Kelten und Germanen

Moderator: Barbarossa

Kohlhaas
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Dietrich hat geschrieben:Vielleicht einigen wir uns darauf, dass es überhaupt keine Germanen und Kelten gegeben hat.
In einem zweiten Schritt sollten wir auch die Namen der Sprachen ändern und eine diesbezügliche Empfehlung an die Sprachwissenschaft aussprechen.
Historiker und Archäologen werden diese Erkenntnisse dankbar würdigen.
Historiker und Archäologen werden sich eher fragen, warum das hier überhaupt noch diskutiert wird.

Ich hatte Aussagen von Wissenschaftlern verlinkt, die dafür plädieren, die Bezeichnung "Germanen" gar nicht mehr zu verwenden - nicht weil es Germanen nie gegeben hätte, sondern weil die Verwendung dieser Bezeichnung eine Trennung impliziert, die es nie gab.

Den Sprachwissenschaftler, der eine scharfe und klar definierbare Grenze zwischen dem germanischen und dem keltischen Sprachraum postuliert hätte, müsste übrigens noch jemand namhaft machen. Ich hatte weiter oben schonmal gefragt, wo die "Sprachgrenze" zwischen "Germanen" und "Kelten" denn verlaufen sein soll. Bisher hat sich dazu kein Experte geäußert.

Ich wette, die Antwort auf diese von mir gestellte Frage wäre für Historiker, Archäologen und Linguisten sehr viel spannender als die Frage nach den Kriterien für eine ethnische Unterscheidung zwischen Germanen und Kelten.
Paul
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Meist wird der Main als Sprachgrenze zwischen den germanischen Ubiern und keltischen Helvetiern etwa um 100 v. Chr. im Süden gesehen.
Wenn man unterstellt, das Treverer und Eburonen Kelten waren, dann war nördlich des Mains der Rhein im Westen die ursprüngliche Sprachgrenze. Die dann einsetzenden Wanderungen von Germanen in den keltischen Raum machten das dann komplizierter. Schon vorher wanderten kleinere Gruppen aus, dann wanderten immer größere Bevölkerungen in die Gebiete westlich des Rheins und südlich des Mains.
Über die Vorcäsarischen Treverer wissen wir weniger, als über die Ubier.
In Böhmen lebten keltische Bojer, bevor sich dort germanische Sueben und Hermunduren ansiedelten. In Schlesien und Südpolen lebten germanische Vandalen. Ob südlich von ihnen Kelten lebten ist unwahrscheinlich. Wahrscheinlich waren dort die Illyrer ihre südwestlichen Nachbarn, im Osten Baltoslawen.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Dietrich
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Kohlhaas hat geschrieben: Ich hatte Aussagen von Wissenschaftlern verlinkt, die dafür plädieren, die Bezeichnung "Germanen" gar nicht mehr zu verwenden -
Das sind provokative und natürlich nicht ernsthaft vorgetragene Äußerungen. Jetzt und in Zukunft wird kein Archäologe und kein Historiker auf die Termini "Germanen" und "Kelten" verzichten. Dass es sich bei ihnen nicht um "Völker" sondern um Sprach- und Kulturgemeinschaften handelt, ist ein sehr alter Hut.
Kohlhaas hat geschrieben:Den Sprachwissenschaftler, der eine scharfe und klar definierbare Grenze zwischen dem germanischen und dem keltischen Sprachraum postuliert hätte, müsste übrigens noch jemand namhaft machen. Ich hatte weiter oben schonmal gefragt, wo die "Sprachgrenze" zwischen "Germanen" und "Kelten" denn verlaufen sein soll. Bisher hat sich dazu kein Experte geäußert.
Dass es germanische und keltische Sprachen gab, wirst du nicht ernsthaft bestreiten. Wo keltische Stämme siedelten, gab es keine Germanen und umgekehrt. Alexander Demandt sagt: "Keltische Namen für Flüsse, Berge, zuweilen auch Siedlungen begegnen in einem Gebiet, dessen Nordgrenze vom Niederrhein bis nach Böhmen verläuft." (Alexander Demandt, Die Kelten, S. 14). Er beschreibt im weiteren Verlauf sehr detailliert die keltischen Siedlungsgebiete und entsprechende archäologische Funde.

Zu Beginn der Latène-Zeit-Zeit um 500 v. Chr. gibt es ein rein keltisches Gebiet in Ostgallien und Süddeutschland. Dort findet sich kein germanischer Stamm, denn Germanen saßen zu dieser Zeit in einem relativ kleinen Areal in Norddeutschland und Jütland. Weder in Hessen, noch in Thüringen, Bayern oder Baden-Württemberg gab es 500 v. Chr. auch nur einen einzigen Germanen. Wenn sie allerdings zur Zeitenwende in all diesen Gebiten siedelten, sind sie nicht dorthin geflogen, sondern haben sich im Verlauf von 500 Jahren bis zur Donau ausgebreitet. Im diesem großen Zeitraum wurden die keltischen Siedler von den Germanen assimiliert, d.h. sie verschmolzen mit ihnen, vollzogen einen Sprachwechsel und verloren ihre keltische Identität.

