okkupation der Insel unterbinden.
b)    Politische Gründe: Caesar wollte sich weiteres Ansehen verschaffen. Möglicherweise wollte er auch einem Rückruf nach Rom entgehen, wo ihn wahrscheinlich eine Anklage erwartet hätte, denn einige Römer waren der Meinung, dass er seine Kompetenzen in Gallien überschritten habe.

Caesars erste Expedition nach Britannien
Caesar beschließt im Sommer des Jahres 55 vor Christus, dass man noch vor dem Winter nach Britannien übersetzen soll um dort Erkundungen einzuziehen, die bei einer späteren Eroberung wichtig sein können. Bislang kommen alle Informationen, die er über das Land hat, von Kaufmännern, die Handel mit den Inselbewohnern treiben.
Um zu erfahren, wo es in Britannien Häfen gibt, die groß genug für seine Flotte sind, schickt Caesar Gaius Volusenus Quadratus, mit einem einzelnen Kriegsschiff voraus, um die Küste zu erkunden. Als er nach fünf Tagen, an denen er sich nicht traute an Land zu gehen, zurückkehrt, erstattet er Caesar Meldung.
Währenddessen kommen Gesandte der Briten zu den Römern, bieten Geiseln und eine freiwillige Unterwerfung unter die römische Herrschaft. Man akzeptiert das Angebot und sendet ihnen Commius, den König des Volkes der Atrebaten mit, der einen großen Einfluss auf die gallischen Stämme besitzen soll, mit.
Nachdem alle Truppen und Schiffe versammelt sind, bricht Caesar Ende August vom Portus Itius (genaue Lage bis heute unbekannt, wahrscheinlich Boulogne-sur-mer) mit 80 Lastschiffen und zwei Legionen (etwa 12.000 Soldaten plus Auxiliartruppen) auf. Die Reiter, die einen anderen Auslaufpunkt gewählt haben, kommen nach. Als man die britannische Küste am frühen Nachmittag des nächsten Tages erreicht, erkennt man schon von fern, das sich dort feindliche Truppen versammelt haben, um die Römer an der Landung zu hindern. Caesar hält die Stelle im Übrigen für ungeeignet, segelt weiter und beginnt mit der Landung schließlich an einem flachen Strand rund 10 Kilometern nördlich von Dover. Da die Feinde den Schiffen gefolgt sind, stellt sich die Landung als schwieriger als eigentlich geplant heraus. Nach einem kurzen Gefecht, welches die Römer gewinnen, bitten die britannischen Stämme um Frieden.
Als schließlich auch die Reiterei eingetroffen ist, geschieht etwas ganz und gar unvorhersehbares: Eine durch den Vollmond ausgelöste Sturmflut zerstört in einer Nacht beinahe alle Schiffe. Die Römer sitzen nun auf der Insel fest; eine Tatsache die durch Nahrungsmittelknappheit noch verschlimmert wird: Niemand hatte damit gerechnet auf der Insel überwintern  zu müssen und dem entsprechend waren keine Getreidevorräte angelegt worden. Als die britischen Fürsten dies nun erfahren, wittern sie ihre Chance und beschließen einen Angriff.
Während die Truppen nun mit Reparaturen an den Schiffen und der Getreideernte beschäftigt sind, werden sie von den einheimischen Stämmen angegriffen. Caesar, der etwas Derartiges bereits befürchtet hatte, schreitet ein und verhindert so schlimmeres. Doch die Britannier geben sich noch nicht geschlagen: erst als sie Caesar ein zweites Mal unterliegen, bitten sie wieder um Frieden. Caesar willigt erneut ein. Gleichzeitig beschließt er, zumindest einen Großteil der Truppen zurück nach Gallien zu transportieren. Da die Soldaten gute Arbeit geleistet haben und man nur auf 12 Schiffe verzichten muss, ist dies gut möglich.
Obwohl Caesars Expedition nach Britannien nur geringer Erfolg beschieden war, richtet der Senat in Rom zu Ehren Caesars ein zwanzigtägiges Dankfest (= ovatio) aus.

