Spartaner hat geschrieben:
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Deutschland bezahlt deutlich weniger für eine Arbeitsstunde als in Frankreich und Dänemark.
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RedScorpion hat geschrieben:Ein bisschen, aber nicht viel.
Ich hab' mich da wohl offensichtlich - muss ich zugeben - vom Geplärre der deutschen Unternehmer ob der angeblich hohen Lohnnebenkosten einlullen lassen (mag auch sein, dass jene in der Vergangenheit wirklich höher waren), und von deutschen Arbeitnehmern, die angeblich immer so wenig verdienen.
Löhne und die davon abhängigen Lohnnebenkosten muß man wohl differenziert betrachten. In den klassischen Bereichen, die man früher Schlipsträger nannte, also private Verwaltung, Banken usw sind die Gehälter wahrscheinlich überall in der alten EU ähnlich.
Bei D wird der Durchschnitt gesenkt, durch den ausgeprägten Niedriglohnsektor, vermute ich. Die Schlachtbetriebe sind z.B. in D konkurrenzlos billig zu betreiben, was dazu geführt hat, dass in den angrenzenden EU-Ländern die Schlachthöfe zumachen müssen und die Tiere über die Autobahn nach D gekarrt werden. Solche sinnfreien Auswüchse werden hoffentlich durch den Mindestlohn verbessert.
In der Gastronomiebranche wird in D ebenfalls schlecht bezahlt, was mit der Grund ist, warum viele Gastrofachkräfte saisonweise in der Schweiz arbeiten.
Renegat hat geschrieben:Mietkosten vielleicht. D hat im Vergleich mit den alten EU-Ländern die zweithöchste Mieterquote, nur in der Schweiz gibt es noch weniger Wohneigentümer.
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RedScorpion hat geschrieben:Wobei aber in D Immobilien seit jeher relativ günstig sind, vergleichsweise, auch in guten Lagen (wobei ja, eben gerade wegen Abwanderung und mangelnder Einwanderung, gute Lagen recht rar sind, im Uebrigen auch und gerade im Bundesland BY, war vorletzte Woch 'n Artikel im Spiegel zu dem Thema). Und dass es einen grossen Mietmarkt gibt, spricht eigentlich für nicht so immense Mietkosten.
RS, den Absatz verstehe ich nicht. Ein Mietermarkt heißt, dass Menschen, die eine Wohnung mieten wollen, ein breites, gutes Angebot vorfinden. Das ist aber nicht so, es gibt in den Zentren zu wenige Mietwohnungen in den begehrten Lagen, das treibt die Preise. Was nützt es, wenn man im östlichen Brandenburg ganze Häuser hinterhergeschmissen kriegt, man aber in Berlin arbeitet und dann 1/4 des Tages auf der Straße zubringen würde.
Ich wundere mich immer über den Immobilienmarkt unserer nordwestlichen Nachbarn. In Finnland ist es ungewöhnlich, eine Wohnung zu mieten, man kauft, zahlt an die Bank und verkauft wieder, wenn man woanders hingeht. Selbst im dichtbesiedelten NL scheint man mehr Eigenheime in der Fläche zu bauen, in F, GB, ESP sowieso aber die haben auch mehr Platz.
RedScorpion hat geschrieben:In der Schweiz ist's etwas anders, weil der Raum begrenzter ist bzw. der Raum in von Einwanderung stark gekennzeichneten Gegenden. Da sind Immobilien für die meisten unerschwinglich (hinzu kommen noch die SNB-Policy von 1 Euro = mind. 1.20 Franken und Schwierigkeiten auf dem internationalen Finanzparkett, die Immo-Preise in die Höhe treiben), da bleibt dann nur noch die Miete, fast egal zu welchem Preis.
Dieses "Wohnen -egal zu welchem Preis" hat man überall in Spitzenlagen, in den Zentren von London, Paris, München wird gut verdient und teuer gewohnt, so ist der Markt. Wer da nicht mithalten kann, muß in der Peripherie wohnen und hat lange Wege.
In D ist der Immobilienmarkt in den Städten teilweise etwas schizophren, weil neuerdings alle in angesagten Vierteln wohnen wollen. Da sind dann die Preise hoch, im verkehrstechnisch vergleichbaren Nachbarstadtteil können die Wohnungen viel günstiger sein, da will aus unerfindlichen Gründen aber keiner wohnen. Ich weiß nicht, ob das ein europaweites Phänomen ist. Könnte etwas mit Ghettoisierung zu tun haben.
Renegat hat geschrieben:
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Andererseits sollen die Preise für den täglichen Bedarf in D niedriger sein als in den meisten anderen Eu-Ländern. Ob dadurch die höheren Wohnkosten teilweise kompensiert werden, läßt sich schwer abschätzen.
Ein Arbeitnehmerparadies ist D jedoch nicht.
RedScorpion hat geschrieben:Weil die Steuern v.a. für untere Einkommensklassen im Vergleich zu hoch sind.
Was nützen Angestellten geringe Lohnnebenkosten und vergleichsweise gute Löhne, wenn gleichzeitig Steuern steigen und staatliche Leistungen sinken.
Und dabei macht sich in D eben auch der Investitionsrückstand bemerkbar (war jetzt 'n Artikel in der Zeit, erschreckend; als hätte es Keynes nie gegeben oder sich niemand die Mühe gemacht, sich mit ihm zu beschöftigen ...

).
Die offensichtliche Mißachtung der Keynesschen Erkenntnisse wunderte mich auch. Ich denke aber, dass man das leider so nicht mehr sagen kann. Denn im Gegensatz zu den 50-80er sozialen Marktwirtschaftsjahren, hat sich inzwischen ein diversifiziertes Angebot etabliert, angepaßt an die verschiedenen Einkommensgruppen. In D kann ein Niedriglöhner seinen Bedarf bei den diversen Discountern decken. Außerdem gibt es inzwischen einen riesigen Gebrauchtmarkt für alles mögliche. Die Nachfrage ist also da und wird auch befriedigt, nur eben schichtenspezifisch. Es würde mich interessieren, ob dass in den anderen EU-Ländern auch so ist.