Oberflächlich betrachtet gibt es zwischen Kelten und Germanen einige Gemeinsamkeiten. Beides sind schriftlose Kulturen, die Völker galten der Mittelmeerwelt als Barbaren und die Männer verdingtensich häufig als Söldner. Betrachtet man das im Detail, ergeben sich allerdings beträchtliche Unterschiede:

- Anders als bei den Kelten gab es bei den Germanen nur selten Befestigungen:
- die Kelten kannten bereits große städtische oder doch stadtähnliche Siedlungen:
- Im Gegensatz zu den Kelten kannten die Germanen keine Tempel und keine organisierte Priesterschaft;
- die Kelten prägten ab dem 2. Jh. v. Chr. Münzen;
- keltische Waffen, keltischer Schmuck und keltische Trachten zeigen eindeutige Merkmale keltischer Herkunft

Die Unterschiede zwischen beiden Völkern ließen sich fortsetzen und geben den Archäologen Mittel an die Hand, keltische und germanische Siedlungsräume gut voneinander zu unterscheiden. Das gilft freilich nicht für Übergangszonen, wo sich Kelten und Germanen durchdringen und die Germanen starken kulturellen Einflüssen der Latène-Kultur unterliegen.
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dieter
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Lieber Dietrich,
wie ist es mit der Haarfarbe von Kelten und Germanen, Vercingetorix, der Anführer der Gallier in Frankreich war blond, genauso in den Asterix-Heften Asterix und viele Gallier, Obelix ist rothaarig.
Bei den Germanen war Arminius Bruder, der weiter für die Römer kämpfte, blond. Er wurde bei den Römern der Blonde genannt. Im Umkehrschluss war Arminius dann nicht unbedingt blondhaarig :?: Es gab bei den Germanen den Namen "Bruno", also der Braune. :wink:
Unterschieden sich Germanen und Kelten im Aussehen :?: Oder waren Beide teilweise dunkelhaarig und blond :?: Da die Kelten schon mit anderen Völkern Kontakt hatten (Kelt-Iberer), hatte sich das Aussehen der Kelten schon verändert :?:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Kohlhaas
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Wieder, lieber Dietrich, stelle ich fest dass unsere Positionen eigentlich gar nicht weit auseinanderliegen.
Dietrich hat geschrieben:Das sind provokative und natürlich nicht ernsthaft vorgetragene Äußerungen. Jetzt und in Zukunft wird kein Archäologe und kein Historiker auf die Termini "Germanen" und "Kelten" verzichten. Dass es sich bei ihnen nicht um "Völker" sondern um Sprach- und Kulturgemeinschaften handelt, ist ein sehr alter Hut.
In der Tat haben selbst die Befürworter der von mir zitierten These nicht wirklich ernsthaft gefordert, dass der Germanen-Name nicht mehr verwendet werden solle. Das wäre auch unsinnig, da es unzweifelhaft ab einem bestimmten Zeitpunkt eine "keltische" Kultur gab und ab einem anderen Zeitpunkt eine "germanische" Kultur. Aus diesem Grund sprechen insbesondere die Archäologen auch nicht von Völkern, sondern von Kulturgemeinschaften. Was "Sprachgemeinschaften" angeht, würde ich Dir widersprechen, weil sich archäologisch nicht feststellen lässt, welche Sprache die "Träger einer Kultur" gesprochen haben. Es ist einfach nicht auszuschließen, dass Gruppen, die linguistisch den Germanen anghörten, den heutigen Archäologen aufgrund der Sachkultur wie Kelten erscheinen. Die hier schon diskutierten Ubier sind ein Beispiel dafür. Sie erscheinen den Archäologen als eindeutig keltisch, werden aber selbst von römischen Autoren als Germanen bezeichnet. Und wir wissen schlicht nicht, welche Sprache sie gesprochen haben.

Damit bestreite ich tatsächlich nicht, dass es (irgendwann, zu einem unbestimmten Zeitpunkt) eine keltische Sprache und eine germanische Sprache gab. Ich bestreite nichtmal, dass es eine deutliche Unterscheidung zwischen diesen beiden Sprachen schon sehr früh gegeben haben mag. Vielleicht 500 v.Chr. oder sogar noch früher.

Ich widerspreche Dir aber in einem Punkt, der von zentraler Bedeutung ist. Ich zitiere diesen Punkt deshalb jetzt nochmal:
Dass es sich bei ihnen nicht um "Völker" sondern um Sprach- und Kulturgemeinschaften handelt, ist ein sehr alter Hut.
Genau dieser "alte Hut" wirkt auf einige Diskussionsteilnehmer offenbar so schockierend neu, dass sie die Erkenntnis "keine Völker sondern Kulturgemeinschaften" leidenschaftlich als Unsinn zurückweisen. Genau deshalb ist der Vorschlag, den "Germanennamen" künftig gar nicht mehr zu verwenden, auch überhaupt nicht provokativ. Der Vorschlag resultiert aus dem Versuch, die Bezeichnungen "Germanen" und "Kelten" von den "ideologischen Nebenbedeutungen" zu reinigen, die ihnen von Caesar oder von den romantischen Deutschen des 19. Jahrhunderts beigegeben wurden.

