Warum interessiert Euch Geschichte?

Kommentare und Meinungen zu epochenübergreifenden Themen

Moderator: Barbarossa

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Orianne
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Mich würde interessieren, warum Ihr Euch für Geschichte interessiert? Ausschlaggebend für diese Frage ist für mich der Thread an die User der ehemaligen DDR oder besser gesagt aus dem Osten der Bundesrepublik.

http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... =87&t=5094


Bei mir war es so, dass ich durch die Familie meiner Mutter, die oft die Nationalität ändern musste, an die Geschichte heran geführt wurde, es taten sich für mich Fragen auf, warum Männer deutsche Uniformen trugen, obwohl sie Franzosen sind oder eben waren. Eines hatte sich dann mit dem anderen ergeben, so ist die Geschichte aus meinem Leben nicht mehr zu streichen.

Wie ich gerade zur Geschichte zu den Vereinigten Staaten von Amerika kam, ich denke es war, weil ich viel dort war, und es meine Cousinen und Cousins lernen mussten, so kam ich dann auch auf den Geschmack.
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
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Gontscharow
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Hmm, "ein weites Feld" würde Fontane jetzt sagen ;-)
Aber deine Begründung mit der Geschichte deiner Familie ist interessant, Orianne.
Mein Geschichtsinteresse darauf zurückzuführen, wäre mir nicht in den Sinn gekommen.
Das hat jetzt aber - wo ich drüber nachdenke - auch in meinem Fall Sinn,
weil meine Großmutter mir , als ich Kind war, sehr spannende Geschichten aus ihrem Leben
erzählte, angefangen 1909 im zaristischen Rußland, dann der 1.Weltkrieg, die bolschewistische Revolution,
der Bürgerkrieg mit den ständig wechselnden "roten" und "weißen" Kampfeinheiten, die ihr Dorf
besetzten (sogar einmal Rumänen, und das so nah bei Kiew ! ), dann der "Holodomor" und stalinistsiche
Terror, schließlich der 2.Weltkrieg mit anschließender Flucht nach Deutschland.
Meine Mutter erzählte mir fast nichts davon, meine Oma sehr oft und sehr lebendig.
Das ist sicher eine der Quellen meines Geschichtsinteresses ....
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Nemeth
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Hallo Orianne !
Deine Frage ist leicht uns schwer zugleich zu beantworten.
Als Angehöriger einer vertriebenen deutschen Volksgruppe, war man in der ersten Zeit auch in Deutschland, nicht sehr
willkommen. Das gab man uns auch zu spüren. Als Kind will man wissen,warum ist das so. Erst auf intensives Nachfragen holte ich mir
das Rüstzeug, auf dem sich sehr viel aufbaute.
Später, dann in der Schule, als dann die Fakten so verdreht und gefälscht wurden, konnte man dem Lehrer mittel s einem
"süffisanten, wissenden Lächeln" zu verstehen geben, was man wusste und er nicht.
Daher das Interesse, mehr zu wissen als die offizielle Geschichtsschreibung uns zubilligen wollte.
Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen
Nico_Neacsu
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Beiträge: 74
Registriert: 01.12.2014, 08:50

Geschichte ist etwas sehr Spannendes. In meinem Leben hatte ich schon einige Interessensgebiete mehr oder weniger durchgemacht. Zurzeit sind Pizarro, Cortèz, Karl V. , Heinrich der Seefahrer, ....., Mittelamerika, Südamerika, Entdecker, Eroberer, Konquistadoren ... an der Reihe. Ist man einmal der Geschichte verfallen, läßt die einen nicht mehr los. Nico Neacsu
Lia

Genetische Veranlagung und frühe Prägung durchs Elternhaus.
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Triton
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Nur wer weiß, wo er herkommt, kann auch wissen, wo er hinwill.

Außerdem ist es manchmal ganz gut, die alten Fehler nicht wiederholen zu müssen, weil man sie schon kennt.

Spannend ist Geschichte auch manchmal, ich stelle mir oft einfach vor, wie es war, wenn man früher gelebt hätte oder man selbst in früherer Zeit mit Problemen fertig geworden wäre. Es wäre für mich zum Beispiel sehr spannend, als was oder wie sich vor 1000 Jahren Menschen die Welt vorgestellt haben. Wussten Sie, dass Sterne unerreichbar weit weg waren?
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
Dietrich
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Beiträge: 1755
Registriert: 04.05.2012, 18:42
Wohnort: Ostfalen

Lia hat geschrieben:Genetische Veranlagung und frühe Prägung durchs Elternhaus.
"Genetische Veranlagung" :mrgreen: wird's wohl auch bei mir sein. Schon mit 12 Jahren hab ich mir vom Ersparten meinen ersten großen Geschichtsatlas gekauft, der mir - wen kann's wundern - in großen Bereichen völlig unverständlich war. Besonders Kontinuität und Diskontinuität von Völkern, Staaten und Kulturen faszinieren mich in diesem Zusammenhang bis heute.