Caesars zweite Expedition nach Britannien
Durch die positive Resonanz aus Rom bestärkt beschließt Caesar im nächsten Jahr, das heißt 54 v. Chr. erneut nach Britannien überzusetzen. Im Frühsommer kehrt er nach Gallien zurück und zeichnet dort die Soldaten, die gute Arbeit geleistet und während des Winters etwa 600 Lastschiffe gebaut haben, aus.
Im Juli 54 beginnt man mit der Überfahrt und landet schließlich bei Sandown Castle nördlich dem heutigen Ort Deal. Die Inselbewohner planen Caesar auch diesmal die Landung zu erschweren und kommen in großer Zahl an die Küste, doch als die etwa 800 Schiffe, die die römische Flotte umfasst haben soll, gesichtet werden, suchen sie ihr Heil in der Flucht.
Nach der geglückten Landung lässt Caesar die Schiffe von einem Teil der Truppen sichern und macht sich mit dem anderen Teil an die Verfolgung der Feinde. Nach einem kurzen Fußmarsch gelangt man zu einem so genannten „hillfort“ (Waldfeste), welches schnell eingenommen ist. Einige Soldaten setzen die Anlage wieder in Stand während der Rest der Soldaten den Feinden nachgeht. Plötzlich taucht ein Bote auf, der berichtet, ein Sturm habe in der Nacht die Schiffe beschädigt. Caesar stoppt alle Tätigkeiten und begibt sich zum Lager an der Küste. Dort veranlasst er, dass alle Schiffe an Land gezogen und mit dem Lager verbunden werden. Außerdem befiehlt er die Reparatur und den Bau neuer Schiffe.
Als dies nun geklärt ist, kehrt er zum „hillfort“ zurück, wo sich nun Truppen der Britannier unter Führung des Cassivelaunus versammelt haben. In der Folge kommt es zu einigen Gefechten, die nach einem weiteren Sieg der Römer am nächsten Tag ihr Ende finden.
Caesar zieht nun in Richtung Themse. Dort befindet sich das Reich des Cassivelaunus. Man hofft, dort einen entscheidenden Sieg gegen die aufständischen Britannier erringen zu können. Die Römer können die Feinde zwar an den Ufern des Flusses besiegen, doch diese wollen sich nicht geschlagen geben und beginnen einen Guerillakrieg: Marschierende Truppen werden aus dem Hinterhalt attackiert und Dörfer werden geräumt, um die Römer von alle Versorgungsmöglichkeiten abzuschneiden.
Aufgrund eines glücklichen Zufalls gewinnt man die Unterstützung einiger Stämme. Dadurch sind die Versorgungsprobleme gelöst. Zudem erfährt man, wo Cassivelaunus sich versteckt hält. Man marschiert dorthin und gewinnt den Kampf um das Lager, doch der Feind kann abermals entkommen. Cassivelaunus befiehlt den Angriff in Kent, wo die Römer ihre Schiffe haben. Doch die dort stationierten Einheiten halten dem Angriff stand, was Cassivelaunus zum Anlass nimmt, sich zu ergeben.
Caesar lässt ein weiteres Mal Gnade walten. Den Britanniern werden Abgaben auferlegt, die nach dem heutigen Stand der Forschung jedoch wahrscheinlich nie bezahlt werden. Caesar, der den Misserfolg seiner Expedition verschleiern will, geht auch nicht weiter darauf ein. Nach einem halben Jahr auf der Insel, in dem außer der Rettung von Caesars Prestige und dem Entgehen einer eventuellen Anklage nicht viel erreicht wurde, kehrt der Feldherr mit dem Truppen im Dezember 54 vor Christus wieder auf das Festland nach Gallien zurück.