Dieser "Reinigungsversuch" hat auch keine ideologischen Gründe. Er wurde vorgeschlagen, weil die seit gut 200 Jahren vorgenommene Unterscheidung zwischen "Kelten" und "Germanen" dazu geführt hat, dass die beiden Gruppen als unterschiedliche "Völker" angesehen werden. Perfekt ablesbar an der hier laufenden Diskussion:

Es gibt das Paradigma, dass Germanen und Kelten (potenziell feindselige) unterschiedliche Völker waren. Archäologisch lässt sich nachweisen, dass es keltische Spuren bis in den norddeutschen Raum hinein gegeben hat; ebenso lässt sich archäologisch nachweisen, dass die keltischen Spuren irgendwann verschwinden und von germanischen Spuren überlagert werden. Ausgehend vom Paradigma kann man rein deduktiv nur einen Schluss ziehen: Kelten wurden von (kriegstüchtigeren) Germanen verdrängt. Ein Schluss, der im Deutschland des 19. Jahrhunderts hochattraktiv war, weil man sich ja als "Nachkomme" der Germanen fühlen wollte.

Diese deduktive Logik führt aber in die Irre, denn das Paradima ist falsch! Somit haben wir hier die klassische Paradigmenkrise.
Dass es germanische und keltische Sprachen gab, wirst du nicht ernsthaft bestreiten. Wo keltische Stämme siedelten, gab es keine Germanen und umgekehrt.
Wie schon gesagt: Es gab irgendwann eine germanische und eine keltische Sprache. Deinen zweiten Satz halte ich für falsch - jedenfalls in der Absolutheit, in der Du ihn vorträgst.

Richtig ist: Im Kerngebiet der keltischen Kultur gab es keine Germanen, und im Kerngebiet der germanischen Kultur gab es keine Kelten. Aber was ist mit der Zone dazwischen? Wir waren uns doch eigentlich einig darüber, dass sich sowohl Kelten als auch Germanen aus einer gemeinsamen Vorgängerkultur heraus entwickelt haben. Wie soll da plötzlich eine klare, scharfe Grenze zwischen den Gruppen entstanden sein?

Da fängt wieder das Paradigma (zwei verschiedene Völker...) zu wirken an.

Die Theorie, dass Kelten von Germanen verdrängt worden seien, ignoriert völlig die Art und Weise, wie Kelten und Germanen "entstanden" sind. Die Theorie geht davon aus, dass sich Kelten und Germanen ganz isoliert von ihren Nachbarn entwickelt haben. Irgendwann sind sie dann als fertige "Ethnien" auf der Bildfläche erschienen und "aufeinandergestoßen". Dann haben sie sich in einer "Kontaktzone" vermischt (teils friedlich, teils kriegerisch), danach haben sich die (kriegstüchtigeren) Germanen durchgesetzt und die schlaffen Kelten vertrieben.

Diese Theorie wird aufrechterhalten (hach, ich will so gern auch ein Germane sein :clap:), obwohl es dafür keine archäologischen Belege gibt (außer natürlich Schnippenburg, Barenburg ...), sogar obwohl es klare Belege für ungebrochene Siedlungskontinuitäten gibt. Sie wird aufrechterhalten, weil es deduktiv (Paradigma!) ja gar nicht anders sein kann.

Mir stellt sich das eher so dar, dass keltisches Kerngebiet und germanisches Kerngebiet wie "magnetische Pole" waren, zwischen denen sich ein "Kraftfeld" aufgebaut hat. Die Gebiete nahe den Polen waren sehr ähnlich wie die Pole selbst, je weiter die Gebiete von den Polen entfernt waren, desto stärker wurde der Einfluss des jeweils anderen Pols. Damit hätten wir nicht zwei Völker, sondern eine (in sich inhomogene) Bevölkerung, die mehr oder minder stark Elemente der einen oder der anderen "Kulturgemeinschaft" übernommen und widergespiegelt hat.

Damit wäre auch erklärt, warum in bestimmten Gebieten (z.B. Ubier) keine klare Zuordnung möglich ist. Damit wäre auch erklärt, warum es für eine angebliche Verdrängung der Kelten durch die Germanen keine archäologischen Belege gibt (außer natürlich Schnippenburg,... :roll: )
Cherusker
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Kohlhaas hat geschrieben:
Cherusker hat geschrieben:Es gibt die archäologischen Befunde ! Wie so häufig von mir beschrieben, sind die Wallanlagen, z.B. Barenburg und Amelungsburg durch kriegerische Ereignisse erobert worden und danach war Schluß mit den Kelten oder Lateneleuten.
Du kannst das noch beliebig oft wiederholen. Wahrer wird es dadurch nicht.

Niemand hat bestritten, dass an den von Dir genannten Orten möglicherweise Kämpfe stattgefunden haben. Es gibt in der Tat archäologische Funde, die auf solche Kämpfe hinweisen. Das Problem liegt aber woanders! Du behauptest, dass diese archäologischen Belege für Kämpfe der Beweis dafür sind, dass "Germanen" ab 200 v.Chr. die "Kelten" nach Süden verdrängt hätten.

....
Deine Argumentationsweise erinnert zunehmend an diese Nationalstaats-Romantik des 19. Jahrhunderts.

