Ruaidhri
Evolution, Zivilisation sind verflixt dünne Tünche, schwankende Brücken. Letztlich geht es auch "nur" um Ressourcen.
Wir wissen natürlich nicht, wie die gesellschaftlichen Strukturen bei den Neandertalern oder dem frühen homo sapiens aussahen. Ich vermute aber, sie sahen in etwa so aus, wie von mir weiter unten ausgeführt:
Dominanzprinzip und Rangordnungen.
Die meisten Säugetiere leben in Gruppen mit einem Alpha Tier an der Spitze und sind hierarchisch aufgebaut mit klaren Rangordnungen. Ein fähiges Alphatier kann in schwierigen Situationen die Gruppe klug führen und beschützen. Wären alle Mitglieder gleich berechtigt, wäre die Entscheidungsstruktur zu kompliziert und wenig effizient. Die Evolution hat offensichtlich solche hierarchischen Strukturen begünstigt und möglicherweise sind auch wir instinktiv dafür dispositioniert. Je intelligenter die Tiere sind, desto komplizierter und schwieriger werden diese Strukturen. Bei Schimpansen beobachten wir ständig Kämpfe um die Rangordnung, Allianzen, regelrechte Putsche.
Auch bei Menschen beobachten wir Dominanzstreben und Hierarchien. Schon in sehr kleinen Gruppen bilden sich schnell Differenzierungen und Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedern heraus, die so etwas begünstigen. In Steinzeitgruppen muss sich der Führer durch Charisma und Leistung ständig beweisen. Seine Macht ist aber nicht stabil, denn mit seinem Tode endet sie. Er kann sie nicht vererben und er hat auch keine geeigneten Mittel, um die anderen Gruppenmitglieder wirksam zu kontrollieren. Wird die Gesellschaft aber zahlenmäßig größer und reicher, dann können Machtbeziehungen entstehen, weil einzelne Personen jetzt Möglichkeiten haben, ihre Herrschaft zu befestigen.
Macht wird von den Soziologen definiert als: Die Chance, anderen seinen Willen aufzuzwingen.
Herrschaft ist definiert als: Institutionalisierte Macht.
In größeren Gruppen wird es notwendig, allgemeine Aufgaben, die alle betreffen, an bestimmte Personen zu delegieren. Dadurch wird Herrschaft institutionalisiert. Ursprünglich wahrscheinlich demokratisch gewählt, bekommen sie Macht über andere Gruppenmitglieder. Häufig bauen sie diese weiter aus durch Kontrolle über Land oder bewaffnete Gefolgschaften. Die Beziehungen in der Gesellschaft werden dann asymmetrisch, einige haben mehr Macht und Einfluss als andere. Die Unterschiede zwischen den Individuen nehmen dann auch bald die Form von Rangordnungen an, abhängig davon, in welchem Verhältnis sie zum Machtzentrum stehen. Machtpositionen werden früher oder später auch vererbbar und dauerhaft. Ein natürliches Dominanzstreben nimmt die Form einer gesellschaftlichen Organisation an.
Das Territorialprinzip:
Bei einer Reihe von Tierarten ist zu beobachten, dass sie ein bestimmtes Revier besetzen und gegen andere Gruppen der eigenen Art verteidigen. (Löwen, Wölfe, Schimpansen). Der Grund besteht darin, dass die Gebiete nur über bestimmte Ressourcen verfügen und nicht für alle ausreichen. (besteht allerdings Nahrung im Überfluss, sind Revierkämpfe weniger stark ausgeprägt).
Revierverhalten ist uns vermutlich auch von der Evolution vermittelt worden. Angestammte Gebiete werden verteidigt gegen Fremde. Bei Bevölkerungsüberschuss drängten früher die Menschen über ihre eigenen Grenzen hinaus, um neues Gebiet zu besetzen. Ein solcher Trend wird noch verstärkt, oder tritt vermehrt dann auf, wenn entstandene Machtzentren, ihren Einfluss weiter ausdehnen wollen, also Dominanzstreben und Territorialprinzip sich ergänzen. Bei Eroberungen kann die frühere Bevölkerung vertrieben, im Extremfall sogar ausgerottet werden oder aber, bei einem höheren Stand der Produktivkräfte, wird sie unterworfen, vielleicht versklavt, zu Tributen erpresst oder gezwungen, auf einen Teil ihres Gebietes zu verzichten. Aber auch friedliche Lösungen sind denkbar, und wurden auch gewählt. Viele Faktoren wirken zusammen. Die dann folgenden Entwicklungspfade sind davon abhängig, wie die Eroberer und die Eroberten organisiert sind.
Dominanzstreben, Rangordnungen, Territorialprinzip, sie sind vermutliche Erbstücke der Evolution. Der Mensch hat aber eine Willensfreiheit, er kann sich unterschiedlich verhalten. Er ist kein Sklave einer genetischen Programmierung, die ihm keine Entscheidungsfreiheit lässt.