2. Teil: Die Eroberung der Insel

Aulus Plautius erobert Britannien
Nachdem die Eroberungspläne von Augustus und Caligula allesamt gescheitert waren, sendet Kaiser Claudius im Jahr 43 nach Christus Aulus Plautius mit 4 Legionen los um die Insel endlich zu erobern und dem Römischen Reich einzuverleiben. Anlass war das Hilfegesuch des Königs Berikus, welcher der Herrscher eines Klientelkönigtums (d.h. in diesem Fall ein Königreich, das direkt von Rom abhängig ist) auf der Insel war und bei einer innerbritannischen Revolte vertrieben wurde.
Die Truppen marschieren also gen Britannien, doch schon vor der Insel stößt Plautius auf Probleme. Seine Soldaten weigern sich in Gallien weiterzumarschieren, da sie hier das Ende der bis dahin bekannten Welt erreicht haben. Doch mit Hilfe des Freigelassenen Tiberius Claudius Narcissus gelingt es schließlich, die Aufständischen umzustimmen.
Sie setzen in drei Abteilungen über. Dabei stoßen sie unerwarteter Weise nicht auf Widerstand, was darauf zurückzuführen ist, dass die Britannier nicht mit einem solch späten Ankommen der Truppen gerechnet haben. So ziehen die Inselbewohner sich in die Sümpfe zurück, ein schwer zugängliches Gebiet, welches für die nicht ortskundigen Römer leicht zu einer tödlichen Falle werden kann. Sie hoffen darauf, die Römer mit dieser Taktik zur Umkehr zu zwingen. Doch dies gelingt nicht, denn als Plautius sie erst einmal aufgespürt hat, besiegt er Caratacus und Togodumnus, die Söhne des bereits getöteten Königs Cynobellinus. Als Folge davon sind Bodunni der erste Stamm der kapituliert und sich freiwillig den Römern unterwirft.
Wie üblich setzt man den entkommenen Feinden nach. An einem Fluss treffen die beiden feindlichen Parteien aufeinander. Zunächst scheint ein Sieg der Römer als ein Leichtes, doch als die Britannier am zweiten Tag zurückschlagen, fällt die Entscheidung zu Gunsten der Römer nur äußerst knapp aus.
Eine Kapitulation der Feinde scheint in absehbarer Zeit nicht erreichbar und so zieht sich Plautius zurück, sendet eine Nachricht zu Claudius nach Rom und wartet auf dessen Ankunft. Als der Kaiser die Insel erreicht übernimmt er selbst die Führung der Legionen und unter ihm erringen die Truppen Sieg um Sieg, infolge derer auch immer mehr Stämme freiwillig kapitulieren. Man geht davon aus, dass Claudius auch Kriegselefanten und schweres Gerät zum Einsatz brachte, dem die Britannier nicht gewachsen waren. Nach sechzehn Tagen übergibt der Kaiser die Führung wieder an Plautius, gibt ihm den Befehl „die anderen Gebiete“ ebenfalls zu erobern und reist ab.
Damit ist der Feldzug im Prinzip erfolgreich beendet. Beinahe der gesamte Teil der Insel, der heute England darstellt, ist unterworfen und so wird Plautius 43 nach Christus erster Statthalter der neuen Provincia Britannia. Man richtet die Provinzhauptstadt in Camulodunum, dem heutigen Colchester ein. Diese Stellung verliert die Stadt jedoch in den 60er Jahren des 1. Jahrhunderts an Londinium.

