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Grundgesetz, Gesetzesfragen, Wahlen, bundespolitische Ereignisse, Polizei

Moderator: Barbarossa

Sollte in Deutschland ein Einwanderungsgesetz erlassen werden?

Ja
40
89%
Nein
5
11%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 45
Cherusker
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Der parteilose Bürgermeister von Nieheim (Weserbergland) wurde wohl mit dem Zustrom von Flüchtlingen überfordert. So kam die Stadt Nieheim auf die Idee zwei Bewohnern von städtischen Wohnungen zu kündigen, da sie Eigenbedarf für Flüchtlinge brauchen. Das stand jetzt in den Medien.
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Barbarossa
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Das soll tatsächlich so passiert sein. Hier die Meldung dazu:

Demnach sind zwei Mieter von einer Kündigung wegen "Eigenbedarf" durch die Stadt Nieheim in einem Haus betroffen, in dem bereits eine Flüchtlingsfamilie untergekommen sei. Der parteilose Bürgermeister erklärte, man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, jedoch werde den Mietern geholfen, eine neue Wohnung zu finden. Auf den Hinweis der Mieter, es gebe genügend Leerstand in der Stadt und man könne auch auf andere Ortschaften ausweichen, erklärte der Bürgermeister, die genannten Immobilien seien nicht für eine Unterbringung von Flüchtlingen geeignet und für Neubauten fehle zudem das Geld. Auch sei die Stadt verpflichtet, die Unterbringung von Flüchtlingen zu gewährleisten.
Der Mieterbund bezweifelt indes, dass diese Eigenbedarfsklausel auch durch eine Stadt geltend gemacht werden kann, da dieses Recht eigentlich nur "natürlichen Personen" zustünde. Zudem kritisierte Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips, es könne sich fatal auf den sozialen Frieden in Deutschland auswirken, wenn man Bevölkerung und Flüchtlinge gegeneinander ausspiele.
Wie Recht Rips damit hat, beweist eine Meldung des WDR, nachdem der Nieheimer Bürgermeister nun seit Tagen Telefonanrufe, Hassmails und sogar Morddrohungen erhält.

Aber auch Großstädte wie Hamburg scheinen mit dem Flüchtlingsstrom nicht mehr zurecht zu kommen, denn auch dort sorgten Pläne des dortigen Senats für Aufregung, nachdem Gewerbegrundstücke und -immobilien beschlagnahmt werden können, um dort neue Flüchtlingsunterkünfte einzurichten.

Artikel lesen:
http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... ingen.html
http://www.stern.de/wirtschaft/immobili ... 65914.html
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Renegat
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Barbarossa hat geschrieben:
Die deutsche Flüchtlingsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD) forderte nach Informationen der "Welt", "dass sich nicht nur die Menschen, die zu uns kommen, integrieren müssen" und Deutsche sollen ihr "Selbstbild den Realitäten anpassen".


Hier der Artikel in der "Welt": http://m.welt.de/politik/deutschland/ar ... linge.html


Den ganzen Artikel habe ich nicht gelesen, aber wenn es das oben unterstrichene ist, was dich so aufgeregt hat, Barbararossa, so verstehe ich es nicht. Kannst du das hier erklären, anstatt auf alle möglichen Seiten zu verlinken.
Ruaidhri
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@ Renegat: Den Satz kann man sehr vieldeutig verstehen.
Schrieb ich weiter oben- das kann,darf und muss auch Grenzen haben.
Mal abgesehen davon, dass die guteFrau auch nur einen Teil des Ganzen wahrzunehmen scheint, was Deutschland ausmacht.
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Renegat
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Auch bei den letzten Beiträgen sollte man differenzieren. Nieheim kenne ich nicht, wenn ich aber Kleinstadt im Weserbergland lese, kann ich mir nicht vorstellen, dass die derzeitigen Mieter Probleme haben, eine neue Wohnung zu finden.
Andererseits wäre ich auch erstmal sauer, wenn mir ein Umzug zugemutet würde, den ich selber nicht geplant habe. Die Argumente des Bürgermeisters sind aber nachvollziehbar. Neue Flüchtlinge ohne Sprachkenntnisse und noch dazu junge Männer haben es auf dem freien Wohnungsmarkt sehr schwer, selbst wenn es genügend Leerstand gibt. Ich vermute, dass es in einer Kleinstadt wie Nieheim keine Profivermieter gibt, die meisten werden in Eigenheimen wohnen und höchstens mal ihr Obergeschoss vermieten.
Vielleicht wäre die Turnhalle dann doch keine so schlechte Alternative, wenn sie mitten im Ort in der Schule liegt. Damit haben die Nieheimer nämlich die Chance, die Flüchtlinge erstmal kennenzulernen. Nach ein paar Monaten findet sich dann vielleicht ganz von allein ein privater Vermieter für den ein oder anderen jungen Mann, dessen Integration in Nieheim gute Aussichten hat.