Zum Glück konnte ich mein Geschichtshobby zum Beruf machen.
Lia

Ob Großmutter, Mutter, Vater, - alle hatten Affinität zu Geschichte. :)
In den Generationen sprach man ja auch noch miteinander, insofern war ich an oral history gewöhnt, bekam aber auch viele Fragen beantwortet oder einfach so nebenbei viel mit, was Vaddern im Auto über die Römer, Spanier oder Napoleon am Niederrhein erzählte, die politischen Diskussionen mögen auch einen Teil dazu beigetragen haben.
Ich las früh und alles, was so herumlag, und das waren u.a. die Bücher von Pörtner, die ich in den 1960er Jahren so spannend fand, dass ich Enid Blyton dafür liegen ließ.
War schon früh ausgemacht, dass ich Geschichte studieren würde, die große Schwester noch als Vorbild, tolle Geschichtslehrer in der Oberstufe- der Weg war klar.
Zum Glück konnte ich mein Geschichtshobby zum Beruf machen.
Dito, ob nun im pädagogischen Bereich oder in der Wissenschaft, beides spannend.
Aneri

In der Schule fand ich den Geschichtsunterricht am langweiligsten. Da ich ein schlechtes Gedächtnis für Namen und Daten habe, spiegelte es in meiner Interesse für Geschichte. Im Gegenzug hat mir Mathematik gefallen, da dort mit wenigen vorh. Wissen (Zahlen, Annahmen) könnte das Nächste (Resultat) nachvollziehen. Ich brauchte kein Theorem zu lernen, ich müsste nur mal den Beweisgang nachvollziehen können und dann den Beweis immer wieder wiederholt könnte, ohne den Weg zum Resultat in Detail erinnern zu müssen.

Ein Beruf zu wählen kam nicht in Frage, wenn ich auch beste Note besaß. Es kam mir vor, dass es unkreativster Beruf ist, wie etwa die Putzkraft, die nur Ordnung schaffen muss, alles in vorgesehenen Platz anordnen (in Sowjet Union durfte es auch zutreffen). Schon bei Studieren, in einem Praktikum hatte ich mit Architekten und Archeologen zu tun, der andere Sicht auf das Heidentum der Litauer gehabt hat. Ich war überrascht. Es ist also nicht so alles festgelegt, wie ich lernte. Es gibt verschieden Meinungen zu den Geschehnissen, verschiede Interpretationen. Also durchaus ein Platz für die Kreativität...

Was mir in der Wiege gelegt wurde? Das Interesse für Menschen, für seine Tiefen, für seinen Geist. Schon in Jugend war eine Frage, die mich besonders interessierte: wenn alle technologische Erfindungen des Menschen durch ihre Nutzbarkeit für das Überleben und Fortpflanzung ihren Platz in Evolutionserklärung hatten, die Kunst passte nicht hinzu. Alle Erklärungen dafür sind mehr als dürftig.

Vor 12 Jahren hatte ich auf die Mem-Theorie gestoßen, deren Befürworter meinen der Antwort für kulturelle Evolution gefunden zu haben. Mit kritischer Außeinandersetzung mit dieser Theorie begann ich schon bewusst mit Evolution zu beschäftigen. Später stellte sich die Frage nach der Wandlung/Evolution des Universums, ob es die Ähnlichkeiten in Selbstorganisation des Universums mit der biologischen Evolution gibt. Logisch, dass es mit sich auch die Interesse an der Geschichte der Menschen gezogen hat: was hier gibt, was auch dem Muster der Evolution entsprechen könnte. Daher ist meine Perspektive auf die Geschichte einmalig und vielen hier in Forum unverständlich, weil es mich eben nicht Daten und Namen interessieren, auch nicht unbedingt die konkrete Gründe für gesellschaftlichen Äußerungen. Es interessieren mich die Gesetzmäßigkeiten, den die Entwicklung unterworfen ist, ihre äußere "Form", ob es sich in mein entdecktes Muster einfügt oder nicht.

Im Grunde ist es so ähnlicher Grund, wie Triton aufgeschrieben hat, nur breiter aufgefächert: „Nur wer weiß, wo er herkommt, kann auch wissen, wo er hinwill“.
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dieter
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Verlust des Vaters durch den 2. Weltkrieg, Flucht aus Pommern, Rennen in den Luftschutzbunker. Verlust des Opas mütterlicherseits durch einen amerikanischen Captain, Verlust des Opas väterlicherseits durch einen Splitter im Kopf 1944 durch den WKI.
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Lia

Aneri hat geschrieben:Im Grunde ist es so ähnlicher Grund, wie Triton aufgeschrieben hat, nur breiter aufgefächert: „Nur wer weiß, wo er herkommt, kann auch wissen, wo er hinwill“.
Das ist wohl bei allen, die sich ernsthaft, intensiv und offenen Geistes mit Geschichte beschäftigen, eine Motivation.
Die Herangehensweisen oder Voraussetzungen sind eben verschieden.
Renegat
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Mit Geschichte habe ich mich früher intensiver beschäftigt, irgendwann kennt man die großen Linien seiner Hauptinteressengebiete und den Kleinkram kann man jederzeit in Lexika oder in Datenbanken nachlesen. Am Rande verfolge ich noch die verbliebenen strittigen Fragen und manchmal gibt es dazu sogar spannende, neue Erkenntnisse.
Was mich an Geschichte noch heute fasziniert, ist der Blick auf das Verhalten von Menschen. Manchmal erkennt man erstaunliche Parallelen und denkt: Die Menschen tickten doch zu jeder Zeit und überall ähnlich. Auf der anderen Seite gibt es aber Ereignisse und Abläufe, die mit unserem heutigen, westlichen Weltbild so gar nicht nachvollziehbar sind. Gerade die möchte ich verstehen, denn gerade davon könnte ich vielleicht etwas Neues lernen, eine andere Sicht gewinnen, die mich vielleicht weiterbringt.
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