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"Die Linken" - wer sind sie und was wollen sie?

Parteitage, Richtungsentscheidungen, Personalien, Strategien

Moderator: Barbarossa

Renegat
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Marx und Engels sind lange tot, sie haben die totalitären Auswüchse im Ostblock nicht mehr erlebt. In Staaten, die sich nur angeblich auf Grundlage ihrer Philosophie bewegten.
Es ist müßig, Denkschulen etwas in die Schuhe zu schieben, was die Vordenker gar nicht mehr erleben konnten. Es muß doch möglich sein, den philosophischen Ansatz unabhängig vom Lauf der Geschichte zu betrachten. Das machen wir bei den griechischen Denkern oder anderen neuzeitlichen Philosophen doch auch.
Dass ein heutiger Zeitgenosse durch sein Wissen um die jüngst vergangenen Ereignisse anders denkt, sogar die eigenen Gedankengänge seiner Jugend mit dem Älterwerden immer wieder überprüft und korrigiert, sollte man jedem zugestehen.

Zu den angeblich linken Medien, Titus, denke ich, wir haben ein breites Spektrum. Mich nerven viel mehr diese populistischen Katastrophenmelder, die aus einer Mücke einen Elefanten machen, wenn sie glauben, dass der Stammtisch auf´s Thema anspringt und es sich deshalb gut verkaufen läßt. Vielen Themen würde eine etwas unaufgeregtere Berichterstattung guttun.
Über ein Denkmal mehr oder weniger, das nicht mehr dem Zeitgeist entspricht, kann ich mich deshalb nicht aufregen, weil ich weiß, was sonst noch so alles grenzwertiges rumsteht, aus NS- und Kaiserzeit. Nicht alle haben erklärende Infotafeln.
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dieter
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Marx und Engels würden in ihren Gräbern rotieren, wenn sie wüßten, was aus ihren Vorstellungen gemacht wurde. Es gibt in Deutschland ein Menge Bismarck-Denkmäler, trotzdem man Bismarck auch kritisch gegenüber stehen kann, siehe Blut und Eisen, womit er seine Kriege von 1864 über 1866 bis 1870/71 begründet hat. Fast jeder Friedhof hat heute noch ein Kriegerdenkmal aus dem WKI und WKII, trotzdem ich Krieg als Mittel der Politik ablehne. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
ehemaliger Autor K.

dieter hat geschrieben:Marx und Engels würden in ihren Gräbern rotieren, wenn sie wüßten, was aus ihren Vorstellungen gemacht wurde. Es gibt in Deutschland ein Menge Bismarck-Denkmäler, trotzdem man Bismarck auch kritisch gegenüber stehen kann, siehe Blut und Eisen, womit er seine Kriege von 1864 über 1866 bis 1870/71 begründet hat. Fast jeder Friedhof hat heute noch ein Kriegerdenkmal aus dem WKI und WKII, trotzdem ich Krieg als Mittel der Politik ablehne. :wink:

Manche Länder haben wahrhaft kuriose Nationalhelden. In der Mongolei ist es Dschingis Khan, in Usbekistan Timur Lenk. Beide gehören zu den übelsten Schlächtern der Weltgeschichte. Wenn man Erfolg hat, die Ergebnisse auch zumindest zeitweilig erhalten bleiben, die Personen im Gedächtnis ihrer Gefolgschaft später nicht verdammt werden, dann sieht man über die Scheußlichkeiten großzügig hinweg. Viele solcher Unholde sind auf diese Weise in die Weltgeschichte eingegangen und werden völlig zu Unrecht verehrt, weil sie in Wirklichkeit von Kopf bis Fuß mit Blut beschmiert sind und unglaubliches Leid verursacht haben. Davon will man heute meistens nichts mehr wissen.
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dieter
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Lieber Karlheinz
Du hast leider Recht. :evil: :twisted:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Titus Feuerfuchs
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Ich möchte hier auf ein historisches Interview (1998)von Staphane Courtois, dem Herausgeber von "Schwarzbuch des Kommunismus" hinweisen.
[...]Eines müssen wir genau verstehen: Vor sieben Jahren war die Sowjetunion noch eine Großmacht und wurde durch eine Weltorganisation kommunistischer Parteien gestützt. Seit 1945 hatte sie ein dichtes Netz ihrer Ideologie über die ganze Welt gespannt, nicht nur auf dem Gebiet der Politik, sondern auch auf intellektuellem Feld. Bei jedem Angriff auf den Kommunismus setzte sie dieses Netz mit Propaganda und Desinformation zur Abwehr ein. Das erklärt, warum der Kommunismus in vielen Ländern, besonders in Frankreich, einen starken Rückhalt hatte und immer noch hat.[...]

http://www.focus.de/kultur/buecher/das- ... 72511.html
MfG,
Titus Feuerfuchs
RedScorpion

Der Artikel is ja nu scho a bisserle älter, nech?