Der Aufstand des Caratacus und die Folgezeit
Bereits unter Publius Ostorius Scapula, der Plautius 47 nach Christus im Amt folgte, kam es zum Aufstand der Britannier. In der Zeit zwischen Plautius’ Abberufung nach Rom und dem Eintreffen Scapulas waren einige Stämme, allen voran die Siluren, auf die Gebiete Roms und seiner Bundesgenossen vorgedrungen. Scapula zögert nicht, zieht seine Truppen zusammen und „macht alle nieder, die Widerstand leisten“ . Auf seinem Vormarsch entwaffnet er auch die „Verdächtigen“, also jene, von denen er befürchtet dass sie sich den Aufständischen anschließen könnten. Darunter sind auch die Icener, ein Stamm, der sich den Römern einst freiwillig angeschlossen hatte. Die Icener, die die Entwaffnung als Beleidigung werten, scharen einige benachbarte Stämme um sich und stellen sich den Römern zur Schlacht, wo sie unterliegen. Diese Niederlage lässt die meisten Stämme ihren Widerstand aufgeben. So steht man bereits fast an der Küste der irischen See, als ein neuerlicher Aufstand bei den Briganten das Heer zurückruft. Die Briganten lassen sich zwar besiegen, doch die Siluren unter dem Heerführer Caratacus geben nicht auf. Dieser sammelt all jene, die Frieden mit den Römern ablehnen, um sich und provoziert eine offene Schlacht. Roms Legionäre siegen mit Hilfe altbewährter Schlachtformationen. Es gelingt sogar, Caratacus’ Familie gefangen zu nehmen; er selbst wird kurz darauf von der Rom freundlich gesinnten Stammesführerin Cartimantua ausgeliefert. Doch in Rom wird er nach einer Rede, die er während des Triumphzuges hält, vom Kaiser begnadigt. Scapula erhält die ornamenta triumphalia.
Der Krieg jedoch ist nicht beendet. Als man Soldaten zum Errichten von Stützpunkten in das Gebiet der Siluren schickt, werden diese angegriffen und nur durch das schnelle Entsenden weiterer Einheiten kann Schlimmeres verhindert werden. Während die Kämpfe sich weiter ziehen, stirbt Scapula. Die scheinbar endlosen Gefechte mit den Britanniern hatten ihn ans Ende seiner Kräfte gebracht.

Der Aufstand der Boudicca
Inzwischen schreiben wir das Jahr 61 nach Christus. Statthalter von Britannien ist Gaius Suetonius Paulinus, der bereits kurz nach Amtsantritt die Truppen zur Insel Angelesey vor der walisischen Küste führt, um die sich dorthin geflüchteten Britannier zu besiegen und die Insel der Provinz hinzuzufügen. Zur selben Zeit brechen im Gebiet der Icener Unruhen aus. Grund ist das Testament des verstorbenen Königs der Icener, in welchem der sowohl seine beiden Töchter als auch Kaiser Nero zu Erben ernennt. Er hofft, so den Frieden zwischen Rom und seinem Stamm dauerhaft sichern zu können. Doch das Gegenteil tritt ein und Rom legt ein absolutes Fehlverhalten an den Tag: Königin Boudicca wird misshandelt, die Töchter werden vergewaltigt und weitere Angehörige der königlichen Familie werden gedemütigt.
Als Folge verbündet sich Boudicca mit einigen weiteren Stämmen, unter anderem den Trinovanten, und attackiert die nur schlampig gesicherte Veteranenkolonie in Camulodunum. Als man dort den Legaten Catus Decianus um Hilfe bittet, sendet dieser nur zweihundert schlecht gerüstete Soldaten. Diese werden besiegt, ebenso wie die Streiter der neunten Legion, die den Einwohnern zu Hilfe eilt.
Während Suetonius mit seinen Truppen aus Wales heranmarschiert, verwüsten die Aufständischen die Städte Londinium (London) und Verulamium (nahe der heutigen Stadt St. Albans). Zeitgenössischen Berichten zufolge sterben allein in diesen drei Städten 70.000 Bürger durch Feindeshand. Schließlich treffen Paulinus’ Truppen, die 14. und 20. Legion so wie mehrere tausend Mann an Auxiliartruppen (Hilfstruppen), ein. Es kommt zur „Schlacht an der Watling Street“. Die Römer gehen gegen die Streitmacht, in der auch viele Frauen mitkämpfen, erbarmungslos vor. Über 80.000 Britannier verlieren laut Tacitus an diesem Tag ihr Leben. Für die Römer ist es ein vollkommener Sieg. Über das weitere Schicksal Boudiccas herrscht Uneinigkeit in den Quellen, Tacitus spricht von einem Freitod, Cassius Dio nennt eine Krankheit als Todesgrund.
Im Folgenden ist die Politik in Britannien durch den Streit zwischen Paulinus und Iulius Classicianus beherrscht infolge derer Kaiser Nero Paulinus durch Publius Petronius Turpilianus ersetzt. Die wahren Ausmaße des Aufstandes können nur schwer abgeschätzt werden, da viele Historiker die Angaben zu den Gefallenen für übertrieben halten. Anzunehmen ist jedoch, das Boudicca mit ihrem Heer eine ernstzunehmende Bedrohung für die Oberherrschaft der Römer im Land gewesen wäre, wenn ihre Soldaten in der Schlacht disziplinierter vorgegangen wären.

