elysian hat geschrieben:...Einen Gegensatz in Sachen Lebensart und Kultur zwischen Ost- und Westdeutschland herbeireden zu wollen, wie es ihn innerhalb der USA zwischen Nord- und Südstaaten gab, ist ahistorisch bis aberwitzig.
Nun ja - dazu würde ich jedoch ergänzend anmerken, daß ich schon des Öfteren gehört habe, daß es vor der "Wende" ein größeres Gemeinschaftsgefühl gab, mehr Freundschaften, Brigadefeiern usw. usf.
Hier gibt es vermutlich wirklich gewisse Unterschiede. Ich habe das auch erlebt, daß genau zur Einführung der D-Mark die Brigadekasse unter uns Kollegen aufgeteilt wurde und danach gab es eine solche dann auch nicht mehr und auch keine Brigadefeiern. Ich habe das damals sehr bedauert und habe das auf der Brigadeversammlung auch offen gesagt. Hier ist durchaus ein gewisser Schnitt erkennbar gewesen.
Allerdings muß man sich fragen, warum sich dieser "Zusammenhalt" so plötzlich in Luft auflöste.
Ich denke, das viele persönliche Beziehungen in der DDR auch aus den wirtschaftlichen Notwendigkeiten/Widrigkeiten heraus entstanden sind. Dazu möchte ich mal zwei Zitate aus dem Gf aus Beiträgen bringen, die ich selbst dort geschrieben habe, denn ich denke, das erklärt einiges:
Barbarossa hat geschrieben:Auch bei uns lebte man gerne gut und wer ein eigenes Haus hatte, der versuchte nach Kräften (und mit Vitamin B) dieses auch in Schuß zu halten...
aus:
http://www.geschichtsforum.de/322600-post8.html
Barbarossa hat geschrieben:Eine "Ellebogen-Gesellschaft" in der DDR? Gab es nicht. Dazu war man viel zu sehr auf einander angewiesen.
Stichwort: Tauschwirtschaft.
Auf Grund der mangelhaften Versorgung (eigentlich bei allem) setzte sich bei der Bevölkerung eine Tauschwirtschaft durch, die man mit einem Schwarzmarkt gleichsetzen kann. D. h. brauchtest du privat einen Elektiker konntest du einen in deinem Betrieb oder über Bekannte fragen, ob er dir was installiert, wenn du eine gleichwertige Leistung anzubieten hattest, also wenn du z. B. Maurer, Flieseleger warst oder Rohrleger.
aus:
http://www.geschichtsforum.de/290418-post51.html
Private Beziehungen, die z. T. auch zu Freundschaften wurden, waren in einer solchen "Wirtschaftsordnung" beinahe überlebenswichtig und mMn vor allem deshalb in der DDR viel stärker ausgeprägt.
Dazu kam natürlich auch, daß es eine Konkurrenzsituation z. B. um den Arbeitsplatz nicht gab, denn man konnte ja nicht arbeitslos werden. Ein angestrebter beruflicher Aufstieg wurde weniger nach der beruflichen Leistung ermöglicht, sondern eher durch einen Eintritt in "die Partei" (=SED).
Das sind die Aspekte, die für mich durchaus vorhandene Unterschiede in der Mentalität in Ost- und Westdeutschland hervor gebracht haben. Hinzu kommt, daß die Aufnahme von Anglizismen in die Umgangssprache in den letzten 20 Jahren auch in den ostdeutschen Bundesländern sehr zugenommen hat - eine Entwicklung, die durch die SED-Regierung natürlich abgeblockt wurde.