Und der Typ auch ned mehr so ganz taufrisch ...



LG
RedScorpion

dieter hat geschrieben:Lieber Karlheinz
Du hast leider Recht. :evil: :twisted:
Nein, hat er nicht.

Denn abgesehen von der (fragwürdigen bis z.T. sehr fragwürdigen) Historizität mancher schillernder Gestalten aus ferner Vergangenheit,

ist der Kontext der Vormoderne ein gänzlich anderer als jener der Neuzeit.

Man sollte die Bewohner von Mutina (Modena) oder Perusia (Perugia) fragen, wenn man dies könnte, was sie von Augustus hielten - ich hatte's schonmal irgendwann angebracht hier im Forum.

Von germanischen Kultur- und Völkervernichtern aus der Spätantike gar nicht zu reden.
Trotzdem sind sie völlig anders zu bewerten als Hitler, z.B.



LG
ehemaliger Autor K.

RedScorpion hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Lieber Karlheinz
Du hast leider Recht.
Nein, hat er nicht.
Denn abgesehen von der (fragwürdigen bis z.T. sehr fragwürdigen) Historizität mancher schillernder Gestalten aus ferner Vergangenheit,

ist der Kontext der Vormoderne ein gänzlich anderer als jener der Neuzeit.

Man sollte die Bewohner von Mutina (Modena) oder Perusia (Perugia) fragen, wenn man dies könnte, was sie von Augustus hielten - ich hatte's schonmal irgendwann angebracht hier im Forum.

Von germanischen Kultur- und Völkervernichtern aus der Spätantike gar nicht zu reden.
Trotzdem sind sie völlig anders zu bewerten als Hitler, z.B.
Selbstverständlich habe ich Recht. Krieg ist Krieg, Tod ist Tod, Leid ist Leid. Das war früher so gewesen, das ist heute auch so. Menschen, die damals von feindlichen Armeen belagert, ausgehungert, in Stücke zerhackt, bei lebendigem Leibe verbrannt wurden, deren Frauen vergewaltigt und anschließend ermordet, deren Kinder später in die Sklaverei verschleppt wurden, haben sich damals genauso wenig darüber gefreut wie Menschen, denen so etwas heute passiert. Die Geschichtsschreibung wird aber fast immer von den Siegern geschrieben und die stellen ihre Untaten regelmäßig als Heldentaten dar, eine natürliche Reaktion. In den seltenen Fällen, wo wir Berichte von den Besiegten haben, sind sie über die Verbrechen der Gegner genauso entsetzt und verurteilen sie wie die Menschen dies heute tun.

Es ist auch jetzt so wie damals: Die siegreiche Gruppe feiert sich selbst, auch heute bekommen Soldaten Orden, wenn sie Feinde töten, werden dafür gelobt. Einer der wenigen noch lebenden Bomberpiloten, die zu den Mannschaften gehörten, die die Atombomben abgeworfen haben, erklärte kürzlich in der Öffentlichkeit, das dies völlig richtig gewesen sei und er es immer wieder machen würde.

Es handelt sich hier nicht um Moderne oder Vormoderne, sondern um allgemeine Verhaltensweisen der Menschen. Was die eigene Gruppe macht, ist in der Regel gut und zwar dann, wenn sie Erfolg haben. Der Sieger interpretiert die Geschichte.
Heute versucht man es ein wenig anders zu sehen, aber nur ganz wenig und mit mäßigem Erfolg.
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dieter
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Beiträge: 9969
Registriert: 29.04.2012, 09:48
Wohnort: Frankfurt/M.

Der Sieger schreibt die Geschichte. Was ist mit den Indianern, die auf dem amerikanischen Kontinent umgebracht wurden :?:
Bei der Wiederentdeckung durch Kolumbus gab es 110 Millionen Indianer, 100 Jahre später nur noch 10 Millionen. :evil: :twisted:
Was mit den Afrikanern? Die als Sklaven nach Amerika kamen :?: 20 Millionen starben auf dem Weg über den Atlantik. :evil: :twisted:
Was mit dem Neandertalern, die direkt oder indirekt durch den Homo sapiens sapiens umgebracht wurden :?: Indirekt dadurch, dass sie kein Wild zum Erlegen mehr hatten, weil diese ihnen alles weggefressen hatten. :wink: :mrgreen:
Die Religionskriege ausgelöst durch Urban mit den Muslimen. 30jähriger Krieg.
Der Kolonialismus, an dem viele Menschen sterben mußten.
Mein Fazit: der heutige Mensch ist über die Steinzeit noch nicht rausgekommen. :wink: :mrgreen:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
RedScorpion

