Der Knackpunkt bei Sexualstraftaten ist doch, dass meist keine Zeugen anwesend sind - das heißt es steht Aussage gegen Aussage. In einer solchen Lage entscheiden zu müssen, ob eine Straftat begangen wurde oder nicht, ist extrem schwer. Dies vorangeschickt, ist die
aktuelle Gesetzeslage die folgende - § 177 StGB(1) Wer eine andere Person
1. mit Gewalt,
2. durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder
3. unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist,
nötigt, sexuelle Handlungen des Täters oder eines Dritten an sich zu dulden oder an dem Täter oder einem Dritten vorzunehmen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
Die Strafbarkeit wegen Vergewaltigung erforderte also, dass die Gewalt oder Drohung die sexuelle Handlung erst ermöglichen. Nicht erfasst waren Fälle, in dem die Frau beispielsweise hätte jederzeit verschwinden können, sich innerlich dazu aber nicht in der Lage gefühlt hat. Zudem ist dem Paragraphen eine objektive Sicht inne - das "Schutzlos ausgeliefert sein" muss sich erkennbar nach außen manifestiert haben - beispielsweise indem das Opfer sich mit Tritten, Schlägen, Bissen... erfolglos gegen den Täter wehren wollte.
Die Fassung des Entwurfs:(1) Wer unter Ausnutzung einer Lage, in der eine andere Person
1. aufgrund ihres körperlichen oder psychischen Zustands zum Widerstand unfähig ist,
2. aufgrund der überraschenden Begehung der Tat zum Widerstand unfähig ist oder
3. im Fall ihres Widerstandes ein empfindliches Übel befürchtet,
sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder an sich von dieser Person vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Nummern 2 und 3 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Hier sticht vor allem Nr. 3 ins Auge, der rein subjektiv darauf abstellt, ob das Opfer ein empfindliches Übel befürchtet. Also beispielsweise die Frau, die die sexuellen Handlungen über sich ergehen lässt, auch wenn sie innerlich dazu nicht bereit ist, aber fürchtet, andernfalls verprügelt zu werden.
Problematisch ist aber, inwieweit sich eine solche innerliche Einstellung nachprüfen lässt: Lag die Befürchtung zur Begehung der Tat tatsächlich vor? Das ist aber im Ergebnis entscheidend, ob eine Strafbarkeit vorliegt.
Der Gesetzgeber möchte damit Strafbarkeitslücken schließen, eröffnet aber erhebliche Beweisschwierigkeiten. Man darf weder per se dem Angeklagten, noch dem (vermeintlichen) Opfer glauben - allein wie macht man das fest?
Es gibt wohl bereits jetzt eine nicht unerhebliche Zahl an Frauen, die beispielsweise im Zuge einer sehr schmutzigen Scheidung, ihrem Mann androhen, ihn der Vergewaltigung zu bezichtigen, um in Sorgerechtsstreitigkeiten einen Trumpf zu haben.
Ein äußerst schwieriges Thema - dazu noch gesellschaftspolitisch aufgeladen.