Nationalstolz - nationale Identität in Deutschland

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Moderator: Barbarossa

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dieter
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Barbarossa hat geschrieben:Ich hatte jetzt einige Beispiele aus dem Fernsehen im Kopf, wo sich junge Türken/innen als "Deutsch-Türken" bezeichneten. Einige von denen spielten sogar mit dem Gedanken, wieder in die Türkei zurück zu gehen. Das zeigt schon, daß es doch einige gibt, die noch nicht so ganz in Deutschland angekommen sind. Inwieweit ein Migrant integriert ist, muß natürlich jeder für sich entscheiden. Und auch, ob er hierbleiben will oder nicht. Wir sind ja ein freies Land.
Lieber Barbarossa,
ob jemand integriert ist oder nicht, das muß seine Umwelt entscheiden. :wink:
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Renegat hat geschrieben:Genau diesem Fall entsprechen die Millionen Nachkommen der "Gastarbeiter" in D, deren Eltern in den 60/70er Jahren, also nur ungefähr 10-20 Jahre später in der BRD ankamen. Deren Kinder und Enkelkinder sind die Menschen, deren Migrationshintergrund wir meinen, ständig erwähnen zu müssen. U.a. damit erzeugen wir eine Ausgrenzungsempfindung.
Lieber Renegat,
ich hatte hier im Forum schon einige Beispiele von Türken und Marokkanern angesprochen, die durch ihre Religion und wie sie diese beachten sich selbst ausgrenzen. Dafür kannst Du andere Menschen nicht verantwortlich machen. Erstaunlicherweise gab es mit Spaniern, Italienern oder Griechen nie die Probleme. Unser Sohn ist vier Jahre lang mit einem spanischen Mädchen gemeinsam in die Schule gegangen und mit ihr auch zurückgekommen. Die Spanier wohnten in dem Haus meines Stiefvaters. Wir sind auch immer zusammen zum Elternabend gegangen. :wink:
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Renegat
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Och Dieter, da ich ja weiß, wie alt dein Sohn sein muß, erzählst du Geschichten der Vorwendezeit. Soll ich dir erzählen, mit wem ich alles zum Elternabend gegangen bin. Ich könnte dir sogar erzählen, wie sich meine Nachbarschaft noch heute zusammensetzt. Und wenn jetzt wieder kommt, dass dein Sohn die falschen Würstchen zum Kochunterricht gekauft hat, dann hätte er einfach seine Mitschüler vorher fragen sollen. Ich denke aber, dass er diese Geschichte ganz anders sieht, frag ihn mal. :)

Ich hoffe sehr, wir kommen im Thema wirklich mal weiter.
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Barbarossa
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Renegat hat geschrieben:Also "immer wieder" sehe ich nun nicht, die Nationalstaatsidee ist ja erst aus dem 19. Jhdt, 1848 klappte es nicht und dann etwas krampfig unter Preußen. Von freiem Willen konnte man damals nicht wirklich sprechen. Eigentlich hing D wie Italien sehr lange an den Kleinstaaten, das merkt man noch heute am Föderalismus...
Der Föderalismus ist natürlich auch ein Vermächtnis der Geschichte - klar.
Aber die Idee eines deutschen Nationalstaates ist doch schon etwas älter. Es gab beim deutschen Adel bereits im 15./16. Jh. eine nationalstaatliche Bewegung und im Zuge dieser Bewegung kam u. a. auch der Zusatz in der Reichsbezeichnung "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation" (1474 erstmals so verwendet) hinzu. Es blieb allerdings eine Modererscheinung, die mit der Regierungszeit König Ludwig XIV. in Frankreich beendet wurde.