Karlheinz hat geschrieben: ...
Krieg ist Krieg, Tod ist Tod, Leid ist Leid. Das war früher so gewesen, das ist heute auch so.
...
Wenn dem so wäre, dann wären alle Gewalttaten und sogar alle Verkehrstoten - ja was sag ich: alle Toten; denn es geht ja seltenst ohne Leid ab, dass man ins Jenseits verscheidet - gleich "schlimm" dran bzw. die Urheberschaft derer welcher gleich zu bewerten. Is se aber nicht.

Denn: Abgesehen davon, dass die Geschichtsschreibung nicht nur meist (nur) vom Sieger geschrieben wird, wird sie manchmal überhaupt nicht geschrieben bzw. ist verloren oder lediglich fragmentarisch überliefert, gerade dann, wenn's um Taten geht, die Jahrhunderte oder gar Jahrtausende zurückliegen. Und die Frage ist dann, worum's den überlieferten oder teilweise überlieferten Quellen überhaupt ging.

Und die plausible Einordnung von Ereignissen muss Begleitumstände und Referenzmodelle im damaligen Verhalten berücksichtigen, um unterscheiden zu können, ob es sich um Greueltaten handelt oder um "Umstände", die damals +- wenn nicht akzeptiert, so doch leider vllt sogar "normal" waren. Abhängig von Waffengattung und technologischem Fortschritt, aber v.a. vom Gesellschaftsmodell und dem Vorhandensein von Institutionen ja oder nein, von Auswegslosigkeit, Anarchie oder eben gewollt. Das lässt sich bez. der Vergangenheit nur schlecht feststellen, je weiter zurückliegend, desto schwerer.

Auch die Völkerwanderung, die Verwerfung in Europa überhaupt, mit zig Millionen Toten und Vernichtung protostaatlicher Institutionen und Ernährungsgrundlagen, ist im Resultat kaum beabsichtigt oder voraussehbar gewesen, von daher trifft Leute wie Alarich oder Odoaker nicht annähernd die Verantwortung oder Schuld wie einen Speer oder gar Hitler. Da liegen Welten zwischen, wenn auch wahrscheinlich nicht so sehr in der schieren Zahl der Opfer. Die Beurteilung, wer Getriebener (der Umstände oder der Gegner) ist und wer nicht, ist in der Neuzeit wesentlich einfacher als zuvor.



LG
ehemaliger Autor K.

Die Ausgangsfrage war doch eine völlig andere. Es gibt Nationalhelden mit einer zweifelhaften Reputation. Dschingis Khan und Timur Lenk gehören dazu. Hier ging es um Eroberung und Raub, verbunden mit furchtbaren Gräueltaten, das haben die Menschen damals schon so gesehen, das sehen wir heute auch so. Unterstützt wurden diese Leute natürlich von ihrer damaligen Gefolgschaft und von den jetzigen Politikern in der Mongolei und in Usbekistan, die die damaligen Schlächter in einem positiven Licht sehen, auch aus eigenem Interesse und um ein Nationalbewusstsein zu vermitteln. Das halte ich für sehr fragwürdig und lehne ich ab.

Viele kriegerische Aktionen in der Vergangenheit wurden schon damals abgelehnt und kritisiert als verkappte Raub-und Eroberungszüge, man denke nur an die Eroberung Amerikas und zum Beispiel den Bericht von Las Casas über die Verwüstung der westindischen Inseln. Machiavelli unterschied einmal zwischen Kriegen aus Hunger und Kriegen, die aus der Eitelkeit der Herrscher entstehen. Kriege, die aus Hunger entstehen, sind natürlich etwas anders zu beurteilen, als diejenigen, die aus Eitelkeit entstehen. Die meisten Kriege gehören aber zur letzteren Kategorie. Das haben die Menschen früher nicht anders gesehen als heute auch. Werden sie gewonnen, schreibt man über sie positiv, werden sie verloren, dann nicht. Daran hat sich in Jahrtausenden nichts geändert.
RedScorpion