Hamburg und andere Großstädte sind dagegen ein anderer Fall, die Kommunen können ad hoc nur auf Gebäude und Flächen zugreifen, die sich in ihrem Besitz befinden. Das ist aber nicht mehr viel und wenn, dann sind es problematische Lagen, sonst wären die längst bebaut oder verkauft.
Was also sollen die Großstadtkommunen machen? Reicht das Appellieren an die Gemeinwohlverpflichtung von Eigentum?
Renegat
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Ruaidhri hat geschrieben:@ Renegat: Den Satz kann man sehr vieldeutig verstehen.
Klar, man ist geneigt, den Satz auf das zu beziehen, worüber man selber gerade nachdenkt. So habe ich den Satz als Hinweis auf das breite Anerkennen von langjährigen Realitäten aufgefasst.
Und die ist für mich seit langem überfällig.
Ruaidhri hat geschrieben:Schrieb ich weiter oben- das kann,darf und muss auch Grenzen haben.
Ausgehend von einer Bestandsaufnahme der Wirklichkeit, ist die Formulierung eines gemeinsamen Grundkonsenses selbstverständlich. Das GG + Sprache meinst du doch, oder?
Ruaidhri hat geschrieben:Mal abgesehen davon, dass die guteFrau auch nur einen Teil des Ganzen wahrzunehmen scheint, was Deutschland ausmacht.
Das tuen wir alle, jeder kann nur einen Teil des Ganzen wahrnehmen, du einen anderen als ich oder Barbarossa. Darum tauschen wir uns ja aus. :D
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Barbarossa
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Renegat hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:
Die deutsche Flüchtlingsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD) forderte nach Informationen der "Welt", "dass sich nicht nur die Menschen, die zu uns kommen, integrieren müssen" und Deutsche sollen ihr "Selbstbild den Realitäten anpassen".


Hier der Artikel in der "Welt": http://m.welt.de/politik/deutschland/ar ... linge.html


Den ganzen Artikel habe ich nicht gelesen, aber wenn es das oben unterstrichene ist, was dich so aufgeregt hat, Barbararossa, so verstehe ich es nicht. Kannst du das hier erklären, anstatt auf alle möglichen Seiten zu verlinken.

Kann ich dir erklären.
Wir hatten auch schon die Diskussion um die eigene Identität in einem andern Pfad, wo ich genau das auch schon erklärt hatte. Mein Selbstbild ist eng mit der Staatsbürgerschaft + Nationalität verknüpft, wobei ich beide auch noch strikt voneinander trenne. Das hat im wesentlichen mit der Teilungsgeschichte Deutschlands zu tun, während der sich die deutsche Nationalität auf mehrere Staaten erstreckte. Diese Teilung unserer Nation in mehrere Staaten (BRD - DDR - West-Berlin) habe ich ja nun auch selbst miterlebt. So ähnlich ist auch unsere Nationalität entstanden - eben als Kulturnation, die sich auch schon zu deren Beginn auf eine Vielahl von Klein- und Kleinststaaten erstreckte.
Daraus folgt: Dass Migranten die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen, ist in Ordnung - es zeigt, dass sie sich hier fest ansiedeln möchten. Aber schon eine doppelte Staatsbürgerschaft lehne ich prinzipell ab und würde sie nur im absoluten Ausnahmefall zulassen.
Diese Migranten sind dann für mich "deutsche Staatsbürger", aber mit anderer Nationalität und bezeichne sie auch nicht als "Deutsche" im eigentlichen Sinne. Das bedeutet aber nicht, dass der eine oder andere in irgendeiner Weise benachteiligt oder bevorteilt werden darf. Das ist auch strikt abzulehnen. Es geht nur um das Selbstbild.