Vordringen der Römer unter Agricola
Über die nächsten Jahre gibt es nichts, das berichtenswert wäre. Das ändert sich 77 oder 78 nach Christus – das genaue Jahr ist nicht bekannt – als Gnaeus Iulius Agricola Statthalter in der Provinz wird. Agricola kennt das Land, da er bereits während des Boudicca-Aufstandes als Militärtribun auf der Insel gedient hatte.
Agricola ergreift sofort nach Amtsantritt die Initiative und führt seine Truppen siegreich gegen die Ordovicer in Wales und erobert die Insel Anglesey, an deren vollständiger Eroberung Paulinus durch den Aufstand der Boudicca gehindert wurde. Den Winter verbringt er mit Reformen, mit denen er versucht, die Missstände in der Provinz wie etwa die ungleiche Verteilung der Steuerlasten zu beseitigen. Im Sommer des nächsten Jahres, also entweder 78 oder 79, zieht er wieder ins Feld. Am Ende des Jahres steht er nach Kämpfen mit den Briganten im Norden sogar in den schottischen Lowlands. Im Winter widmet Agricola sich der Verbreitung der römischen Kultur; sehr wahrscheinlich sind auch Straßenbauten in dieser Zeit. Und im nächsten Jahr, wie könnte es anders sein, erobert man weiteres Land. Agricola stößt dabei bis zum Tay (ein Fluss in Schottland) in den südlichen Highlands vor. Dort errichtet er Lager, um das Gebiet auch im Winter unter seiner Kontrolle halten zu können.
Derweil stirbt in Rom Kaiser Vespasian. In das Amt des Kaisers folgt ihm sein Sohn Titus. Dieser betreibt eine vorsichtigere Britannienpolitik und fordert Agricola auf, das eroberte Land zu sichern anstatt weitere Feldzüge in den Norden zu unternehmen. Diesem Befehl wird Folge geleistet, Agricola festigt die römische Herrschaft im Gebiet südlich der neuen Grenze. Außerdem postiert er Soldaten an der Küste zur irischen See. Vermutlich plante er eine Invasion Hibernias, also Irlands, denn er hielt die Insel für leicht zu erobern. Diese Pläne werden nie in die Tat umgesetzt, da der neue Kaiser Domitian – auch Titus war inzwischen gestorben – eine Eroberung Irlands zugunsten einer Okkupation des noch nicht römischen Britanniens ablehnt. Und so zieht Agricola wieder in den Norden und vertreibt die Caledonier, die Widerstand leisten und römische Befestigungen attackieren. Man hofft, im Sommer die Endscheidung herbeiführen zu können. Und tatsächlich besiegt man die Caledonier, die sich am Mons Graupius, dessen Lage nicht genau bekannt ist, zur Schlacht stellen.
Als die Kunde von diesem Sieg nach Rom gebracht wird, erhält Agricola die ornamenta triumphalia. Da seine Amtszeit zu Ende ist, gibt er sein Amt 84 nach Christus ab. Sein Nachfolger ist nicht sicher bekannt, man vermutet Sallustius Lucullus. Für Rom ist damit Britannien komplett erobert. Was sich in den nächsten 40 Jahren zuträgt, ist unbekannt, denn Tacitus, die Hauptquelle über Agricola, verlässt die Insel gemeinsam mit diesem.

