Die Sache ist nicht so ganz einfach zu erklären. Dabei muß man wohl auch zwischen damals (1990) und heute (2013) unterscheiden. Ich gehe von folgenden Tatsachen aus:dieter hat geschrieben:Lieber Barbarossa,
wie erklärst Du mir bitte, dass die Linke immernoch Direktmandate in Berlin bei der Bundestagswahl holt und in Brandenburg die Linke (über 20%) stärker als die CDU ist Du willst mir doch nicht erklären, dass soviele Menschen (16,33%) von der SED provitiert haben. Außerdem, wie ich schon geschrieben habe, in Brandenburg, wo Du sicherlich wohnst, die Linke heute stärker als die CDU ist und in Thüringen wollte sie sogar den Ministerpräsidenten stellen.
Diejenigen, die damals (bis 1989/1990) in der DDR von der Sache tatsächlich überzeugt waren, waren eine sehr kleine Minderheit - übrigens selbst in der eigenen Partei, denn es waren auch nicht alle 2,3 Millionen Mitglieder der SED von der Sache wirklich überzeugt. Die meisten sind dort nur eingetreten, um berufliche Vorteile zu haben - ein geringer Anteil von Leuten wurde dort Mitglied, weil sie sich durch die ständigen Mitgliederwerbungen unter Druck gesetzt fühlten.
Wenn man also annimmt, daß die Mitgliederzahl von rund 200.000 der PDS in den Jahren 1990/91 (hier: Quelle) die tatsächlich Überzeugten waren, wäre das gegenüber den 12 Millionen wahlberechtigten Bürgern der DDR eine Quote von
1,67 % (wenn ich richtig gerechnet habe ).
1990 ging es aber weniger um die ideologische Überzeugung, als darum, über die DDR als Staat abzustimmen. Und hier wird sicher vielfach auch eine ehemalige Mitgliedschaft zum Abstimmungsverhalten beigetragen haben.
So sind 16,33 % von 12 Mill. Wahlberechtigten ca. 1,96 Mill. - also etwas unterhalb der Mitgliederzahl der SED von 1989.
Auch eine andere Hochrechnung habe ich mal aufgemacht:
Eine Schulklasse in der DDR, Mitte der ´80er Jahre, hatte eine durchschnittliche Stärke von etwa 25 Schülern. In einer solchen Schulklasse war die große Mehrheit trotz der allgegenwärtigen SED-Propaganda nicht von der Sache des Sozialismus/Kommunismus überzeugt. Die Zahl derjenigen, die tatsächlich von der Politik der SED überzeugt waren, betrug durchschnittlich etwa 2-3, höchstens aber 4 Schüler (wie übrigens in der Regel auch deren Eltern) - das weiß ich aus Diskussionen, die wir Mitte der ´80er Jahre durchaus untereinander geführt haben. 3-4 von 25 Schülern ergibt 12-16 %. Exakt 16,33 % erreichte die PDS auch bei der Volkskammerwahl am 18. 3. 1990, so daß dieses Wahlergebnis das tatsächliche Verhältnis der Bürger wider gibt, die entweder tatsächlich irgendwie von der Sache des Sozialismus überzeugt waren oder einfach die DDR als Staat erhalten wollten. Tausende hatten bis zu diesem Zeitpunkt die DDR auch schon in Richtung Westen verlassen, was sich auf die Prozentzahl der PDS-Wähler leicht steigernd ausgewirkt haben dürfte.
Damit dürfte auch bewiesen sein, daß die Wahlkämpfer aus dem westlichen Teil Deutschlands lediglich einen Verteilungswahlkampf unter den Bürgern betrieben haben, die bereit waren, eine der demokratischen Parteien zu wählen, während sie die Wähler der Kommunisten nicht erreichten.
Die Verteilung der SED-Mitglieder war territorial allerdings unterschiedlich. In Berlin war der prozentuale Anteil besonders hoch, so daß es mich nicht wundert, daß die spätere PDS in Ost-Berlin sogar in der Lage war (und heute z. T. immer noch ist), Direktmandate zu erringen.
Heute (2013):
Nach der Wende kam dann noch der Umstand dazu, daß sich viele enttäuschte Bürger wieder von den demokratischen Parteien abgewendet haben und aus Protest entweder "ganz links" oder "ganz rechts" wählen, weil sie oft populistisch auftreten und meist vermeintlich einfache Lösungen für deren Probleme anbieten. Dies ist besonders in den "Plattenbau-Siedlungen" zu beobachten, wo heute auch die Arbeitslosigkeit oft besonders hoch ist - also in den sozialen Brennpunkten.