Aber dieses Selbstbild als "Deutscher" in Staatsbürgerschaft und Nationalität werde ich auf keinen Fall irgendwie ändern oder "den Realitäten anpassen" - und zwar so lange ich lebe. Das steht 100%ig fest.

Aber es gibt noch einen weiteren - vielleicht sogar noch größeren Aufreger in diesem Satz, nämlich:
dass sich "nicht nur die Menschen, die zu uns kommen, integrieren müssen". Und das ist nun wirklich anmaßend. Wo kommen wir hin, wenn wir Deutsche uns in unserem eigenen Land "integrieren" sollen. Sind wir schon so weit? Ja geht's noch?
Wenn ich sowas lesen, dann fängt es bei mir innerlich an zu brodeln.
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Ruaidhri
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Daraus folgt: Dass Migranten die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen, ist in Ordnung - es zeigt, dass sie sich hier fest ansiedeln möchten. Aber schon eine doppelte Staatsbürgerschaft lehne ich prinzipell ab und würde sie nur im absoluten Ausnahmefall zulassen.
Diese Migranten sind dann für mich "deutsche Staatsbürger", aber mit anderer Nationalität und bezeichne sie auch nicht als "Deutsche" im eigentlichen Sinne.
Und da liegen wir schon weit auseinander. Ganz gleich, ob innereuropäische doppelte Staatsangehörigkeit oder deutsch- türkische.
Aber ich weiß ja auch nicht so wirklich, was "Deutscher sein" so fordert und ausmacht. Der Pass allein jedenfalls so wenig wie die ethnische Abstammung.
Wo kommen wir hin, wenn wir Deutsche uns in unserem eigenen Land "integrieren" sollen. Sind wir schon so weit? Ja geht's noch?
Ich reibe mich auch an der Wortwahl. Sicherlich wird man sich- oder werden Teile der Bevölkerung sich daran gewöhnen müssen, hier wie in anderen europäischen Ländern auch, dass nicht mehr alle Menschen, die hier leben, "europäisch" aussehen und nach deutscher Facon leben. Solange sie damit nicht unsere Auffassungen und Gewohnehiten außer Kraft setzen- bitte- das geht tatsächlich.
Vorurteile abzubauen würde schon reichen.
Wobei eben gewährleistet sein muss, dass man just eben auch weiter Schweinshaxen essen darf, in Schulen und Kigas Weihnachten, Ostern, St.Martin stattfindet, etc.
Maßgeblich sind unsere Gesetze, unser Begriff von Freiheit. Da haben sich die Europäer, auch die Deutschen nicht, ganz gewiss nicht umgekehrt zu integrieren.
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Barbarossa
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Renegat hat geschrieben:...
Andererseits wäre ich auch erstmal sauer, wenn mir ein Umzug zugemutet würde, den ich selber nicht geplant habe.
Siehst du? Und das sorgt dann schon für sozialen Unfrieden in unserer Gesellschaft.
Renegat hat geschrieben:Die Argumente des Bürgermeisters sind aber nachvollziehbar. Neue Flüchtlinge ohne Sprachkenntnisse und noch dazu junge Männer haben es auf dem freien Wohnungsmarkt sehr schwer, selbst wenn es genügend Leerstand gibt. Ich vermute, dass es in einer Kleinstadt wie Nieheim keine Profivermieter gibt, die meisten werden in Eigenheimen wohnen und höchstens mal ihr Obergeschoss vermieten.
Auch wenn es für dich vielleicht nachvollziehbar ist, ich schätze mal, für die Mehrheit der Bevölkerung ist es ein absoluter Aufreger. In unseren Medien werden ja vor allem "vorbildliche Bürger" gefeiert, aber wieviel Prozent machen die wirklich aus?
Renegat hat geschrieben:Vielleicht wäre die Turnhalle dann doch keine so schlechte Alternative, wenn sie mitten im Ort in der Schule liegt. Damit haben die Nieheimer nämlich die Chance, die Flüchtlinge erstmal kennenzulernen. Nach ein paar Monaten findet sich dann vielleicht ganz von allein ein privater Vermieter für den ein oder anderen jungen Mann, dessen Integration in Nieheim gute Aussichten hat.
Das wäre vielleicht der bessere Weg, aber so wird es dort nicht kommen - statt dessen setzt man anscheinend auf Entmietung von Wohnungen (und schrittweise vielleicht sogar ganzer Wohnblöcke) für ankommende Flüchtlinge.
Renegat hat geschrieben:Hamburg und andere Großstädte sind dagegen ein anderer Fall, die Kommunen können ad hoc nur auf Gebäude und Flächen zugreifen, die sich in ihrem Besitz befinden. Das ist aber nicht mehr viel und wenn, dann sind es problematische Lagen, sonst wären die längst bebaut oder verkauft.
Was also sollen die Großstadtkommunen machen? Reicht das Appellieren an die Gemeinwohlverpflichtung von Eigentum?
Und hier könnte eine ganz konkrete Angst von Mietern und Hauseigentümern ansetzen, nämlich die, dass der Staat auch auf die Idee kommen könnte, z. B. selbst in leerstehende Zimmer einer Wohnung oder eines Hauses zwangsweise Flüchtlinge einzuquartieren. Meine Mutter hat eine solche Sorge bereits geäußert.
Du siehst, es gibt bereits ganz konkrete Ängste von Bürgern, die für Unruhe sorgen. Und wir befinden uns noch ganz am Anfang der Fluchtwelle. Das kann noch jahrelang weitergehen mit Mill. von Flüchtlingen. Und wo sollen die alle unterkommen?
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Renegat
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Ok, jetzt zitiere ich nochmal den ganzen betreffenden Abschnitt aus dem von dir verlinkten Welt-Artikel.
Özoguz' Ausführungen enden mit einer klaren Botschaft: "Wir stehen vor einem fundamentalen Wandel. Unsere Gesellschaft wird weiter vielfältiger werden, das wird auch anstrengend, mitunter schmerzhaft sein." Das Zusammenleben müsse täglich neu ausgehandelt werden. Eine Einwanderungsgesellschaft zu sein heiße, "dass sich nicht nur die Menschen, die zu uns kommen, integrieren müssen".

