von ehemaliger Autor K. » 21.10.2013, 12:23
Renegat:
Mir ist deine Fragestellung nicht ganz klar. Hier werden zwei Dinge vermischt, die man aus analytischen Gründen zunächst trennen sollte:
1.) Locus, also ein geographisch definierter Ort
2.) Bezugsgruppen. Hierfür gibt es unterschiedliche Definitionen. Du meinst wahrscheinlich eine face to face group, also Menschen, mit denen du intensive Kontakte pflegst und die ähnliche Normen und Wertvorstellungen teilen. Aus Gründen, die ihre Ursache in der Ökonomie der Zeit haben, ist es ist nicht möglich, mit beliebig vielen Personen enge Beziehungen zu unterhalten. Deshalb sind solche Gruppen in der Regel auf 20 bis 30 Personen beschränkt. Heute, in der Zeit der modernen Medien, kann eine solche face to face group theoretisch über die ganze Welt verteilt sein. In der Praxis befindet sie sich aber meist in der näheren Umgebung. Der Ort und die da lebenden Bezugsgruppen bilden normalerweise eine Einheit.
Die frühkindliche Sozialisation ist entscheidend für die spätere Entwicklung. Die ersten Bezugsgruppen, Eltern, Geschwister, Freunde sind normalerweise stationär an einen bestimmten Ort gebunden. Falls die Erfahrungen nicht überwiegend negativ gewesen sind, wird man zu diesem Ort eine bestimmte Beziehung entwickeln, er ist das, was man als Heimat bezeichnet, der Platz, wo man geboren wurde und seine ersten Bezugsgruppen hatte. Heimat ist aber noch mehr: Sie ist das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse, die Sitten, Gebräuche, Festlichkeiten, Gewohnheiten usw. Auch die Umwelt, sei es nun Land, Gebirge oder Meer, das Klima, all dies gehört dazu. Zu der Heimat wird man in der Regel immer ein besonderes Gefühl haben, auch wenn man dort schon lange nicht mehr wohnt und die einstigen Bezugsgruppen nicht mehr existieren. Stößt man in der Fremde auf Dinge, die aus der Kindheit bekannt und positiv besetzt sind, bekommt man Heimweh.
Das Wort Lokalpatriotismus klingt vielleicht in der heutigen Zeit etwas befremdlich, aber viele fühlen sich auch noch nach langer Zeit mit ihrem Ursprungsort verbunden und wollen etwas für ihn tun. Das könnte man dann vielleicht so bezeichnen.
Andererseits wird Heimat heute auch oft definiert, als der Ort, wo man sich wohlfühlt. Das wird in der Regel dann der Fall sein, wenn man an dem neuen Wohnsitz wieder eine face to face group hat, in der man sich geborgen und nun heimisch fühlt. Bezugsgruppen und ihr Wohnsitz gehören also in der Regel zusammen. Das kann dann natürlich zu einem Lokalpatriotismus führen.
Was den biologischen Aspekt betrifft: Biologisch angelegt ist bei dem Menschen, das er ein soziales Wesen ist und auf Bezugsgruppen angewiesen ist, um zu existieren. Da eine solche Bezugsgruppe ein bestimmtes Gebiet benötigt, um sich zu reproduzieren, wird sie zu ihrem Wohnort eine besondere Beziehung entwickeln und ihn unter Umständen gegen andere Bezugsgruppen verteidigen. Dies wird in der Regel dann der Fall sein, wenn die Ressourcen begrenzt sind und eine Zuwanderung anderer als Bedrohung angesehen wird. In der Frühphase der menschlichen Entwicklung wird dies sicherlich oft passiert sein.
Auch in einer späteren Zeit, wenn schon Staaten vorhanden sind und die Gemeinschaften wachsen, wird man sich mit Menschen näher verbunden fühlen, die aus dem gleichen Ort oder der gleichen Region stammen, weil sie ähnliche Normen, Wertvorstellungen und Sozialisationsprozesse durchlaufen haben, wie man selbst. Auch wenn sie nicht zu der face to face group gehören, stehen sie einem gefühlsmäßig meistens näher, als Menschen, die aus Gebieten stammen mit anderen Normen und Wertvorstellungen.
Ich hoffe, dass ich deine Frage richtig verstanden habe.