3. Teil: Britannien als Provinz

Die Errichtung des „Hadrianswall“
Selbstverständlich war Britannien bereits lange vor den Eroberungen Agricolas eine Provinz des römischen Reiches. Doch nun ist das Kapitel der Eroberungen und Feldzüge auf der Insel weitestgehend beendet. Was nun folgt ist eine Sicherung der Gebiete unter römischer Kontrolle.
In Rom stirbt 117 nach Christus Kaiser Trajan. Unter ihm hatte das Reich seine größte Ausdehnung angenommen, was hauptsächlich durch Eroberungen im Osten zu erklären ist. Unter seinem Nachfolger Hadrian änderte sich der Kurs der römischen Politik. Statt immer weitere Länder zu erobern, obwohl die Infrastruktur und die Verwaltung des Reiches bereits hoffnungslos überspannt waren, setzte Hadrian auf eine Festigung der Grenzen in den sicheren Gebieten. Zudem zog man sich aus Gebieten, die kaum zu halten waren, zurück. Dies trifft auch für Britannien zu.
Nach einem Besuch des Kaisers im Jahr 122 nach Christus auf der Insel ergeht der Befehl, sich aus den schottischen Gebieten zurückzuziehen. Im selben Jahr beginnt man mit dem Bau des Hadrianswall, der die Römer vor Übergriffen von Stämmen aus dem Norden, insbesondere der Pikten und Caledonier, schützen soll.
Als der Wall etwa fünf Jahre später vollendet ist, erstreckt er sich auf einer Länge von etwa 120 Kilometern im heutigen Nordengland, womit die neue Grenze etwa 160 Kilometer südlich der von Agricola eroberten Gebiete verläuft. Der Wall, dessen Mauer etwa drei Meter dick und fünf bis sechs Meter hoch ist, beinhaltet auch achtzig Tore. Er bestand an manchen Stellen aus Stein, an anderen Stellen aus Erde. Heute geht man davon aus, dass der Wall nicht nur zum Schutz diente, sondern auch dabei half, den Handel zu kontrollieren und Zölle einzunehmen. Damit ist die Grenze auf der Insel gesichert.

Die Errichtung des Antoninuswall

Unter Hadrians Nachfolger, Kaiser Antoninus Pius, wird in Britannien Quintus Lollius Urbicus Statthalter. Diesem genügt es nicht, nur die Grenze am Hadrianswall zu halten, und so besetzt er das nördlich gelegene Gebiet. In den Jahren 142 bis 144 nach Christus errichtet man an der neuen Grenze des römischen Herrschaftsgebiets den Antoninuswall. Dieser ist zwar wesentlich niedriger als der Hadrianswall, verkürzt die Frontlinie jedoch um mehr als die Hälfte auf nur noch sechzig Kilometer. Zudem ist die Grenze, die sich jetzt wieder nahe der Stellungen Agricolas befindet, durch neunzehn Kastelle im Abstand von je zwei Meilen gesichert. Dennoch gelingt es trotz intensiver Bemühungen nicht, die feindlichen Stämme nördlich des Walls entscheidend zu besiegen.
So kommt es, dass man die Grenze bereits 164 nach Christus wieder aufgibt. Doch dies soll nicht das endgültige Aus für die Mauer sein. Als Kaiser Septimius Severus 208 nach Christus nach Britannien kommt, um Schottland zu erobern, kehrt man für kurze Zeit an den Wall zurück. Severus gelingt es zusammen mit seinem Sohn und späteren Kaiser Caracalla, in den Jahren 209 und 210 nach Christus Siege über die Stämme zu erringen und so weit nach Schottland vorzudringen. Doch auch nach erfolgreichen Friedensverhandlungen wird der Wall nicht wieder richtig instand gesetzt und nach Severus’ Tod 211 nach Christus kehrt man Schottland den Rücken und verlegt die Grenze zurück an den nun weiter ausgebauten Hadrianswall. Aufgrund dieser Ereignisse wurde der Wall von einigen späteren römischen Historikern auch „Wall des Severus“ bezeichnet.