Karlheinz hat geschrieben:Die Ausgangsfrage war doch eine völlig andere. Es gibt Nationalhelden mit einer zweifelhaften Reputation. Dschingis Khan und Timur Lenk gehören dazu.
...
Es ist nicht völlig unwahrscheinlich, dass es besagte Personen nie gegeben hat (das ist schonmal ein grosser Unterschied zu Stalin, der in best. Kreisen wohl noch immer als Nationalheld durchgeht, weil er - was richtig beobachtet ist - die mittlere Macht Sowjetunion zumindest scheinbar zur Grossmacht machte, wobei letzteres dann die Analogie wäre). Die Schrifttradition damals war einfach eine andere als heute, obwohl im Mittleren Orient schon sehr viel weiter fortgeschritten als z.B. in Europa zu jener Zeit. Aber immer noch viel zu dürftig und v.a. unwissenschaftlich, und v.a. auch mit vielen Brüchen ob der seit damals stattgefundenen Verwerfungen, um daraus aus Dschingis Khan oder Timur Lenk historische Personen zu machen vom Kaliber eines Napoleon, z.B., ohne jetzt moralisch Parallelen zwischen den dreien ziehen zu wollen. Das ist einfach unwissenschaftlich und v.a. auch ungerecht.

Karlheinz hat geschrieben: ...
Hier ging es um Eroberung und Raub, ...
...
Sagt wer? Bzw., dass es "nur" um Eroberung und Raub ging, und was denn der grosse Unterschied zu anderen Feldzügen sein soll, damals?

Karlheinz hat geschrieben: ...
... das haben die Menschen damals schon so gesehen, das sehen wir heute auch so.
...
Haffner schreibt in seinen 100 Seiten Anmerkungen zu Hitler, dass die Menschen dafür ein feines Gespür haben, und dass Hitler (im Unterschied zu Stalin z.B.) eben nicht nachgesehen werden kann, dass er über Leichen ging, gerade eben weil er staatsmännisch nix zustande brachte.
Hmm ja, ist nicht falsch; allerding gilt auch da: Wer schreibt denn das auf und wer kontrolliert denn die tradierte Erinnerung an irgendwelche Führer oder Anführer aus der Vergangenheit, z.T. tausende Jahre zurückliegend? Ist die Erinnerung an Augustus nu gut oder schlecht und seit wann? Und Nero, z.B.? Oder gar an Figuren, die historisch derart ungesichert sind, dass wahrscheinlicher ist, dass es sie nie gegeben hat, wie z.B. Jesus von Nazareth oder Arminius?


Karlheinz hat geschrieben: ...
Unterstützt wurden diese Leute natürlich von ihrer damaligen Gefolgschaft und von den jetzigen Politikern in der Mongolei und in Usbekistan, die die damaligen Schlächter in einem positiven Licht sehen, auch aus eigenem Interesse und um ein Nationalbewusstsein zu vermitteln. Das halte ich für sehr fragwürdig und lehne ich ab.
...
Is natürlich Kappes, einmal ob der moralischen Fragwürdigkeit auch historisch ungesicherter Ereignisse, aber v.a., weil die Nation als Konzept mit den Gesellschaftsstrukturen von damals nix am Hut hat und andersherum.

Karlheinz hat geschrieben: ...
Machiavelli unterschied einmal zwischen Kriegen aus Hunger und Kriegen, die aus der Eitelkeit der Herrscher entstehen. Kriege, die aus Hunger entstehen, sind natürlich etwas anders zu beurteilen, als diejenigen, die aus Eitelkeit entstehen. Die meisten Kriege gehören aber zur letzteren Kategorie. Das haben die Menschen früher nicht anders gesehen als heute auch. Werden sie gewonnen, schreibt man über sie positiv, werden sie verloren, dann nicht. Daran hat sich in Jahrtausenden nichts geändert.
Es ist komplexer: Mit der Moderne wissen wir, dass auch ehrliche und gutgemeinte Taten Millionen Opfer produzieren können, und bösartige hingegen positive Wirkungen verursachen können. Und das ist gar nichtmal selten. D.h. wir wissen heute, dass man einen Menschen nicht nur an moralischer Intention messen kann, selbst wenn man sie kennen täte.



LG
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Zu behaupten, das Dschingis Khan, Timur Lenk, Augustus, Nero und was weiß ich, alles nur Legenden und Erfindungen sind, ist reichlich abwegig und auch ziemlich lächerlich. Wenn die Vergangenheit nur Fantasy ist, dann brauchen wir uns nicht mit ihr zu beschäftigen, überlassen dass anderen Foren, die auf so etwas spezialisiert sind und schließen dieses Geschichtsforum.