"Alle müssen sich darauf einlassen und die Veränderungen annehmen", fordert die stellvertretende SPD-Chefin. "Schon heute hat jeder fünfte Bürger einen Migrationshintergrund: Deutschland ist längst nicht mehr der ethnisch homogene Nationalstaat, für den ihn viele immer noch halten. Es wird Zeit, dass sich unser Selbstbild den Realitäten anpasst, davon profitieren wir alle."
aus http://m.welt.de/politik/deutschland/ar ... linge.html


Wenn ich nun deinen Beitrag mit der expliciten Unterscheidung von eigentlichen und uneigentlichen Deutschen, von "deutschen Staatsbürgern" und "Deutschen im Sinne von Kulturnation" lese, wird es kompliziert.
Frau Özoguz ist nach deiner Definition also nur eine deutsche Staatsbürgerin? Du dagegen bist ein Biodeutscher?
Uns was bringt uns nun diese feinsinnige Unterscheidung?
Versteh´mich nicht falsch, du kannst deine Auffassung gern behalten.
Bei vielen Anderen, bes. der jüngeren, großstädtischen Generation entspricht diese Unterscheidung nicht mehr ihrer Lebenswirklichkeit. Und genau darauf wollte Frau Özuguz meiner Ansicht nach hinweisen. Sie holt damit nämlich all die vielen Migranten der letzten Jahrzehnte ins Boot und deren deutsche Nachkommen. Und das ist überfällig, gerade im Hinblick auf die neue Migrationswelle.
Renegat
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Renegat hat geschrieben:Hamburg und andere Großstädte sind dagegen ein anderer Fall, die Kommunen können ad hoc nur auf Gebäude und Flächen zugreifen, die sich in ihrem Besitz befinden. Das ist aber nicht mehr viel und wenn, dann sind es problematische Lagen, sonst wären die längst bebaut oder verkauft.
Was also sollen die Großstadtkommunen machen? Reicht das Appellieren an die Gemeinwohlverpflichtung von Eigentum?
Barbarossa hat geschrieben:Und hier könnte eine ganz konkrete Angst von Mietern und Hauseigentümern ansetzen, nämlich die, dass der Staat auch auf die Idee kommen könnte, z. B. selbst in leerstehende Zimmer einer Wohnung oder eines Hauses zwangsweise Flüchtlinge einzuquartieren. Meine Mutter hat eine solche Sorge bereits geäußert.
Du siehst, es gibt bereits ganz konkrete Ängste von Bürgern, die für Unruhe sorgen. Und wir befinden uns noch ganz am Anfang der Fluchtwelle. Das kann noch jahrelang weitergehen mit Mill. von Flüchtlingen. Und wo sollen die alle unterkommen?
Ängste und Bedenken verstehe ich durchaus.
Die Erstunterbringung und daran anschließend der Wohnungsmarkt sind nicht einfach zu lösen.
Bei Neubauprojekten schreibt manche Kommune schon länger einen Anteil von Wohnungen vor, mit sozialverträglichen Mieten. D.h. konkret bei 20-30 % der Wohnungen muß die Miete günstiger sein als der Markt es hergibt. Dort können dann auch Arme einziehen, die bereits lange hier wohnen.
Da wir aber bis jetzt kaum Neubau haben, ist das ein Tropfen auf den heißen Stein. Vielleicht kann man diskutieren, diese Regel auf den gesamten Mietwohnungsbestand auszuweiten, d.h. bei Neuvermietung müssten Vermieter erstmal die jeweilige Armenquote füllen, bevor einkommensstarke Mietinteressenten zum Zuge kämen. Auf diese Weise könnte man theoretisch sogar bestehende Ghettos auflösen.
Aber ... was theoretisch gut klingt, würde in der Praxis einen hohen behördlichen Prüfungsaufwand verursachen, etliche Tricksereien und und und. Dagegen ist die Überprüfung des Mindestlohngestzes wahrscheinlich ein Kinderspiel.
Ruaidhri
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@ Renegat:
Und genau darauf wollte Frau Özuguz meiner Ansicht nach hinweisen. Sie holt damit nämlich all die vielen Migranten der letzten Jahrzehnte ins Boot und deren deutsche Nachkommen. Und das ist überfällig, gerade im Hinblick auf die neue Migrationswelle.