Gliederung der Insel
Was nun folgt, ist ein kurzer Anriss der Verwaltungsreformen, die die Insel zu Beginn des 3. Jahrhunderts nach Christus erlebte. Die Provinz Britannia existierte wahrscheinlich bereits seit 197 nach Christus nicht mehr als solche. Damals spaltete Kaiser Septimius Severus die Insel in zwei kleine Provinzen: Britannia Superior im Süden und Britannia inferior im Norden.
Doch damit nicht genug. Anfang des vierten Jahrhunderts folgten unter Kaiser Diokletian weitere Reformen. Dieser teilte Britannia Superior weiter auf: Im Südwesten der Insel lag nun Britannia Prima und im Osten Maxima Caesariensis. Auch Britannia inferior wurde durch zwei neue Provinzen ersetzt. Der nördliche Teil der Provinz wurde zu Britannia Secunda, der südliche Teil hieß fortan Flavia Caesariensis.
Als sich im weiteren Verlauf des Jahrhunderts die Überfälle durch Pikten und Skoten häufen und schwere Unruhen die nördlichen Provinzen des Reiches erschüttern, entsendet Kaiser Valentinian I. 368 nach Christus seinen besten General, den aus Spanien stammenden Flavius Theodosius, um für Ruhe auf der Insel zu sorgen. Und tatsächlich gelingt es diesem, dem Treiben der Stämme Einhalt zu gebieten. Zudem wird eine fünfte Provinz errichtet: Valentia. Über diese Provinz ist bis heute nur wenig bekannt, nicht einmal ihre genaue Lage ist überliefert. Historiker gehen davon aus, dass sie im nördlichen England anzusiedeln ist. Zudem gibt es Theorien darüber, ob nicht möglicherweise bereits am Anfang des Jahrhunderts eine fünfte Provinz existiert haben könnte. Die schlechte Quellenlage lässt fundierte Aussagen nicht zu.

4. Teil: Das Ende der römischen Herrschaft

Aufgrund der engen Verwobenheit der Themen gehen die Punkte im vierten Teil dieses Vortrags zum Teil fast fließend ineinander über.

Problematik einfallender Stämme
Zur Mitte des 4. Jahrhunderts nach Christus hin griffen verstärkt feindliche Stämme das römische Britannien an. Vor allem Übergriffe der Pikten, Skoten, Sachsen sowie irische Piraten, die die Küsten plündern, machen den Truppen zu schaffen. Im Jahr 367 ist es erstmals soweit, der Hadrianswall hält dem Ansturm nicht mehr stand und die Feinde gelangen in den römischen Süden. Zudem brechen Aufstände innerhalb der Bevölkerung los; die Rädelsführer waren zum Teil Römer, die als Strafe auf die Insel verbannt wurden. Ruhe kehrt erst wieder ein, nachdem Valentinian I. Flavius Theodosius entsendet. Unter seiner Führung kehren einigermaßen normale Zustände ein.

