von Marianne E. » 01.10.2019, 21:34
Der Begriff "Das Reich" - Vorstellung von Reichsformen
Der Begriff "Reich" ist ein Ausdruck, der gegenüber den Begriffen Staat, Königtum oder Kaisertum nicht scharf abgegrenzt ist. Meist verbindet sich mit "Reich" die Vorstellung eines geographisch großen Gebietes, das sich entweder auf dem Festland oder auf einem Gewässer, z.B. dem Ozean befindet. Außerdem suggeriert "Reich" das Vorhandensein einer bestimmten Form von Autorität durch ein Staatsoberhaupt, wie z.B. Kaiser, König oder Kanzler.
Durch die Menschheitsgeschichte zieht sich die Erkenntnis, dass diese beharrlich auf die Bildung von "Reichen" fixiert ist.
Im alten Orient waren es z.B. die Reiche Babylon und Persien, in Innerasien die Reiche der Hunnen, des Dschingis-Khan, Timurs und der Goldenen Horde, zudem die Reiche Indien, China und Japan.
Im Abendland begann die Reichsbildung mit dem Makedonien-Reich. Reichsgründer war Alexander der Große (356-323 v.Chr.); er regierte von 336-323 v.Chr..
Einen Höhepunkt der Reichsbildung im Abendland (damit ist der westliche Teil Europas gemeint) stellte das Römische Reich dar, das dann durch das Merowinger-Reich abgelöst wurde. Karl der Große (742-814), der von 768 bis 814 regierte, machte "sein" Reich zur Universalmacht Europas. Danach, etwa im Jahre 843, entstanden aus dem Karolinger-Reich das Westfrankenreich und das Ostfrankenreich.
Aus dem Westfrankenreich entwickelte sich das französische Königreich, das durch einen nationalen Charakter gekennzeichnet war.
Aus dem Ostfrankenreich wurde das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, welches durch einen übernationalen Charakter gekennzeichnet war.
Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation scheiterte später am fürstlichen Partikularismus. Die Bemühungen galten der Verwirklichung staatlicher Teilgebiete, ohne die Interessen der staatlichen Gemeinschaft zu beachten.
Anmerkung: Die Politikwissenschaft bezeichnet mit 'Partikularismus' das Konzept verschiedener politischer Systeme, in welchem kleinere Gruppen ihre Interessen gegenüber der Allgemeinheit durchzusetzen versuchen.
Erwähnenswert ist noch, dass sich im 15./16. Jahrhundert das Osmanische Reich und das russische Zarenreich seit etwa Mitte des 15. Jahrhunderts entwickelten.
Außerdem kam es im Westen Europas zur Entwicklung von überseeischen Kolonialreichen durch Spanien, Frankreich und England.
Das Reich Napoleon Bonapartes (1769-1821) entstand aus der französischen Revolutionshegemonie.
Anmerkung: Hier ist mit Hegemonie das Vorherrschaftsstreben des französischen Staates zu verstehen.
Das Erste Deutsche Reich (911-1806)
Das alte Deutsche Reich von 911 bis 1806 wird allgemein das Erste Deutsche Reich genannt.
Hingegen lautete sein offizieller Name seit Anfang des 11. Jahrhunderts (1034) "Römisches Reich" (Romanum Imperium) und seit dem 15. Jahrhundert "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation".
Mit dem Zusammenbruch des "Alten Reiches" im Jahre 1806 begann die Formung der 'Deutschen Frage', die nachweislich erst 1990 mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten als geklärt betrachtet werden kann. Zunächst allerdings schien die Deutsche Frage mit der Gründung des Deutschen Bundes (1815-1866) am 8. Juni 1815 auf dem Wiener Kongress als abgeschlossen.
Auf die Zeitspanne von 1813 bis 1871 kann die Entstehung eines deutschen Nationalstaates festgelegt werden.
Das Zweite Deutsche Reich (1871-1918)
Der amtliche Name des deutschen Staates im Zeitalter des "Bismarck-Reiches" ist "Zweites Deutsches Reich" von 1871 bis 1918.
Das Deutsche Reich "Weimarer Republik" (1919-1933)
Der Name "Weimarer Republik" für das Deutsche Reich von 1919 bis 1933 ist hergeleitet von dem Tagungsort der Verfassunggebenden Nationalversammlung.
Das Dritte Deutsche Reich (1933-1945)
Im politischen Sprachgebrauch in Deutschland und in der Welt wird die Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus "Drittes Reich" genannt.
