JetLeechan hat geschrieben:
Ich stimme ihm da zu. "Art 146:
Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist."
Das Grundgesetz ist keine Verfassung die sich das deutsche Volk selbst gegeben hat. Das deutsche Volk hatte niemals die Möglichkeit sich gegen das Grundgesetz auszusprechen. Außerdem wurden einige Punkte dem paralamentarischen Rat von den Besatzungsmächten diktiert, zB. keine abschließende Regelung zum Status Berlins, Bayern hat das GG abgelehnt, die Besatzungsmächte genehmigten es unter Vorbehalt etc. pp.
Deutschland hat dann eine freie Verfassung, wenn das Volk sie per Abstimmung bestätigt, bisher haben wir nur das Provisorium Grundgesetz oder besser gesagt eine diktierte Verfassung.
Art. 146 GG besagt nicht, dass wir keine Verfassung hätten, sondern betrifft den Fall, dass eine neue Verfassung verabschiedet werden soll.
Nach der Wiedervereinigung stand eine neue Verfassung mitsamt Abstimmung als Vorschlag kurz im Raum, wurde dann aber nicht vollzogen. Vielmehr blieb man bei der bewährten Verfassung, denn das Grundgesetz ist, auch wenn es nicht so heißt und zunächst nur als provisorische Verfassung gedacht war, nichtsdestotrotz eine Verfassung.
Dann noch einige weitere Punkte:
-Freiheit einer Verfassung:
Das deutsche Volk hat nicht in direkten Wahlen über die Verfassung abstimmen müssen. Das ist richtig. Ist die Verfassung deswegen unfrei? Man muss mit JA antworten, wenn man ein Verfechter einer plebizitären Demokratie ist. Mit NEIN, wenn man die parlamentarische Demokratie nicht ablehnt. Und jedenfalls gewählte Parteien und Parlamente waren beteiligt.
-Abstimmungsverhalten der CSU:
Die Ablehnung der CSU wurde nicht von den Besatzungsmächten überstimmt, sondern die CSU stimmte gegen das Grundgesetz, weil die Bayern genau wussten, dass die nach den Regelungen zum Inkrafttreten notwendige Mehrheit für das Grundgesetz steht. Zudem war die CSU nicht gegen das Grundgesetz an für sich, sondern lediglich mit der kompetenzverteilung im föderalen System nicht einverstanden. Zum Grundrechtekatalog stand sie dagegen ohne Einschränkungen. Die Ablehnung war also symbolischer Natur.
- Einflussnahme der Besatzungsmächte:
Die Besatzungsmächte haben natürlich Einfluss auf die ausgearbeitete Fassung genommen, die ihnen vorgelegt werden musste. Allerdings ging die vorgelegte Fassung ohne substantielle Änderungen durch. Die punktuellen Eingriffe in unwesentlichen Bereichen vermögen aber nicht das gesamte Werk zu diskreditieren.
- Inhalt des GG:
Das Grundgesetz steht ganz eindeutig in der Tradion deutscher Verfassungen seit der Paulskirche und ist im Übrigen eine Reaktion auf die Erfahrungen aus Weimar und dem Dritten Reich. Eine diktierte Verfassung hingegen müsste die Verfassungstradition der Besatzungsmächte widerspiegeln. Dies ist îm Rahmen der Kommunalverfassungen feststellbar gewesen. Für das Grundgesetz lässt sich eine solcher Befund nicht nachweisen.
- Provisorium:
Das GG war zunächst als Provisorium bis zu einer Wiedervereinigung gedacht. Spätestens mit der Ausweitung des Geltungsbereichs des Grundgesetzes auf das Gebiet der ehemaligen DDR ist dieses Argument jedoch hinfällig. Man kann aber bereits vorher von einer gewohnheitsrechtlich fest verankerten Verfassung ausgehen und den provisorischen Charakter ablehnen. (nebenbei: die deutsche Verfassung ist im Ausland durchaus populär und wird genau beobachtet; jüngere Verfassungen haben geprüft, welche Elemente für die eigene Verfassung sinnvoll sein könnten)
- Diktat:
Wenn die Verfassung diktiert worden wäre, hätten die Besatzungsmächte den Text vorgegeben und der parlamentarische Rat diesen Vorschlag allenfalls abnicken dürfen. Dies trifft für die Genese des Grundgesetzes nicht zu.
p.s. sobald ich meine Unterlagen zur Verfassungsgeschichte wiederfinde, stelle ich auch ein paar Quellen hier rein
p.p.s. ich lese immer wieder "freie Verfassung"; aus 146 GG kann man nicht rückfolgern, das GG sei nicht frei; wichtiger noch: wie würde es z.B. zu bewerten sein, wenn das deutsche Volk eine am Führerprinzip orientierte Verfassung in freier Wahl verabschiedete? Wäre dies eine "freie" Verfassung, obwohl ihr jegliche Freiheitlichkeit abgeht?