Deshalb habe ich auch keine Lust mehr, mit Dir über dieses Thema zu diskutieren. Du willst die archäologischen Funde und Befunde, die außerhalb von "Amelungsburg" und "Barenburg" oder "Schnippenburg" erhoben wurden, ja gar nicht zur Kenntnis nehmen.
Und Du kannst es noch so oft ignorieren, wie DU willst. Aber wer einen Teil der Funde nicht akzeptiert, handelt nicht objektiv. Allein davon, daß Du von "möglichen" Kämpfen schreibst, zeigt nur, daß Du die archäologischen Funde nicht verstehst.
Wo sind Deine Funde, daß es dort in dem Gebiet weiterhin eine Siedlungskontinuität gegeben hat? :shock: Du schreibst immer davon....aber hast keine Beweise !!! Durch häufige Wiederholung werden Deine Aussagen auch nicht wahr. :mrgreen:

Allein die geopgrahische Abgrenzung der ursprünglichen Gebiete der Kelten und Germanen, lassen keine gemeinsame Kultur als Ausgangspunkt als möglich erscheinen. Wieso gibt es keine germanische Funde im keltischen Ursprungsland? Demnach hätte es irgendeine Gemeinsamkeit dort geben müssen?
Nein, ganz einfach, diese beiden Kulturgruppen haben sich an unterschiedlichen Orten entwickelt und sind später aufeinandergetroffen. Ansonsten hätte es vielmehr Gemeinsamkeiten geben müssen.
Auch heutige Wissenschaftler können sich mit neu aufgestellten Thesen irren.....es muß nicht immer alles richtig sein. :mrgreen:
Dr. Th. Mauer geht davon aus, daß suebische Wanderungen die hessischen Oppida zerstörten (Zeitraum vor 50 v.Chr.). Was zweifelslos eine Nord-Süd-Bewegung beweisen würde. Die Römer fanden teilweise menschenleere Gebiete vor. Wie erkärt sich das?

P.S.
Du hast immer noch nicht Stellung genommen, warum die kriegerisch zerstörten Wallanlagen nicht mehr genutzt wurden? :wink:
Cherusker
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Kohlhaas hat geschrieben:Der Vorschlag resultiert aus dem Versuch, die Bezeichnungen "Germanen" und "Kelten" von den "ideologischen Nebenbedeutungen" zu reinigen, die ihnen von Caesar oder von den romantischen Deutschen des 19. Jahrhunderts beigegeben wurden.
Irgendwie scheinst Du es anzuzweifeln, daß sich die Kelten aus ihrem Ursprungsgebiet heraus weiter ausgebreitet haben.... :mrgreen: Für Dich war die keltische Kultur ruckzuck im nördlichen Gebiet angekommen und das werden sie auch mit kriegerischen Mitteln erreicht haben, sprich Versklavung bzw. Beherrschung der dortigen Bevölkerung.....aber wer hat sie dort hingebracht? Kelten....siehst Du, wer sonst? Genauso wie sich die Kelten nach Norditalien ausbreiteten (dort sind sie auch nicht aus der Erde gewachsen :mrgreen: ), ging es auch gen Norden. Eigentlich recht einfach. Und nur dort, wo Kelten dann an Grenzen, d.h. andere wehrhafte Kulturen, stießen, ging es dann nicht mehr weiter.

Und laß Deine "ideologischen Nebendeutungen" des 19./20.Jh. ganz einfach einmal weg. :wink:
Cherusker
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Kohlhaas hat geschrieben: Es gibt das Paradigma, dass Germanen und Kelten (potenziell feindselige) unterschiedliche Völker waren. Archäologisch lässt sich nachweisen, dass es keltische Spuren bis in den norddeutschen Raum hinein gegeben hat; ebenso lässt sich archäologisch nachweisen, dass die keltischen Spuren irgendwann verschwinden und von germanischen Spuren überlagert werden. Ausgehend vom Paradigma kann man rein deduktiv nur einen Schluss ziehen: Kelten wurden von (kriegstüchtigeren) Germanen verdrängt. Ein Schluss, der im Deutschland des 19. Jahrhunderts hochattraktiv war, weil man sich ja als "Nachkomme" der Germanen fühlen wollte.
Du schuldest immer noch die Erklärung, warum die keltischen Spuren ab dem Zeitraum im nördlichen Gebiet verschwunden sind und nur von germanischen Spuren überlagert wurden? Im Süden gab es sie noch reichlich....selbst bis 15 v.Chr. (Döttenbichl). Also hat es Kelten im heutigen Deutschland noch gegeben.

Das hat jetzt nichts mit dem Nationalbewußtsein des 19./20.Jh. zu tun. Laß das mal einfach weg..... :angel:
Paul
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Die Wetterau und das Maintal wurden archäologisch untersucht. Es ist zwar schwierig dauerhaft besiedelte Regionen zu untersuchen. Es konnte aber festgestellt werden, das die Besiedlungsdichte im Zuge der bekannten kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Ubiern und Sueben litt. Die Gebiete blieben aber besiedelt. Die Besiedlungsdichte stieg dann nach der erneuten Gebietskontrolle durch die Ubier wieder an, als sich die Sueben hinter Fulda und Main zurückzogen.
Nur die Besiedlung der Heidetränke brach ab, während Wiesbaden und Nida als neue regionale Zentren wuchsen.