Allerdings ist dieser Begriff älteren Ursprungs. Er entstammt unterschiedlichen Vorstellungen und wurde insbesondere durch die Schrift "Das dritte Reich" von A.M. Moeller van den Bruck (1923) zum Schlagwort eines konservativ-romantischen Nationalismus. Vom Nationalsozialismus wurde diese Formulierung als politischer Kampfbegriff im Dienste des Aufbaus eines neuen ("Dritten") Reichs verwendet. Damit sollte suggeriert werden, dass es eine direkte Linie vom "Ersten Reich", dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, zum "Zweiten Reich", dem Bismarck-Reich des Wilhelminischen Deutschland, zum neuen Deutschen Reich, eben dem Dritten Reich, geben würde.
Quellen:
Bracher, Karl Dietrich (1964): Die Auflösung der Weimarer Republik, Villingen.
Bracher, Karl Dietrich / Funke, Manfred / Jacobsen, Hans-Adolf (Hrsg.) (1988): Die Weimarer Republik 1918-1933. Politik. Wirtschaft. Gesellschaft. 2. Aufl., Bonn.
Büttner, Ursula (2008): Weimar. Die überforderte Republik 1918-1933. Leistung und Versagen in Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur, Stuttgart.
Deutscher Bundestag (Hrsg.) (1988): Fragen an die deutsche Geschichte. Ideen, Kräfte, Entscheidungen. Von 1800 bis zur Gegenwart, Bonn.
Fuchs, Konrad / Raab, Heribert (1996): Wörterbuch zur Geschichte. 10. Aufl., München.
Haffner, Sebastian (2001): Von Bismarck zu Hitler, München.
Kluge, Ulrich (2006): Die Weimarer Republik, Paderborn.
Mommsen, Hans (1998): Aufstieg und Untergang der Republik von Weimar. 1918 - 1933, Berlin.
Müller, Helmut M. (2007): Schlaglichte der deutschen Geschichte. 2. Aufl., Bonn.
Nipperdey, Thomas (1998): Deutsche Geschichte 1800 1866. Bürgerwelt und starker Staat, München.
[b]Der Begriff "Das Reich" - Vorstellung von Reichsformen[/b]
Der Begriff "Reich" ist ein Ausdruck, der gegenüber den Begriffen Staat, Königtum oder Kaisertum nicht scharf abgegrenzt ist. Meist verbindet sich mit "Reich" die Vorstellung eines geographisch großen Gebietes, das sich entweder auf dem Festland oder auf einem Gewässer, z.B. dem Ozean befindet. Außerdem suggeriert "Reich" das Vorhandensein einer bestimmten Form von Autorität durch ein Staatsoberhaupt, wie z.B. Kaiser, König oder Kanzler.
Durch die Menschheitsgeschichte zieht sich die Erkenntnis, dass diese beharrlich auf die Bildung von "Reichen" fixiert ist.
Im alten Orient waren es z.B. die Reiche Babylon und Persien, in Innerasien die Reiche der Hunnen, des Dschingis-Khan, Timurs und der Goldenen Horde, zudem die Reiche Indien, China und Japan.
Im Abendland begann die Reichsbildung mit dem Makedonien-Reich. Reichsgründer war Alexander der Große (356-323 v.Chr.); er regierte von 336-323 v.Chr..
Einen Höhepunkt der Reichsbildung im Abendland (damit ist der westliche Teil Europas gemeint) stellte das Römische Reich dar, das dann durch das Merowinger-Reich abgelöst wurde. Karl der Große (742-814), der von 768 bis 814 regierte, machte "sein" Reich zur Universalmacht Europas. Danach, etwa im Jahre 843, entstanden aus dem Karolinger-Reich das Westfrankenreich und das Ostfrankenreich.
Aus dem Westfrankenreich entwickelte sich das französische Königreich, das durch einen nationalen Charakter gekennzeichnet war.
Aus dem Ostfrankenreich wurde das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, welches durch einen übernationalen Charakter gekennzeichnet war.
Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation scheiterte später am fürstlichen Partikularismus. Die Bemühungen galten der Verwirklichung staatlicher Teilgebiete, ohne die Interessen der staatlichen Gemeinschaft zu beachten.
