Indogermanen

Mit der Bezeichnung Indogermanen sind nicht die Germanen im klassischen Sinn gemeint. Deshalb wird in der Forschung gelegentlich der Begriff Indogermane ausgetauscht gegen die Bezeichnungen Proto-Indoeuropäer oder Urindo-Germanen. Aber auch diese Namenswechsel sind wenig hilfreich, wenn es in der Forschung darum geht, eine Existenz der Indogermanen nachzuweisen.

Bis zum heutigen Tage ist nicht hinreichend belegt, wer die Indogermanen waren, woher sie kamen und wohin eine Völkerwanderung sie möglicherweise führte. Festzustellen ist jedoch, dass weder die Archäologie noch später die Geschichtswissenschaft substantielle Hinweise auf eine Existenz der Indogermanen feststellen konnten; allerdings auch nicht darauf, dass es Indogermanen nicht gegeben hat.

Für diese problematische bzw. ungesicherte Ausgangslage sind zwei völlig gegensätzliche Lehrmeinungen entstanden.

Der Name Indogermane lässt als Schlussfolgerung zu, dass es sich um eine Bevölkerungsgruppe gehandelt haben muss. Andererseits könnte der Begriff Indogermane die Schlussfolgerung zulassen, dass es sich um mehrere Bevölkerungsgruppen gehandelt haben muss, deren Sprache der indogermanischen Sprachfamilie zuzurechnen ist.

Einige Wissenschaftler bestimmen das Vorkommen der Indogermanen auf die Zeit zwischen 4.000 bis 3.000 v. Chr. Eine Begründung für diese Zeitfestlegung ergibt sich aus den zu dieser Zeit üblichen handwerklichen Tätigkeiten, wie zum Beispiel dem Wagenbau oder eine für diese Zeit geltende Sprachverwandtschaft. Der Auffassung, dass die Indogermanen in westeuropäischen Regionen oder evtl. auch in Osteuropa ansässig waren und dann durch Völkerwanderung in bisher unbekannte Gegenden verschwanden, wurde bislang nicht widersprochen.

Eine andere Gruppe der Geschichtswissenschaft spricht nicht von dem Volk der Indogermanen, sondern von den Bevölkerungsgruppen, die zur indogermanischen Sprachfamilie gehören. Das sind germanische Sprachen, romanische Sprachen, Griechisch, Slawisch, Keltisch, Baltisch, Albanisch, Armenisch, indischen Sprachen und iranische Sprachen.

Nun haben Archäologen und Geschichtswissenschaftler die zu diesen Sprachen gehörenden Bevölkerungsgruppen eingehend erforscht und keinen Hinweis darauf gefunden, dass es sich um die Bevölkerungsgruppe der Indogermanen gehandelt haben könnte. Deshalb forschen Wissenschaftler seit Anfang des 19. Jahrhunderts weiter nach einem Volk, das möglicherweise doch einmal eine gemeinsame Sprache gesprochen hat.

Das bedeutet, die Wissenschaft hat noch viel Forschungsarbeit vor sich. Es wäre vielleicht auch sinnvoll, in der Geschichte nach möglichen Parallelen zu suchen.

Als ein Studienobjekt könnten zum Beispiel die „Verlorenen Stämme Israels“ dienen. Dabei handelt es sich um zehn israelische Stämme, die um das Jahr 722 v. Chr. umgesiedelt und seither verschollen sind. Die Geschichtsforschung versucht immer wieder, die verlorenen Stämme mit bestehenden Völkern zu identifizieren. Die Suche führte nach Asien, Afrika, Amerika und zu den Angelsachsen. Es ist aber auch in diesem Fall nicht gelungen, eine Existenz der „Verlorenen Stämme“ nachzuweisen. Bis zum heutigen Tage diskutieren Religions- und Geschichtswissenschaftler kontrovers darüber, ob es die „Verlorenen Stämme“ überhaupt gegeben hat.