Das kann man so sehen, und soweit würde ich ihr auch sogar zustimmen.
Bisschen blöd ausgedrückt hat sie sich jedoch auch in meinen Augen. Bin ja durchausfür klare Worte, aber die waren durchaus missverständlich, bzw. schüren Missverständnisse.
Uns was bringt uns nun diese feinsinnige Unterscheidung?
Mich zum Nachdenken über deutsche Minderheiten im Ausland. Meine Flensburger Freunde sind Deutsche. Aber doch Dänen der Minderheit. Die Minderheit ist auch in der Landesregierung vertreten. Frau Spoorendonk - deutscher Pass, Bekenntnis aber zu vielem, was nunmal dänisch ist.
Meine Freunde 30 Km nördlich in Aabenraa sind Dänen. Deutlich- " unsere Königin Margrete!" Und doch wieder deutschsprachig, wobei in beiden Familien wieder britische Ehepartner vorhanden sind.
Mein Schwiegerneffe ist Deutscher, und manchmal deutscher als wir Bio-Deutschen, hat aber den türkischen Pass behalten. Na und?
Er steht nicht weniger für das Land ein, auch mit den Pflichten, die das mit sich bringt, als ein "Ein-Pass-Deutscher.
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LG Ruaidhri
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Barbarossa
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Renegat hat geschrieben:...
Wenn ich nun deinen Beitrag mit der expliciten Unterscheidung von eigentlichen und uneigentlichen Deutschen, von "deutschen Staatsbürgern" und "Deutschen im Sinne von Kulturnation" lese, wird es kompliziert.
Frau Özoguz ist nach deiner Definition also nur eine deutsche Staatsbürgerin? Du dagegen bist ein Biodeutscher?
Uns was bringt uns nun diese feinsinnige Unterscheidung?
Rechtlich oder politisch nichts - aber es geht ja jetzt um das Selbstverständnis eines Jeden, das auch die Politikerin ansprach.
Renegat hat geschrieben:Bei vielen Anderen, bes. der jüngeren, großstädtischen Generation entspricht diese Unterscheidung nicht mehr ihrer Lebenswirklichkeit. Und genau darauf wollte Frau Özuguz meiner Ansicht nach hinweisen. Sie holt damit nämlich all die vielen Migranten der letzten Jahrzehnte ins Boot und deren deutsche Nachkommen. Und das ist überfällig, gerade im Hinblick auf die neue Migrationswelle.
Wie sich andere sehen, ist auch deren Sache.
Aber in den Medien wird im Grunde auch nichts anderes gemacht, als zwischen den Nationalitäten zu unterscheiden, wenn von "Deutsch-Türken", "Deutsch-Syrer" oder von einem z. B. "griechischen Migrationshintergrund" gesprochen wird. Es werden dann natürlich die Wurzeln der entsprechenden Person genannt und natürlich ist das desen jeweilige Nationalität.
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Barbarossa
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Ruaidhri hat geschrieben:... Meine Flensburger Freunde sind Deutsche. Aber doch Dänen der Minderheit. Die Minderheit ist auch in der Landesregierung vertreten. Frau Spoorendonk - deutscher Pass, Bekenntnis aber zu vielem, was nunmal dänisch ist.
Meine Freunde 30 Km nördlich in Aabenraa sind Dänen. Deutlich- " unsere Königin Margrete!" Und doch wieder deutschsprachig, wobei in beiden Familien wieder britische Ehepartner vorhanden sind.
Mein Schwiegerneffe ist Deutscher, und manchmal deutscher als wir Bio-Deutschen, hat aber den türkischen Pass behalten. Na und?
Er steht nicht weniger für das Land ein, auch mit den Pflichten, die das mit sich bringt, als ein "Ein-Pass-Deutscher.
Die dänische Minderheit hat in S-H sogar bestimmte Vergünstigungen - für ihre Partei gilt bei Landtagswahlen die 5-%-Hürde nicht. Insofern hat es sogar doch eine gewisse politische und rechtliche Relevanz, dieser nationalen Minderheit anzugehören. Aber das ist allgemein akzeptiert und es wird als positives Beispiel dafür angesehen, wie Minderheitenschutz funktionieren kann.