Aber nun nochmal ein anderes Argument zu der Frage:
Renegat hat geschrieben:...
Was hält nun eigentlich Deutschland zusammen?
Was mir in dem Zusammenhang auch nicht aus dem Kopf geht ist etwas, was du in dem anderen Pfad schriebst:
Renegat hat geschrieben:...
Das Dilemma kann an diesem Beispiel aber vielleicht beleuchtet werden. Nach der Wende hatten wir plötzlich die Situation, dass uns seit langem vertraute Nachbarn wie viele Türken oder Deutsche mit türkischen, asiatischen, afrikanischen Eltern uns wegen der diffusen Nationalitätssituation quasi von außen entfremdet wurden, weil den neu hinzugekommenen Deutschen in der ehem. DDR die Situation in den westdeutschen Städten nicht vertraut war. Gleichzeitig wurde das labile Gleichgewicht im Westen mit dem Kunstbegriff der deutschen Nationalität durcheinandergebracht, indem die russischen Spätaussiedler uns wegen ihrer Abstammung nun als vertrauter verordnet wurden als unsere türkischen Nachbarn.
Dazu einfach mal eine Frage:

Mal angenommen, du bekommst zwei Einladungen zweier Familien aus deiner Nachbarschaft zu einer Feier, jeweils am selben Tag und zur selben Zeit.
Die eine Familie kam ehemals aus Sachsen und die möchten dich gern zu einer Jugendweihefeier (feiern die meisten hier im Osten statt Konfirmation) einladen.
Die andere Familie mit türkischem MHG möchte dich zu einem muslimischen Beschneidungsfest einladen.

Beide Familien kennst du ungefähr genau so lange und gleich gut.
Welche Einladung nimmst du an?
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Renegat
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Renegat hat geschrieben:...
Das Dilemma kann an diesem Beispiel aber vielleicht beleuchtet werden. Nach der Wende hatten wir plötzlich die Situation, dass uns seit langem vertraute Nachbarn wie viele Türken oder Deutsche mit türkischen, asiatischen, afrikanischen Eltern uns wegen der diffusen Nationalitätssituation quasi von außen entfremdet wurden, weil den neu hinzugekommenen Deutschen in der ehem. DDR die Situation in den westdeutschen Städten nicht vertraut war. Gleichzeitig wurde das labile Gleichgewicht im Westen mit dem Kunstbegriff der deutschen Nationalität durcheinandergebracht, indem die russischen Spätaussiedler uns wegen ihrer Abstammung nun als vertrauter verordnet wurden als unsere türkischen Nachbarn.
Barbarossa hat geschrieben:Dazu einfach mal eine Frage:

Mal angenommen, du bekommst zwei Einladungen zweier Familien aus deiner Nachbarschaft zu einer Feier, jeweils am selben Tag und zur selben Zeit.
Die eine Familie kam ehemals aus Sachsen und die möchten dich gern zu einer Jugendweihefeier (feiern die meisten hier im Osten statt Konfirmation) einladen.
Die andere Familie mit türkischem MHG möchte dich zu einem muslimischen Beschneidungsfest einladen.

Beide Familien kennst du ungefähr genau so lange und gleich gut.
Welche Einladung nimmst du an?
Superfrage Barbarossa, die bringt es auf den Punkt, weil die Bedingungen nicht stimmen.
Ich kenne nämlich die Familie mit dem Beschneidungsfest länger und gehe natürlich dahin, weil ich schon zum Fest der Eltern gegangen bin. Und die Familie aus Sachsen würde ich diplomatisch vertrösten.
Wobei ich die Feste hier als Bild sehe, hast du bestimmt so gemeint. Denn Konfirmation, Beschneidung werden idR als reine Familienfeste gefeiert, bei Jugendweihe weiß ich es nicht genau. So dass ich als befreundeter Nachbar viel realistischer ein paar Tage später mit einem Geschenk gratulieren würde, da müßte ich mich nicht entscheiden.
RedScorpion

Jugendweihe? :shock: Das gibt's noch?
Welche anderen FDJ-Feste werden da noch so gefeiert? :wtf:

Ganz eindeutig: Da lob' ich mir doch sogar die verschleiertsten Muslime, die glauben wenigstens noch an Gott.