Abzug der Truppen und Aufgabe des Hadrianswalls
Die Römer können ihre Herrschaft auf der Insel dennoch nicht mehr weiter festigen. Als Flavius Magnus Maximus 383 nach Christus beginnt gegen den weströmischen Kaiser zu usurpieren, zieht er die dafür benötigten Truppen, welche ihm im Übrigen treu ergeben sind,  von der Insel ab. Britannien ist nun nicht mehr zu halten, Kaiser Theodosius I., Sohn des oben genannten Feldherrn, gibt den Hadrianswall vermutlich noch im selben Jahr auf. Eben jener Kaiser soll jedoch 389/390 nach Christus noch einmal versucht haben, die Pikten zurückzuschlagen. Unter seinem Nachfolger Kaiser Honorius kämpft der Germane Stilicho im Auftrag Roms zur See gegen die Feinde.
Doch schließlich sind alle Mühen umsonst und unter dem selbsternannten Kaiser Konstantin III. werden fast alle verbliebenen Truppen 407 nach Christus abgezogen. Im Jahr 410 nach Christus verlassen auch die letzten regulären Einheiten Britannien. Die Macht der ewigen Stadt auf der Insel ist scheinbar dahin, und so erklärt Kaiser Honorius im selben Jahr, dass die Inselbewohner sich fortan selbst verteidigen müssten, da Rom ihnen keinen Schutz mehr gewähren könne.

Nachwirken
Obwohl Rom militärisch keinerlei Macht mehr auf der Insel besitzt, ist der Einfluss des sterbenden Weltreiches noch nicht völlig dahin. Diesen Eindruck legt jedenfalls ein Hilfegesuch der Insel an den Heermeister Aetius um 446 nach Christus nahe. Dieser lehnt jedoch ab.
Offiziell scheint Rom seinen Anspruch auf die Insel wohl nie aufgegeben zu haben, denn als Ostrom (Byzanz) im sechsten Jahrhundert einen Aufschwung erlebt, fordert Justinian I. 540 nach Christus sein Anrecht auf die Insel ein.
Zudem finden sich in Wales lateinische Inschriften aus diesem Jahrhundert, die sogar nach der normalen römischen Weise nach den Konsuln des betreffenden Jahres datiert sind.

5. Teil: Fazit und Vermächtnis

 

Es folgt nun eine kleine Zusammenfassung des römischen Vermächtnisses an Britannien, anhand dessen Antwort zu der Frage gefunden werden soll, ob die Eroberung der Insel durch Rom erfolgreich war.
Eine Hinterlassenschaft der Römer war das Christentum, welches spätestens seit 380 nach Christus Staatsreligion war. Zwar flüchteten viele Christen, als die Angeln und Sachsen in das Land einfielen; und doch sind in Wales auch heute noch Inschriften christlicher Mönche aus dieser Zeit zu finden. Zudem ging die Christianisierung der Germanen später zum großen Teil von Britannien und Irland aus; so stammt doch der heilige Bonifatius, der „Apostel der Deutschen“, aus dem südwestlichen England.
Damit verbunden ist auch die lateinische Sprache, die die Römer nach Britannien brachten. Vermutlich durch die enorme Entfernung zu Rom selbst konnte Latein sich hier nie komplett durchsetzen, sodass parallel auch noch das Keltische Bestand hatte.
Auch in Britannien gehen viele moderne Städte auf einen römischen Ursprung zurück. Die wichtigsten sind wohl Londinium (London); Eboracum (York), Camulodunum (Colchester) und Durovernum Cantiacorum (Canterbury). Außerdem verdankt (Groß-)Britannien den Römern auch ein gut ausgebautes Straßennetz, das sich von Kent über Wales bis nach Schottland erstreckte. Auf diesen Straßen herrschte im Übrigen Linksverkehr, der auch heute noch in Großbritannien üblich ist.
Das englische Recht basiert kaum auf dem römischen Recht; seine Grundlage ist vielmehr das angelsächsische Gewohnheitsrecht. Im Gegensatz dazu geht das schottische Recht überwiegend auf römische Rechtssprechung zurück.
Nun muss jedoch gesagt werden, dass im Vergleich zu anderen Gebieten Britannien recht wenig Römisches behalten hat. Das lag zum einen am starken Einfluss der nach den Römern in das Land einfallenden Angelsachsen, und zum anderen daran das Britannien nur relativ oberflächlich romanisiert wurde.
Erfolg war den Römern auf der Insel also sehr wohl beschieden – doch war dieser doch von relativ kurzer Dauer.

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