Den Besitz von zwei oder noch mehr Pässen sehe ich deswegen eher kritisch, weil damit viel Schindluder getrieben werden kann. Ich gebe mal zwei Beispiele:

Die Türken sind eine relativ große Gruppe von Migranten. Nicht umsonst hat Erdogan für sie das Wahlrecht so geändert, dass es für sie leichter ist, an Wahlen in der Türkei teilzunehmen. Und zu diesem Zweck reiste Erdogan auch durch Deutschland, und trug den türkischen Wahlkampf auch nach Deutschland. Ist mir persönlich zwar schon etwas suspekt, ist aber für sich genommen zumindest Sicherheitspolitisch erst einmal unbedenklich.
Nun ist Erdogan aber ein Politiker, der inzwischen dafür bekannt ist, auch nationalistische Töne anzuschlagen und in seinem eigenen Land die demokratischen Rechte seiner Landsleute immer weiter einschränkt. Aber auch bei seinen Besuchen hier in Deutschland schlug er schon Töne an, die ihm zurecht Kritik einbrachten. So z. B. als er Assimilation als Verbrechen bezeichnete und die türkischen Migranten "Botschafter, die ihr den Duft der anatolischen Erde, jene anatolische Sensibilität bis nach Deutschland, in die Mitte Europas, getragen habt..." schon zu Beginn seiner Rede vor fünf Jahren nannte. Da hört bei mir dann alles auf, was mit Sympathie zu tun hat, wenn jemand so offen die Integration einer Migrantengruppe hintertreibt und im Grunde in meinen Augen natürliche Prozesse, wie die Assimilation von Einwanderern und deren Nachkommen zu kriminalisieren versucht.