Man kann auch von mir aus guter Deutscher sein und gleichzeitig Atheist,

aber guter Deutscher und die DDR in Festen weiterleben? :?: Also wirklich, je oller, je doller.


Renegat hat geschrieben: ...
Ich hoffe sehr, wir kommen im Thema wirklich mal weiter.
Ich sehe keinen grossen bzw. überhaupt keinen Unterschied zwischen Nationalität und Staatsangehörigkeit. Letztere setzt erstere voraus,

und ich dachte bis vorhin, dass da nur im Deutschen - im Gegensatz z.B. zu den romanischen Sprachen und auch dem Englischen - unterschieden wird im allgemeinen Sprachgebrauch. Wird aber nicht.

(Sorry für das traurige Thema, aber hier ein Link, der den Ausdruck so verwendet, wie auch ich das kenne:)
Im Norden des Kosovo ist ein EU-Polizist getötet worden. Der Mann wurde von zwei Kugeln getroffen, er arbeitete für die europäische Einsatztruppe Eulex. Über seine Nationalität ist noch nichts bekannt.

aus http://www.spiegel.de/politik/ausland/e ... 23185.html


"Nationalität" bzw. "Nation" würd' ich +- als Akzeptanz und Respekt (auch und v.a. staatlicherseits, was i.M. ja sehr in Frage steht) von Rousseaus Gesellschaftsvertrag ansehen, als bürgerrechtlichen Anspruch bzw. Teil eines Staates/Gemeinwesens. Kulturelle und lokale Aspekte mögen da eine Rolle spielen (was ja auch die eine Nation oder die eine Nationalität von der anderen abgrenzt, jedenfalls in der Gruppe der westlichen Demokratien), sind aber m.E. Nuancen.



LG
ehemaliger Autor K.

RedScorpion:

Jugendweihe? :shock: Das gibt's noch?
Welche anderen FDJ-Feste werden da noch so gefeiert?
Jugendweihen gibt es in Deutschland seit Mitte des 19. Jahrhunderts, veranstaltet von Freidenkern und Freireligiösen. Jugendweihen gab es demzufolge auch in der BRD. Hießen hier auch so, veranstaltet von Freidenker-Vereinigungen. Ich hätte daran gerne teilgenommen, aber nach dem frühen Tod meiner Eltern lebte ich ja in einem evangelischen Jugendheim und wurde demzufolge zwangskonfirmiert. Ein Freund von mir nahm 1965 an einer Jugendweihe in Hamburg teil als Alternative zur Konfirmationsfeier der evangelischen Kirche. Als ich den frommen Schwestern erklärte, dass ich so etwas auch gerne hätte, gab es wie üblich eine kräftige Ohrfeige. Damit hatte sich das Thema erledigt. Nach Erreichung der Volljährigkeit, damals erst mit 21 Jahren, trat ich sofort aus diesem Saftladen aus. Aber für die nachträgliche Jugendweihe war ich zu alt.

Jugendweihen gibt es auch heute noch in Hamburg, nennen sich auch noch immer so. Unter anderem werden sie auch von der SPD als Alternative zu den kirchlichen Veranstaltungen empfohlen. In der BRD hat das nichts mit Kommunismus oder DDR zu tun. Es ist eine alte Tradition der Freidenker und Freireligiösen.
Renegat
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Vielleicht hätte Barbarossa weniger exotische Feste für seine Frage nehmen sollen. Die Jugendweihe als Ersatzfest wie Karlheinz das beschrieben hat, kenne ich zwar auch, aus dem Umfeld der Falken, sie ist im Westen aber wenig verbreitet.
Das letzte Beschneidungsfest im Umfeld habe ich in der 80ern wahrgenommen, ohne mir viel dabei zu denken. Einfach als Pendant zu Kommunion und Konfirmation, das war lange vor der Debatte um die männlich Beschneidung. Den Eingriff selbst wird auch damals schon ein Arzt durchgeführt haben, ob an dem Tag, weiß ich gar nicht. Diese religiösen Feste werden mehr mit Familie und Paten begangen.
Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, machen idR im Westen nichts. Um zur Jugendweihe zu gehen, braucht man ein entsprechendes Umfeld.
Menschen, bes Heranwachsende brauchen aber Feste und weil immer mehr Leute auch im Westen nicht mehr in der Kirche sind, werden andere Daten größer gefeiert. Ich denke, dass der Trend die Einschulung mit einem Fest zu zelebrieren, ein kultureller Wandel der letzten Jahrzehnte ist. Wo die Einschulungsfeste herkommen, weiß ich nicht. Gab es die im Osten vor der Wende?