Dissertation von Frau Heune an der Universität Marburg. Der Link über die Ausgrabungsergebnisse, mit Schwerpunkt der Region Offenbach lies sich heute nicht mehr öffnen.
Zuletzt geändert von Paul am 13.07.2015, 11:30, insgesamt 1-mal geändert.
viele Grüße

Paul

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Lieber Paul,
und wo blieben die Kelten :?: Oder meinst Du, dass die Ubier Kelten waren :?:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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dieter hat geschrieben:Lieber Paul,
und wo blieben die Kelten :?: Oder meinst Du, dass die Ubier Kelten waren :?:
Meiner Ansicht nach siedelten nördlich des Mains nur vereinzelt Kelten. Die archäologischen Spuren der Hallstatt und Latenezeit nördlich des Mains sind den germanischen Ubiern zuzuordnen. Die Ubier waren sprachliche Germanen, welche eine Sachkultur hatten, welcher der Sachkultur der Kelten ähnelte. Sie brauchten diese aber nicht irgendwann zu übernehmen. Ihre Vorfahren waren schon seit der Bronzezeit Teil dieser kulturellen Entwicklung mit Austausch in alle Richtungen. Sprachlich waren die Ubier Teil der Entwicklung zur germanischen Sprache und dann später zur deutschen Sprache.
viele Grüße

Paul

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Lieber Paul,
Danke für diese Auskunft. :)
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Kohlhaas
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Paul hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Meiner Ansicht nach siedelten nördlich des Mains nur vereinzelt Kelten. Die archäologischen Spuren der Hallstatt und Latenezeit nördlich des Mains sind den germanischen Ubiern zuzuordnen. Die Ubier waren sprachliche Germanen, welche eine Sachkultur hatten, welcher der Sachkultur der Kelten ähnelte. Sie brauchten diese aber nicht irgendwann zu übernehmen. Ihre Vorfahren waren schon seit der Bronzezeit Teil dieser kulturellen Entwicklung mit Austausch in alle Richtungen.
So ähnlich sehe ich das auch (von der Sprache der Ubier mal abgesehen). Wanderungen und Siedlungsbewegungen der Kelten sind eigentlich nur nach Süden (Norditalen), Osten (Balkan, Griechenland) und eingeschränkt Spanien und britische Inseln vorgetragen worden. Spanien deshalb eingeschränkt, weil es dort offenbar nicht zur Verdrängung der ansässigen Bevölkerung sondern zur Übernahme von Elementen der Latène-Kultur durch die "Ureinwohner" gekommen ist (deshalb spricht man dort von Keltiberern).

Während dieser Siedlungsbewegungen hat offenbar im Süden Deutschlands die Bevölkerungsdichte stark nachgelassen. Sie nahm wieder deutlich zu, als die Kelten aus Norditalien und den östlichen Gebieten zurückgedrängt wurden. Nach dieser Rückwanderung erlebte die Oppida-Kultur in Europa ihre Blüte. Anzeichen für eine Expansion nach Norden gab es aber auch in dieser Phase nicht.
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Kohlhaas hat geschrieben:Was "Sprachgemeinschaften" angeht, würde ich Dir widersprechen, weil sich archäologisch nicht feststellen lässt, welche Sprache die "Träger einer Kultur" gesprochen haben.
Wer germanisch spricht, wird gemeinhin als Germane bezeichnet, wer keltisch spricht, als Kelte, wer etruskisch spricht, als Etrusker. Die germanischen Stämme sprachen also germanische Sprachen, was ein solcher Gemeinplatz ist, dass man darüber nicht lange diskutieren muss. Archäologen und Historiker haben beschlossen, Semnonen, Markomanen, Cherusker, Hermunduren, Quaden und andere Stämme als "germanisch" zu klassifizieren. Ich sehe keinen Grund, diese Feststellung infrage zu stellen. Andererseits werden Volcae, Bojer, Tauriscer, Helvetier u.a. als keltische Stämme betrachtet. Ich halte es für unsinnig, das alles anzuzweifeln.

Dass alle antiken Völker und Stämme sich schon bei ihrer Ethnogenese aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zusammensetzten und auch im Verlauf ihrer Existenz andere ethnische Elemente aufnahmen, ist unzweifelhaft. Maßgebend für die ethnische Identität bleibt jedoch, welche Gruppe schließlich dominant war und ihre Sprache und Kultur durchsetzte. Danach werden sie von Ethnologen, Sprachwissenschaftlern und Archäologen klassifiziert.