Anmerkung: [i]Die Politikwissenschaft bezeichnet mit 'Partikularismus' das Konzept verschiedener politischer Systeme, in welchem kleinere Gruppen ihre Interessen gegenüber der Allgemeinheit durchzusetzen versuchen.[/i]
Erwähnenswert ist noch, dass sich im 15./16. Jahrhundert das Osmanische Reich und das russische Zarenreich seit etwa Mitte des 15. Jahrhunderts entwickelten.
Außerdem kam es im Westen Europas zur Entwicklung von überseeischen Kolonialreichen durch Spanien, Frankreich und England.
Das Reich Napoleon Bonapartes (1769-1821) entstand aus der französischen Revolutionshegemonie.
Anmerkung: [i]Hier ist mit Hegemonie das Vorherrschaftsstreben des französischen Staates zu verstehen.[/i]
[b]Das Erste Deutsche Reich [/b](911-1806)
Das alte Deutsche Reich von 911 bis 1806 wird allgemein das Erste Deutsche Reich genannt.
Hingegen lautete sein offizieller Name seit Anfang des 11. Jahrhunderts (1034) "Römisches Reich" (Romanum Imperium) und seit dem 15. Jahrhundert "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation".
Mit dem Zusammenbruch des "Alten Reiches" im Jahre 1806 begann die Formung der 'Deutschen Frage', die nachweislich erst 1990 mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten als geklärt betrachtet werden kann. Zunächst allerdings schien die Deutsche Frage mit der Gründung des Deutschen Bundes (1815-1866) am 8. Juni 1815 auf dem Wiener Kongress als abgeschlossen.
Auf die Zeitspanne von [b]1813 bis 1871 [/b]kann die Entstehung eines deutschen Nationalstaates festgelegt werden.
[b]Das Zweite Deutsche Reich [/b](1871-1918)
Der amtliche Name des deutschen Staates im Zeitalter des "Bismarck-Reiches" ist "Zweites Deutsches Reich" von 1871 bis 1918.
[b]Das Deutsche Reich "Weimarer Republik" [/b](1919-1933)
Der Name "Weimarer Republik" für das Deutsche Reich von 1919 bis 1933 ist hergeleitet von dem Tagungsort der Verfassunggebenden Nationalversammlung.
[b]Das Dritte Deutsche Reich[/b] (1933-1945)
Im politischen Sprachgebrauch in Deutschland und in der Welt wird die Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus "Drittes Reich" genannt.
Allerdings ist dieser Begriff älteren Ursprungs. Er entstammt unterschiedlichen Vorstellungen und wurde insbesondere durch die Schrift "Das dritte Reich" von A.M. Moeller van den Bruck (1923) zum Schlagwort eines konservativ-romantischen Nationalismus. Vom Nationalsozialismus wurde diese Formulierung als politischer Kampfbegriff im Dienste des Aufbaus eines neuen ("Dritten") Reichs verwendet. Damit sollte suggeriert werden, dass es eine direkte Linie vom "Ersten Reich", dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, zum "Zweiten Reich", dem Bismarck-Reich des Wilhelminischen Deutschland, zum neuen Deutschen Reich, eben dem Dritten Reich, geben würde.
[u]Quellen:[/u]
Bracher, Karl Dietrich (1964): Die Auflösung der Weimarer Republik, Villingen.
Bracher, Karl Dietrich / Funke, Manfred / Jacobsen, Hans-Adolf (Hrsg.) (1988): Die Weimarer Republik 1918-1933. Politik. Wirtschaft. Gesellschaft. 2. Aufl., Bonn.
Büttner, Ursula (2008): Weimar. Die überforderte Republik 1918-1933. Leistung und Versagen in Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur, Stuttgart.
Deutscher Bundestag (Hrsg.) (1988): Fragen an die deutsche Geschichte. Ideen, Kräfte, Entscheidungen. Von 1800 bis zur Gegenwart, Bonn.
Fuchs, Konrad / Raab, Heribert (1996): Wörterbuch zur Geschichte. 10. Aufl., München.
Haffner, Sebastian (2001): Von Bismarck zu Hitler, München.
Kluge, Ulrich (2006): Die Weimarer Republik, Paderborn.
Mommsen, Hans (1998): Aufstieg und Untergang der Republik von Weimar. 1918 - 1933, Berlin.
Müller, Helmut M. (2007): Schlaglichte der deutschen Geschichte. 2. Aufl., Bonn.
Nipperdey, Thomas (1998): Deutsche Geschichte 1800 1866. Bürgerwelt und starker Staat, München.