Jedenfalls könnte ich mir vorstellen, dass dieses Datum als Festanlaß zunehmen wird, zumindest in der Öffentlichkeit, da sie ja für alle gelten. Die religiösen Rituale sind dann mehr privat. Natürlich gibt es auch dabei regionale und Dorf/Stadt-Unterschiede.

Vielleicht ist es in ein paar Jahren das große Einschulungsfest, dass einen identitätsstiftenden Gemeinschaftscharakter hat. :) Das nur, um wieder zum Thema zurückzukommen.
RedScorpion

Renegat hat geschrieben: ...
Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, machen idR im Westen nichts. Um zur Jugendweihe zu gehen, braucht man ein entsprechendes Umfeld.
...
Eben.

Ich kann freilich auf der Strasse Eurythmie-Uebungen machen und Initialisationsriten abhalten, solange sie gesetzeskonform sind,

wenn's hochkommt, auch Kaisergeburtstag, Kaiserwetter feiern usw. und so fort.

Das eine ist skurril, das andere - letztere - geht aber schon a bisserl darüber hinaus, denn daran orientierten sich ja z.B. auch der Führergeburtstag und seltsame Bezeichnungen wie "Führerwetter".

Für mich (in meiner kleinen Welt) ein Ding der absoluten Unmöglichkeit, die DDR abzulehnen und Jugendweihe zu feiern, bzw. den Link zwischen beidem nicht zu sehen (oder nicht sehen zu wollen).


Also imho ist Jugendweihe ein Zeichen aus der Gegenwelt zur deutschen Nationalität. Denn es ist ja gerade Zeichen der Ablehnung der Bundesrepublik (auch wenn sie anders entstanden sein mag), in meinen Augen. Ob das nu immer alles so durchdacht wird, ist eine andere Frage.
Aber aus westlicher Sicht schon eine Ohrfeige.




LG
Renegat
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RedScorpion hat geschrieben: Ich sehe keinen grossen bzw. überhaupt keinen Unterschied zwischen Nationalität und Staatsangehörigkeit. Letztere setzt erstere voraus,
Kannst du mal eindeutig? Verstehe nämlich den 2. Satz nicht, wenn beides das gleiche ist.

Die einzige konkrete Defintion ist für mich die Staatsangehörigkeit. Die ist eindeutig, selbst wenn man 2 davon hat, wie alle EU-Bürger. Ich würde deshalb noch hinzufügen, dass der Wohnsitz/Lebensmittelpunkt auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland liegen muß. Dann besitzt man die 2. Staatsangehörigkeit quasi aus Nostalgiegründen.

Das ist aber leider nicht die Realität, in den Augen des Durchschnittsbürgers muß ein "richtiger" Deutscher ein bestimmtes Aussehen haben und/oder bestimmte Namen. Weicht eine Person davon ab, wird sie gefragt, aus welchem Land sie denn komme, lautet die Antwort, aus Deutschland, wird weitergefragt bis ins siebte Glied.
Das ist in der Regel harmlos aber es nervt und erzeugt nicht gerade ein Zusammengehörigkeitsgefühl.
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Titus Feuerfuchs
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Renegat hat geschrieben:
RedScorpion hat geschrieben: Ich sehe keinen grossen bzw. überhaupt keinen Unterschied zwischen Nationalität und Staatsangehörigkeit. Letztere setzt erstere voraus,
Kannst du mal eindeutig? Verstehe nämlich den 2. Satz nicht, wenn beides das gleiche ist.