Dass sich in einigen Regionen Sachkultur und Ethnien nicht decken und ethnische Zuordnungen dort zuweilen problematisch sind, wurde bereits betont. Ganz grundsätzlich ist zu sagen, dass die Frage der Ethnizität ein fortdauerndes Problem der Archäologen, Historiker und Ethnologen berührt, besonders im Zeitraum der Früh- und Vorgeschichte: Welche Sachfunde und sonstigen Überreste weisen auf ein bestimmtes Volk oder eine ethnische Gruppe hin? Ein Skelett, eine Waffe, ein Schmuckstück oder eine Keramikscherbe können nicht immer so eindeutig bestimmt werden, dass daraus eine ethnische Zugehörigkeit ablesbar ist. Eine Schmuck- oder Waffenmode kann sich bei verschiedenen Stämmen oder Bevölkerungsgruppen verbreitet haben, die Oberherrschaft einer Gruppe über eine andere kann die Beherrschten zu einer stilistischen Nachahmung bei der Fertigung von Gütern bewogen haben. Und schon das, was wir als "Ethnie" bezeichnen, ist in sich kein monolithischer Block, zuweilen nur eine Stammeskonföderation mit unsicherer ethnischer Zugehörigkeit.

Es bleibt also nichts anderes übrig, als die Verortung vermuteter Ethnien an Sachfunden festzumachen, die von der Forschung als typisch für gerade diese Ethnie betrachtet werden. Die Funde müssen sachkundig interpretiert und ihre historische Einordnung muss anhand kunstgeschichtlicher und fertigungstechnischer Merkmale erfolgen. Es kann nicht verwundern, dass die Ergebnisse solcher Verfahren vielfach heftig umstritten sind und man oftmals nur von Hypothesen oder Theorien sprechen kann.

Das ändert jedoch nichts daren, dass Archäologen in bestimmten Kerngebieten sehr zuverlässig die Identität von Stämmen bestimmen können und damit auch die Sprache zur Deckung zu bringen ist. Man kann also mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Volcae keltisch und die Sueben germanisch sprachen.
Kohlhaas hat geschrieben:Es ist einfach nicht auszuschließen, dass Gruppen, die linguistisch den Germanen anghörten, den heutigen Archäologen aufgrund der Sachkultur wie Kelten erscheinen. Die hier schon diskutierten Ubier sind ein Beispiel dafür. Sie erscheinen den Archäologen als eindeutig keltisch, werden aber selbst von römischen Autoren als Germanen bezeichnet. Und wir wissen schlicht nicht, welche Sprache sie gesprochen haben.
Dass es einige Grenzfälle gibt, bei denen die Zuordnung unsicher ist, wurde schon gesagt. Dazu zählen z.B. die Ubier und die Treverer. Bei vielen anderen Stämmen sind sich die Archäologen ihrer Sache allerdings sicher. Das darf man nicht vergessen und einige Grenzfälle zur Norm erheben.
Kohlhaas hat geschrieben:Genau deshalb ist der Vorschlag, den "Germanennamen" künftig gar nicht mehr zu verwenden, auch überhaupt nicht provokativ. Der Vorschlag resultiert aus dem Versuch, die Bezeichnungen "Germanen" und "Kelten" von den "ideologischen Nebenbedeutungen" zu reinigen, die ihnen von Caesar oder von den romantischen Deutschen des 19. Jahrhunderts beigegeben wurden.
Das ist eine unsinnige Forderung, der kein Archäologe, Ethnologe oder Sprachwissenschaftler folgen wird.
Kohlhaas hat geschrieben:Dieser "Reinigungsversuch" hat auch keine ideologischen Gründe. Er wurde vorgeschlagen, weil die seit gut 200 Jahren vorgenommene Unterscheidung zwischen "Kelten" und "Germanen" dazu geführt hat, dass die beiden Gruppen als unterschiedliche "Völker" angesehen werden. Perfekt ablesbar an der hier laufenden Diskussion
Selbstverständlich sind Germanen und Kelten verschiedene Völkergruppen mit unterschiedlichen Sprachen und Identitäten. Der Sprachwissenschaftler Harald Haarmann sagt:

"Die germanischen Völker haben sich in einem langen Prozess ihrer Ethnogenese aus einem soziokulturellen Kontinuum ausgegliedert, das sich ursprünglich in einem geografisch sehr eng begrenzten Areal konstituierte ... Erst seit der Mitte des 1. Jahrtausend v. Chr. gibt es nähere Informationen über die Wohnsitze der Germanen. Damals siedelten sie in einem Kernland, das sich über Dänemark, das südliche Norwegen und Südschweden erstreckte und sich an den Küsten von Nord- und Ostsee von Flandern im Westen bis ins Flusstal der Weichsel im Osten ausdehnmte.
Im Westen drängten die Germanen keltische Stämme ab; im Ostseeraum standen sie jahrhundertelang mit Ostseefinnen in Kontakt."
(Harald Haarmann, Lexikon der untergegangenen Völker, München 2005, S. 115)
Kohlhaas hat geschrieben:Es gibt das Paradigma, dass Germanen und Kelten (potenziell feindselige) unterschiedliche Völker waren.
Was heißt hier "feindselig"? Nachweislich sind sowohl germanische als auch keltische Stämme gewandert und haben ihre Siedlungsgebierte verlagert. Das verlief sicher nicht immer friedlich und dabei wird es zu Kämpfen um Weide- und Siedlungsland gekommen sein. Du kannst dir mal auf einem qualitätvollen Geschichtsatlas anschauen, welche Mobilität viele Stämme dabei entwickelten.
Kohlhaas hat geschrieben:Archäologisch lässt sich nachweisen, dass es keltische Spuren bis in den norddeutschen Raum hinein gegeben hat; ebenso lässt sich archäologisch nachweisen, dass die keltischen Spuren irgendwann verschwinden und von germanischen Spuren überlagert werden. Ausgehend vom Paradigma kann man rein deduktiv nur einen Schluss ziehen: Kelten wurden von (kriegstüchtigeren) Germanen verdrängt. Ein Schluss, der im Deutschland des 19. Jahrhunderts hochattraktiv war, weil man sich ja als "Nachkomme" der Germanen fühlen wollte.
Wenn es zur Zeitenwende in Mitteleuropa keine Kelten, sondern nur noch Germanen gab, müssen die Germanen die Kelten verdrängt und/oder assimiliert haben. Das ist eine logische und auch heute überall vertretene Folgerung, die nichts mit dem Geschichtsbild des 19. Jh. zu tun hat. Überhaupt solltest du hier nicht ständig den Vorwurf der "nationalen Geschichtsschreibung" erheben, auch wenn sich das argumentativ gut macht.
Kohlhaas hat geschrieben:Richtig ist: Im Kerngebiet der keltischen Kultur gab es keine Germanen, und im Kerngebiet der germanischen Kultur gab es keine Kelten. Aber was ist mit der Zone dazwischen?
Die Forschung ist sich einig, dass die von Kelten getragene Latène-Kultur im 5. Jh. v. Chr. bis zu den deutschen Mittelgebirgen reichte. Nicht immer einig ist man sich bei der Frage, ob zwischen Donau und den Mittelgebirgen überall Kelten siedelten. Manche bejahen das. Andere vermuten, dass in diesem Raum eine ethnisch nicht näher bestimmbare Bevölkerung saß, die zum Kreis der Latène-Kultur zählte, ohne indes keltisch (oder germanisch) zu sein. Diese Frage wird sich heute nicht mehr lösen lassen. Vermutlich gab es zwischen Harz und Donau sowohl keltische als auch ethnisch nicht näher bestimmbare Siedlungsgebiete.
Kohlhaas
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Dietrich hat geschrieben:Wer germanisch spricht, wird gemeinhin als Germane bezeichnet, wer keltisch spricht, als Kelte, wer etruskisch spricht, als Etrusker. Die germanischen Stämme sprachen also germanische Sprachen, was ein solcher Gemeinplatz ist, dass man darüber nicht lange diskutieren muss. Archäologen und Historiker haben beschlossen, Semnonen, Markomanen, Cherusker, Hermunduren, Quaden und andere Stämme als "germanisch" zu klassifizieren. Ich sehe keinen Grund, diese Feststellung infrage zu stellen. Andererseits werden Volcae, Bojer, Tauriscer, Helvetier u.a. als keltische Stämme betrachtet. Ich halte es für unsinnig, das alles anzuzweifeln.
Und schon drehen wir uns wieder im Kreis. Mit dem Begriff "Kulturgemeinschaft" meinst Du dann offenbar doch mehr als der Begriff "Kulturgemeinschaft" eigentlich aussagt.

Was Du schreibst, ist erstens ein Zirkelschluss und zweitens erwiesenermaßen falsch!

Zum Thema Zirkelschluss
Du schreibst (verkürzt): Germanen müssen germanisch gesprochen haben, und weil sie germanisch gesprochen haben, müssen sie Germanen gewesen sein, und weil sie Germanen waren, müssen sie germanisch gesprochen haben etc...

Zum Thema erwiesen falsch
Es ist nicht wahr, dass einzelne Stämme heute aufgrund ihrer Sprache der Gruppe der Germanen oder der Kelten zugewiesen würden. Kein Archäologe und kein Historiker und kein Linguist hat je behauptet, dass ein bestimmter Stamm nachweislich aufgrund der Sprache den Kelten oder den Germanen zugeordnet werden kann. So eine Zuweisung wäre unmöglich, weil es weder ärchäologische noch historiografische Belege dafür gibt, welche Sprache dieser oder jener Stamm gesprochen hat. Wenn Du anderer Meinung bist, dann nenne bitte einen Beleg dafür!

