Marek1964 hat geschrieben:Aus der Diskussion über Chruschtschow ist ein Aspekt aufgetaucht, den ich interessant finde: Die unterschiedlichen Lernentwicklungen von Hitler und Stalin. Hier die Diskussionen:
Triton hat geschrieben:Marek1964 hat geschrieben: Und es regt mich auf, dass die Russen immer noch Stalin nachtrauern, obwohl der zum Sieg gegen Deutschland mehr hinderlich als nützlich war.
Ohne Stalin keine Industrialisierung ohne Rücksicht auf das Schicksal einzelner. Vor allem keine Schwerindustriezentren östlich des Urals und viele Eisenbahnstrecken sollen auf den Knochen der Gulag-Arbeiter erbaut worden sein. Und ich weiss auch nicht, ob jeder andere 1941 in Moskau geblieben wäre anstatt es zu räumen. Stalingrad wäre sowieso ohne ihn aufgegeben worden, was Zufall war aber ein Leningrad ohne den unmenschlichen, aber in der Rücksicht richtigen Befehl weder zurückzugehen noch zu evakuieren, ist ohne iohn schwer denkbar.
Spätestens nach 1942 hat sich Stalin weitgehend aus taktischen Fragen herausgehalten, im Gegensatz zu Hitler, der sich regelrecht in Kommandos auf Sandkastenebene hineinsteigern konnte.
Orianne hat geschrieben:Conzaliss hat geschrieben:Stalin hat entscheidende Fehler zu Beginn des Krieges gemacht. Danach war er realistischer als Hitler...
Das denke ich auch, er mischte sich ja nur am Anfang in die Strategie ein, nachher nicht mehr, da war er wirklich realistischer als der Gefreite.
Ich hätte dazu eine Erklärung: Hitler hatte seine Erfolge am Anfang des Krieges, und er feierte sie gegen den Rat der meisten Generäle. So hatte sie ihn 1938 gewarnt, aber Hitlers Säbelrasseln führte dazu, dass er in München bekam, was er wollte.
Den Sichelschnitt Plan hatte er gegen den Willen der meisten Generäle durchgesetzt - und feierte seinen grössten Erfolg, fortan war er der Gröfaz.
Er hatte ja eine nicht unbedingt unberechtigte Abneigung gegen die Generäle und generell das Establishment. So schrieb er in den zwanziger Jahren einen Artikel über die Entwicklung von Panzern*. Dort erwähnte er einen österreichischen Oberst Burston, der 1911 schon einen Entwurf eines Panzerkonstruktion beim Wiener Kriegsministerium einreichte. Er schrieb dazu:
"Der Entwurf von Burston eilte seiner Zeit weit voraus. Er wurde deshalb, wie dies nun einmal noch immer so gewesen zu sein scheint, von den "Sachverständigen", in dem Falle der militärischen, als eine vollkommen unsinnige und verrückte Idee abgelehnt.
Es lässt sich kaum ausdenken, welchen Eindruck es im Jahre 1914 erzeugt hätte, wenn die Mittelmächte mit einer so neuen Waffe auf den Kriegsschauplätzen erschienen wären.
Was die militärischen "Sachverständigen" in Wien und Berlin als wertlos, ja verrückt ansahen, wurde von den Engländern angewendet."
Man bemerke die Sachverständigen, die er in Anführungszeichen setzt. Gerade der erste Weltkrieg war voll von katastrophalen Fehleinschätzungen. So ist es nicht so verwunderlich, dass sich Hitler, der im Grunde von 1923, wenn man so will, bis 1943 von Erfolg zu Erfolg eilte, sich für unfehlbar hielt, von der Vorsehung bestimmt.
Stalin dagegen ging den entgegengesetzten Weg. Seine Säuberungswelle, die die Rote Armee enthauptete hatte, und die Blamage des Winterkrieges genauso mitverursachte wie die katastrophalen Niederlagen im Sommer und Herbst 1941 im Rahmen der Ostfront, liessen ihn wohl realistischer werden.
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* Tankrüstung im Zeichen der Abrüstung, Illustrierter Beobachter, 1929, Folge 39, Seite 490.