Die einzige konkrete Defintion ist für mich die Staatsangehörigkeit. Die ist eindeutig, selbst wenn man 2 davon hat, wie alle EU-Bürger. Ich würde deshalb noch hinzufügen, dass der Wohnsitz/Lebensmittelpunkt auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland liegen muß. Dann besitzt man die 2. Staatsangehörigkeit quasi aus Nostalgiegründen.

Das ist aber leider nicht die Realität, in den Augen des Durchschnittsbürgers muß ein "richtiger" Deutscher ein bestimmtes Aussehen haben und/oder bestimmte Namen. Weicht eine Person davon ab, wird sie gefragt, aus welchem Land sie denn komme, lautet die Antwort, aus Deutschland, wird weitergefragt bis ins siebte Glied.
Das ist in der Regel harmlos aber es nervt und erzeugt nicht gerade ein Zusammengehörigkeitsgefühl.
Hab noch nie verstanden, warum wegen der legitimen Herukunftsfrage so ein Theater gemacht wird. :?:

Wenn ich z.B. in Japan leben würde und gut Japanisch könnte, würde man mich ob meines Phänotyps und meines Akzents auch ab und an fragen, wo ich herkomme und ich würde gern darauf antworten.

Normalerweise ist Interesse am Gegenüber ein positives Zeichen, denn mit einem wiedrlichen Unsympathler würde ich z.B. so ein Gespräch gar nicht anfangen.
MfG,
Titus Feuerfuchs
Renegat
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RedScorpion hat geschrieben: Also imho ist Jugendweihe ein Zeichen aus der Gegenwelt zur deutschen Nationalität. Denn es ist ja gerade Zeichen der Ablehnung der Bundesrepublik (auch wenn sie anders entstanden sein mag), in meinen Augen. Ob das nu immer alles so durchdacht wird, ist eine andere Frage.
Aber aus westlicher Sicht schon eine Ohrfeige.
So weit würde ich nicht gehen, ich gönne dem Osten die Jugendweihe, Letscho, Soljanka und vieles andere mehr. Durch die 40 Jahre sind kulturelle Unterschiede entstanden, das ist für mich keine Frage.
Damit könnte ich wunderbar leben und wahrscheinlich alle Westler, wenn im Gegenzug anerkannt und respektiert würde, dass sich in den 40 Jahren im Westen genausoviel, vielleicht noch mehr verändert hat und vor allem, dass da viele neue Deutsche hinzugekommen sind, die uns genauso lieb sind wie die Ostler.
Wir können nämlich alle nichts für die 40 Jahre getrennte Entwicklung, ihr nicht, wir nicht und die neuen Deutschen erst recht nicht.

Edit: Heute würde ich sogar noch weiter gehen, denn wenn ihr damals bei der Wiedervereinigung nicht so kleinmütig auf die Westwaren geschielt und der Sache mehr Zeit gegeben hättet, wären wir vielleicht heute schon weiter in Sachen Kinderbetreuung und Gesamtschulen. Das hattet ihr doch alles schon in der DDR, warum war es damals nicht möglich, sich an einen Tisch zu setzen und das was sich bewährt hat in beiden Systemen, gegeneinander abzuwägen und was wirklich gemeinsames zu verhandeln.
Heute wird der alten DDR hinterhergejammert, da ihr versäumt habt, die positiven Errungenschaften zu verteidigen und einzubringen. Dann bräuchtet ihr euch auch nicht über Besserwessis zu beschweren.
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dieter
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Renegat hat geschrieben:Och Dieter, da ich ja weiß, wie alt dein Sohn sein muß, erzählst du Geschichten der Vorwendezeit. Soll ich dir erzählen, mit wem ich alles zum Elternabend gegangen bin. Ich könnte dir sogar erzählen, wie sich meine Nachbarschaft noch heute zusammensetzt. Und wenn jetzt wieder kommt, dass dein Sohn die falschen Würstchen zum Kochunterricht gekauft hat, dann hätte er einfach seine Mitschüler vorher fragen sollen. Ich denke aber, dass er diese Geschichte ganz anders sieht, frag ihn mal. :)