[quote]Renegat: [/quote]
Mir ist deine Fragestellung nicht ganz klar. Hier werden zwei Dinge vermischt, die man aus analytischen Gründen zunächst trennen sollte:
1.) Locus, also ein geographisch definierter Ort
2.) Bezugsgruppen. Hierfür gibt es unterschiedliche Definitionen. Du meinst wahrscheinlich eine face to face group, also Menschen, mit denen du intensive Kontakte pflegst und die ähnliche Normen und Wertvorstellungen teilen. Aus Gründen, die ihre Ursache in der Ökonomie der Zeit haben, ist es ist nicht möglich, mit beliebig vielen Personen enge Beziehungen zu unterhalten. Deshalb sind solche Gruppen in der Regel auf 20 bis 30 Personen beschränkt. Heute, in der Zeit der modernen Medien, kann eine solche face to face group theoretisch über die ganze Welt verteilt sein. In der Praxis befindet sie sich aber meist in der näheren Umgebung. Der Ort und die da lebenden Bezugsgruppen bilden normalerweise eine Einheit.
Die frühkindliche Sozialisation ist entscheidend für die spätere Entwicklung. Die ersten Bezugsgruppen, Eltern, Geschwister, Freunde sind normalerweise stationär an einen bestimmten Ort gebunden. Falls die Erfahrungen nicht überwiegend negativ gewesen sind, wird man zu diesem Ort eine bestimmte Beziehung entwickeln, er ist das, was man als Heimat bezeichnet, der Platz, wo man geboren wurde und seine ersten Bezugsgruppen hatte. Heimat ist aber noch mehr: Sie ist das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse, die Sitten, Gebräuche, Festlichkeiten, Gewohnheiten usw. Auch die Umwelt, sei es nun Land, Gebirge oder Meer, das Klima, all dies gehört dazu. Zu der Heimat wird man in der Regel immer ein besonderes Gefühl haben, auch wenn man dort schon lange nicht mehr wohnt und die einstigen Bezugsgruppen nicht mehr existieren. Stößt man in der Fremde auf Dinge, die aus der Kindheit bekannt und positiv besetzt sind, bekommt man Heimweh.
Das Wort Lokalpatriotismus klingt vielleicht in der heutigen Zeit etwas befremdlich, aber viele fühlen sich auch noch nach langer Zeit mit ihrem Ursprungsort verbunden und wollen etwas für ihn tun. Das könnte man dann vielleicht so bezeichnen.
Andererseits wird Heimat heute auch oft definiert, als der Ort, wo man sich wohlfühlt. Das wird in der Regel dann der Fall sein, wenn man an dem neuen Wohnsitz wieder eine face to face group hat, in der man sich geborgen und nun heimisch fühlt. Bezugsgruppen und ihr Wohnsitz gehören also in der Regel zusammen. Das kann dann natürlich zu einem Lokalpatriotismus führen.
Was den biologischen Aspekt betrifft: Biologisch angelegt ist bei dem Menschen, das er ein soziales Wesen ist und auf Bezugsgruppen angewiesen ist, um zu existieren. Da eine solche Bezugsgruppe ein bestimmtes Gebiet benötigt, um sich zu reproduzieren, wird sie zu ihrem Wohnort eine besondere Beziehung entwickeln und ihn unter Umständen gegen andere Bezugsgruppen verteidigen. Dies wird in der Regel dann der Fall sein, wenn die Ressourcen begrenzt sind und eine Zuwanderung anderer als Bedrohung angesehen wird. In der Frühphase der menschlichen Entwicklung wird dies sicherlich oft passiert sein.
Auch in einer späteren Zeit, wenn schon Staaten vorhanden sind und die Gemeinschaften wachsen, wird man sich mit Menschen näher verbunden fühlen, die aus dem gleichen Ort oder der gleichen Region stammen, weil sie ähnliche Normen, Wertvorstellungen und Sozialisationsprozesse durchlaufen haben, wie man selbst. Auch wenn sie nicht zu der face to face group gehören, stehen sie einem gefühlsmäßig meistens näher, als Menschen, die aus Gebieten stammen mit anderen Normen und Wertvorstellungen.
Ich hoffe, dass ich deine Frage richtig verstanden habe.