Ich wage die Behauptung, dass die Wissenschaftler immer nur folgendes gesagt haben: Vermutlich waren es Germanen, also haben sie vermutlich germanisch gesprochen.
Ganz grundsätzlich ist zu sagen, dass die Frage der Ethnizität ein fortdauerndes Problem der Archäologen, Historiker und Ethnologen berührt, besonders im Zeitraum der Früh- und Vorgeschichte: Welche Sachfunde und sonstigen Überreste weisen auf ein bestimmtes Volk oder eine ethnische Gruppe hin?
Hier vermischt Du die Definitionen der verschiedenen Wissenschaften. Ethnologen verstehen unter "Ethnizität" was anderes als Historiker. Und Archäologen (Vor- und Frühgeschichtler) trennen von vornherein die Begriffe "Ethnizität" und "Sachkultur".
Und schon das, was wir als "Ethnie" bezeichnen, ist in sich kein monolithischer Block, zuweilen nur eine Stammeskonföderation mit unsicherer ethnischer Zugehörigkeit.
Damit kommt zu der Frage, was Ethnologen oder Archäologen oder Historiker unter "Ethnie" verstehen, noch die Frage hinzu, was Du oder was ich darunter verstehe. Und hier widerspreche ich Dir: Ich verstehe unter "Ethnie" nichts, was "ethnische Zugehörigkeit" unsicher erscheinen lässt. Schon gar nicht etwas, was für eine Stammeskonföderation spricht. Diese Sicht der Dinge widerspricht jeder der drei wissenschaftlich gebräuchlichen Definitionen.
Es bleibt also nichts anderes übrig, als die Verortung vermuteter Ethnien an Sachfunden festzumachen, die von der Forschung als typisch für gerade diese Ethnie betrachtet werden.
Von welcher Forschung? Die Vor- und Frühgeschichte macht "Ethnie" definitiv NICHT an Sachfunden fest! Da ist nur die Rede von Kulturgemeinschaft.
Das ändert jedoch nichts daren, dass Archäologen in bestimmten Kerngebieten sehr zuverlässig die Identität von Stämmen bestimmen können und damit auch die Sprache zur Deckung zu bringen ist.
Ich wiederhole hier die Bitte um Belege. Meiner Kenntnis nach hält die Archäologie (Vor- und Frühgeschichte) sich selbst für unfähig, einzelne Funde bestimmten Stämmen zuzuordnen. Und meiner Kenntnis nach hat kein moderner Archäologe je Aussagen darüber gemacht, welche Sprache ein nicht identifizierbarer Stamm gesprochen haben soll.

Dass im Kerngebiet der Jastorf-Kultur sicher eine andere Sprache gesprochen wurde als im Kerngebiet der Latène-Kultur ist eine völlig andere Frage... Wir wissen nur nicht welche.
Man kann also mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Volcae keltisch und die Sueben germanisch sprachen.
Ja, kann man. Aber "große Wahrscheinlichkeit" ist was anders als "erwiesene Gewissheit", aufgrund derer man heute noch sprachlich unterscheiden könnte zwischen "Kelten" und "Germanen". Viel wichtiger ist aber die Frage: Was für eine Sprache haben denn die Gruppen gesprochen, die zwischen "Volcae" und "Sueben" wohnten?
Was heißt hier "feindselig"?
Gegenfrage: Was meinst Du denn, wenn Du von "Verdrängung" redest? Dass die beiden Gruppen sich zu einem Gelage zusammengesetzt haben und eine davon am nächsten Morgen friedlich-verkatert weggezogen ist?
Wenn es zur Zeitenwende in Mitteleuropa keine Kelten, sondern nur noch Germanen gab, müssen die Germanen die Kelten verdrängt und/oder assimiliert haben. ... Das ist eine logische und auch heute überall vertretene Folgerung, die nichts mit dem Geschichtsbild des 19. Jh. zu tun hat.
Das ist nur unter dem oben benannten Paradigma logisch. Es wird auch keineswegs überall vertreten. Und es hat sehr wohl mit dem Geschichtsbild des 19. Jahrhunderts zu tun.
Überhaupt solltest du hier nicht ständig den Vorwurf der "nationalen Geschichtsschreibung" erheben, auch wenn sich das argumentativ gut macht.
Das ist im Kern gar kein Vorwurf, sondern eine Beobachtung. Und zwar eine, die nicht von mir stammt, sondern von einschlägigen Wissenschaftlern. Einige Belege dafür hatte ich bereits gepostet oder verlinkt. Ich nenne hier noch zwei:

"In jüngster Zeit wird in der Forschung die Instabilität ethnischer Identität gerade in der Antike verstärkt betont und das aus dem nationalstaatlichen Denken des 18./19. Jahrhunderts stammende Konzept der Germanen zunehmend in Frage gestellt." Aus https://de.wikipedia.org/wiki/Germanen

"Im historischen Selbstverständnis der Deutschen gehört die Vorstellung von einer prägenden Rolle der germanischen Vorfahren traditionell in den Katalog der populären Nationalstereotypen. (..) Idealvorstellungen von der germanischen Vorzeit bilden den Fokus eines völkischen Geschichtsdenkens, das in erheblichem Maße auf der Rezeption einer politisch tendenziösen Altertumsforschung des 19. Jahrhunderts beruht. " Aus http://www.archaeologie-online.de/magaz ... s/seite-1/

Diese politisch-tendenziöse Altertumsforschung prägt bis heute unser Bild von Germanen und Kelten.

Tut mir leid, wenn sich dadurch jemand persönlich angegriffen fühlt.
Die Forschung ist sich einig, dass die von Kelten getragene Latène-Kultur im 5. Jh. v. Chr. bis zu den deutschen Mittelgebirgen reichte.
Nicht einig ist sich die Forschung aber über die Frage, wie die keltischen Einflüsse dorthin gelangt sind. Für Siedlungs-/Eroberungsbewegungen gibt es keine Belege. Auch nicht für die hier behauptete entgegengesetzte Bewegung germanischer Stämme. Dafür spricht nur die "innere Logik" des Paradigmas, dass es sich um verschiedene Völker handelte, die an den Mittelgebirgen aufeinandergetroffen sind.

Ich habe eine andere möglich Deutung angeboten, die weniger in Konflikt mit archäologischen Funden und Befunden steht.
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