Ich hoffe sehr, wir kommen im Thema wirklich mal weiter.
Lieber Renegat,
hat die Wende bezüglich des Nationalstolz etwas geändert, ich glaube nicht, Ich habe ihn schon gefragt und weiß deshalb, dass Raschid inzwischen der Geschäftsführer eines Computerunternehmens ist. :wink: Außerdem hast Du eine seltsame Rechnung, unser Sohn hat nach der Wende sein Abi gemacht und dann studiert. :wink:
Um auf die Würste zurückzukommen, er hatte von der Hauswirtschaftslehrerin den Auftrag Fleischwürste zu besorgen und hat von sich aus für die Muslime zwei Rindswürste gekauft. Er hatte also überhaupt kein Recht dazu anderes Fleisch zu besorgen, wobei sicherlich Raschid jedes Fleisch was nicht von seinen Leuten kam, abgelehnt hätte. Er hatte also überhaupt nicht das Recht zu fragen.
Übrigends, wenn Raschid bei uns zu Besuch war und mit uns gegessen hat, dann durfte er sich aussuchen, was er essen wollte. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Barbarossa
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Renegat hat geschrieben:Superfrage Barbarossa, die bringt es auf den Punkt, weil die Bedingungen nicht stimmen.
Ich kenne nämlich die Familie mit dem Beschneidungsfest länger und gehe natürlich dahin, weil ich schon zum Fest der Eltern gegangen bin. Und die Familie aus Sachsen würde ich diplomatisch vertrösten...
Es sollte sich ja um die Annahme dieses konkreten Falles handeln.
Barbarossa hat geschrieben:... Mal angenommen, du bekommst zwei Einladungen zweier Familien aus deiner Nachbarschaft zu einer Feier, jeweils am selben Tag und zur selben Zeit. (...) Beide Familien kennst du ungefähr genau so lange und gleich gut...

Aber in dem man schnell die Voraussetzungen ändert, kann man sich auch die die Antwort herumdrücken... :mrgreen:
Nichts für ungut.
:wink:
RedScorpion hat geschrieben:Jugendweihe? :shock: Das gibt's noch?
Welche anderen FDJ-Feste werden da noch so gefeiert? :wtf:
Informiere dich bitte, bevor du solche Sprüche vom Stapel lässt:
Konfessionsfreien Jugendlichen bietet der HVD die JugendFEIER an. Seit 1852 wird der Begriff „Jugendweihe“ für diese freigeistigen Feiern genutzt – die Geschichte der JugendFEIER ist also schon über 150 Jahre alt...
Quelle: http://hvd-bb.de/jugendfeier
Der Begriff Jugendweihe, heute zunehmend als Jugendfeier bezeichnet, tauchte erstmals 1852 auf und geht auf einen Vorschlag von Eduard Baltzer zurück, der damit zum Ausdruck bringen wollte, dass sich die Abkehr von den Kirchen auch in der Terminologie niederschlagen sollte. Zunächst wurden noch Begriffe aus der christlichen Tradition (Konfirmation) für außerkirchliche Feiern benutzt oder ihr Ersatzcharakter betont. So nutzte am 9. April 1846 eine Breslauer Tageszeitung das Wort Confirmationsersatzfeier. Die neue Form des Initiationsritus wurde von freireligiösen Gemeinden entwickelt.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Jugendweih ... se_Wurzeln