Dass sowas im (absoluten) Extremfall auch die Destabilisierung eines ganzen Staates zur Folge haben kann, hat sich im Fall von Südossetien gezeigt. Die Südosseten erhielten russische Pässe und beim erstbesten Anzeichen von Diskriminierung der Südosseten marschierten russische Truppen in das Gebiet ein, mit der Begründung, Russland müsse "seine Staatsbürger" schützen.
Ja, es ist ein Extremfall, wo eine nationale Minderheit in Georgien möglicherweise tatsächlich diskriminiert wurde - Georgien also auch nicht ganz unschuldig war. Aber das spielt hierbei auch keine Rolle - es geht darum, dass auf diese Weise ausländische Mächte (vielleicht sogar die Türkei) versuchen könnten, auch unseren Staat zu destablilisieren oder sich zumindest in die Innenpolitik unseres Landes einzumischen. Beides ist abzulehnen.
Erdogans Botschaften diesbezüglich waren in der Vergangenheit schon sehr deutlich.
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Renegat hat geschrieben:Bei vielen Anderen, bes. der jüngeren, großstädtischen Generation entspricht diese Unterscheidung nicht mehr ihrer Lebenswirklichkeit. Und genau darauf wollte Frau Özuguz meiner Ansicht nach hinweisen. Sie holt damit nämlich all die vielen Migranten der letzten Jahrzehnte ins Boot und deren deutsche Nachkommen. Und das ist überfällig, gerade im Hinblick auf die neue Migrationswelle.
Barbarossa hat geschrieben:Wie sich andere sehen, ist auch deren Sache.
Aber in den Medien wird im Grunde auch nichts anderes gemacht, als zwischen den Nationalitäten zu unterscheiden, wenn von "Deutsch-Türken", "Deutsch-Syrer" oder von einem z. B. "griechischen Migrationshintergrund" gesprochen wird. Es werden dann natürlich die Wurzeln der entsprechenden Person genannt und natürlich ist das desen jeweilige Nationalität.
Stimmt, manche Medien machen das, hängt auch mit der typischen Journalistensprache zusammen, die nicht in jedem Satz die gleiche Phrase verwenden wollen und daher auf solche Umschreibungen zurückgreifen, weil sie nichts anderes haben. Da bist du in einem Satz der Blogger B. und im nächsten der Brandenburger mit DDR-Wurzeln und im schlimmsten Fall der Ossi B. :D Auch wenn das im Zusammenhang der Nachricht völlig ohne Bezug ist, weil du dich zu einem ganz normalen Thema geäußert hast, dass alle betrifft.
An manchen deiner Antworten auf bestimmte Themen merkt man dann auch eine gewisse Gereiztheit, wenn du mit den Ossi-Klischees bedacht wirst. Dabei hast du die DDR wirklich noch selbst erlebt.
Wie muß sich dann jemand fühlen, der aufgrund seines Namens oder seines Aussehens ständig nach seiner Herkunft befragt wird, obwohl er hier geboren und aufgewachsen ist und deutsch in Muttersprachenqualität spricht.
Genaue Zahlen über die sog. Mig-hintergründe hat man gar nicht, oft wird jeder Fünfte genannt, das wären 20 %.
Mit Ruaidhris Minderheiten wie an der dänischen Grenze kann man die Ergebnisse der Migration seit den späten 50ern nicht vergleichen. Viele Kinder und Enkel der Gastarbeitergeneration sind inzwischen mitten in der Gesellschaft angekommen, leben einen Mainstreamislam, der sich von deinem Atheismus nicht wesentlich unterscheidet und können sich über Erdogan ihre eigene Meinung bilden. Sie fahren im Urlaub vielleicht noch öfter in die Türkei als der Biodeutsche, weil evtl. noch ein paar entfernte Verwandte besucht werden müssen...aber sonst.
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