Aufgabe der Geschichtsforschung ist in erster Linie das Quellenstudium, um zuverlässige Aussagen über die Vergangenheit machen zu können, unterstützt von der Archäologie und anderen Wissenschaften, um ein wirklichkeitsgetreuer Abbild der früheren Zeit zu erstellen. Jeder Student weiß dies und wird in den ersten Semestern mit ihrer Methodik vertraut gemacht. Dafür gibt es spezielle Seminare. Und was die Rekonstruktion der Vergangenheit betrifft, auf dem Gebiet werden die Wissenschaftler immer besser. Auch die Computertechnologie ist hier sehr hilfreich.

Etwas anderes ist es nun, die Geschichtsabläufe zu deuten, um Regelmäßigkeiten und Entwicklungsströmungen herauszuarbeiten, das also nicht nur Fakten zusammengetragen werden. Wenn beispielsweise heute ein Mord geschieht, reicht es auch nicht aus, nur Indizien zusammenzutragen, sondern man will Tatabläufe, Motive und dergleichen rekonstruieren. Hier gibt es nun eine ganze Reihe theoretischer Modelle aus der Soziologie, Ökonomie und anderer Wissenschaften, die dies versuchen.

Für den Laien sind sie aber oft schwer verständlich und erfordern erhebliche Vorkenntnisse. Auch Studenten in den Anfangssemestern scheitern häufig schon an der Lektüre der Texte. Vielleicht werde ich in nächster Zeit einmal versuchen, einige Theorien in den Blogs auf populäre Weise zu vermitteln.
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dieter
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Lieber Karlheinz,
leider hat es diese geschichtlichen Gestalten alle gegeben, dies zu leugnen ist eine Verdrehung der Wirklichkeit. Der homo sapiens sapiens wird anscheinend nicht besser oder schlechter als in der Steinzeit. :roll: Der Mensch ist, wie er ist, die Wirklichkeit ist schon manchmal erschreckend. Ich weiß nicht, ob wir diese Eigenschaften brauchen, um in der Entwicklung weiter zu kommen :?: Wenn wir in den Weltraum fahren sollten, dann kann uns vielleicht unsere Neugier helfen. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
RedScorpion

Karlheinz hat geschrieben:Zu behaupten, das Dschingis Khan, Timur Lenk, Augustus, Nero und was weiß ich, alles nur Legenden und Erfindungen sind, ist reichlich abwegig und auch ziemlich lächerlich. Wenn die Vergangenheit nur Fantasy ist, dann brauchen wir uns nicht mit ihr zu beschäftigen, überlassen dass anderen Foren, die auf so etwas spezialisiert sind und schließen dieses Geschichtsforum.
...
Du hast mich überhaupt nicht verstanden. Abgesehen davon, dass ich nicht behauptet habe, es habe Timur Lenk und Dschingis Khan nicht gegeben (sondern "lediglich", es sei nicht völlig unwahrscheinlich, dass es sie nicht gegeben hat, und hingegen wahrscheinlich, dass sie - mangels schriftlicher und v.a. wissenschaftlicher Tradition damals bzw. bei ganz anderen Gesellschaftsstrukturen - völlig anders dargestellt wurden, als dies in der Moderne der Fall gewesen wäre, vergleichsweise),

ist meine Message,
dass es unwissenschaftlich ist zu behaupten, Dschingis Khan und Timur Lenk seien genauso gewesen, wie es uns eine (arabische? christliche? abendländische? romantische?) Geschichtsschreibung aufm Tablett präsentiert,

und noch mehr, daraus moralische Verwerflichkeit erkennen zu wollen und jene auf asiatische Politiker zu projektieren. Also, bitte.

Karlheinz hat geschrieben: ...
Aufgabe der Geschichtsforschung ist in erster Linie das Quellenstudium, um zuverlässige Aussagen über die Vergangenheit machen zu können, unterstützt von der Archäologie und anderen Wissenschaften, um ein wirklichkeitsgetreuer Abbild der früheren Zeit zu erstellen.
...
Sagen wir: ein plausibles Abbild. „Wirklichkeitsgetreu“ ist so ein Wischiwaschi-Begriff, zwischen Sicherheit und dem Vielleicht. „Zuverlässig“ trifft’s schon besser, ist aber immer noch zu „sicher“.
Gäb’s nur Sicherheiten, bräuchte’s keine Modelle mehr, die auf ihre Plausibilität überprüft werden könnten, und wir könnten uns gleich in die Kiste legen.

Karlheinz hat geschrieben: ...
Für den Laien sind sie aber oft schwer verständlich und erfordern erhebliche Vorkenntnisse. Auch Studenten in den Anfangssemestern scheitern häufig schon an der Lektüre der Texte.
...
Ja, das kommt vor; v.a., wenn sie keinen religiösen Background haben.
:wink:


LG
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