Das hat also weder etwas mit der FDJ, noch mit der DDR, ja noch nicht einmal mit der kommunistischen Bewegung zu tun. Vielmehr ist es ein Ausdruck dafür, daß der Glaube nicht unbedingt das Maß aller Dinge sein muß und diese Erkenntnis kam Leuten schon vor über 150 Jahren - oh Wunder! Und man muß auch nicht alles über den Haufen werfen, nur weil es mal von einer verbrecherischen Clique für ihre ideologischen Zwecke missbraucht worden ist.
RedScorpion hat geschrieben:Ich sehe keinen grossen bzw. überhaupt keinen Unterschied zwischen Nationalität und Staatsangehörigkeit. Letztere setzt erstere voraus, und ich dachte bis vorhin, dass da nur im Deutschen - im Gegensatz z.B. zu den romanischen Sprachen und auch dem Englischen - unterschieden wird im allgemeinen Sprachgebrauch. Wird aber nicht.
Wird aber doch. Und das scheint tatsächlich ein Unterschied zu Frankreich, zur Schweiz und zur USA zu sein. So kann man z. B. Deutscher Staatsangehöriger mit sobischer, dänischer, türkischer ... (usw.) Nationalität sein. Reporter benutzen Begriffe nicht unbedingt immer korrekt.
Renegat hat geschrieben:...
Ich könnte mir gut vorstellen, dass in 1-2 Generationen alle Europäer englisch sprechen und die nationalen Sprachen den Status eines Dialekts haben. Das kann man bedauern aber warum sollte man es künstlich aufhalten, Sprache ist Verständigungsmittel...

Um Himmels Willen!!!
Da wäre ich aber ein ganz erbitterter Gegner davon. Ich hab schon ein Problem damit, wenn ein oder zwei Sätze im Fernsehen ohne Übersetzung auf Englisch fallen, dann verstehe ich es schon nicht.
Wäre für mich die größte Horrorvorstellung.
:evil:

Übrigens haben die Russen in der SU schon mal zwangsweise versucht, alle "Sowjetbürger" zu russifizieren und die ursprünglichen Sprachen gänzlich auszulöschen. Bei einigen kleinen Sprachen gelang ihnen das sogar.
Ich halte sowas tatsächlich für ein Verbrechen an solch einem Volk. Man nimmt ihm dabei einen sehe wichtigen Teil seiner Identität.
(Wir sind also immer noch beim Thema. :wink: )
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
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RedScorpion

Barbarossa hat geschrieben: ...
RedScorpion hat geschrieben:Jugendweihe? :shock: Das gibt's noch?
Welche anderen FDJ-Feste werden da noch so gefeiert? :wtf:
Informiere dich bitte, bevor du solche Sprüche vom Stapel lässt:
Konfessionsfreien Jugendlichen bietet der HVD die JugendFEIER an. Seit 1852 wird der Begriff „Jugendweihe“ für diese freigeistigen Feiern genutzt – die Geschichte der JugendFEIER ist also schon über 150 Jahre alt...
Quelle: http://hvd-bb.de/jugendfeier
Der Begriff Jugendweihe, heute zunehmend als Jugendfeier bezeichnet, tauchte erstmals 1852 auf und geht auf einen Vorschlag von Eduard Baltzer zurück, der damit zum Ausdruck bringen wollte, dass sich die Abkehr von den Kirchen auch in der Terminologie niederschlagen sollte. Zunächst wurden noch Begriffe aus der christlichen Tradition (Konfirmation) für außerkirchliche Feiern benutzt oder ihr Ersatzcharakter betont. So nutzte am 9. April 1846 eine Breslauer Tageszeitung das Wort Confirmationsersatzfeier. Die neue Form des Initiationsritus wurde von freireligiösen Gemeinden entwickelt.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Jugendweih ... se_Wurzeln

Das hat also weder etwas mit der FDJ, noch mit der DDR, ja noch nicht einmal mit der kommunistischen Bewegung zu tun. Vielmehr ist es ein Ausdruck dafür, daß der Glaube nicht unbedingt das Maß aller Dinge sein muß und diese Erkenntnis kam Leuten schon vor über 150 Jahren - oh Wunder! Und man muß auch nicht alles über den Haufen werfen, nur weil es mal von einer verbrecherischen Clique für ihre ideologischen Zwecke missbraucht worden ist.
...
Das soll ja wohl ein Witz sein, oder?
In Deinem gelinkten Wiki-Artikel sind 2 Sätze bezeichnend:
Insgesamt blieb die Jugendweihe zu Zeiten der Weimarer Republik jedoch eine gesellschaftliche Randerscheinung.
und
Später bekam die Jugendweihe in der DDR eine staatspolitische Bedeutung.
Da Jugendweihe im Westen auch unter Atheisten absolut unüblich ist,
kann man sich jetzt fragen, woher denn die Tradition dieser "Feier" im Osten wohl kommt. Und das ist was ganz Anderes als die Verwendung unbelasteter Begriffe aus der Ehemaligen wie Letschos und Datscha (wobei ich schon keine Ahnung hab, was n Letscho is).

Mit Deiner Logik könnte ich die Begriffe "Sonderbehandlung", "Konzentrationslager" (Sorry für das Extrembeispiel, trotzdem anschaulich, da der Groschen ja trotz meinem Beispiel oben über den Kaisergeburtstag bisher ja nicht gefallen ist) usw. gemütlich weiterverwenden, denn es gab sie ja schon vor dem NS. Und heissen können's ja auch was anderes. Aha. Na toll.


Barbarossa hat geschrieben: ...
RedScorpion hat geschrieben:Ich sehe keinen grossen bzw. überhaupt keinen Unterschied zwischen Nationalität und Staatsangehörigkeit. Letztere setzt erstere voraus, und ich dachte bis vorhin, dass da nur im Deutschen - im Gegensatz z.B. zu den romanischen Sprachen und auch dem Englischen - unterschieden wird im allgemeinen Sprachgebrauch. Wird aber nicht.
Wird aber doch. Und das scheint tatsächlich ein Unterschied zu Frankreich, zur Schweiz und zur USA zu sein. So kann man z. B. Deutscher Staatsangehöriger mit sobischer, dänischer, türkischer ... (usw.) Nationalität sein. Reporter benutzen Begriffe nicht unbedingt immer korrekt.
...
Nein, das nicht. Aber wer sagt denn, dass Du eine "korrekte" Auffassung des Begriffs hast? Bisher ham wa keine griffige Def. gefunden hier, Du auch nicht.
Bei Deiner Auffassung von Nationalität = Herkunft oder Abstammung langst Du meilenweit daneben (da ist Renegat, der N. mit Staatsangehörigkeit gleichsetzt, schon viel näher dran, auch wenn da m.E. immer noch 'was fehlt), denn andernfalls wären über 1/3 der heutigen US-Amerikaner Deutsche, nicht nur deutscher oder deutschsprachiger Abstammung.


Barbarossa hat geschrieben:
Renegat hat geschrieben:...
Ich könnte mir gut vorstellen, dass in 1-2 Generationen alle Europäer englisch sprechen und die nationalen Sprachen den Status eines Dialekts haben. Das kann man bedauern aber warum sollte man es künstlich aufhalten, Sprache ist Verständigungsmittel...

Um Himmels Willen!!!
Da wäre ich aber ein ganz erbitterter Gegner davon. Ich hab schon ein Problem damit, wenn ein oder zwei Sätze im Fernsehen ohne Übersetzung auf Englisch fallen, dann verstehe ich es schon nicht.
Wäre für mich die größte Horrorvorstellung.
:evil:
...
Ja, wie schrecklich (Mamma mia).

Aber Du brauchst Dir dahingehend keine Sorgen zu machen. Sozialwissenschaftlicherseits geht man darin konform, dass das von Renegat angedachte Szenario nicht eintreten wird. Im Ggteil. Die Moderne erlaubt viele Parallelkodizes, in der situationsbedingt kommuniziert wird. Daher ist das Aussterben heut noch lebender Sprachen sehr unwahrscheinlich bzw. ein Phänomen der Vormoderne.




LG
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